cron seine außenpolitische
Überzeugung, dass nur ein einig
auftretendes Europa von der
Supermacht China ernst ge-
nommen wird. Schon im ver-
gangenen März hatte Frank-
reichs Präsident beim Besuch
von Xi in Paris den scheidenden
EU-Kommissionspräsidenten
Jean-Claude Juncker und die
Bundeskanzlerin hinzugebeten.
Am Montagabend hatte Macron
in einem Hotel in Shanghai vor
VVVertretern der deutschen undertretern der deutschen und
fffranzösischen Wirtschaft seinranzösischen Wirtschaft sein
Credo noch einmal bekräftigt:
Natürlich gebe es nationale In-
teressen, doch je mehr man auf
die deutsch-französische und
mehr noch auf die europäische
Karte setze, desto glaubwürdi-
ger könne man als Europäer in
China auftreten – und desto
besser werden die Ergebnisse
sein, glaubt der französische
Präsident. Auf die Fähigkeit als
Europäer China gegenüber ge-
schlossen aufzutreten, werde es
entscheidend ankommen, so
Macron.
Die Tatsache, dass Frank-
reichs Präsident auch Vertreter
deutscher Firmen mit ins Boot
geholt hat, wertet man in Paris
als Geste, die die Ernsthaftig-
keit des Ansatzes bekräftigen
soll. Die Zeitung „Le Monde“
wies jedenfalls am Dienstag in
ihrem Leitartikel darauf hin,
dass Angela Merkel bei ihren all-
jährlichen China-Besuchen nie
fffranzösische Wirtschaftsvertre-ranzösische Wirtschaftsvertre-
ter hinzugebeten hat. Nun ist
C
hinas Staatschef Xi
Jinping hatte glückli-
cherweise kräftigen
Appetit mitgebracht.
Er kostete zunächst einen Zipfel
vom Charolais-Rind, dann ein
zartes Stück Limousin und
schließlich noch ein Häppchen
Salers. Begleitend gereicht wur-
de zunächst ein Burgunder
(Château Gorton Grancey). Es
fffolgte ein Languedoc (Chateauolgte ein Languedoc (Chateau
LLL’Hôspitalet). Das Finale wurde’Hôspitalet). Das Finale wurde
bestritten mit einem Château
Cheval Blanc aus dem Borde-
aux. Nachdem Xi den ersten
Schluck genommen hatte, ap-
plaudierte die französische De-
legation. Nach dem dritten Glas
lächelte Xi. „Ich stelle fest, dass
er drei Rindfleischsorten und
drei Weine gekostet hat“, sagte
ein sichtlich zufriedener Emma-
nuel Macron, der Xi diese fran-
zösischen Spezialitäten auf der
Internationalen Handelsmesse
„China International Import
Expo“ in Shanghai kredenzte.
VON SASCHA LEHNARTZ
Gemeinsam hatten die bei-
den Staatschefs am Dienstag die
Messe eröffnet. „Ich bin zuver-
sichtlich, dass Charolais, Li-
mousin und Salers eine glückli-
che Zukunft in China vor sich
haben“, freute sich Macron. Ob
die betroffenen Rinder seine
Meinung teilen, darf bezweifelt
werden. Er habe zudem be-
merkt, dass Xi der Wein ge-
schmeckt habe, verriet Macron,
insbesondere der Languedoc,
der dem Weinkenner Xi zuvor
noch nicht geläufig war.
Die Stimmung schien also
durchaus prächtig beim dreitä-
gigen Staatsbesuch des franzö-
sischen Präsidenten in China,
bei dem Macron das Wagnis un-
ternahm, nationale französische
und gemeinsame europäische
Interessen gleichzeitig zu ver-
treten. Während die neue Präsi-
dentin der EU-Kommission, Ur-
sula von der Leyen, in Brüssel in
die Verlängerung muss, um ihre
Mannschaft aufzustellen, und
die Bundeskanzlerin daheim in
Berlin in den machtpolitischen
AAAbendhimmel reitet, macht Ma-bendhimmel reitet, macht Ma-
cron das, was er außenpolitisch
am liebsten tut: er simuliert
Führungsstärke und europäi-
sche Geschlossenheit gleichzei-
tig. Mit großem Begleittross ist
er zu seinem Trip ins Reich der
Mitte aufgebrochen, und bei der
Zusammenstellung der Reisege-
sellschaft hat er Wert darauf ge-
legt, dass es sich nicht um eine
exklusiv französische Compa-
gnie handelte. Der EU-Land-
wirtschaftskommissar Phil Ho-
gan aus Irland und die deutsche
Bildungs- und Forschungsmi-
nisterin Anja Karliczek dürfen
den französischen Präsidenten
begleiten. Zudem sind in der
mitreisenden Wirtschaftsdele-
gation nicht nur Vertreter von
rund fünfzig französischen,
sondern auch von zahlreichen
deutschen Unternehmen dabei.
Mit der Zusammenstellung
dieses Transeuropaexpresses
nach China unterstreicht Ma-
me funktioniere, sagte der Fran-
zose und formulierte damit in
AAAbwesenheit einer handlungsfä-bwesenheit einer handlungsfä-
higen EU-Kommission quasi en
passant eine gesamteuropäische
China-Strategie.
AAAls Zeichen für die steigendels Zeichen für die steigende
Beachtung, welche die EU als
globaler Partner in Peking fin-
det, wird in Paris die Tatsache
bewertet, dass die chinesische
Regierung mit dem hochrangi-
gen Diplomaten Wu Homgbo
gerade einen „Sonderbeauftrag-
ten für europäische Angelegen-
heiten“ ernannt hat, der künftig
das Außenministerium berät
und bei hochrangigen Begeg-
nungen dabei sein wird.
Am Dienstagabend wollte Xi
mit seiner Ehefrau, der Sänge-
rin Peng Liyuan, Macron und
dessen Gattin Brigitte bei einem
privaten Essen an einem „sehr
besonderen Shanghaier Ort“,
dem Garten Yu Yan, empfangen.
Damit erwidert er die Geste der
Macrons, der die Xis im März zu
einem privaten Essen in die Vil-
la Kérylos in Beaulieu-sur-Mer
an der Côte d’Azur eingeladen
hatten. Dass sich Xi und Macron
binnen zwei Tagen gleich vier-
mal sehen, wertet man im
Élysée als Indiz für die Qualität
des Verhältnisses. Damit dies so
bleibt, dürften heiklere Themen
wie Menschenrechtsfragen, die
VVVerfolgung der islamischenerfolgung der islamischen
Minderheit der Uiguren oder
der Umgang mit der Protestbe-
wegung in Hongkong wenn
überhaupt im diskreten priva-
ten Rahmen angeschnitten wer-
den. Leicht stimmungstrübend
könnte zudem die Präsenz der
fffranzösischen Marine im indi-ranzösischen Marine im indi-
schen Ozean und im südchinesi-
schen Meer wirken, die China
mit geringer Begeisterung beob-
achtet. Auch der Verkauf fran-
zösischer „Rafale“-Jets an In-
dien sorgt in Peking für Skepsis.
Konkret fassbare Ergebnisse
soll der Macron-Besuch durch-
aus auch noch zeitigen, in die-
sem Fall werden aber dann doch
vor allem französische Herstel-
ler profitieren: Am Mittwoch
wird ein Abkommen unter-
schrieben, dass den Schutz der
Herkunftsbezeichnungen fran-
zösischer Nahrungsmittel und
QQQualitätsprodukte auch in Chi-ualitätsprodukte auch in Chi-
na gewährleisten soll. Käse fäl-
schen soll also künftig schwieri-
ger werden. Der französische
AAAtomenergiebetreiber Oranotomenergiebetreiber Orano
hofft außerdem noch, dass das
Projekt einer rund elf Milliar-
den Euro schweren Wiederauf-
bereitungsanlage in China Rea-
lität wird. Nebenbei hat Macron
am Dienstag in Shanghai einen
AAAbleger des Kulturzentrumbleger des Kulturzentrum
Centre Pompidou eröffnet, was
jedoch auf der chinesischen Sei-
te überschaubare Euphorie aus-
löste. Für Macron war es der
zweite China-Besuch seiner
Amtszeit, er hat sich zu Beginn
seiner Präsidentschaft vorge-
nommen, dem Beispiel Angela
Merkels zu folgen und wenigs-
tens einmal pro Jahr nach China
zu reisen. Bis zur nächsten Wahl
2 022 hat er also noch zwei bis
drei Reisen vor sich.
Ein Gläschen
auf die Rivalität!
Auf seiner China-Reise will Emmanuel Macron nicht
nur Aufträge für französische Firmen an Land ziehen.
Frankreichs Präsident inszeniert sich gleichzeitig
als Chef-Lobbyist für europäische Interessen
Prost: Frankreichs Präsident Emma-
nuel Macron und sein chinesischer
Amtskollege Xi Jinping bei einer
VVVerkostung von französischem Weinerkostung von französischem Wein
auf einer Messe in Shanghai
AFP
/LUDOVIC MARIN
6 POLITIK DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT MITTWOCH,6.NOVEMBER
man in Berlin allerdings auch
nur limitiert begeistert von Ma-
crons Auftritt in Shanghai, denn
die Messe gilt als ein Prestige-
projekt Xis, das man bislang
durch offizielle Besuche nicht
aufzuwerten bereit war.
Ob sich Macrons Ansatz als
europäische Strategie durchset-
zen lässt, hängt also letztlich
von der Bereitschaft Berlins und
der übrigen EU-Staaten ab,
langfristig als Teamplayer auf-
zutreten. „Der Präsident kann
die Dinge anstoßen, aber es liegt
an jedem Einzelnen, diesem
WWWeg zu folgen“, heißt es dazueg zu folgen“, heißt es dazu
aus dem Élysée. Die Welt habe
eg zu folgen“, heißt es dazu
us dem Élysée. Die Welt habe
eg zu folgen“, heißt es dazu
sich verändert, deshalb sei auch
die EU-Kommission gefordert,
„ihr Betriebssystem anzupas-
sen“. Dass man in Brüssel im
vergangenen März China offi-
ziell zum „systemischen Riva-
len“ erklärt habe, sei ein Schritt
in die richtige Richtung gewe-
sen. Diesen Weg müsse man
fffortsetzen, und dazu brauche esortsetzen, und dazu brauche es
Geschlossenheit, ist man in Ma-
crons engerem Umfeld über-
zeugt. China sei der EU da tak-
tisch und strategisch nämlich
immer noch um Längen voraus.
Mit seinem Projekt einer „Neu-
en Seidenstraße“ und den damit
verbundenen Investitionen ver-
fffügt es über einen strategischügt es über einen strategisch
äußerst wirkungsvollen Hebel –
und ist zudem jederzeit in der
Lage, einzelne europäische
Staaten unter Druck zu setzen.
Ob die neue Geschlossenheit
trägt, dürfte sich bis zum Sep-
tember kommenden Jahres zei-
gen. Dann nämlich findet in
Leipzig der nächste EU-China-
Gipfel statt. Neben der demons-
trativen Darbietung europäi-
scher Einigkeit hatte Macron
deshalb in Shanghai noch einige
Botschaften für seine Gastgeber
parat. Die dringlichste war da-
bei keine ganz neue, sondern die
allfällige Bitte um fairere Wett-
bewerbsbedingungen. „Wir
brauchen eine größere Öffnung
Chinas und seines Marktes“,
sagte Macron bei der Eröffnung
der Importmesse in Shanghai.
Zwar sei in den vergangenen
Jahren etwa beim Abbau von
Zöllen und der Reform des Fi-
nanzsektors schon viel erreicht
worden, doch diese Änderungen
müssten „vertieft“ und „konso-
lidiert“ werden.
Macron sprach sich zudem
gegen jede Form von „Protek-
tionismus und Unilateralismus“
aus, ein leicht zu entschlüsseln-
der Hinweis auf den schwelen-
den Handelskonflikt zwischen
den USA und China, zu dem Ma-
cron die Hoffnung artikulierte,
dass die beiden führenden Wirt-
schaftsmächte der Welt zu einer
Einigung gelangen, welche die
Interessen Dritter, will sagen:
Europas, berücksichtigt. Für
Europa und China gehe es un-
terdessen darum, ein „Pro-
gramm der Zusammenarbeit
und der Harmonie“ auszuarbei-
ten, das unabhängig von den
„manchmal tief greifenden Un-
terschieden“ der beiden Syste-