Süddeutsche Zeitung - 09.11.2019 - 10.11.2019

(Greg DeLong) #1
von egbert tholl

L


ange Zeit fragt man sich, wo man
da hineingeraten ist. Jelili Atiku,
Künstler aus Lagos, empfängt
das Publikum vor dem tempelar-
tigen Eingang des Ägyptischen
Museums in München, bittet es herein und
vollführt in einem der Ausstellungsräume
dann zusammen mit sechs jungen Frauen
ein Ritual, das völlig fremd, archaisch, bi-
zarr wirkt. Alle sieben sind geschminkt wie
Leoparden, er selbst trägt viele kleine, höl-
zerne Statuen am Körper und später eine
größere in einem stufenartigen Gebilde
auf dem Kopf. Diese ist der Geist der Göt-
tin Kori, die in der westafrikanischen Yoru-
ba-Religion über die Kinder wacht.
Selbst Sophie Becker, künstlerische Lei-
terin des „Spielart“-Festivals, in dessen
Rahmen „Olómoyoyo“ zu sehen ist, sagt, es
gebe einen Punkt bei Atiku, an dem sie ihm
auch nicht mehr unbedingt folgen könne.
Nämlich dann, wenn er in Trance singt und
dabei undurchschaubare Vorgänge mit
den kleinen Statuen vollführen lässt, als
würden hier kleine Kinder gewaschen.


Aber: Die Aufführung ist keine Folklore,
sie ist ein politischer Aufschrei und zielt
auf die prekäre Situation vieler Kinder ge-
rade in Afrika, meint die Entführungen
von Schülerinnen durch die Terrorgruppe
Boko Haram in Nigeria oder ganz allge-
mein das Elend. Kinder sind die Zukunft,
klar, und um diese zu sichern, geht Atiku
weit in die afrikanische Vergangenheit zu
rück. Ähnlich vielleicht wie afrikanische
Modeschöpfer, die sich alter Stoffe und ur-
alter Handwerkspraktiken bedienen, wie
derzeit eine Ausstellung in Berlin zeigt (SZ
vom 8. November). Das Ritual ist ein Aus-
drucksmittel: Atiku, geboren 1968 in Nige-
ria, zeigt es auch auf den Straßen von La-
gos und ist äußerst aktiv in den sozialen
Medien, besonders auf Facebook.
Etwa ein Drittel der mehr als 30 Produk-
tionen, die „Spielart“ im Hauptprogramm
präsentiert – dazu kommt ein Nachwuchs-
festival im Festival – stammen aus Afrika.
Das alle zwei Jahre stattfindende Festival,
programmatisch vergleichbar etwa mit
dem Kunsten-Festival in Brüssel oder dem
Zürcher Theaterspektakel, war schon im-
mer internationalausgelegt, doch der au-
ßereuropäische Teil des Programms ist
mit den vergangenen Ausgaben noch ge-
stiegen. Schon vor zwei Jahren war Afrika
ein Schwerpunkt. Damals traf man bereits
auf archaische Rituale, vor allem auf sehr
viel Wut, die aus den offenen Wunden her-


austrat, die der Kolonialismus auf dem
Kontinent hinterlassen hat. Aber: Das Erbe
der weißen Fremdherrschaft und des mit
ihr einhergehenden Raubbaus diente
nicht als Ausrede, sondern als historischer
Hintergrund, vor dem die Probleme ausge-
breitet wurden, die es jetzt zu lösen gilt.
Man kann auch sagen: Während in Mit-
teleuropa Theatermenschen vor allem die


  • unbestritten notwendige – Frage um-
    treibt, wie viele Frauen wo inszenieren und


welche freiwerdenden Leitungsposten
weiblich besetzt werden, setzt sich freies
Theater in Afrika mit krassen gesellschaft-
lichen Umbrüchen, Verheerungen, Gewalt
und dann eben doch Fragen des kolonialen
Erbes auseinander. Diese können dann
auch sehr unangenehm gestellt werden.
Zum Beispiel von Nashilongweshipwe
Mushaandja. Der macht, auch vor und im
Ägyptischen Museum, mit „Ondaanisa Yo
Pomudhime“ zunächst ein pittoresk anmu-

tendes Ritual, ist prächtig gekleidet, wäh-
rend sein Gehilfe einen dürftigen Rock
und Stiefel der Südafrikanischen Minenar-
beiter trägt. Sie werfen Lieder, Blumen,
streuen Salz, verteilen Kerzen, bitten das
Publikum zum Tanz der Gummibaums, ei-
ne Einladung, die euphorisch angenom-
men wird. Dass die Lieder, die Blumen und
das Salz zuvor auf die Enteignung des Lan-
des und den Raubbau an der Natur durch
die Ausbeutung der Bodenschätze in Nami-

bia (oder auch Südafrika) hinwiesen, ist vie-
lem Zuschauern gar nicht klar. Sie tanzen
fröhlich mit, sprechen Mushaandjas Slo-
gans fröhlich nach: Wir brennen dieses Mu-
seum nieder, wir verbrennen Bücher (kur-
zes Stocken), wir verbrennen Kuratoren
(kein Stocken). Das alles zu lustigem Afro-
Pop. Theatermacher aus Afrika sind subti-
ler geworden, aber nicht zahmer. Mus-
haandja ist Ende 20. Das Ganze findet
nicht ohne Grund vor und im Museum

statt. Die Artefakte der ägyptischen Samm-
lung stammen ja auch nicht aus Bayern,
irgendjemand brachte sie hierher, letztlich
sind sie geklaut. Aber keine der beim Festi-
val gezeigten Arbeiten verlangt eine simp-
le Rückgabe. Ein westliches Argument da-
gegen ist ja immer, in Afrika gebe es kaum
vernünftige Museen, in Europa oder Ame-
rika könne man die Stücke wenigstens
schön präsentieren.
Dazu erzählt Faustin Linyekula eine
schöne Geschichte. Der Theatermacher
aus dem Kongo, längst international tätig,
entdeckte im Metropolitan Museum in
New York eine Statue aus seiner Heimat
und fand sie schrecklich einsam. Also reis-
te er, zum ersten Mal nach Jahrzehnten, in
das Dorf, aus dem er stammte, und ließ
sich eine weitere Statue als Gefährtin für
jene in New York herstellen. Doch kaum
war diese fertig, wurde sie geweiht. Nun
war sie wertvoll, und Linyekula konnte sie
nicht mitnehmen – er hätte, so seine Er-
kenntnis, gehandelt wie Kolonialherren
seit Jahrhunderten, die alles, was wertvoll
ist, dem Kontinent rauben. Also ließ er sich
eine neue Statue machen, die er schnell ein-
packte und mitnahm, bevor sie geweiht
werden konnte. Die war nun einfach ein
Stück Holz. Die geweihte mit ihrer Aura
jedoch verblieb im Heimatdorf.

Linyekula, der im Ostkongo ein Theater-
studio und Landwirtschaft betreibt und in
der kriegsversehrten Region zu einem
wichtigen Arbeitgeber wurde, zeigte bei
„Spielart“ zwei Arbeiten, und sie spannen
ein Spektrum auf. Da ist eben „Banataba“,
die zauberhafte und doch so ernste Ge-
schichte der Statue, die von Gegenwart
erzählt und damit auch vom Stolz einer ur-
alten Kultur auf sich selbst. Und da ist
„Congo“, ein Überfall, eine Anklage, eine
aggressive Suada nach einem Text von
Éric Vuillard, der die Gräuel der belgischen
Kolonialherrschaft ausbreitet.
Während asiatische, europäische und
auch einige Arbeiten aus dem Nahen Osten
sich eher mit urbaner Einsamkeit oder der
Zersplitterung von Biografien beschäfti-
gen – internationale Theaterkünstler le-
ben eine solche Nichtlinearität in Rein-
form, arbeiten oft auf anderen Kontinen-
ten als jenen, wo sie geboren oder ausgebil-
det wurden – positionieren sich afrikani-
sche Künstler gegen eine westliche Ratio-
nalität oder konstituieren ein neues, auch
aus vorkolonialen Schichten gewonnenes
Selbstbewusstsein. Wie sie dieses präsen-
tieren, lässt den Schluss zu, dass sie über
uns viel mehr wissen als wir über sie.

Viel mehr als Folklore


Etwa ein Drittel der Theaterproduktionen beim Münchner „Spielart“-Festival stammt


diesmal aus Afrika – sie zeigen spannende Gegenpositionen zu westlichen Diskursen


Die afrikanischen Künstler
positionierensich auch gegen
eine westliche Rationalität

Das Werk ist ein politischer


Aufschrei und zielt auf die


prekäre Situation vieler Kinder


Jelili Atiku vor dem imposanten Eingang eines westlichen Museums: Seine Performance „Olómoyoyo“ bewegt sich auf einem scharfen Grat zwischen archaischem
Ritualund dringlicher Anklage derzeit bestehender Missstände. FOTO: GABRIELLA FURNO

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