Die Welt Kompakt - 06.11.2019

(Brent) #1

DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT MITTWOCH,6.NOVEMBER2019 WISSEN 27


D


as Fieber schießt
über Nacht in die
Höhe, nach der Par-
ty schmerzt der
Kopf, der Sohn hat eine Schürf-
wunde am Knie und die Tochter
kommt krächzend mit Schnup-
fen nach Hause. So sehen sie
aus, die klassischen Fälle für die
Hausapotheke.


VON JÖRG ZITTLAU

Fieberthermometer, Wund-
pflaster, Desinfektionsmittel
und Verbandsmaterial dürfen in
ihr nicht fehlen. Und welche Me-
dikamente sollte sie – laut aktu-
ellem wissenschaftlichen Stand



  • enthalten? Ein Überblick.


ERKÄLTUNG


Viele Experten empfehlen, dass
man bei grippalen Infekten je-
des Symptom einzeln behan-
deln sollte. Also die verstopfte
Nase mit Nasenspray, die Kopf-
und Gliederschmerzen mit ei-
nem Schmerzmittel und den
Husten mit einem Hustensaft.
Doch Ludger Klimek vom Wies-
badener Zentrum für Rhinolo-
gie und Allergologie plädiert für
Kombipräparate wie etwa Grip-
postad, Doregrippin oder die
Erkältungssirupe von Wick.
Denn ursächlich könne man
den Schnupfen, der ja durch un-
terschiedlichste Viren ausge-
löst wird, ohnehin nicht thera-
pieren. „Also geht es bei ihm im
Wesentlichen darum, kurzfris-
tig eine symptomlindernde, al-
so abschwellende und entzün-
dungshemmende Wirkung zu
erzielen“, so der HNO-Medizi-
ner. Und da könne man mit
sinnvollen Wirkstoffkombina-
tionen schon einiges erreichen.
Andererseits gibt es mittlerwei-
le auch wissenschaftlich über-
prüfte Naturheilverfahren ge-
gen Schnupfen.
So lindert Buchweizenhonig
laut der US-amerikanischen
Pennsylvania State University
den Erkältungshusten von Kin-
dern besser als ein Standard-
hustensaft mit Dextromethorp-
han. Wer ihn zum Süßen von
Cystustee nimmt, kann seine
eigene Anti-Schnupfen-Kombi
entwickeln. Denn der grie-
chische Tee ergänzt die husten-
stillende Wirkung des Honigs
damit, dass er die oberen Atem-
wege robuster macht und den
Fortpflanzungseifer der
Schnupfenviren dämpft. Die
Anwendung: Einen gestriche-
nen Esslöffel des Krauts mit ko-
chendem Wasser überbrühen,
fünf Minuten ziehen lassen, ab-
seihen, danach mit zwei Teelöf-
feln Honig süßen. Mindestens
drei Tassen pro Tag. Mittler-
weile gibt es Cystus auch in
Form von Lutschpastillen.


DURCHFALL


Standardmittel gegen Durchfall
ist Loperamid, es hemmt zuver-
lässig die Aktivität der Darm-
muskulatur. Nicht umsonst
steht es seit 2013 auf der Liste
der unentbehrlichen Arznei-


Zu leer: Ein paar Medikamente sollte man im Haus haben

GETTY IMAGES

/ DENNIS GALANTE

mittelder Weltgesundheitsor-der Weltgesundheitsor-
ganisation (WHO). Ein For-ganisation (WHO). Ein For-
scherteam um Dennis Anheyerscherteam um Dennis Anheyer
vom Uniklinikum Essen fandvom Uniklinikum Essen fand
aber auch solide Wirkungs-
nachweise für Blutwurz, Kamil-
le, Pfefferminze und Fenchelsa-
men, und zwar gerade bei Kin-
dern. Die Zubereitung erfolgt
als Aufguss, ein gestrichener
Esslöffel pro Tasse. Blutwurz
verdankt ihre Wirksamkeit den
Gerbstoffen, weswegen sie
mindestens zehn Minuten zie-
hen sollte. Bei den übrigen
Heilpflanzen reichen fünf Mi-
nuten. Allerdings sollten sie in
einer geschlossenen Tasse oder
Kanne ziehen, damit ihre äthe-
rischen Öle nicht so leicht ver-
dampfen können. Ab einer Dau-
er von 48 Stunden sollten
Durchfälle aber vom Arzt beob-
achtet werden, unabhängig da-
von, wie man sie per Hausapo-
theke behandelt hat.

JUCKREIZ

Cremes mit Hydrokortison
hemmen zuverlässig Hautirri-
tationen und den oft damit ein-
hergehenden Juckreiz, wie er
etwa bei Insektenstichen und
Ekzemen auftritt. Sie eignen
sich aber nicht für die Langzeit-
anwendung von mehr als zwei
Wochen und auch nicht für grö-
ßere Hautareale, die aber ohne-
hin besser ärztlich untersucht
werden sollten.

Pflanzliche Cremes und Sal-
ben erreichten in Studien meist
nicht die Effektivität von Hy-
drokortison. Eine Alternativedrokortison. Eine Alternative
ist der Oolongtee aus Taiwan.
An der Universitätshautklinik
im japanischen Otsuließ man
Dermatitispatienten täglich ei-
nen Liter des halb fermentier-
ten Tees trinken, verteilt auf
vier Portionen. Bei 63 Prozent
der Probanden gingen die Hau-
tirritationen zügig zurück, das
Jucken ließ ebenfalls nach. Ver-
mutlich hatten die Gerbstoffe
des Tees die Entzündungsreak-
tionen in der Haut gedämpft.
Man erhält Oolong mittlerweile
auch hierzulande in Apotheken
und Teefachgeschäften.

PRELLUNGEN, ZERRUNGEN
UND GELENKSCHMERZEN

Wenn es im Knie zwickt oder
der Fuß gestaucht wurde,
kommt traditionell eine Salbe,
ein Gel oder Ähnliches auf die
schmerzende Stelle. Manche
brennen, manche kühlen, von
anderen merkt man gar nichts.
Ein skandinavisch-englisches
Forscherteam hat jüngst die
wissenschaftlichen Daten dazu
ausgewertet. Demnach dämp-
fen diclofenac- und ketoprofen-
haltige Gels den Schmerz im-
merhin etwas besser als ein
wirkstofffreies Placebo. Doch
Studienleiterin Sheena Derry
von der Universität Oxfordbe-

tont auch: „Selbst die
effektivsten Zuberei-
tungen können wir-
kungslos verpuffen.“kungslos verpuffen.“
Denn der Schmerz sei
eben eine sehr individuelle An-
gelegenheit, man müsse da „im-
mer mit einem Totalversagen
des eingesetzten Mittels rech-
nen“.
In einer Studieder Essener
Klinik für Naturheilkunde und
Integrative Medizin bewährten
sich Kraut- bzw. Kohlwickel in
der Behandlung von Knie-
schmerzen. Ihre schmerzhem-
mende Wirkung ist ähnlich
hoch wie bei den Diclofenac-
Gels. Und bei Sportverletzun-
gen wie Prellungen, Verstau-
chungen und Zerrungen be-
steht die zuverlässigste Be-
handlung ohnehin darin, dass
man sie direkt für mindestens
15, besser 20 Minuten kühlt.
Entsprechende Kompressen
oder Pads gibt es in Apotheken
und Drogerien, aber Eiswürfel
im Handtuch tun es auch.

KOPFSCHMERZEN

Die klassischen Selbstmedikati-
onsmittel bei spontanen Span-
nungskopfschmerzen sind ASS,
Ibuprofen und Paracetamol. Ih-
re Wirkung wird laut Tim Jür-
gens von der Deutschen Migrä-
ne- und Kopfschmerz-Gesell-
schaft (DMKG) noch stärker,
wenn man sie mit Koffein kom-

biniert. Ihre Nebenwir-biniert. Ihre Nebenwir-
kungen verstärken sich da-kungen verstärken sich da-
durch allerdings auch.
Deswegen sagt der RostockerDeswegen sagt der Rostocker
Neurologe: „Ebenfalls gut wirk-
sam, aber ohne Gefahr von Ne-
benwirkungen durch zu häufi-
gen Schmerzmittelgebrauch ist
die örtliche Anwendung von
Pfefferminzölauf den Schläfen
und dem Nacken.“ Die äthe-
rischen Öle der traditionsrei-
chen Pflanze hemmen die
Schmerzübertragung aus der
Haut zum Gehirn.
Doch was hilft gegen den be-
rüchtigten Brummschädel nach
dem Trinkgelage? Ein Team um
Edzard Ernstvon der Universi-
tät Exeter untersuchte die wis-
senschaftliche Datenlage dazu


  • und konnte nur für Borret-
    schöl, Gamma-Linolensäure,
    Hefeextrakt und das Schmerz-
    mittel Tolfenamin einen Effekt
    finden. Artischocke, Kaktusfei-
    ge (Opuntia), Fruktose, Gluko-
    se, Betablocker und Medika-
    mente gegen Reiseübelkeit
    blieben dagegen wirkungslos.
    Auch bei den Mitteln mit posi-
    tivem Effekt findet Ernst die
    Datenlage wenig überzeugend,
    da sie nur bei sehr wenigen
    Probanden getestet wurden.
    „Doch vielleicht ist es ja auch
    gut, wenn der Kater auf kaum
    eine Therapie reagiert“, sagt
    Ernst. Schließlich mache er
    fühlbar, wie ungesund Alkohol
    sein kann.


Hilfsmittel


für alle Fälle


Welcheelche


Medikamenteedikamente


in dien die


Hausapothekeausapotheke


gehören –ehören –


und welchend welche


eher nichther nicht

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