Handelsblatt - 07.11.2019

(Darren Dugan) #1

Florian Flicke Düsseldorf


S


eit der Ratssitzung der Euro-
päischen Zentralbank (EZB)
Ende Oktober ist klar: Die
Niedrigzinspolitik bleibt der Euro-
Zone erhalten. Bei einer weiteren
Konjunkturabschwächung sind dau-
erhaft negative Zinsen nicht mehr
ausgeschlossen. Der Wechsel an der
EZB-Spitze wird daran nichts ändern.
Eine Reihe von Ökonomen sagt
Deutschland „japanische Verhältnis-
se“ voraus – also langfristig niedrige
Zinsen bei gleichzeitig schwachen
Wachstumsraten. „Die wenig erbau-
lichen Prognosen für die nächsten
Jahre haben die Renditeerwartun-
gen von Vermögensinhabern verän-
dert“, sagt Diethard Simmert, Pro-
fessor für Finanzierung und Interna-
tionales Finanzmanagement an der
International School of Management
(ISM). „Wer die Erwartungen von In-
vestoren heute mit vergleichbaren
Umfragen von vor zehn Jahren ver-
gleicht, kann erkennen, wie stark
die Niedrigzinsphase das Denken
der Anleger beeinflusst hat.“
Viele Anleger verwechseln nach
Einschätzung von Simmert jedoch
nüchterne Renditeerwartungen mit
Nichtstun. Dabei lässt sich gerade
von Profianlegern lernen, wie sich
fernab von Anleihen oder Festgeld
mit alternativen Anlageformen noch
immer gutes Geld erzielen lässt. Ne-
ben Aktien spielen dabei vor allem
unternehmerische Direktbeteiligun-
gen eine wichtige Rolle.
Wie veröffentlichte Kennzahlen
von M&A-Transaktionen zeigen, lie-
gen die Verkaufspreise für mittel-
ständische Unternehmen in Deutsch-
land in der Regel zwischen dem
sechs- und dem achtfachen operati-
ven Gewinn, kurz Ebit genannt.
Liegt der Kaufpreis beim achtfachen
Ebit, lässt sich daraus eine Rendite
von 12,5 Prozent ableiten. Selbstver-
ständlich können Unternehmen
nicht das gesamte Ebit ausschütten.
Ausschüttungsrenditen von acht bis
zehn Prozent des Investments sind
üblich.
Welche Renditen mit unternehme-
rischen Beteiligungen erzielt werden
können, beweisen viele Private-Equi-
ty-Fonds. Nach einer aktuellen Studie
des Londoner Datendienstleisters
Preqin erzielten die weltweiten Pri -
vate-Equity-Fonds nach Abzug von
Gebühren und Kosten in den vergan-
genen fünf Jahren ein jährliches Plus
von 15,1 Prozent. Im Dreijahresver-
gleich waren es immerhin noch
13,9 Prozent. Besonders gut schnitten
dabei Fonds ab, die sich auf Buy-outs
spezialisiert haben.


Chancen kennen


Auch in Deutschland werden Finanz-
investoren hellhörig, wenn es im Mit-
telstand zu Management-Buy-outs
kommt. Die Führungskräfte der Un-
ternehmen, die etwa im Rahmen ei-
ner Nachfolgeregelung das Ruder
übernehmen und sich mit ihrem ei-
genen Geld einkaufen, sind bestens
informiert und kennen die Chancen,


Mittelstandsfinanzierung
DONNERSTAG, 7. NOVEMBER 2019, NR. 215
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Private Equity


Neue Blüte bei


Firmeninvestments


Die anhaltend niedrigen Zinsen heizen den Markt


für unternehmerische Beteiligungen an. Gesucht sind


Management-Buy-outs.


aber auch die Risiken eines Unter-
nehmens besser als Außenstehende.
Zuletzt hat sich das Later-Stage-Ge-
schäftsklima, zu dem auch MBOs bei
reiferen Unternehmen zählen, deut-
lich abgekühlt. „Es bleibt gerade so
noch im grünen Bereich“, sagt Georg
Metzger von KfW Research. Die staatli-
che Förderbank erhebt im Vierteljah-
restakt mit dem „German Private Equi-

ty Barometer“ die Stimmung unter
den 200 Mitgliedern des Bundesver-
bands Deutscher Kapitalbeteiligungs-
gesellschaften (BVK) sowie weiteren
deutschen Private-Equity-Firmen.
„Optimistisch für die Zukunft
macht die positive Einschätzung des
Dealflows“, sagt Ulrike Hinrichs, ge-
schäftsführendes BVK-Vorstandsmit-
glied. Investoren sollten sich aber

stets vor Augen halten, dass zwischen
Aktien und Direktbeteiligungen Wel-
ten klaffen. Für unternehmerische
Direktbeteiligungen gibt es keinen or-
ganisierten Markt. Während Aktien
börsentäglich gehandelt werden kön-
nen, sind Beteiligungen stets langfris-
tige Engagements.
Zudem müssen sich Anleger vorab
klar werden, welche Ziele sie mit ih-
ren Investments verfolgen. „Sollen
laufende Ausschüttungen erreicht
werden, muss in Unternehmen inves-
tiert werden, die bereit und in der
Lage sind, kontinuierlich attraktive
Ergebnisse auszuschütten“, sagt Ex-
perte Simmert. Steht der Wertzu-
wachs im Vordergrund, bieten sich
Unternehmen an, die ihre Gewinne
thesaurieren, um zu wachsen, zu in-
vestieren und zu internationalisieren.

KfW-Zentrale:
Die Experten der
Förderbank sehen das
Beteiligungsklima im
grünen Bereich.

KfW-Bildarchiv / Thorsten Futh




 






  


 






 


 












 










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