6 NZZ Real Estate Days NZZ-Verlagsbeilage6.November2019
NACHHALTIGES ANLEGEN
NachhaltigesInvestieren schafftWerte
und wirkt sichlangfristig positiv auf
die Performance aus.Auchbei
Immobiliensollten deshalb gesell
sc haftliche, wirtschaftliche und
ökologische Kriterien in die Anlageent
scheidungeneinbezogenwerden.
Dazugehörenzum Beispiel die Re
duktion der CO²Emissionen, der
Ausbauerneuerbarer Energien, die
Förderung der Energieeffizienz, die
Zufriedenheit der Mieterinnen und
Mieter sowie die Optimierung der
Lebenszykluskostenvon Immobilien.
Seit 20 17 publiziert das Schweizer
Immobiliengeschäft von UBS Asset
Management einmal jährlicheinen
umfassenden Nachhaltigkeitsbericht
und erfüllt damitdie Transparenz
standards der Global Reporting
Initiative (GRI). Die Bewertungsplatt
formGlobal Real Estate Sustainability
Benchmark (GRESB) hatdie Nachhal
tigkeitsstrategie von UBS Real Estate
SwitzerlanddiesesJahr mehrfach
ausgezeichnet.
Die Schweiz als tradit ionell offe-
nes Land ve rzichtetbisher auf
Investitionskontrollen zur Be-
schrän kung ausländischer In-
vestitionen. Die Forderung nach
Investitionskontrollen verkennt,
dass solche staatlichen Inter-
ventio nen dem Markt und der
Volkswirtschaf t mitunter mehr
schaden als nutzen.
Nach Jahrzehn ten der offenen Wirt
schaftspolitik scheint viele Länder ein
gege nsätzlicher Trend zu erfassen: Pro
tektionistische Massnahmen wie Zölle
und verstärkt e G renzkontrollen prägen
nicht nur den Wirtschaftskrieg zwi
schen den USA und China. Auch euro
päische Länder beginnen, ihre bisher
liberale Wirtschaftspolitikteilweise ein
zuschränken. Die Schweiz als traditi o
nell offenes Land hat bisher darauf ver
zichtet. Doch der Ruf nach staatlichen
Eingriffen hat nun auch die eidgenös
sische Politik erreicht. Konkret werd en
Investitionskontrollen, das heisst Kont
rollen bei ausländischen Direktinvestiti
onen, geford ert. Mit Blick auf die Inves
titi onstätigke it von chinesis chen Firmen
wird nach Massnahmen zur Sicherstel
lung der «nationalen Sicherheit» geru
fen. Allein diese Forderung verkennt,
dass solche staatlichen Interventionen
dem Markt und der Volkswirtschaft
mitunter mehr schaden als nutzen.
Investitionen bringenVorteile
Aktuelle Zahlen belegen: Di e ausländi
schen Direktinvestiti onen in Schweizer
Unternehmen beliefen si ch im Jahr 2017
auf 1088 Milliarden Schweizer Franken.
Davon wurde die grosse Mehrheit aus
westeuropäischen Ländern sowie den
USA getätigt(siehe Grafik). Diese Inves
titi onen bringen viele Vorteile: Sie si
chern oder schaffen Arbeitsplätze, gene
rieren Wissen und Fähigkeite n für
Unternehmen wie auch für Arbeitneh
Zurückhaltung ist besser
Warum Investitionskontrollen keinen Mehrwert bringen.Von Dr. iur. Daniel Fässler
mende, treiben Bildung und Forsch ung
voran und erhöhen den Wettbewerb.
Letzteres ist entscheide nd, umdie Inno
vationen quantitativ und qualitativ
hochzuhalten. Nicht zuletzt deswegen
befindet sich die Schweiz seit Jahren auf
dem ersten Platz des Global Innovation
Indexder VereintenNationen. Schränkt
man Direktinvestiti onen ein, würde der
eigentliche Motor des Wi rtschaftsstand
ortes Sc hweiz ins St ottern geraten.
Kostenund Nutzen abwägen
Befürworter von Investitionskontrollen
sehen in ausländischen Investitionen in
privateund staats nahe Unternehmen
eine mögliche Gefahr für die nationale
Sicherheit. Dabei verkennen s ie: Die
Schweiz pflegt bereits sehr restriktive
Regulierungen. Gerade im Immobilien
bereic h gibt es mit der Lex Koller strikte
Vorsch riften, die kein anderes Indus
trieland in dieser Form kennt. Ebenso
wichtig ist die Tatsache, dass sich
Schweizer Unternehmen, die in kriti
schen Bereich en der öffentlichen Leis
tungserbringung tätig si nd, bereits im
Eigentum der öffentlichen Hand befin
den oder spezialgesetzlich geregelt und
somit stark ko ntrolliert sind.
Selbstverständlich dürfen die Gefahr
vonIndustriespionage und diemögliche
Verletzung von Eigentumsrechten nicht
ignoriert werd en. Aus den Besitzverhält
nissen anUnternehmen alleine lässt si ch
jedo ch keine direkte Bedrohung ablei
ten. Folglich erhöht die Einführung
staatlicher Kontrollinstrumente die heu
te gewährleistete nationale Sicherheit
nicht. In vestitionskontrollen würden ei
ne «nationale Investitionspo litik» bedin
gen. E ine solche wäre hochpolitisch, in
der Praxis schwierig umzusetzen und
würde mehr Kosten als Nutzen gene rie
ren. Auch der Blick ins Ausland zeigt
eindeutig: Kontrollgremien kosten viel,
bringen aber nicht den gewünschten
Mehrwert und Erfolg.
Monitoring statt Kontrollen
In seinem Bericht zu grenzübersch rei
tenden Investitionen und Investitions
kontrollen vom Februar 2019 spricht si ch
deshalb der Bundesra t gege n die Einfüh
rung von Investitionskontrollen aus. Er
will aber ein Monitoring durchführen
Der strukturelle Nachhaltigkeits-
trend stellt die Immobilienbran-
che vor neue Herausforderu ngen.
DieNachhaltigkeitsthematikhatanBe
deutung gewonnen und etabliert s ich
zunehmend bei allen Interessengruppen
der Immobilienindustrie. E ffekte des
Klimawandels und des menschlichen
Einflusses auf die Umwelt werd en spür
barer und haben die Herausford erungen
in den Mittelpunkt der gesellschaftli
chen und politischen Debatte gerückt.
Holistische Betrachtung
Mit dem Pariser Abkommen von 2015
wurde ein internatio nales Ziel zur
CO2Re duktion beschlossen.Damit
sämtliche Staaten ihre Zielei ngaben er
reich en können, werden Energie und
Klimagesetze laufend versch ärft. Immo
bilien stehen klar im Fokus, dasie ge
mäss gemäss dem Weltklimarat (IPCC)
circa 30 Prozen t der globalen CO2Emis
sionen verantworten. In der Schweiz
wurden schon viele Gesetze zu den
ThemenEnergie und CO2Reduktion
besc hlossen. Weitere Vorgaben durc h
die Totalrevision des CO2Gesetzes und
der kantonalen Energiegesetze sind
absehbar. Die Aspekte einer nachhalti
gen Entwicklung gehen j edochüber
dieTreibhausgas und Umweltthematik
hinaus. Das unterstreich en nicht zuletzt
die 17 Nachhaltigke itsziele der UNO. Be
rücksichtigt man auch gesellschaftliche
und ökonomische Herausford erungen,
so führt dies z u einer gesamtheitlichen
Betrachtung der Nachhaltigke it.
Nachhaltigkeit heisst Robustheit
Der gesellschaftliche, aber auch recht
liche Nachhaltigke itstrend wirkt si ch
auch auf die Wirtschaft aus. Proaktive
Akteure sind im Vorteil, was auch für
Immobilienanlagen gilt. Eine effektive
Nachhaltigkei tsstrategie trägt dazu bei,
Leerstandsrisiken zu senken und den
Wert eines verwal tet en Gebäudeparks
zu erhalten. Davon profitieren schliess
lich die Robustheit der Portfoliostrukt ur
und die Ertragsqualität.
Obwohl der Trend zu einer holistischen
Betrachtung der Nachhaltigke itsaspekte
in der Schweizer Immobilienindustrie
bereits fortgeschritten ist, können viele
Themenfelder noch weiter ausgeb aut
werd en.ImBereich derEnergieeffizienz
wird stark auf den Verbrauch im Betrieb
fokussiert. Insgesamt ist aber der gesam
Immobilien und Nachhaltigkeit
Eine ganzheitliche Betrachtung sc hafft Werte für die Zukunft.Von Brice Hoffer und Da niela Jorio
te Energieverbrau ch im Lebens zyklus
einer Immobilie massgebend. So sind
Themenwie die graue Energie von Ma
terialien und Baustoffen oder deren Re
zyklierbarkeit in der Abrissphase noch
kaum in die Entscheidungsprozesse in
tegriert.
Ausserdem dürften künftige Impact
Analysen überdas Gebäude als solch es
hinausgehen. Es ist davon auszugehen,
dass mittelfristig auch für Mietende An
reizezuumweltfreundlichem Nutzun gs
verhalten geschaffen werd en, um den
Ressourcenverbrauch im Betrieb zu opti
mieren.Zudem ist eine Nachhaltigkei ts
bewertung fürkommerzielleMietende
denkbar. Die Mieterträge würden so in
eine vollumfängliche Nachhaltigkeits
analyse integriert.
Immobilien tragen nicht nur zur Um
weltbelast ung bei, sondern sind auch
aufgrund ihrer physischen Existenz
direkt von deren Konsequenzen betrof
fen. Küstenregionen s ind vor allem dem
Risiko ausgesetzt, dass die globale Er
wärmung einen Anstieg des Meeresspie
gels zur Folge hat. In der Schweiz ist ver
mehrt mit trockenenSommermonaten,
heftigen Niederschlägen und mehr Hit
zetagen zu rechnen (CH2018 – Klimas
zenarien für die Schweiz. National Cen
tre for Climate Services [2018]). Die
Effekte extremerWetterer eignisse wie
Hochwasser oder sommerliche Hitze
inseln in u rbanen Gebieten dürften die
Ansprüche anGebäude ebenfalls verän
dern.
Digitalisie rung als Weichensteller
Für ein ga nzheitliches Nachhaltigke its
management im Immobilienbereic h
sind verlässliche Informationen und Da
tengrundlagen zentral. Dies betrifft so
wohl betriebliche Kennzahlen als auch
zusä tzliche Informationen über die Mie
tersch aft, die Baumaterialien sowie po
tenzielle Umweltrisiken am jeweiligen
Standort. Mögliche Gefahren und Per
formancekennzahlenmüssen möglichst
effizient und holistisch er fasst und
analysiert wer den. Nachhaltigkei tsbe
wertungen wie zum Beispiel die Global
Real Estate Sustainability Benchmark
(GRESB) bezi ehen bereits heute neue
Themenfelder breite r und spezifischer in
ihre Analysen ein. Dazu gehören unter
anderem auch das Wohlbefinden und
die Kooperatio n mit der Mieterschaft.
Die Umsetzun g von Nachhaltigkei ts
standards wird also nicht zuletzt von
einem professionellen Datenmanage
und die Situatio n in vier Jahren neu be
urteilen. Dies is t der richtige Ansatz. Der
Ständerat will jedo ch mehr. Es wird
Sache des neu gewählten und verjün gten
Par lamentes sein, die heikle Frage ab
schliessend – und mit Augenmass – zu
beurteilen.
Dr. iur. Daniel Fässler istStänderat undPräsident
desVerbandesImmobilien Schweiz VIS.
Dr. iur. Daniel Fässler.www.parlament.ch
Rest Ozeanien
0.1%
AUS
1.3%
Afrika
0.9%
Rest
Asien
3.7%
JPN
1.2%
ARE
SGP 1.5%
1.5%
CHN
1.8%
Rest
Mittel-
und
Süd-
amerika
9.0%
BRA
0.9%
CAN
3.2%
USA
20.6%
Rest Europa
3.5%
Rest EU
7.2%
DEU
4.0%
FRA
4.2%
GBR
4.4%
IRL
5.7%
NLD
11.5%
LUX
14%
Schweizerische Direktinvestitionen im Ausland, 2017. SchweizerischeNationalbank
Der Klimawandel hat auch Effekte auf die Immobilienbranche.
UBS AG / Fotograf Martin Rütschi
ment abhä ngig sein. Das bedingtdie Im
plementierung dig italer Technolo gien.
Am wirkungsvollsten ist eine Digitali
sierungsstrategie, wenn die Immobili
enbranche sie für die ga nze Wertschöp
fungskette en twickelt und angewendet.
Diese Wechselwirku ng ist entscheide nd,
damit die Immobilienindustrie auf die
Herausford erungen der Zu kunft vorbe
reitet is t.
BriceHoffer istAnalyst beiReal Estate Research&
Strategy, UBSAsset Management. Daniela Jorio ist
Nachhaltigkeitsbeauftragte beiReal Estate
Switzerland, UBSAsset Management.