Ganztagsbetreuung
Zwei Milliarden Euro für die Grundschüler
Union und SPD planen einen
Rechtsanspruch auf Ganztags -
betreuung für Grundschüler.
Nun wurde ein Sonderver -
mögen dafür beschlossen.
Heike Anger Berlin
D
as Bundeskabinett hat am
Mittwoch die Errichtung ei-
nes Sondervermögens zum
Ausbau der Ganztagsbetreuung für
Grundschüler beschlossen. Mit zwei
Milliarden Euro bis 2021 will der Bund
die nötigen Bauinvestitionen der Län-
der unterstützen. „Es geht um mehr
Chancengerechtigkeit für alle Kinder
und eine bessere Vereinbarkeit von
Familie und Beruf “, sagte Bundes -
familienministerin Franziska Giffey
(SPD) nach dem Kabinettsbeschluss.
Eltern und Wirtschaft erwarteten dies
von der Regierung.
Union und SPD haben im Koaliti-
onsvertrag versprochen, bis 2025 ei-
nen Rechtsanspruch auf Ganztags -
betreuung für Grundschulkinder zu
schaffen. Das neue Gesetz sei „ein
wichtiger Baustein“ zur Umsetzung
dieses Auftrags, sagte Bundesbil-
dungsministerin Anja Karliczek (CDU).
Zuletzt hatten sich Bund und Län-
der bereits auf Eckpunkte geeinigt.
Demnach soll die Ganztagsbetreuung
täglich acht Stunden umfassen, fünf
Tage die Woche, für die Klassen eins
bis vier, bei vier Wochen Ferien-
schließzeiten pro Jahr. Giffey geht da-
von aus, dass bis zu einer Million zu-
sätzliche Ganztagsplätze an den Schu-
len geschaffen werden müssen.
Laut der Familienministerin exis-
tiert derzeit eine große „Spannbreite“
beim Ganztagsangebot an den bun-
desweit rund 15 000 Grundschulen:
von 20 Prozent Betreuungsquote in
Baden-Württemberg bis zu 90 Pro-
zent in Hamburg. Insgesamt wünsch-
ten im Schnitt 75 Prozent der Eltern
eine Betreuung. 50 Prozent der
Grundschulkinder – also rund 1,4 Mil-
lionen – seien bereits in einer Ganz-
tagsbetreuung.
Die nun bereitgestellten zwei Milli-
arden Euro können von den Ländern
erst abgerufen werden, wenn das da-
zugehörige Finanzhilfegesetz sowie
das Gesetz für den Rechtsanspruch in
Kraft getreten sind. Die Entwürfe da-
für will die Regierung im kommenden
Jahr auf den Weg bringen. Die Mittel
können bis 2028 abfließen.
„Mit ihrem Vorstoß zündet Ministe-
rin Giffey einmal mehr eine Nebelker-
ze. Es mangelt in erster Linie an quali-
fiziertem Personal, da helfen auch
noch so viele neue Räume nicht“, kri-
tisierte der kinder- und jugendpoliti-
sche Sprecher der FDP-Fraktion, Mat-
thias Seestern-Pauly.
Giffey und Karliczek betonten, auch
die Länder stünden in der Pflicht.
„Mehr Ganztagsbetreuung bedeutet
natürlich auch mehr Bedarf an Fach-
kräften“, sagte Giffey. „Hier sind jetzt
vor allem die Länder gefordert, die
Kapazitäten weiter zu erhöhen und
gute Ausbildungs- und Arbeitsbedin-
gungen zu schaffen.“
Verkehrspolitik
Ausschuss zur
Pkw-Maut
verzögert sich
Silke Kersting Berlin
D
er geplante parlamentari-
sche Untersuchungsaus-
schuss zur Pkw-Maut wird
nicht wie von der Opposition gedacht
Ende November starten können. FDP
und Grüne begründen das mit weite-
rem Gesprächsbedarf der Union über
Formulierungen im Antrag zum Un-
tersuchungsausschuss. „Die Koalition
versucht mit allen Tricks, die Einset-
zung des Untersuchungsausschusses
in die Länge zu ziehen“, sagte FDP-
Verkehrspolitiker Christian Jung dem
Handelsblatt.
Der Ausschuss wird frühestens Mit-
te Dezember seine Arbeit aufneh-
men, erwartet der Liberale. Auf-
grund der Weihnachtstage sei die
Vernehmung der ersten Zeugen dann
nicht vor Januar realistisch.
Auch die Grünen reagierten verär-
gert. „Mit den erst Ende November
angesetzten Beratungen mit Union
und SPD um den Antrag beschleunigt
sich nicht gerade der Arbeitsbeginn
des Ausschusses“, sagte ihr verkehrs-
politischer Sprecher Stephan Kühn.
Es bestehe keine Grundlage für wei-
tere Verzögerungen. „Wir erwarten
von der Koalition, dass wir nach die-
ser Beratung den Untersuchungsaus-
schuss endlich einsetzen können.“
FDP, Linke und Grüne hatten am
- Oktober den Antrag zur Aufarbei-
tung des Maut-Desasters in den Bun-
destag eingebracht. Er soll klären, in-
wieweit vor allem Verkehrsminister
Andreas Scheuer (CSU) ein Fehlver-
halten bei der Einführung der ur-
sprünglich geplanten Infrastruktur-
abgabe vorzuwerfen ist und in wel-
cher Größenordnung das den
Bundeshaushalt und damit Steuer-
zahler belastet. Die Opposition wirft
Scheuer vor, Verträge zur Pkw-Maut
voreilig abgeschlossen und Regelun-
gen für Schadensersatz vereinbart zu
haben, die für den Steuerzahler teu-
er werden könnten. Der Europäische
Gerichtshof hatte die von der CSU vo-
rangetriebene Maut Mitte Juni für
rechtswidrig erklärt. Direkt nach
dem Urteil kündigte das Bundesver-
kehrsministerium die Verträge.
25
PROZENT
der Eltern wünschen
sich eine Ganztags -
betreuung für
ihre Kinder im
Grundschul alter,
haben aber keine.
Quelle:
Bundesfamilien ministerium
Wirtschaft & Politik
DONNERSTAG, 14. NOVEMBER 2019, NR. 220
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