Handelsblatt - 07.11.2019

(Darren Dugan) #1
Mittelstandsfinanzierung
DONNERSTAG, 7. NOVEMBER 2019, NR. 215
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neue LED-Produktlinie fertigen, die
sie selbst entwickelt hatten. Bei ihrer
Hausbank blitzten die Ayerles, die
ihren wirklichen Namen an dieser
Stelle nicht lesen wollen, mit ihrem
Kreditantrag ab.
Auch die Gespräche bei anderen
Instituten verliefen wenig erfolgver-
sprechend, weil die beiden Jung -
unternehmer zwar volle Auftragsbü-
cher und bereits einen guten Namen
am Markt hatten, aber über das übli-
che Betriebsvermögen hinaus keine
Sicherheiten bieten konnten. Am En-
de besorgten sie sich das Geld erfolg-
reich über die Online-Finanzierungs-
plattform Compeon.


Breites Spektrum


Plattformen wie Compeon oder Fun-
ding Circle haben in den vergange-
nen fünf Jahren Schätzungen zufolge
weit über eine Milliarde Euro an Be-
triebe, Freiberufler und Selbstständi-
ge vermittelt. Die Finanzierungsbe-
träge reichen im Einzelfall von 1 000
Euro bis zu 25 Millionen Euro. Auch
Leasing, Factoring, Private Debt und
Private Equity vermitteln viele dieser
Portale mittlerweile.
Allerdings: Für diesen Finanzie-
rungsweg kommt nicht jeder Betrieb
und jedes Projekt infrage. Die Fir-
meninhaber müssen die Schwarm -
financiers mit ihrer Idee und ihrer
Persönlichkeit überzeugen. Das ist
nicht jedermanns Sache. Der Erfolg
bei dieser Art der Finanzierung ist
zudem kaum planbar.
Für größere Digitalisierungsprojek-
te kommt dann unter Umständen ein
strategischer Finanzinvestor als Al-
ternative infrage. „Wenn eine Eigen-
kapitalfinanzierung nicht in ausrei-
chendem Maße möglich ist, kann die
Hereinnahme von externen Eigenka-
pitalgebern, etwa einer Beteiligungs-
gesellschaft, sinnvoll und zielführend
sein“, sagt Marondo-Capital-Partner
Elßer. „Denn Beteiligungsgesellschaf-
ten sind aufgrund ihres Geschäfts-
modells bereit, am Risiko teilzuneh-
men, und sie haben zudem viel Er-
fahrung im Umgang damit.“


Thomas Pflaum / VISUM

Viele Firmen


haben in den


vergangenen


Jahren


zu wenig in


ihre IT


investiert.


Horst Fittler
BDL-Haupt-
geschäftsführer

Finanzierungsinstrument

Flexibel bleiben


Um mit der Digitalisierung
Schritt zu halten, müssen
Firmen in ihre IT investieren.
Leasing ist dafür eine
Finanzierungsalternative.

Gian Hessami Aachen

W


enn Horst Wagner über
seine Foto-App spricht,
gerät er ins Schwärmen.
„Unsere Mitarbeiter machen auf den
Baustellen Bilder, die direkt den ent-
sprechenden Projekten zugeordnet
werden“, berichtet der Dachdecker-
meister. So spart sein Dachdecker-
und Zimmermannsbetrieb in Neukir-
chen-Seigertshausen Zeit und Geld.
Die App hat die Firma Codex ent-
wickelt. Das rheinland-pfälzische Un-
ternehmen hat sich mit seinen Pro-
dukten auf Software für Dachdecker-
betriebe spezialisiert. „Rund 70
Prozent unseres Umsatzes machen
wir mit Kunden, die unsere Produkte
leasen“, sagt Codex-Geschäftsführer
Dieter Herzog. „Immer mehr Hand-
werksfirmen erkennen und nutzen
so die Vorteile der Digitalisierung“,
so Herzog.
Auch Codex-Kunde Wagner nutzt
zur Finanzierung seiner IT das In-
strument Leasing. Seine Verträge or-
ganisiert der Kölner Leasinganbieter
Abcfinance. Ob Hardware oder Soft-
ware – der Dachdecker hat jederzeit
einen festen Ansprechpartner, der
sich darum kümmert, dass alle Syste-
me laufen. Je nach Leasingvertrag ist
der Austausch defekter Hardware in-
begriffen. Alle paar Jahre wird zudem
die EDV des Dachdeckerbetriebs auf
den neuesten Stand gebracht.
„Leasing wird von vielen zualler-
erst mit Autos in Verbindung ge-
bracht. Dass sich aber auch Digitali-
sierungsvorhaben wie IT-Projekte auf
diese Weise finanzieren lassen, ist
den Unternehmen noch wenig be-
wusst“, sagt Stephan Ninow, Ge-
schäftsführer bei Abcfinance. So sind
auch Softwarelizenzen und Service-
bestandteile wie zu programmieren-
de Anpassungen an das konkrete Un-
ternehmen leasingfähig.
Weiterhin lassen sich Dienste wie
Schulungen, die Inbetriebnahme, der
Anschluss ans Firmennetzwerk und
die laufenden Wartungsarbeiten
durch Leasing- oder Mietmodelle ab-
decken. Manchen Unternehmen
kommt es außerdem entgegen, dass
sie ihre Leasingraten bei Bedarf flexi-
bel gestalten können. Bei solchen
Verträgen werden in Zeiten mit ho-
hen Umsätzen höhere und in schwä-
cheren Phasen niedrigere Raten fäl-
lig. Wenn der Dachdecker im Winter
wetterbedingt weniger Umsatz
macht, schont er mit einem solchen
Flex-Leasing seine liquiden Mittel.

Lebhaftes Neugeschäft
Das Leasing-Neugeschäft mit IT-
Equipment ist nach Zahlen des Bun-
desverbands Deutscher Leasing-Un-
ternehmen (BDL) in den ersten neun
Monaten dieses Jahres um rund zehn
Prozent gewachsen. „Es gibt hier ei-
nen Nachholbedarf in den Unterneh-
men“, stellt BDL-Hauptgeschäftsfüh-
rer Horst Fittler fest. „Sie haben in
den vergangenen Jahren häufig zu
wenig in ihre IT investiert. Wir hoffen
nun, dass die aufgrund der Konjunk-
turaussichten eingetrübte Investiti-
onsstimmung nicht wieder auf die IT
übergreift.“

Die Leasingwirtschaft ist Fittler zu-
folge prädestiniert, um Investitionen
ihrer Kunden in die Digitalisierung zu
realisieren. Jedoch brauche es dafür
klare rechtliche Rahmenbedingun-
gen, die zum Teil noch fehlten. Der
Verband fordert mehr Klarheit darü-
ber, wem die Daten gehören, die in
den Prozessen gesammelt und ange-
wendet werden. Zudem stellen sich
Haftungsfragen. Wer kommt zum Bei-
spiel für Schäden auf, die selbstler-
nende Systeme verursachen? „Solche
Fragen müssen geklärt werden, um
endlich Rechtssicherheit bei Daten-
schutz und Haftungsaspekten zu er-
halten“, stimmt ihm Ninow zu.
Fittler betont, dass sich der digitale
Wandel auch auf die Prozesse der
Leasinggesellschaften selbst auswir-
ke. Befragungen des Verbands zei-
gen, dass knapp zwei Drittel der Fir-
menkunden ihre Finanzierungspart-
ner auch nach deren digitalen
Angeboten auswählen. „Das digitale
Zeitalter zwingt jedes Unternehmen,
sein Geschäftsmodell, die Kommuni-
kation mit Kunden und Zulieferern,
seine Arbeitsabläufe, die Art des Zu-
sammenarbeitens und schließlich sei-
ne Unternehmenskultur zu prüfen
und anzupassen“, so Fittler. Bei aller
Digitalisierung seien für Kunden der
persönliche Ansprechpartner und
die Beratung ein wichtiges Kriterium
bei der Zusammenarbeit mit dem
Leasinganbieter.
Ein Nachteil beim Leasing sind al-
lerdings die oftmals hohen Gesamt-
kosten. Diese sind über den ganzen

Nutzungszeitraum betrachtet meist
höher als bei einem fremdfinanzier-
ten Kauf eines Objekts, beispielswei-
se über die Bank. Dies gilt insbeson-
dere in Niedrigzinsphasen. Ein ent-
scheidender Vorteil beim Leasing ist
hingegen für Elfriede Eckl, Partnerin
bei der Wirtschaftsprüfungsgesell-
schaft EY, dass Firmen aufgrund kür-
zer werdender Innovationszyklen ih-
re IT häufiger per Leasing austau-
schen oder erneuern können: „Für
viele Unternehmen ist neben der Fi-
nanzierung der Hard- und Software
das Servicing, also die Wartung und
Reparaturen, sehr wichtig.“ Am bes-
ten alles aus einer Hand. So können
sich die Firmen auf ihre Kernkompe-
tenzen konzentrieren.
„Zusätzliche Leistungen wie IT-Be-
ratung oder Mitarbeiterschulungen
sind inzwischen zu einem zentralen
Unterscheidungsmerkmal geworden,
auf das unsere Kunden bei der Aus-
wahl des Leasingpartners achten“,
sagt Nico Peters, geschäftsführender
Gesellschafter der Finanzierungs-
plattform Compeon. Unternehmen
haben damit die Möglichkeit, schnel-
ler auf technische Veränderungen zu
reagieren.
Fazit: Nicht nur die Soft- und Hard-
ware, auch Know-how und Service
können Firmen per Leasing erwer-
ben. Damit können sich auch kleine-
re und mittlere Unternehmen die Ex-
pertise leisten, die für die Implemen-
tierung digitaler Prozesse und der
dafür notwendigen komplexen IT-
Infrastruktur erforderlich ist.

BDL



 
 
  
 

 
  
 
 
  

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