Neue Zürcher Zeitung - 08.11.2019

(Steven Felgate) #1

2INTERNATIONAL Freitag, 8. November 2019


INTERNATIONALE AUSGABE


Derbritische Premierministerist in Wahlkampfstimmung. KIRSTY WIGGLESWORTH / AP

Johnson teilt gegen Labour aus


(dpa)·Zum Auftakt desWahlkampfes
in Grossbritannien hat Premierminister
Bor is Johnson scharfe Attacken gegen
die OppositionsparteiLabour seines
HerausforderersJeremy Corbyn gefah-
ren. DessenPartei verachte das Stre-
ben nach Profit so sehr, dass sie bereit
sei, die Grundlage des britischenWohl-
stands zu zerstören.«Sie geben vor, dass
ihr Hass nur gewissen Milliardären gilt
und zeigen mit einerFreude undRach-
sucht auf Menschen, die seit derVerfol-
gung derKulaken durch Stalin nicht zu
sehen war», erklärteJohnson.Für seine
KonservativePartei verlief der ersteTag
des Wahlkampfes jedoch alles andere
als ideal: Der Staatssekretär fürWales,
Alun Cairns, musste ausgerechnet jetzt

seinenRücktritt erklären. Grund waren
Vorwürfe, er habe fälschlicherweise be-
hauptet, nichts von der zweifelhaften
Rolle gewusst zu haben, die einPartei-
freund als Zeuge in einemVergewalti-
gungsprozess gespielt hatte. Kritik auf
sich gezogen hatte ausserdem auch noch
ein weitererPolitiker derTories: das für
Parlamentsfragen zuständige Kabinetts-
mit gliedJacob Rees-Mogg musste sich
für abschätzig empfundeneÄusserun-
gen über die Opfer des Grenfell-Brands
entschuldigen. Für Ärger sorgt auch,
dass dieKonservativen ein absichtlich
falsch geschnittenesVideo nicht zurück-
ziehen wollen,mit dem Brexit-Aussagen
einesLabour-Politikers insLächerliche
gezogen wurden.

US-Behörden wollen Wahl


vor Einmischung schützen


(dpa)· EinJahr vor der Präsidentenwahl
in denUSA haben führende Sicherheits-
behörden desLandes eine verstärkte
Kooperation im Kampf gegenVersuche
der Einmischung aus demAusland an-
gekündigt. «Russland, China,Iran und
andere ausländische böswillige Akteure
werden alle versuchen,sich in denWahl-
prozess einzumischen oder die Meinung
der Wähler zu beeinflussen», heisst es in
einer Erklärung. Zum Schutz des demo-
kratischen Prozesses arbeite dieRegie-
rung daher mit einem beispiellosen Mass
an Koordination mit Gliedstaaten, ört-
lichen Behörden und dem Privatsektor
zusammen.Unterzeichnet wurde die Er-
klärung unter anderem vonJustizminis-
ter WilliamBarr, Verteidigungsminis-
ter Mark Esper, dem geschäftsführen-
den Minister für Inlandsicherheit,Kevin
McAleenan, dem Geheimdienstkoordi-


IN KÜRZE


Die USA treiben
Ölförderung in Alaska voran
(Reuters)· Di e USA wollen imkommen-
den Monat fast 1,6 Millionen Hektaren
Land zurPacht im arktischenAlaska für
dieErdölförderungversteigern.Diesgab
das Landungsverwaltungsamt (BLM)
bekannt. Zudem solle ein Entwurf zur
Umgestaltung des Schutzes derRegion
aus der Obama-Ära fertiggestellt wer-
den. Etwa die Hälfte der 23 Millionen
Hektaren grossen Fläche solle wieder
für die Erdölförderung freigegeben wer-
den. Das Gebiet dient als Schutzraum
für Zugvögel und für den Karibu, eine
Rentierart, von deren Bestand grosse
Teile der indigenen Bevölkerung abhän-
gig sind. Die Trump-Regierung und die
Erdölindustrie argumentieren, dass der
Obama-Plan zurestriktiv sei.

Bercow siehtBrexit als
grössten Fehler seit 1945
(dpa)·Kurz nach Ende seiner Amtszeit
hat der britische Ex-Parlamentspräsi-
dent John Bercow seine Neutralität auf-
gegeben und den EU-Ausstieg scharf
verurteilt. «Ich denke, dass der Brexit
der grösste aussenpolitischeFehler in
der Nachkriegszeit ist», sagte Bercow
bei einemTreffen mitAuslandskorre-
spondenten.Zugleich betonte er, dass er
sich während seiner Amtszeit stets neu-
tral verhalten habe.

Gefecht um Grenzposten
in Tadschikistan
(dpa)· Bei einem Angriff auf einen
Grenzposten im zentralasiatischenLand
Tadschikistan sind17 Personen getötet
worden. DerVorfall ereignete sich in
der Nacht auf Mittwoch etwa 50 Kilo-
meter von der HauptstadtDuschanbe
entfernt, wie die Behörden mitteilten.
Demnach griffen 20 maskierte Männer
die Wache an der Grenze zu Usbekistan

Bürgermeister von Györ
tritt doch noch zurück
(dpa)·Zsolt Borkai, der durch ein
Sexvideo belastete Bürgermeister der
ungarischen Stadt Györ,hat seinen
Rücktritt angekündigt. Obwohl er bei
den Kommunalwahlen Mitte desVor-
monats knapp wiedergewählt worden
wa r, will Borkai sein Amt am heuti-
gen Freitag, nach derKonstituierung
des neugewählten Stadtrats, nieder-
legen, wie er in einem offenen Brief
mi tteilte.«Ich ziehe di e Konsequen-
zen und nehme dieVerantwortung auf
mich», schrieb er in dem Dokument,
das dieWebsite gyorplusz.hu veröffent-
licht hatte. Er wolle nicht,dass die Ge-
schehnisse die Entwicklung von Györ
behinderten.Die westungarische Stadt
ist ein wichtigerStandort des deutschen
AutomobilherstellersAudi.

an. Bei den Angreifern habe es sich um
Mitglieder derTerrororganisation Isla-
mischer Staat gehandelt, die von Afgha-
nistan her eingedrungen seien.

natorJoseph Maguire sowie den Chefs
der BundespolizeiFBI und des Geheim-
dienstes NSA. Die Sicherheit derWah-
len habe für dieRegierung von Präsi-
dent DonaldTrump höchste Priorität.

AUFGEFALLEN


Habsburg streitet mit


Österreich um ein «von»


MeretBaumann· Für Monarchisten ist derFall klar:Der älteste
Sohn Ottos von Habsburg, des Erstgeborenen des letzten Kai-
sers von Österreich, wird als «Kaiserliche Hoheit» angespro-
chen und Erzherzog Karl von Habsburg-Lothringen genannt


  • auch wenn in Österreich beides verboten ist.Traditionalis-
    ten sprechen immerhin von Karl von Habsburg. Das ist zwar
    erlaubt, aber der Kaiserenkel darf sich nicht selbst so nennen.
    Das nach dem Untergang der Monarchie beschlosseneAdels-
    aufhebungsgesetz untersagt nicht nurTitel undVorrechte, son-
    dernauch Adelsprädikate wie das «von». Das ist seit hundert
    Jahren geltendesRecht, tatsächlich verwendet der ehemalige
    Adel aber Namenszusätze wie auchTitel untereinander häu-
    fig. Dabei zeigt er sich kreativ. Bei Todesanzeigen etwa wer-
    denoftDutzendevonPersonenmitallenTitelnundPrädikaten
    aufgelistet – nur der Unterzeichnende selbst lässt solches weg.
    Auch Karl Habsburg-Lothringen handhabt das so.Auf sei-
    ner Homepage nennt sich der theoretischeThronfolger aber
    Ka rl von Habsburg. In einem Interview begründete er dies
    damit, dass sein in Deutschland politisch aktiverVater Otto
    unter diesem Namen bekannt gewesen sei und dieWebsite ein
    «internationales Informationstool» sei. Prompt wurde er an-
    gezeigt und vom MagistratWien zu einer Busse von 70 Euro
    oder vier Stunden Haft verurteilt. Die Berufungsinstanz hob
    die Geldstrafe auf, weil die im Gesetz vorgesehenen «bis zu
    20 000Kronen» nicht mehr anwendbar seien.Den bestätigten
    Schuldspruch zog Habsburg dennoch ansVerfassungsgericht
    weiter, das nun zum Schluss kam, dasVerbot des «von» ver-
    stosse nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. DieAufhebung
    des Adels sei gerade ein Mittel zur Herstellung von Gleich-
    heit, heisst es unter anderem im «Erkenntnis» des Gerichts.
    Nun muss dieVorinstanz entscheiden, ob andereRechte
    Habsburgs verletzt wordensind. Andernfalls müsste er seine
    Website anpassen,sonst drohen sechs Monate Haft. Mitglie-
    der einstiger Herrscherhäuser im Gefängnis gab es in der Ge-
    schichte durchaus, der Grund in diesemFall aber wäre ein
    kurioses Novum.


Chef des Uno-Hilfswerks
für Palästinenser tritt zurück
(dpa)· Der Schweizer Generalsekre-
tär des Uno-Hilfswerks für palästinen-
sische Flüchtlinge (UNRWA), Pierre
Krähenbühl, ist angesichts vonVorwür-
fen des Missmanagements mit sofortiger
Wirkung zurückgetreten.Das teilte das
Büro des Uno-Generalsekretärs Antó-
nio Guterres am Mittwoch mit. Krähen-
bühl habe Guterres seine «persönliche
Entscheidung» in einem Brief mitgeteilt.
Die Vorwürfe gegen ihn würden weiter
geprüft. DerVizechef Christian Saun-
ders übernimmt zunächst die UNRWA-
Gesamtverantwortung.«Das Verhalten
der UNRWA zeig t, dass die Organisa-
tionTeil des Problems und nichtTeil der
Lösungist», sagteAussenminister Israel
Katz. Israel wirft der Organisation vor,
sie verewige das Flüchtlingsproblem
und verhindere so jede Möglichkeit
einer künftigen Lösung. Die Uno hatte
die UNRWA 1949 gegründet, um paläs-
tinensischen Flüchtlingen zu helfen.
Heute unterstützt das Hilfswerk gut 5,
MillionenPalästinenser –Menschen, die
1948 flüchteten oder vertrieben wurden,
sowie deren Nachkommen.

FDP schafft Einzug
in den Thüringer Landtag
(dpa)·Knapp zweiWochen nach der
LandesparlamentswahlinThüringen ist
es offiziell: Die FDP ziehtmit 5Prozent
der Stimmen in denThüringerLandtag
ein. Das gab derLandeswahlleiter Gün-
ter Krombholz bei der Präsentation des
amtlichen Endergebnisses am Donners-
tag bekannt. Demnach übersprangen
die Liberalen die 5-Prozent-Hürde um
73 Stimmen.Damit endet dasBangen
der FDP, die nach dem vorläufigen Er-
gebnis amWahlabendlediglich 5 Stim-
men über der 5-Prozent-Hürde gele-
gen hatte. Die Regierungsbildung wird
in Thüringen schwierig bleiben, weil das
favorisierteBündnis von Ministerpräsi-
dent BodoRamelow (Linke) eine Min-
derheitsregierung bilden müsste und
auf Stimmen andererFraktionen ange-
wiesen wäre, um zuregieren. Auch eine
Konstellation unterFührung der CDU
und ohneAfD hatkeine Mehrheit.FDP
und Christlichdemokraten haben eine
feste Zusammenarbeit mit der Linken
ausgeschlossen.

Haftstrafe für Milizenführer
Bosco Ntaganda
(dpa)·Das Weltstr afgericht inDen
Haag hat den ehemaligenkongolesi-
schen Milizenführer Bosco Ntaganda
als Kriegsverbrecher zu 30Jahren Ge-
fängnis verurteilt.Von lebenslanger
Haft sahen die Richter des Internatio-
nalen Strafgerichtshofs in ihrem Urteil
am Donnerstag ab. Zuvor hatten sie den
als «Terminator» bezeichneten einsti-
gen Kriegsherrn in allen Anklagepunk-
ten für schuldig befunden.Das Gericht
sieht es als erwiesen an,dass Ntaganda in
den Jahren 2002 und 2003 in Kongo-Kin-
shasa Massaker an Zivilisten verübt hat.

DEFY
EL PRIMERO 21

ZENITH-WATCHES.COM

THE WORLD’S TALLEST BUILDING.FOR NOW.

TIMETOREACH YOUR STAR


THEFUTURESINCE
Free download pdf