Architectural Digest Germany - 11.2019

(coco) #1

hatte, wie Freud in einem Buch gesehen hatte, sein Appartement
in der Rue de Verneuil mit schwarzem Filz bezogen.
Auch wenn die Blütezeit des Punkrocks in Bella Freuds Woh-
nung wieder auflebt, ist es doch eine vollkommen neue Welt. Dort,
wo das Haus steht, befand sich einst der Garten jenes Hauses, das
sie während ihrer Ehe mit dem Schriftsteller James Fox bewohn-
te. Das Paar engagierte damals Maria Speake von Retrouvius, ei-
nem Designduo, das mit seinem Salvage-Style nicht nur alten
Möbeln ein neues Leben schenkt, sondern sich auch im Interior-
design einen Namen gemacht hat. Zunächst galt es, das Konglo-
merat aus Hütten und asbestverseuchten Bauten abzureißen, die
hier im Laufe der Zeit wie Pilze aus dem Boden geschossen waren.
Das neue Gebäude sieht aus wie ein Anbau; es schafft eine Ver-
bindung zurück zur Straße und zur Wohnung im Obergeschoss
(in der Fox noch heute wohnt) durch eine Zufahrt, groß genug für
Lastwagen – an dieser Stelle, vermutet Freud, stand entweder ei-
ne Schokoladenfabrik oder, „weniger appetitlich“, ein Schlacht-


hof. Mit Ausnahme von Jimmys Schlafzimmer, das wie ein Adler-
horst am Ende eines Treppenaufstiegs thront, liegen Bella Freuds
neue Räumlichkeiten alle auf einer Ebene. Als sie dieses Projekt
in Angriff nahmen, hatten Freud und Speake untereinander längst
eine Art Geheimsprache entwickelt. „Es ist interessant, wie man
sich mit jemandem über die Stimmung unterhält, die man vermit-
teln möchte“, sagt Speake. „In ihren Bildern kann Bella das natür-
lich besonders gut. Also sagte sie zum Beispiel: ‚Hockney, 1970er,
noch nicht ganz der Swimmingpool ...‘, und plötzlich erschloss
sich mir eine ganze Farbpalette und Atmosphäre.“ „Maria ist ein-
fach ein Genie“, erwidert Freud das Kompliment. „Ich lerne so viel
von ihr, und sie vertraut mir auch in eigenwilligen Dingen, etwa
wenn ich mir Teppiche in seltsamen Farben wünsche. Sie versteht
all meine Eigenheiten.“ Die Farben besagter Teppiche sind tat-
sächlich eigenwillig: Das Orangerot im Fernsehzimmer verwen-
dete Freud in ihrer ersten Kollektion – es soll, wie sie sagt, an die
gefärbten Casentino-Stoffe erinnern, einst Arbeitskleidung tos-

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