Süddeutsche Zeitung - 13.11.2019

(Ron) #1
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von christof kneer

D


iese große und teure Frage dürfte
sich bald wieder stellen: Holt der
FC Bayern Leroy Sané? Und falls
ja: wann und für wie viel Geld? Und falls
die Bayern hundertplus Millionen für Sa-
né ausgeben: Könnten sie es sich dann er-
lauben, weitere hundert Millionen für –
beispielsweise – Kai Havertz hinzulegen,
oder könnten dann nur noch ein paar Er-
gänzungen kommen, die wahrscheinlich
immer noch je 30 Millionen kosten? Was
hieße all das für Coutinho und die obszö-
ne 120-Millionen-Kaufklausel? Gibt es
im hauseigenen Nachwuchs Talente, die
zur Spielphilosophie der ersten Mann-
schaft passen, wobei, stopp, welche Philo-
sophie haben wir gleich noch mal? Was
meint unser Trainer dazu? Wobei: Wel-
chen Trainer haben wir eigentlich?
Hasan Salihamidzic hat viel zu tun.
Natürlich wird nun diskutiert, warum
der FC Bayern Hasan Salihamidzic, einen
ehemaligen Brazzo, zum Sportvorstand
befördert; und manche fragen sicher
auch, ob Salihamidzic der Richtige ist (Re-
daktionstipp für treue Abonnenten: diese
Frage bitte nicht zu laut stellen, sonst ruft
Uli Hoeneß an). Allerdings lenkt die Frage
„Brazzo ja/nein/vielleicht?“ zu sehr von
dem Amt ab, um das es geht. Unabhängig
davon, ob Salihamidzic, Philipp Lahm,
Max Eberl oder Dr. Edmund Stoiber diese
Planstelle besetzen, gilt es eines festzu-
halten: Dieser Posten ist der wichtigste,
den der FC Bayern im Moment zu verge-
ben hat. Dort werden all die Schlüssel-
Entscheidungen vorbereitet, die über die
Zukunft des Klubs entscheiden – auf ei-
nem zunehmend irren Markt, der klaren
Kopf und eine klare Strategie erfordert.
Der Mann, der die fachliche Expertise
garantiert und den Sport verantwortet,
ist überall von zentraler Bedeutung, beim
neuen FC Bayern ist er es ganz besonders.
Die Bayern waren jahrzehntelang auf Uli
Hoeneß ausgerichtet, eine Arbeitsteilung
mit den von ihm hoch gelobten Christian
Nerlinger und Matthias Sammer klappte
nur so lange, bis Hoeneß sie nicht mehr
lobte und sich wieder von ihnen trennte.
So sah Bayerns Entscheiderriege zuletzt
aus wie eine nicht optimal gemischte Fuß-
ball-Elf: Es gab die Superroutiniers Hoe-
neß und Rummenigge, und es gab Talen-
te aus anderen Klubs (Kovac) bzw. dem ei-
genen Unterbau (Salihamidzic). Den noch
halbwegs jungen, aber schon diensterfah-
renen Mastermind: Den gab es nicht.
„Mastermind“ war nicht das erste
Wort, das einem bisher einfiel, wenn man
an Salihamidzic dachte, aber die Bayern
geben ihm nun die Chance, das Gegenteil
zu beweisen. Und wenn Oliver Kahn mal
Vorstandschef sein wird, dann wird der
Sportvorstand in diesem Klub noch wich-
tiger werden: Denn Kahn ist zwar die ge-
wünschte Autorität, aber Spielphiloso-
phie und Spielermarkt sind bislang nicht
als seine Fachgebiete aufgefallen.

Berlin – Niklas Stark, 24, ist am Dienstag
pünktlich am vereinbarten Treffpunkt der
deutschen Fußball-Nationalmannschaft
in Düsseldorf eingetroffen. Dass es ange-
bracht ist, dies in dieser Deutlichkeit fest-
zuhalten, hat damit zu tun, dass man zu-
letzt meinen musste, der Verteidiger von
Hertha BSC sei das Opfer eines Schamanen
geworden – dazu verdammt, den inoffiziel-
len Titel des „ewig verhinderten National-
spielers“ tragen zu müssen.
Acht Länderspiele hat Stark seit seiner
ersten Nominierung verpasst, ein Rekord-
wert. Kein Feldspieler hat unter Bundes-
trainer Joachim Löw so lange auf seinen
ersten Einsatz warten müssen, obwohl er
immer im Kader stand. Nun sollte es so
weit sein: Lautkickerhat Löw dem Hertha-
Verteidiger eine Einsatzgarantie gegeben,
am Samstag in Mönchengladbach gegen
Weißrussland oder drei Tage später in

Frankfurt/Main gegen Nordirland (jeweils
20.45 Uhr/RTL) soll er auf jeden Fall auflau-
fen. Ob es wirklich dazu kommt, wird von
der Musterung durch die Mediziner des
DFB abhängen. Denn Starks Nasenbein
wurde erst am Sonntag im Berliner Vir-
chow-Klinikum operativ gerichtet, nach-
dem er sich bei Herthas 2:4-Pleite gegem
RB Leipzig eine Fraktur zugezogen hatte.
Von der Verletzung kündeten am Dienstag
in Düsseldorf eine Plastikschiene auf der
Nase, vor allem aber die massiven Bluter-
güsse unter den Augen, die so farbintensiv
waren, dass sie keine Beauty-Wunderwaf-
fe der Welt hätte kaschieren können.
Starks lächelnd vorgetragene Beschwichti-
gung – „es ist nicht so schlimm, wie’s aus-
sieht“ – war absolut angebracht.
Mit der Fraktur hat sich die Liste der tra-
gischen Umstände von Starks Nicht-Ein-
sätzen erweitert. Zur Erinnerung: Nach-
dem Löw den Verteidiger bei sechs Spielen

nur auf der Ersatzbank platzierte, musste
Stark im Oktober vor dem versprochenen
Startelf-Einsatz gegen Argentinien wegen
einer Gastroenteritis passen, einer
Schleimhaut-Entzündung von Magen und
Darm. Vor dem Tage später angesetzten
Spiel in Estland lief Stark nachts im Hotel-
zimmer gegen eine Tischkante, „es war ein-
fach dunkel“. Die Wunde am Schienbein
wurde genäht, an Fußball war nicht zu den-
ken. Doch die Resonanz war groß: „Ganz
Deutschland hat meine Aktion mitbekom-
men“, sagte Stark – wissend, dass er die Ge-
schichte der kuriosen Verletzungen des
Fußballs um ein Kapitel bereichert hatte.
Weniger amüsant war dafür der aktuel-
le Nasenbeinbruch – zumal ihm das
Schiedsrichterteam unterstellte, auch für
diese Verletzung alleinverantwortlich ge-
wesen zu sein. Denn der Referee quittierte
die blutende Nase Starks mit der Bemer-
kung, der Videoschiedsrichter sei der Über-
zeugung, Stark sei im Strafraum in den Ell-
bogen von RB-Spieler Konrad Laimer ge-
rannt. Doppelt bitter für Hertha: Beim
Stand von 1:2 hätte es Elfmeter und eine ro-
te Karte für Laimer geben können. Losge-
löst davon biss Stark nun auf die Zähne.
„Wenn der Bundestrainer anruft und sagt,
er will mich dabei haben, dann komme ich


  • sofern ich laufen kann“, versicherte er.
    Denn: Er wolle sich „einen großen Traum
    erfüllen“. So schnell wie möglich.
    Dabei ist so viel Eile vielleicht gar nicht
    nötig. Stark scheint es zwar in dieser Sai-
    son darauf angelegt zu haben, Fußballre-
    portern die Verlockung einer Wortdopp-
    lung („Stark spielt stark“) auszutreiben –
    er spielt eher mittel. Die Konkurrenz auf
    den Verteidigerposten ist jedoch seit der
    Verletzung von Niklas Süle und der Ausboo-
    tung von Jérôme Boateng und Mats Hum-
    mels überschaubar. Zudem kann Stark auf
    die Sympathien von U 21-Nationalcoach
    Stefan Kuntz zählen. Der schwärmte,
    Stark sei „ein natürlicher Anführer“.
    Kuntz selbst übrigens war so etwas wie
    der Prototyp des verhinderten National-
    spielers. Der einstige Stürmer des 1. FC Kai-
    serslautern war 1986 erstmals von Team-
    chef Franz Beckenbauer berufen worden.
    Als es 1991 endlich zur Premiere kommen
    sollte, zog er sich beim Verlassen des Team-
    busses einen Bänderriss zu. Erst 1993 war
    es so weit: Kuntz durfte in den USA für die
    DFB-Elf spielen, in dem für Debütanten bi-
    blischen Alter von 31 Jahren. Und siehe, es
    schützte ihn nicht vor Erfolg: 1996 wurde
    er Europameister. javier cáceres


Frankfurt – Seit Sommer 2017 gehört der
Videoassistent zum deutschen Profifuß-
ball, und seit Sommer 2017 vergeht kein
Wochenende, an dem der Videoassistent
nicht irgendwo ein Thema ist. Grundsätz-
lich stellen ihn nur noch wenige in Frage,
doch an fast jedem Spieltag ist jemand ver-
ärgert, weil der Videoassistent (VAR) viel
zu oft eingreift – oder weil er viel zu selten
eingreift. Es gibt keine einheitliche Linie in
der Regelinterpretation, und die Kommu-
nikation zum Zuschauer im Stadion hat
noch viel Verbesserungspotenzial.
Nun aber erreicht der Unmut über die
Technikhilfe nach zweieinhalbjährigem
Einsatz eine neue Stufe. Erstmals gibt es
wegen des VAR vor dem Sportgericht des
Deutschen Fußball-Bundes (DFB) einen
Protest gegen die Wertung eines Spiels.
Und somit steckt der deutsche Profifuß-
ball in einem Präzedenzfall – auch wenn
die Erfolgsaussichten gering sein dürften.
Der Zweitliga-Tabellenletzte SV Wehen
Wiesbaden legte nach dem 0:1 bei Dynamo
Dresden Protest ein. Die Szene, die die Hes-
sen am vergangenen Freitag erzürnte, war
in der Tat kurios. Es geschah in der 26. Mi-
nute: Beim Stand von 0:0 griff Dynamo
über die rechte Seite an, Alexander Jereme-
jeff flankte in die Mitte, aber Wehen fing
den Ball ab, startete einen Konter und cir-
ka zehn Sekunden später traf Manuel

Schäffler ins Tor. Doch der Jubel erstarb.
Denn nach dem Hinweis des Videoassisten-
ten gab der Schiedsrichter den Treffer
nicht. Der Grund: Bei der Flanke von Jere-
mejeff hatte der Ball auf der gegenüberlie-
genden Seite des Platzes die Torauslinie
überschritten. Zehn Sekunden zuvor! Also
Abstoß für Wehen anstatt Tor für Wehen.
Eine Viertelstunde später schoss just Je-
remejeff Dresdens Siegtor, und hinterher
war der Ärger groß. „Ein Fußballspiel wird
völlig unnötig zerstört“, klagte Wehens
Trainer Rüdiger Rehm. Zwei Tage später

legten die Wehener nach Rücksprache mit
ihren Anwälten Protest ein, weil aus ihrer
Perspektive die Rücknahme des Tores re-
gelwidrig gewesen sei. Ihre Klage: Sie wür-
den dafür bestraft, dass der Schiedsrichter
einen Fehler gemacht hat. Somit geht es
rund um das aberkannte Tor nicht mehr
nur um den Aspekt, ob dieser Entscheid im
Sinne der Video-Unterstützung und der da-
mit angestrebten Gerechtigkeit ist. Son-
dern auch um sportrechtliche Fragen.
Grundsätzlich ist es nahezu unmöglich,
wegen einer Schiedsrichterentscheidung

erfolgreich Protest gegen die Wertung ei-
nes Spiels einzulegen. Der Fußball kennt
in diesem Kontext seit Langem den – bis-
weilen nicht grundlos schwammigen – Un-
terschied zwischen der „Tatsachenent-
scheidung“ (Schiedsrichter nimmt eine
Szene falsch wahr) und dem „Regelver-
stoß“ (Schiedsrichter handelt statutenwid-
rig). Im Zweifel kann alles eine Tatsachen-
entscheidung des Schiedsrichters ohne
sportrechtliche Konsequenzen sein. Aber
nur bei einem Regelverstoß ist eine Spiel-
wiederholung möglich, und das kommt
sehr selten vor. Das berühmteste Beispiel:
Nach dem „Phantomtor“ des damaligen
FC-Bayern-Spielers Thomas Helmer ge-
gen Nürnberg 1994 setzten die DFB-Juris-
ten eine Wiederholung an – weil sich
Schieds- und Linienrichter nicht regelkon-
form beraten hätten.
Nun müsste es Wehen also gelingen, ei-
nen Regelverstoß nachzuweisen. Im Laufe
dieser Woche soll die schriftliche Begrün-
dung beim DFB eingehen. Wehens Anwalt
Christoph Schickhardt will derzeit nichts
sagen. Zu vernehmen ist aber, dass es in
der juristischen Argumentation nicht zu-
letzt auf einen Punkt hinausläuft: dass sich
der Videoassistent diese Szene gemäß dem
VAR-Protokoll gar nicht hätte anschauen
dürfen. Dieses Protokoll hat das Internatio-
nal Football Association Board (Ifab) erar-
beitet, jenes in Zürich sitzende Gremium,
das für die Fußballregeln zuständig ist.
Laut Protokoll soll der Videoassistent bei je-
dem Tor den kompletten vorausgegange-
nen Angriffsspielzug auf Auffälligkeiten
checken. Aber bei Wehens Treffer war der
Ball eben nicht während des torbringen-
den Spielzuges im Aus. Sondern am Ende
des abgeschlossenen Spielzuges zuvor.
Doch selbst wenn das DFB-Sportgericht
einer solchen Argumentation folgen sollte,
ist es fraglich, ob der Klub mit seinem Be-
gehr durchkommt. Denn im VAR-Proto-
koll ist gewissermaßen ein Sicherheitsnetz
eingebaut. Demnach wird ein Spiel grund-
sätzlich auch gewertet, wenn der Videoas-
sistent am Zustandekommen einer fal-
schen Entscheidung beteiligt ist; etwa
wenn er eine Szene prüft, die er gar nicht
prüfen darf. Mit anderen Worten: Auch bei
Beteiligung des Videoassistenten kann ein
Fehler des Schiedsrichters schnell als unan-
fechtbare Tatsachenentscheidung gelten.
Die Wehener müssten das Sportgericht al-
so davon überzeugen, dass diese Protokoll-
stelle nicht wirksam ist – und das dürfte
sehr schwer sein. johannes aumüller

von benedikt warmbrunn

München – Hasan Salihamidzic ist nicht
Uli Hoeneß, er wird auch nie Uli Hoeneß
werden, er wird also zum Beispiel eher nie
live in einer Fernsehsendung anrufen und
herumpoltern. „Ich habe Folgendes auf
dem Herzen: dass sich große Teile der Run-
de total despektierlich äußern“, so einen
wütenden Anrufersatz wird es von Saliha-
midzic nicht geben, auch nicht die Behaup-
tung, dass etwas auf dem „Mist“ von je-
mandem gewachsen sei. Salihamidzic ist
also nicht Hoeneß, doch die Frage ist, ob
das ein Nachteil sein muss, oder ob es viel-
leicht sogar ein Vorteil sein kann.
Am Montagabend um 20.36 Uhr hat der
FC Bayern eine Pressemitteilung ver-
schickt, in der er bekannt gab, dass sich
der Aufsichtsrat des Vereins „bei der heuti-
gen Sitzung mit der Personalie Hasan Sali-
hamidzic befasst“ habe. Der Sportdirektor
habe seit 2017 „hervorragende Arbeit“ ge-
leistet, weswegen die Runde der Aufsichts-
räte Folgendes auf dem Herzen hat: „Der
Aufsichtsrat beabsichtigt daher, die Zu-
sammenarbeit mit Hasan Salihamidzic
fortzusetzen und ihn zum 1. Juli 2020 in
den Vorstand zu berufen.“ Da Salihamidzic
selbst kaum etwas gegen diese Art der Zu-
sammenarbeit haben wird, werden die an-
stehenden Verhandlungen sehr wahr-
scheinlich erfolgreich abgeschlossen wer-
den. Am Montag hieß der Vorsitzende des
Aufsichtsrats übrigens noch Uli Hoeneß.

An diesem Freitag, bei der Jahreshaupt-
versammlung, zieht sich Hoeneß – ver-
meintlich – zurück, er wird danach nicht
mehr Präsident sein, und bei der nächsten
Sitzung des Aufsichtsrates auch nicht
mehr dessen Vorsitzender, sondern nur
ein einfaches Mitglied. Als eine der letzten
Amtshandlungen hat Hoeneß nun sicher-
gestellt, dass die Geschicke des Vereins wei-
terhin so gelenkt werden, wie er sich das
vorstellt. Hoeneß hatte für Salihamidzic,
den er 2017 gemeinsam mit Klubboss Karl-
Heinz Rummenigge als Sportdirektor in-
stalliert hatte, geworben, nachdem es zu-
letzt keinen Sportvorstand gegeben hatte.
Hoeneß rief tatsächlich am Sonntag in der
Talkrunde „Doppelpass“ an. „Total despek-
tierlich“ habe sich die Runde über Saliha-
midzic geäußert, weswegen Hoeneß ins Te-
lefon rief, dass die Transfers der französi-
schen Weltmeister Benjamin Pavard und
Lucas Hernández sowie des Kanadiers Al-
phonso Davies „allein auf seinem Mist ge-
wachsen“ seien, auf dem von Salihamidzic.
Es ist davon auszugehen, dass Hoeneß das
mit dem Mist anerkennend gemeint hat.
Hoeneß’ Anruf hat Salihamidzic vor der
Sitzung des Aufsichtsrats also gestärkt. Er
hat zugleich aber auch den Eindruck ver-

stärkt, dass da einer nach zwei Jahren im-
mer noch den Schutz des Allermächtigsten
im Kosmos des FC Bayern benötigt.
Salihamidzic, 42, hat sich nie davon be-
freien können, dass er der Kompromiss-
kandidat der Bosse war. Hoeneß wollte
ursprünglich Max Eberl aus Mönchenglad-
bach holen, Rummenigge wollte Philipp
Lahm. Dass der andere seinen Kandidaten
bekommt, wollten beiden nicht. Und es ist
nicht despektierlich, wenn man nicht aus-
schließt, dass diese Haltung Salihamidzic
nun auch zu seiner Beförderung verhilft.
Hoeneß, der ja nur formal ein einfaches
Mitglied im Aufsichtsrat wird, faktisch
aber eine prägende Figur im Verein bleibt,
verhindert durch den Sportvorstand Sali-
hamidzic, dass den Posten ein Kandidat be-
kommt, der ihm, Hoeneß, weniger ver-
traut. Und Rummenigge verhindert gleich-
zeitig, dass der als sein eigener Nachfolger
vorgesehene Oliver Kahn jemanden instal-
liert, der Rummenigges Macht weiter be-
schneidet. Wie Kahn zu dieser Beförde-
rung steht, ist nicht überliefert.

Dass Salihamidzic im Spannungsfeld
der Bosse arbeiten kann, hat er seit 2017 be-
wiesen. Anders als Hoeneß hat er nie gepol-
tert, er hat sich auch nie davon irritieren
lassen, dass viele in der Branche und sogar
manche im Klub seine Arbeit skeptisch se-
hen. Er hat sich stattdessen eingerichtet in
dieser Nische, die ihm die Bosse gelassen
haben. Im Sommer hat er sich nicht locken
lassen von Ankündigungen von Hoeneß
(„Wenn Sie wüssten, was wir alles sicher ha-
ben...“), sondern versucht, in einem nicht
leichten Klima zu transferieren. Ob er zu
forsch war, als er angekündigt hatte, dass
er „unbedingt“ Callum Hudson-Odoi vom
FC Chelsea wolle? Ob er zu vorsichtig war,
einen Wechsel von Leroy Sané von Man-
chester City vorzubereiten? Am Samstag,
nach dem 4:0 gegen Dortmund, hatte Sali-
hamidzic gesagt: „Ich tue alles nach bes-
tem Wissen und Gewissen. Ich habe immer
versucht, für den Klub das Beste zu tun. Sol-
che Spiele sind gute Bestätigungen.“
In den nächsten Tagen wird es eine der
Aufgaben des Noch-Sportdirektors Hasan
Salihamidzic sein, mit dem Übergangstrai-
ner Hansi Flick darüber zu reden, wie lan-
ge dieser für den Übergang zur Verfügung
stehen will und ob sich dieser Übergang
vielleicht bis zum Sommer hinauszögern
ließe. Danach wird er sich an Gespräche
machen, in denen er klären muss, welcher
Trainer zum FC Bayern passt, und unter
Umständen wird er auch klären müssen,
wie leicht sich dieser Trainer aus seinem
aktuellen Vertrag lösen lässt, um dann am


  1. Juli 2020 die Arbeit in München aufzu-
    nehmen, am selben Tag wie der neue Sport-
    vorstand, Hasan Salihamidzic.


Peter Hermann, 67, kehrt nach 43 Jah-
ren im Profifußball zu Alemannia Aa-
chen zurück. Der langjährige Assistenz-
trainer von Jupp Heynckes fungiert
beim Regionalligisten künftig auf Hono-
rarbasis als Sportlicher Berater. Seine
Aufgabe im Trainerteam des Deutschen
Fußball-Bundes bei der U18 wird er
weiter erfüllen. Hermann spielte zwi-
schen 1974 und 1976 für Aachen. Beim
Champions-League-Sieg des FC Bayern
gehörte er 2013 zum Trainerstab. sid

Der ewig Verhinderte


Niklas Stark hofft auf sein Debüt im DFB-Team – wieder einmal


London – Nach einem Streit mit Joe Go-
mez ist Manchester Citys Stürmer Raheem
Sterling für das EM-Qualifikationsspiel
des englischen Fußball-Nationalteams am
Donnerstag gegen Montenegro suspen-
diert worden. Sterling entschuldigte sich
auf seiner Instagram-Seite, die Differen-
zen seien ausgeräumt, schrieb er: „Es war
eine Sache von fünf bis zehn Sekunden.“
Ein kurzer Disput, aber mit Folgen: Am
Dienstag beim öffentlichen Training der
Auswahl im Fußballzentrum des engli-
schen Verbandes in Burton-on-Trent trug
Gomez, 22, Verteidiger beim FC Liverpool,
allem Anschein nach einen roten Kratzer
unter dem rechten Auge. Die beiden Riva-
len waren schon am Sonntag beim Liga-Du-
ell ihrer Klubs aneinandergeraten, das Li-
verpool 3:1 gegen Manchester City ge-
wann. Als sie sich dann im Kreis der Natio-
nalmannschaft am Montag erneut trafen,
flammte der Streit nach Informationen
englischer Medien wieder auf. Er soll von
Sterling, 24, provoziert worden sein.
„Es ist eine unser schwierigsten Aufga-
ben, Rivalitäten auf Vereinsebene im Natio-
nalteam abzustellen“, sagte Englands Nati-
onaltrainer Gareth Southgate. Leider hät-
ten sich die Gemüter bis zur Ankunft im
Trainingslager noch nicht beruhigt ge-
habt. Wie die ZeitungThe Timesberichtet,
schickte der Trainer deshalb Sterling zu-
nächst nach Hause, änderte nach einer Be-
sprechung mit den Führungsspielern der
Nationalelf aber seine Meinung und beor-
derte ihn zurück. Sterling sei schon im Au-
to gewesen, als Southgate ihn anrief. Das
Spiel gegen Montenegro wird Manchesters
Offensivgeist verpassen – er bleibt aber bis
zum Sonntags-Duell gegen Kosovo im Ka-
der. Am Dienstag hat er mit den Mann-
schaftskollegen trainiert. „Ich glaube, dass
diese Entscheidung die beste für das Team
war“, betonte Southgate: „Jetzt ist es wich-
tig, dass wir die Spieler unterstützen und
den Fokus auf Donnerstag legen.“
Gegen Montenegro im Wembley-Stadi-
on kann England sich bereits für die Euro-
pameisterschaft 2020 (12. Juni bis 12. Juli)
qualifizieren. Dafür genügt ein Unentschie-
den. In der laufenden Qualifikationsrunde
hat Sterling acht Treffer erzielt: Er liegt da-
mit gleichauf mit Harry Kane. sz, sid

Videobeweis vor dem Sportgericht


Der Protest des Zweitligisten Wehen führt im Profifußball zu einem Präzedenzfall


Der Noch-Sportdirektor
muss nun einen Trainer für
den nächsten Sommer finden

Das Sportgericht Essen hat fast eine
komplette Kreisliga-Mannschaft nach
einem tätlichen Angriff auf einen
Schiedsrichter gesperrt. Das Gericht
suspendierte zehn Spieler des BV Alten-
essenII für zwölf Monate, drei weitere
für zwei Jahre und den Trainer für ein
halbes Jahr. Der Referee wurde am 13.
Oktober bis in die Kabine verfolgt, er
verlor einen Zahn und erlitt Knieverlet-
zungen. Das Team wurde inzwischen
vom Spielbetrieb zurückgezogen. dpa

Raus aus der Nische


Der Aufsichtsrat des FC Bayern will Sportdirektor Hasan Salihamidzic zum Sportvorstand befördern –
auch mit dieser Personalie sorgt Präsident Uli Hoeneß dafür, dass der Verein weiter in seinem Sinne gelenkt wird

Horst Heldt könnte laut Medienberich-
ten doch noch sein Comeback beim
1.FC Köln geben. Der abstiegsbedrohte
Bundesligist verhandelt nach Informa-
tionen desKölner Stadt-Anzeigerüber
eine Rückkehr des früheren FC-Profis
als Sportchef. Bereits 2017 war Heldt als
Sportdirektor in Köln im Gespräch,
bekam aber von seinem damaligen
Arbeitgeber Hannover keine Freigabe.
Seit April ist er freigestellt. Heldt spielte
von 1990 bis 1995 für Köln. dpa

Jens Keller wird nach übereinstimmen-
den Medienberichten neuer Trainer des


  1. FC Nürnberg. Der 48-Jährige soll
    damit die Nachfolge des freigestellten
    Österreichers Damir Canadi antreten –
    und am Mittwoch beim fränkischen
    Fußball-Zweitligisten vorgestellt wer-
    den. „Ich kann bestätigen, dass ich in
    sehr guten Gesprächen mit dem FCN
    stehe“, sagte Keller derBild. Er betreute
    in der Bundesliga den VfB Stuttgart und
    den FC Schalke 04. Danach war er
    Coach von Union Berlin und bis zum
    April vom FC Ingolstadt. dpa, sid


FC BAYERN

Das


wichtigste Amt


Hermann zurück in Aachen


Mini-Bann


Raheem Sterling für Englands Spiel
gegen Montenegro suspendiert

Im Clinch: Raheem Sterling (links) und Joe
Gomez am Sonntag. FOTO: REUTERS

Sorry, Tor zählt nicht: Schiedsrichter Martin Petersen erklärt Wehens Michel Nie-
meyer, dass der Ball zehn Sekunden vor dem Treffer im Aus war. FOTO: MICHAEL / DPA

Nur bei einem Regelverstoß kann
es eine Wiederholung des Spiels
geben. Aber liegt hier einer vor?

Salihamidzic hat sich nie davon
irritieren lassen, dass seine Arbeit
auch mit Skepsis betrachtet wird

DEFGH Nr. 262, Mittwoch, 13. November 2019 (^) SPORT 29
Fast komplette Elf gesperrt
Köln spricht mit Heldt
Jens Keller nach Nürnberg

MELDUNGEN
Soll zum 1. Juli 2020 neuer Sportvorstand des FC Bayern werden: Hasan Sali-
hamidzic, 42, seit 2017 als Sportdirektor im Klub tätig. FOTO: S. MATZKE / SAMPICS
Gezeichnet: Niklas Stark nach seiner
Nasenoperation. FOTO: FEDERICO GAMBARINI / DPA
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