von mareen linnartz
und verena mayer
S
eine Stimme reiche nicht mehr für
ein längeres Telefonat, sie seien
schließlich nur eine Handvoll Leute,
die sich ihre Kräfte einteilen müssten,
schreibt Steve Heitzer in einer langen Mail.
Von Morddrohungen ist darin die Rede,
von Hetze und Verleumdung, abgesagten
Veranstaltungen. Der „Achtsamkeitsleh-
rer“, wie er sich selbst nennt, versucht gera-
dezurücken, was kaum geradezurücken
ist. Steve Heitzer ist im deutschsprachigen
Raum einer der bekanntesten Vertreter
des Netzwerks „Original Play“, das eine
Spielmethode propagiert, die in Berlin,
Brandenburg und Bayern in Kindergärten
und Kitas nicht mehr angewendet werden
soll, nachdem Missbrauchsvorwürfe laut
geworden sind. Der Kinderschutzbund
geht noch weiter und fordert ein
bundesweites Verbot. Eine entsprechende
Petition auf change.org hat bereits knapp
60 000 Unterstützer.
Entwickelt hat die Methode der 76-jähri-
ge Amerikaner Fred Donaldson, sie soll auf
das ursprüngliche Spiel „kleiner Kinder“
und „frei lebender Tiere“ zurückgehen.
Dieses, heißt es auf der Homepage, sei „ein
Geschenk der Schöpfung, das uns Erwach-
senen im Getriebe der Gesellschaft und
des Alltags verloren gegangen ist. Unser
Bedürfnis nach Berührung und Verbunden-
heit ist geblieben. Im Original Play ent-
decken wir dieses Geschenk wieder“. Was
damit gemeint ist, zeigen Videos von Ver-
anstaltungen. Man sieht dort unter ande-
rem große Erwachsene auf Matten, die mit
ziemlich kleinen Kinder spielen, raufen,
sie hochwerfen oder in den Arm nehmen.
Eine Frage steht nun im Raum: Ist bei
Original Play eine Gruppierung mit großer
Naivität und Nachlässigkeit vorgegangen
- oder haben möglicherweise Kriminelle
versucht, sich darüber Zugang zu Kindern
zu verschaffen? Vor drei Wochen berichte-
te das ARD-Magazin „Kontraste“ über
Missbrauchsvorwürfe in Kitas in Berlin
und Hamburg im Zusammenhang mit Ori-
ginal Play. Die Kitas nahmen diese Form
des Spiels in ihren Kindergartenalltag auf,
regelmäßig kamen Erwachsene vorbei, die
Original Play praktizierten oder sich als
„Lehrlinge“ dafür ausbilden ließen. Ein
„Lehrling“ wird, wer unter anderem in drei
Jahren mit mindestens 3000 Kindern ge-
spielt und Workshops von Original Play
besucht hat. Der Name Original Play übri-
gens und das Logo sind markenrechtlich
geschützt, das angeblich so urtümliche
Spielen darf offiziell nur anbieten, wer
eine Genehmigung der internationalen
Stiftung für Original Play hat.
Was dabei in einer evangelischen Kita in
Berlin passiert ist, wurde bis heute nicht
geklärt. Die Eltern wollen sich dazu nicht
öffentlich äußern. Nach SZ-Informationen
begann alles damit, dass das lang jährige
Erzieherteam 2014 eine neue Methode aus-
probieren wollte. Die Eltern waren ein-
verstanden, man vertraute den Erziehern.
Mehrmals kamen im Lauf der Jahre Er-
wachsene, sogenannte „Spielgefährten“,
von Original Play in die Kita und tollten mit
Kindern auf einer Matte herum. Die Evan-
gelische Kirche Berlin-Brandenburg-schle-
sische Oberlausitz (EKBO) sagt, die Eltern
seien darüber informiert gewesen, hätten
auch mitmachen dürfen. Die Erzieher sei-
en bei den Spielen dabei gewesen.
Im Herbst 2017 kündigte sich Fred Do-
naldson selbst für einen Workshop in der
Kita an. Die Veranstaltung war im Internet
inseriert, für 190 Euro konnte man mit Kin-
dern aus der Kita in Körperkontakt treten.
Neun kitafremde Erwachsene nahmen an
einem solchen „Praxistag“ teil. Nach „Kon-
traste“-Recherchen wurde von ihnen kein
Führungszeugnis verlangt, sagt Rechts-
anwältin Ellen Engel, die einige Familien
vertritt. Es sei vorher auch nicht kommuni-
ziert worden, dass fremde Workshopteil-
nehmer gegen Bezahlung mit den Kindern
in intimen physischen Kontakt treten
würden. Im Wochenplan der Kita stand
lediglich: „Matte-Spiel mit Fred Donaldson
und seinem Team.“ Die EKBO hält dage-
gen, dass es für einen einmaligen Besuch in
einer Kita kein erweitertes polizeiliches
Führungszeugnis brauche.
Mehrere Familien stellten über die Jahre
fest, dass sich ihre Kinder auffällig ver-
hielten. Sie wandten sich an Innocence in
Danger, eine weltweite Organisation, die
sich gegen Kindesmissbrauch einsetzt. Die
Kinder hätten von extremer sadistischer
und sexualisierter Gewalt berichtet, sagt
Geschäftsführerin Julia von Weiler, sie
hätten im Spiel „Hochzeiten“ mit erwachse-
nen Männern dargestellt oder Foltersze-
nen, die nicht ihrer Fantasiewelt entspra-
chen. Drei Eltern erstatteten schließlich
Anzeige gegen mehrere Erzieher und gegen
Unbekannt. Die EKBO will nach eigenen
Angaben sofort reagiert haben, als die Vor-
würfe bekannt wurden. Man habe das Erzie-
herteam freigestellt und sei nach dem vor-
geschriebenen Verfahren für solche Situati-
onen vorgegangen: Man habe die Eltern
und die Kitaaufsicht informiert, eng mit
den Behörden zusammengearbeitet. Die
Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlun-
gen im Dezember 2018 ein, es bestehe „kein
hinreichender Tatverdacht“. Die Erzieher,
die die Missbrauchsvorwürfe bestreiten,
arbeiten heute nicht mehr in der Kita.
Julia von Weiler hat Erfahrung mit Miss-
brauch in Institutionen, sie begleitete etwa
eine Kita in Bamberg, in der ein Erzieher
mindestens neun Mädchen missbraucht
hat. Allen Fällen sei gemeinsam, dass Täter
Strategen seien. „Die missbrauchen nicht
aus Versehen ein Kind, die suchen sich ihre
Opfer ganz gezielt.“ Und die idealen Opfer
seien kleine Kinder, die sich nicht wehren
und nicht darüber sprechen können.
Der Berliner Fall zeigt, dass es das eine
ist, einen Verdacht zu haben. Und etwas
völlig anderes aufzuklären, was dahinter-
steckt. Für Ellen Engel, die Anwältin der
Familien, ist das Problem, dass Polizei und
Staatsanwaltschaft kleine Kinder meist
nicht für aussagefähig halten. Weshalb
man rechtzeitig Spuren sichern müsse. Im
Berliner Fall etwa hätten Kinder berichtet,
gefilmt und fotografiert worden zu sein,
also hätte man Wohnungen durchsuchen
oder Computer beschlagnahmen müssen.
Dies geschehe aber oft nicht, und die Er-
mittlungen würden eingestellt, weil nicht
nachvollziehbar sei, wie die Aussagen der
Kinder entstanden sind und Suggestion
nicht auszuschließen ist. „Aber“, sagt En-
gel, „woher sollen es die Kinder haben und
zwar gleich mehrere?“
Für Fabienne Becker-Stoll, Pädagogik-
Professorin und Direktorin des Bayeri-
schen Staatsinstituts für Frühpädagogik,
ist Original Play eine „Einladung an Pädo-
phile“, weil erwachsene Menschen, „im
engen und intensiven Körperkontakt“ mit
Kindern toben würden, Kindern, die diese
Personen nicht kennen. Wie kann es also
sein, dass in einem Bereich, der große Sen-
sibilität verlangt und Schutzmaßnahmen,
von Seiten der beteiligten Kitas so beden-
kenlos vorgegangen wurde? Kindertages-
einrichtungen müssen Schutzkonzepte
vorlegen, um Missbrauch vorzubeugen, es
gilt standardmäßig das Sechs-Augen-Prin-
zip: Kinder dürfen beispielsweise nur in Ge-
genwart einer weiteren erwachsenen Per-
son gewickelt werden. Julia von Weiler von
Innocence in Danger sagt, sie sei oft über-
rascht, wie frei sich in manchen Einrichtun-
gen Fremde bewegen könnten. „Alle Spiel-
geräte sind TÜV-geprüft, und dann holt
man sich eine obskure Schule ins Haus, oh-
ne sich über die Qualität zu informieren.“
Wer jetzt nach Spuren von Original Play
in Deutschland sucht, landet auf einem
Internet-Friedhof. Stillgelegte Seiten, tote
Links, viele Einrichtungen und Veranstal-
ter wollen nichts mehr von der Methode wis-
sen, die sie vor kurzem noch angepriesen
haben. Es ist ein breites Panoptikum, das
sich da auftut, Volkshochschulen mit
Tageskursen, Beratungsstellen mit „Origi-
nal Play Family Weekend“, aber auch priva-
te Elterninitiativen, die für diese Methode
schwärmten. Die evangelische Kirche
warnt nun davor, ein Workshop, der kom-
mendes Wochenende in einer Gemeinde in
Berlin stattfinden sollte, wurde abgesagt.
Original Play ist kein flächendeckendes
Phänomen, nach Schätzungen von Steve
Heitzer waren etwa 40 Einrichtungen in
Deutschland und Österreich zuletzt mit
Vertretern der Methode in Kontakt. In
Deutschland ist Original Play nur ein Netz-
werk ohne feste Organisation, während es
in Österreich ein eingetragener Verein ist,
in dessen Vorstand Steve Heitzer sitzt.
Schaut man sich auf Internetseiten von
Original Play und Original-Play-Vertretern
um, sieht man, dass unter anderem in
Flüchtlingslagern im Libanon, in einer
Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete
in Hamburg und in einem Säuglingsheim
in Polen „gespielt“ worden ist. Wer „Lehr-
ling“ bei Original Play werden will, muss
nachweisen, auch mit Kindern aus „Kin-
derheimen und Waisenhäusern“ gespielt
zu haben, heißt es auf der Homepage.
Aus Sicht von Fabienne Becker-Stoll
hätte Original Play jenseits aller aktuellen
Missbrauchsvorwürfe nie in die Nähe von
Kindern gelangen dürfen: „Alle Babys fan-
gen um den achten Monat an zu fremdeln.
Das ist ein Schutzmechanismus, den die
Natur eingerichtet hat. Ja, Kinder haben
Sehnsucht nach Körperkontakt. Aber nur
zu vertrauten Personen, bei denen sie sich
geborgen fühlen. Es ist vollkommen wider-
sinnig, das als fremde Person aus dem
Nichts anzubieten.“ Zudem entbehre der
Ansatz „jeder wissenschaftlichen Grundla-
ge“ und sei in „fachlicher Hinsicht grober
Unfug“. Erfinder Fred Donaldson ist Geo-
graf. Bei einer Pressekonferenz am Mitt-
woch in Wien, auf der er sich Vorwürfen
stellte, entgegnete er, für umfangreiche
Forschung habe es kein Geld gegeben.
Steve Heitzer glaubt, es könnte Möglich-
keiten geben, die Angebote sicherer zu ma-
chen. Überhaupt, man lade die Kinder, die
am Mattenrand säßen, ja nur zum Mit-
spielen ein, per Handbewegung. Wer nicht
kommen wolle, müsse nicht. Diese Einla-
dungen, schreibt er noch, würden mehr-
mals ausgesprochen, aber, klar, die Kinder
könnten jedes Mal nein sagen. Warum
man als Erwachsener solche Einladungen
aussprechen sollte, beantwortet er nicht.
Die Anzeige wegen Missbrauchs, die in
einer Hamburger Kita nach einem Original-
Play-Programm erstattet wurde und die
ebenfalls aus Mangel an Beweisen einge-
stellt worden ist, richtete sich gegen einen
Mann, der anonym bleiben möchte. Nach
SZ-Informationen war er nicht nur in Ham-
burg, sondern auch mindestens fünf Mal
in jener Berliner Einrichtung, in der ein
Missbrauchsverdacht gegen Erzieher auf-
kam. Er ist im Netz kaum noch auffindbar.
Früher war von ihm über Original Play der
Satz zu finden: „Das Spiel eröffnet mir Er-
fahrungen und Möglichkeiten, die ich mir
vorher nicht einmal vorstellen konnte.“
Lübeck– Maike B. tingelte durch Talk-
shows und gab Interviews. Sie erzählte,
wie sie mit den vermeintlichen Krankhei-
ten umging, die ihre Kinder angeblich in
den Rollstuhl zwangen. Sie gab die tapfere
Supermama. Nun sitzt sie in geblümter Blu-
se neben ihrem Anwalt vor dem Landge-
richt Lübeck und starrt ins Nichts. Sie hört
an diesem Mittwochmorgen zu, wie sie zu
acht Jahren Gefängnis verurteilt wird.
Wegen schweren Missbrauchs von
Schutzbefohlenen in vier Fällen und vielfa-
chen Betruges muss die 49 Jahre alte Frau
aus Ostholstein in Haft – wegen Flucht-
gefahr sofort. Die Strafkammer ist sich
sicher, dass sich zwischen 2009 und 2016
alle täuschen ließen: Behörden, Ärzte,
Krankenkassen, Schule, wohl auch der Va-
ter, von dem sie getrennt lebt – und ihre
drei Söhne und die Tochter, heute zehn bis
18 Jahre alt. Sie mussten sich teilweise in
Rollstühle setzen, obwohl sie gesund waren.
Es ging ihrer Mutter um Geld und Geltung,
sie hat ihre Kinder geschädigt und dadurch
abkassiert: Davon ist die Justiz überzeugt.
Maike B. dichtete den Kindern Glaskno-
chenkrankheit an, Bluterkrankheit, Hüft-
schaden oder Rheuma. Sie fälschte Gutach-
ten, erschwindelte Pflegestufen. Sie forder-
te ihre drei Söhne mit Warnungen vor
schweren Folgen auf, sich in der Schule in
den Rollstuhl zu setzen, obwohl ein Sohn
im Sportunterricht zwischendurch joggen
konnte und alle zu Hause herumtollten.
Hausärzte glaubten ihr, als sie erfundene
Gutachten von Experten vorlegte. Alles in
allem wurden überflüssige Medikamente
im Wert von einer Million Euro verordnet.
Die Angeklagte habe „ausgeprägte ma-
nipulative Fähigkeiten“, so die Vorsitzende
Richterin Helga von Lukowicz. Die Kinder
hätten immer wieder Zweifel an ihrem wah-
ren Zustand gehabt, doch sie verpassten
Schultage und Ausflüge, mussten Klassen
wiederholen, wurden ausgegrenzt. Die
Tochter flüchtete 2016 und wandte sich
ans Jugendamt, sie kehrte später dennoch
zur Mutter zurück. Auch ihre Brüder ka-
men nach einem Beschluss des Familienge-
richts wieder heim, nachdem sie in Obhut
genommen worden waren.
Sachverständige attestieren Maike B. ei-
ne Persönlichkeitsstörung, das Münchhau-
sen-Stellvertreter-Syndrom, bei dem vor
allem Mütter Krankheiten ihrer Kinder vor-
gaukeln. Schuldunfähig ist sie nach An-
sicht der Kammer aber nicht. Die drei min-
derjährigen Jungen sollen wieder vom Ju-
gendamt betreut werden. Maike B., die in
TV-Studios saß, wird noch im Gerichtssaal
abgeführt. peter burghardt
In den vergangenen zwei, drei Jahrzehnten
gab es immer wieder Winter, in denen zu-
mindest Teile Venedigs mehr oder minder
wöchentlich von einem Hochwasser über-
spült wurden, vor allem im Spätherbst.
Dann sorgen Wind, Regen und die Anzie-
hungskraft des Mondes dafür, dass nicht
nur das Wasser aus den Kanälen über die
Ufer steigt, sondern auch aus allen Gullys
nach oben quillt. Eine „acqua alta“, wie sie
die Stadt in der Nacht von Montag auf
Dienstag traf, hat es jedoch seit dem Jahr
1966 nicht mehr gegeben.
Ein Sturm mit Windgeschwindigkeiten
um 100 Stundenkilometer trieb das Meer
in die Lagune. Um 187 Zentimeter stieg das
Wasser über den normalen Pegelstand,
was nicht nur bedeutet, dass mehr als vier
Fünftel Venedigs unter Wasser gesetzt wur-
den, sondern auch, dass die Flut erhebli-
che Schäden an den Bauwerken verursach-
te, nicht zuletzt an der Markuskirche. „Wir
befinden uns einen Atemzug vor der Apo-
kalypse“, erklärte der Baumeister der Basi-
lika. Auf der Insel Pellestrina, die der Lagu-
ne vorgelagert ist, starb ein Mann nach ei-
nem Stromschlag, ein weiterer wurde leb-
los in seiner Wohnung aufgefunden.
Luigi Brugnaro, der Bürgermeister Vene-
digs, rief am Mittwoch für die Stadt den
Notstand aus. In der Basilika San Marco
soll das Wasser siebzig Zentimeter hoch ge-
standen haben, zum sechsten Mal in den
vergangenen 1200 Jahren, aber zum vier-
ten Mal in den vergangenen zwanzig Jah-
ren. In der Krypta steht nach wie vor das
Wasser. Im Erdgeschoss des Museums Ca’
Pesaro kam es zu einem Brand, der offen-
bar durch einen Kurzschluss ausgelöst
wurde. Der Eingangsbereich des Theaters
La Fenice wurde überspült.
Das Telefonfestnetz ist zumindest zum
Teil außer Funktion. Drei Wasserbusse
und etliche Boote wurden aufs Ufer ge-
spült, ein Wasserbus sank, etliche Halte-
stellen sind beschädigt. Der öffentliche
Nahverkehr ist eingestellt, Schulen und
Kindergärten bleiben geschlossen. Die Via
Garibaldi, eine eigentlich eher hoch gelege-
ne Einkaufsstraße im Sestiere Castello, ver-
wandelte sich in einen reißenden Fluss.
Und die Stege, auf denen Fußgänger bei ge-
wöhnlichem Hochwasser noch die Stadt
durchqueren können, standen selbst unter
Wasser. Der Bürgermeister sprach von „un-
ermesslichen Schäden“, die der Stadt zuge-
fügt worden seien. Ersten, unzuverlässi-
gen Schätzungen zufolge sollen sich die
Kosten für die Reparatur der Wasserschä-
den auf mehrere Hundert Millionen Euro
belaufen.
Noch ist man in Venedig damit beschäf-
tigt, Sandsäcke zu stapeln und die Wege
wieder passierbar zu machen. Die Frage
nach dem Weiterbau des hydraulischen
Damms vor der Lagune wird indessen
schon mit neuer Dringlichkeit gestellt. Im
Oktober 1994 beschlossen, im Mai 2003 be-
gonnen, soll er Venedig vor den schlimms-
ten Überschwemmungen schützen. Eigent-
lich hätte er spätestens im Jahr 2016 funkti-
onsfähig sein sollen. Doch nach einem grö-
ßeren Korruptionsskandal und etlichen
zeitlichen Verschiebungen, technischer
Probleme halber, ist die Inbetriebnahme
nun erst für Dezember 2021 angekündigt.
Das jüngste Hochwasser, erklärte Bürger-
meister Brugnaro im Angesicht der über-
schwemmten Piazza San Marco, verdeutli-
che noch einmal die Notwendigkeit des
Damms. Ob der Bau solche Erwartungen je
erfüllen wird, ist indessen nicht gewiss.
Denn es gibt unter Bauingenieuren und
Strömungstechnikern erhebliche Zweifel
an seiner Effektivität, einer Investition von
etwa sieben Milliarden Euro zum Trotz.
Die Wetterlage soll für Venedig auch
während der kommenden Tage bedrohlich
bleiben. Für den kommenden Sonntag
sind derzeit Pegelstände von mindestens
140 Zentimeter angekündigt.
thomas steinfeld Seite 4
Hillary Clinton, 72,ehemalige US-Präsi-
dentschaftskandidatin, will Herzogin
Meghan drücken. „Ich möchte sie umar-
men und ihr sagen: Halte durch und lass
dich von den bösen Typen nicht fertigma-
chen“, sagte Clinton dem Sender BBC
Radio 5 Live. Was einige britische Main-
stream-Medien völlig legal verbreiten
dürften, sei falsch und zerreiße ihr das
Herz. Meghan sei eine zauberhafte junge
Frau. „Sie verliebt sich, er verliebt sich.
Jeder sollte das feiern, weil es eine klare
Liebesgeschichte ist.“
John Legend, 40, US-Sänger, hadert mit
seiner Kür zum „Sexiest Man Alive“.
„Das ist aufregend, aber gleichzeitig
auch ein bisschen furchterregend, weil
der Druck riesig ist“, sagte er demPeople-
Magazin. „Jeder wird mich auf Herz und
Nieren prüfen, ob
ich auch wirklich
sexy genug bin für
den Titel.“ Immerhin
habe er seine Frau,
Model Chrissy Tei-
gen, „endlich beein-
druckt“. Die 33-Jähri-
ge ergänzte ihre
Twitter-Biografie
um den Satz: schläft
mit dem Sexiest
Man Alive.FOTO: AP
Sascha Lobo, 44, Blogger, hat ein Paral-
lel-Ego. Mit seinem rot gefärbten Iroke-
senschnitt habe er „eine plakative Figur“
erschaffen, von der er sich distanzieren
könne, wenn er im Internet mit Hasstira-
den überzogen werde, sagte er demZeit-
Magazin. „Ich kann immer denken: Die
greifen nicht mich an, sondern das Sym-
bol, das ich im Internet bin.“ Wenn er
angegangen werde, sage er sich: „Ich bin
visuell mit einer gewissen Lächerlichkeit
versehen, ist doch klar, dass mich ein
paar Leute attackieren. Einen emotional
bewältigbaren Grund zu haben, warum
Leute das tun, ist pures Gold.“
Greta Thunberg, 16, schwedische Hob-
byseglerin, hat eine Mitfahrgelegenheit
gefunden. Sie fahre an Bord des 15 Meter
langen KatamaransLa Vagabondevom
US-Staat Virginia aus über den Atlantik
nach Spanien, wo sie Anfang Dezember
an der Weltklimakonferenz in Madrid
teilnehmen wolle,
twitterte die Klima-
aktivistin. Der Strom
auf dem Boot wird
mit Solarmodulen
und Hydrogenerato-
ren erzeugt. Und es
gibt eine Toilette an
Bord, anders als auf
der Hinfahrt, wo nur
ein Eimer zur Verfü-
gung stand.FOTO: DPA
Das Streiflicht
Böses Spiel
Bei „Original Play“ balgen fremde Erwachsene mit Kindern – auch in Kitas. Nach Missbrauchsvorwürfen fordert der Kinderschutzbund
ein bundesweites Verbot der Methode. Die Frage bleibt: Warum hat niemand früher eingegriffen?
8 HF3 (^) PANORAMA Donnerstag, 14. November 2019, Nr. 263 DEFGH
Venedig geht unter
ExtremesHochwasser richtet in der Stadt große Schäden an
Zu den schönen Brücken Venedigs zählt diese provisorische eher nicht. Aber nötig ist sie. FOTO: INSTAGRAM/ AQUAAPARTMENTS VIA REUTERS
Die Kinder müssen ja nicht
mitmachen, sagt ein Anbieter,
das sei nur eine Einladung
ILLUSTRATION: STEFAN DIMITROV
LEUTE
Falsche
Supermama
AchtJahre Haft für Mutter, die ihre
Kinder in den Rollstuhl zwang
Ein „Lehrling“ kann nur werden,
wer binnen drei Jahren mit
3000 Kindern „gespielt“ hat
Ein seit 1994 geplanter Damm
vor der Lagune ist immer noch
nicht fertiggestellt