54 Zukunftsmarkt Weltraum WOCHENENDE 7./8./9. NOVEMBER 2019, NR. 216
zwischen 30 000 und 42 000 Satelliten in eine
niedrige Erdumlaufbahn zu bringen.
Als ob die Masse an Satelliten nicht reichen wür-
de, verfolgen andere Unternehmen vergleichbare
Projekte. So hatte im Februar 2019 eine Sojus-Rake-
te die ersten sechs Satelliten von OneWeb ins All
befördert. Es handelt sich um ein Gemeinschafts-
projekt des Luftfahrt- und Rüstungskonzerns Air-
bus mit der US-Firma OneWeb, hinter der Internet-
unternehmer Greg Wyler steht.
Allerdings gibt es nur begrenzten Platz für Satel-
liten in einer bestimmten Umlaufbahn, Weltraum-
müll wird zunehmend zum Problem. Aber das sind
Sorgen der Zukunft, der Boom wird noch lange
weitergehen. Davon profitieren einige Firmen in
Deutschland bereits seit längerer Zeit.
Bremen als Raumfahrtcluster
Die ganze Halle ist ein Reinraum. Temperatur, Luft-
feuchtigkeit und Druck sind konstant,
Staubpartikel müssen draußen blei-
ben. Also arbeiten die OHB-Mit-
arbeiter in weißen Ganzkör-
peranzügen. Ihr Bauauf-
trag: die restlichen zwölf
von 34 Satelliten aus der
dritten Serie für das eu-
ropäische Navigations-
satellitensystem Gali-
leo. An den sieben Sta-
tionen in der Halle
befinden sich Satelliten
in verschiedenen Sta-
dien der Fertigstellung.
OHB stand bis 1981 für
„Otto Hydraulik Bremen“,
ein Reparaturbetrieb für
Schiffshydraulik mit fünf Be-
schäftigten. Mit Aufträgen von der
Bundeswehr wuchs das Unternehmen.
Mitte der Achtzigerjahre schwenkte OHB erstmals
Richtung Raumfahrt um – heute steht das Kürzel für
„Orbitale Hochtechnologie Bremen“. Die börsenno-
tierte OHB ist einer von drei „Large Systems Inte-
grators“ der Raumfahrt in Europa mit einer Milliar-
de Euro Jahresumsatz und 2 700 Beschäftigten.
Galileo ist das größte Projekt der Firma. Bereits
eine Milliarde Menschen nutzen es, oft ohne dies
zu wissen. „Sie merken gar nicht, ob bei den Or-
tungsdiensten im Hintergrund GPS oder Galileo
läuft“, sagt Marco Fuchs, der Sohn der Gründer -
familie und Vorstandsvorsitzende von OHB. Fuchs
schätzt, dass 70 Prozent seines Umsatzes staatlich
ist, der Rest privat – wobei der private Teil stärker
wachsen würde.
Künftig will OHB auch im Raketen-Business mit-
mischen. Rund 35 Mitarbeiter entwickeln seit die-
sem Sommer in der „Rocket Factory Augsburg
GmbH“ (RFA) eine Billigrakete. Die soll kleine Nutz-
lasten in den Orbit bringen. Für Ende 2021 ist der
erste Start geplant. Wesentliche Teile des Laun-
chers sind laut Marco Fuchs bereits entwickelt und
erfolgreich getestet worden.
Damit macht OHB zunehmend Airbus Konkur-
renz, bislang in Europa das einzige Unternehmen,
das alle Bereiche der Raumfahrt abdeckt: von Ra-
keten über Satelliten, Servicetechnik für Astronau-
ten und Solarpanels, die im All die Energieversor-
gung sicherstellen. 5 000 Beschäftigte der ebenfalls
in Bremen beheimateten Airbus-Weltraumsparte
setzen bei dem mit Abstand wichtigsten europäi-
schen Space-Unternehmen jährlich über drei Milli-
arden Euro um. „Wir sind die Einzigen weltweit,
die bis 2024 wirklich die Versorgung der Astronau-
ten für eine Mondlandungsmission sicherstellen
können“, sagt Airbus-Raumfahrtchef Andreas Ham-
mer. Er sieht die hiesige Space-Industrie technisch
auf Augenhöhe mit Amerikanern, Russen und Chi-
nesen.
Airbus hat das erste Europäische Servicemodul
(ESM) für das Nasa-Raumschiff Orion ausgeliefert.
Das Modul wird die Astronauten, die 2022 um den
Mond fliegen und 2024 dort auch landen sollen,
mit Wasser und Sauerstoff versorgen. In der Wüste
New Mexicos, auf dem Nasa-Testgelände White
Sands, durchläuft das Modul nun diverse Tests.
Airbus profitiert von Amerikas Rückkehrplänen
zum Mond. Dahinter steht ein neuer Wettlauf um
die Vorherrschaft im Weltall. Wie vor einem halben
Jahrhundert wollen zwei Länder unbedingt nach
vorn – Kontrahent der USA ist diesmal allerdings
nicht die Sowjetunion, sondern China.
Trump bringt Frau auf den Mond
Die Mondgöttin spielte in der chinesischen Überlie-
ferung gerne mit einem weißen Hasen. Jadehase 2
heißt daher das Landfahrzeug, das China vor weni-
gen Monaten auf der Rückseite des Mondes landen
ließ. Ein anspruchsvoll technisches Unterfangen,
es gibt keinen direkten Funkkontakt, und es herr-
schen extreme Temperaturen. Bislang fährt der
140 Kilo schwere, unbemannte chinesische For-
schungs-Rover tadellos auf dem Mond herum, lie-
fert Bilder und führt Experimente durch. „Eine
eindrucksvolle Errungenschaft“, zollte Nasa-Chef
Jim Bridenstine Beifall.
Entspannt sieht die US-Regierung den Vor-
marsch Chinas im Weltraum aber keineswegs. „Es
reicht nicht aus, eine amerikanische Präsenz im
Weltall zu haben“, donnerte Präsident Donald
Trump. „Wir müssen dominieren.“ Im ver-
gangenen Juni erhöhte er das Budget
der Nasa aus eigenen Stücken um
1,6 Milliarden Dollar, nachdem
die Raumfahrtagentur so-
wieso schon mit 21 Milliar-
den Dollar mehr als je-
mals zuvor beantragt
hatte.
China gibt dagegen
mit jährlich 5,8 Milliar-
den Dollar nur rund ein
Viertel so viel für zivile
Raumfahrt aus. Aller-
dings steigen die Zuwen-
dungen, im aktuellen Fünf-
jahresplan bis 2020 wurden
sie zudem als Forschungsprio-
rität ausgewiesen. Die Wirtschaft
hörte das Signal: Laut der staatli-
chen Nachrichtenagentur Xinhua gibt es
derzeit 60 private Weltraumunternehmen. Für Auf-
merksamkeit sorgte OneSpace, ein Start-up aus Pe-
king, als es im Frühjahr eine neun Meter hohe Ra-
kete erfolgreich zündete – nach nur drei Jahren Ent-
wicklung. „Space X waren die Ersten in den USA“,
sagte Vorstandschef Shu Chang, „wir sind die Ers-
ten in China.“ Die großen Worte sind allerdings mit
Vorsicht zu genießen. OneSpace sammelte bislang
erst knapp 80 Millionen Dollar an Kapital ein, in der
Raumfahrt eher Kleingeld.
Der Ehrgeiz ist groß in China. In zwei Jahren will
das Land eine Forschungsstation in der Erdumlauf-
bahn eröffnen, um danach einen Astronauten auf
den Mond zu schicken. „China ist größer als jeder
andere“, sagte Blaine Curcio, Gründer der Bran-
chenberatung Orbital Gateway Consulting in Hong-
kong, „sie haben mehr Ingenieure und Wissen-
schaftler.“ Nach Meinung von Curcio sei es nur eine
Frage der Zeit, bis das Land „führend“ im Welt-
raum sein werde.
Ariane-Montage
bei Airbus:
Weltraumcluster
in Bremen.
Ulrich Baumgarten / vario images,
2018
- Stand: 31.3.2019; 2) Forschung an Universitäten etc.; 3) Beispielsweise Nasa, Deutsches
Zentrum für Luft- u. Raumfahrt HANDELSBLATT • Quellen: JSR, UCS, eigene Recherche
Boommarkt Satelliten
Weil der Transport immer günstiger wird, ...
... investiert die Wirtschaft
immer mehr, ...
... und die Zahl der
Satelliten steigt rasant
264
138
23
82
768
773
2 600
US$
Kommunikation
über Satellit
USA weit vorne
Dafür werden die
Satelliten genutzt1
Diese Nationen bringen die
meisten ins All1
Kommunikation
Erdbeobachtung
Technologieentwicklung
Navigation
Weltraumwissenschaft
Wissenschaft
USA
China
Russland
Japan
Multinational
Großbritannien
Indien
Europa (Esa)
Deutschland
Transportkosten für einen Satelliten in einen niedrigen Erdorbit
in US-Dollar pro Kilogramm Nutzlast
Zahl der aktiven Satelliten,
die um die Erde kreisen
Aus diesen Bereichen
kommen die Satelliten1
150
79
64
60
57
49
33
296
883
Gesamt: 2 062 Satelliten
23 000
US$ 16 000US$
1960 / 70 2000 2016
0
Kommer-
ziell
Staat-
lich3
Mili-
tärisch
Zivil
902
547
310
168
2 062
1957
Luxusflieger
250
TTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTTAAAAAAUUUUUUSSSSSEEEENNNNNDDDDDDD
EurEurEEuEEEurE o solleiein Sn SSSSubouboubouborbirbibbtaltalalllfluflufluflufflug bg bg bg bg beimeimeimeimm
WWeWeWeWeWeWeWeWeWWWeWWWeWelWWWWeWWWWeWeWeletratrum-To uTo uTT risrisrisrissmusmusmumusmuuuntunternernrnrnnehmehmehmehmehmen en en enen
VirginnGaGaalaclacactictictici kokoostestettteten.n.
QueQueQuQuQuellele:: ::UntUntUUU ernernerrnehmehmenennn
Colourbox.com
❯❯