Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung - 20.10.2019

(Barré) #1

V2 18. MITTELSTANDSTAG


K


urzarbeit und Abbau von
Plusstunden auf dem Ar-
beitszeitkonto statt Stellenstrei-
chungen: der mittelständische
Maschinenbauer Alfred H.
Schütte will seine Fachkräfte
auch im Konjunkturabschwung
halten, wie Firmenchef Carl
Martin Welcker berichtet. Wel-
cker ist auch Präsident des Ma-
schinenbauverbandes VDMA.
Während Großkonzerne wie
ThyssenKrupp, BASF, Sie-
mens oder die Deutsche Bank
mit dem geplanten Abbau Tau-
sender Jobs für Schlagzeilen
sorgen, halten kleinere und
mittlere Unternehmen bislang
Kurs. Sie gelten als Motor des
deutschen Arbeitsmarktes.
„Die Beschäftigung im Mit-
telstand hat in den letzten Jah-
ren eine Schallmauer nach der
nächsten durchbrochen“, erläu-
tert Michael Schwartz, Mittel-
standsexperte der staatlichen
Förderbank Kf W. Annähernd
32 Millionen Menschen be-
schäftigten die etwa 3,76 Milli-
onen kleinen und mittleren Un-
ternehmen nach jüngsten Kf W-
Daten Ende 2018. Das waren
gut 70 Prozent aller Erwerbstä-
tigen.
Allerdings drücken internati-
onale Handelskonfl ikte und die
Konjunkturabkühlung mittler-
weile auch auf die Stimmung in
der Chefetage kleinerer und
mittlerer Firmen. Die Unter-
nehmen beurteilen die aktuelle
Geschäftslage schlechter und
blicken pessimistischer in die
Zukunft. Anlass zur Sorge sieht
Schwartz jedoch nicht: „Insge-
samt gehen wir derzeit noch

von einem Zuwachs an neuen
Stellen im Mittelstand aus,
auch wenn dieser schmaler aus-
fallen dürfte als in den Vorjah-
ren.“

FIRMEN VERMEIDEN
ENTLASSUNGEN

Ähnlich beurteilt Enzo Weber
vom Institut für Arbeitsmarkt-
und Berufsforschung (IAB) die
Situation: „Die Gesamtlage ist
eine andere, als die Schlag-
zeilen über den Stellenabbau
bei einigen prominenten Kon-
zernen suggerieren.“ Unser
Arbeitsmarkt sei, so Weber,
„gegenüber konjunkturellen
Schwankungen viel robuster als
früher“. Das liege vor allem an
der Arbeitskräfteknappheit.
„Viele mittelständische Unter-
nehmen suchen nach wie vor
händeringend Fachkräfte.“ Zu-
gleich vermeiden Firmen Ent-
lassungen, „weil sie wissen,
dass sie kaum Mitarbeiter fi n-
den, wenn die Konjunktur wie-
der anzieht.“
Auch nach Einschätzung von
LBBW-Chefvolkswirt Uwe
Burkert wird der Arbeitsmarkt
weiterhin stabil bleiben. Die
Unternehmen dürften vor Ent-
lassungen zurückschrecken
und eher das Instrument der
Kurzarbeit nutzen, sagte der
Ökonom der Landesbank Ba-
den-Württemberg (LBBW).
Nach einer Umfrage des
Münchner Ifo-Instituts fahren
derzeit 3,8 Prozent der Unter-
nehmen in der verarbeitenden
Industrie Kurzarbeit. 8,5 Pro-
zent rechnen damit in den kom-

menden drei Monaten. Das ist
der höchste Wert seit 2013.
Wenn ein Betrieb etwa wegen
fehlender Aufträge die Arbeits-
zeit verringern muss, zahlt die
Bundesagentur für Arbeit
Kurzarbeitergeld an die betrof-
fenen Beschäftigten. So sollen
Entlassungen vermieden und
der Verdienstausfall teilweise
ausgeglichen werden.

WEITERBILDUNG NOTWENDIG

Eine weitere Möglichkeit, Per-
sonal zu halten, ist der Abbau
von Plusstunden auf Arbeits-
zeitkonten. Die Unternehmen
sollten zudem die Zeit nutzen,
um die Mitarbeiter weiterzubil-
den, empfi ehlt Weber. „Es ist
wichtig, mit den Beschäftigten
den Strukturwandel aufgrund
der Digitalisierung zu schaf-
fen.“
Nach einer IAB-Studie sind
seit den 70er-Jahren die durch
Automatisierung und den Ein-
satz von Robotern entstande-
nen Jobverluste durch neue Ar-
beitsplätze ausgeglichen wor-
den. „Technischer Fortschritt
hat in Deutschland bislang
nicht zu weniger Arbeit ge-
führt, sondern zu einer Um-
schichtung von Arbeitsplätzen
und Arbeitskräften“, heißt es in
der Studie. Die Nachfrage nach
hoch qualifi zierten Arbeitskräf-
ten sei gestiegen, Geringquali-
fi zierte waren hingegen weniger
gefragt.
Zwar erwarten die Forscher,
dass das Beschäftigungsniveau
auch durch die Digitalisierung
insgesamt nicht sinken wird.

Rund 1,5 Millionen Stellen
könnten wegfallen und in ähn-
lichem Umfang neue entstehen.
Die neuen Jobs wiesen aber oft
ein anderes Anforderungsni-
veau auf. Qualifi zierung sowie
professionelle Beratung und
Vermittlung seien deshalb von
zentraler Bedeutung. Weber
mahnt: „Wir stehen vor sehr
großen Herausforderungen.
Um gut durch den Wandel zu
kommen, brauchen wir Weiter-
bildung mit demselben Stellen-
wert wie die Erstausbildung.“

uInternet
IAB-Studie: (http://dpaq.de/s6SiJ

KfW-Ifo-Mittelstandsbarometer:
http://dpaq.de/vOmGT

Das grüne Licht flackert mittlerweile beim Blick auf die mittelständische Wirtschaft: Kleinere und mittlere Unternehmen in Deutschland hatten 2018 noch mit
Beschäftigung auf Höchststand, Umsatzanstieg und mehr Investitionen geglänzt. Doch inzwischen schwächelt die Gesamtkonjunktur. Foto: dpa

Jobgarant Mittelstand –

kleinere Firmen stützen den Arbeitsmarkt

Tausende Stellen stehen bei Großkonzernen auf der Kippe. Droht trotz des Fachkräftemangels
ein Anstieg der Arbeitslosigkeit auf breiter Front?

Impressum


  1. MITTELSTANDSTAG
    Anzeigen-Sonderveröffentlichung
    der RheinMainMedia GmbH
    vom 20. Oktober 2019
    Veröffentlicht in:
    Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung,
    Regionalteil Rhein-Main
    RheinMainMedia GmbH (RMM)
    Frankenallee 71–81
    60327 Frankfurt am Main
    Geschäftsführer:
    Achim Pflüger (RMM)
    Projektleitung:
    Michael Nungässer (RMM)
    Telefon (0 69) 75 01-41 79,
    [email protected]
    Verantwortlich für den redaktionellen
    Inhalt: Bernd Buchterkirch (RMM)
    Text und Layout: Content & Design (RMM);
    Friederike Marx, dpa
    Druck:
    Frankfurter Societäts-Druckerei GmbH
    Kurhessenstraße 4–6
    64546 Mörfelden-Walldorf
    Weitere Detailangaben siehe Impressum
    der oben aufgeführten Veröffentlichung.


KfW-Mittel-

standspanel 2019

Der Mittelstand in Deutschland ist
im Jahr 2018 von einer Bestmarke
zur nächsten geeilt. Die kräftige Bin-
nenkonjunktur hat den kleinen und
mittleren Unternehmen (KMU) zum
stärksten Umsatzwachstum seit
sieben Jahren, einem weiteren Be-
schäftigungsrekord sowie einem
andauernden Investitionshoch ver-
holfen.
Im Detail zeigt das aktuelle KfW-Mit-
telstandspanel: die KMU spielen
weiter ihre Rolle als Motor des Ar-
beitsmarkts. Ende 2018 waren 31,7
Mio. Menschen in KMU beschäftigt,
das sind 391.000 bzw. 1,3 Prozent
mehr als im Jahr zuvor. Bemerkens-
wert ist dabei die Ausweitung der
Vollzeitbeschäftigung um 2,4 Pro-
zent durch die Unternehmen, wäh-
rend sie die Teilzeitbeschäftigung
um 1,6 Prozent reduziert haben. Tra-
gende Säule des anhaltenden Job-
wachstums ist der Dienstleistungs-
sektor.
Die Umsätze der KMU steigen um
Durchschnitt um 4,9 Prozent und
damit so stark wie seit sieben Jah-
ren nicht mehr. Von der konjunktu-
rellen Hochphase des vergangenen
Jahres profitieren vor allem Unter-
nehmen des Baugewerbes (+ 8,0%)
sowie Kleinstunternehmen mit we-
niger als fünf Beschäftigten
(+ 6,2%), während das Umsatz-
wachstum im Verarbeitenden Ge-
werbe deutlich hinter die Vorjahres-
werte zurückfällt (ca. 4 %). Hohe Zu-
wachsraten hat zudem E-Commer-
ce im Mittelstand aufzuweisen
(+27 % Umsatz in den letzten zwei
Jahren). Dessen Beitrag zum ge-
samten Umsatz steigt auf 250 Milli-
arden Euro an.
Die durchschnittliche Eigenkapital-
quote der KMU bleibt mit 31,2 Pro-
zent auf einem hohen Niveau; viel
spricht allerdings dafür, dass der
lang anhaltende Aufbau von Eigen-
kapital zu einem Ende kommen
könnte. Dennoch sollten die Unter-
nehmen mit dieser Quote für eine
mögliche Verschlechterung des Fi-
nanzierungsklimas gewappnet sein.
Bei den Investitionen bleiben die Un-
ternehmen auf Expansionskurs: Das
Volumen der Neuinvestitionen steigt
erneut und zwar um 4,5 Prozent auf
184 Milliarden Euro. Die Unterneh-
men investieren überdurchschnitt-
lich viel in die Erweiterungen ihrer
Kapazitäten, wobei der Dienstleis-
tungssektor heraussticht: Speziell
Unternehmen der wissensintensi-
ven Dienstleistungen erreichen mit
67 Mrd. Euro ein Allzeithoch.

KfW-Ökonom Dr. Michael Schwartz
sagt zu den Ergebnissen des KfW-
Mittelstandspanels: „Auch 2019
werden die Unternehmen auf
Wachstumskurs bleiben: Besc häf-
tigung, Umsätze und Investitio-
nen werden weiter zulegen. Die Dy-
namik aber geht merklich zurück –
dem langwährenden Aufschwung
scheint allmählich die Puste auszu-
gehen. Parallel zur deutlichen Kon-
junkturabkühlung in Deutschland
deutet sich damit das Ende der mit-
telständischen Rekordjahre an.”
Weitere Informationen:
http://www.kfw.de/mittelstandspanel
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