Architectural Digest Germany - 11.2019

(coco) #1

E


in gerahmtes Bild hängt in der Küche von Bella Freud. Es zeigt
ihren Vater Lucian, wie er auf dem Bett in seinem Atelier einen
Kopfstand macht, während die junge, vielleicht 20-jährige Bella
ihn amüsiert beobachtet. Die Füße des Malers stecken in schweren
Stiefeln und sind über Kreuz. Er wirkt unglaublich entspannt.
„Den Kopfstand beherrschte er wirklich gut“, bemerkt die Tochter.
„Ich aber auch. Meine Lieblingsbeschäftigungen mit acht Jahren
waren Kopfstand machen und Essig trinken.“ Aber doch sicher
nicht gleichzeitig? „Ich glaube, ich war einfach fröhlich, wenn ich
Essig getrunken hatte, und machte dann einen Kopfstand, um den
Moment so richtig auszukosten.“
Diese heitere Eigenwilligkeit kennt man aus „Marrakesch“,
jenem Roman, in dem ihre Schwester Esther über die gemeinsa-
me Kindheit in Marokko in den späten 1960er-Jahren schrieb.


Und wie es sich gehört für ein echtes Zuhause, spiegeln auch
diese Räume ihre Eigentümerin wider: glamourös und cool, mit
jener betörend lässigen Haltung, dieser Exzentrik, sich einfach
mal auf den Kopf zu stellen. Joey, der Border Terrier der Mode-
designerin, liegt eingerollt auf einem Sofa neben einem roten
Kissen. Darauf steht „1970“. Das kennt man sonst von ihren slo-
ganverzierten Strickentwürfen, oft Pullover, die gern von Promi-
nenten wie Kate Moss oder Alexa Chung getragen werden. Es
gibt Lampenschirme mit Leopardenmuster aus einem Stoff, den
Freud bereits in einer ihrer Kollektionen verwendet hat; die Vor-
hänge im Schlafzimmer von Sohn Jimmy sind aus Cordsamt, ein
typisches Material ihrer Anzüge. „Es macht Spaß, Motive aus
meiner Arbeit aufzugreifen“, sagt die Designerin. Freuds Einflüs-
se und Idole sind in Form von Fotografien, Zeitungsausschnitten
und Büchern überaus präsent – von Patti Smith bis Anita Pallen-
berg, von Allen Ginsberg bis Joan Didion. Die Toilette wurde zu
Ehren von Serge Gainsbourg schwarz gestrichen; der Musiker

Bella Freud(li.)hat schon für die Innenaus-
stattung ihrer Boutique in der Londoner
Chiltern Street mit Retrouvius-Gründerin
Maria Speake zusammengearbeitet. Der
grüne Teppich, der im Wohnzimmer(re.)
liegt, findet sich auch dort. An der Wand
bringt ein Print von Francis Bacons „Lying
Figure“ weitere Grüntöne ins Spiel.

Bella Freud

„Es macht Spaß,


die Motive meiner


Arbeit auch im Haus


hier und da wieder


aufzugreifen.“


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