„Die Erhöhung der
Luftverkehrsteuer
im erneuten nationalen
Alleingang verschärft massiv
die Wettbewerbsverzerrung.“
Matthias von Randow, Hauptgeschäftsführer
Bundesverband Deutsche Luftverkehrswirtschaft
„Wir müssen lernen, wie wir auf
einer anderen Welt für lange
Zeiträume leben und arbeiten
können. Dafür, liebe Freunde,
brauchen wir Raumanzüge.“
Jim Bridenstine, Chef der Nasa, die in fünf Jahren
wieder Menschen auf den Mond befördern will
D
er Präsident des Verbands deutscher Maschi-
nen- und Anlagenbauer (VDMA), Carl Martin
Welcker, ist nie um einen flotten Spruch verle-
gen. Als sich die Branche kürzlich zum Maschinenbau-
gipfel in Berlin traf, fasste der Lobbyist die Lage der Un-
ternehmen so zusammen: „Die Party ist noch nicht vor-
bei, aber man sollte nah am Ausgang tanzen.“ Was er
damit sagen wollte: Noch befindet sich die globale Wirt-
schaft nicht in einer Rezession – doch geht es so weiter
wie bisher, sollte man auf das Schlimmste gefasst sein.
Es sind die Spannungen im globalen Handel, die den
deutschen Maschinenbauern derzeit besonders zuset-
zen. Sei es der Handelsstreit zwischen den USA und
China oder der bevorstehende EU-Austritt Großbritan-
niens: Die exportstarke Branche ist stets direkt und in-
direkt betroffen – einerseits, weil es mit dem Wegfall
traditioneller Handelsbeziehungen schwerer wird, die
eigenen Produkte in die betroffenen Märkte zu expor-
tieren. Andererseits, weil die aufziehenden Handels-
hemmnisse stets auch die Kunden der Maschinenbauer
treffen: die produzierenden Unternehmen.
In ihrer Verzweiflung drängen die Firmen nun da-
rauf, dass die EU ihren Fokus stärker als bisher auf den
Abschluss bilateraler Handelsabkommen wie das ge-
scheiterte TTIP oder das vor wenigen Wochen abge-
schlossene Mercosur-Abkommen legt. Auf den ersten
Blick erscheint das schizophren: Denn jede exklusive
Vereinbarung zwischen zwei Wirtschaftsräumen
schwächt das Prinzip des Multilateralismus, dem eigent-
lich die Einigung zwischen einer größtmöglichen Zahl
von Partnerstaaten zugrunde liegt.
Auf den zweiten Blick ist es aber folgerichtig. Denn
schaut man sich den Zustand der Internationalen Han-
delsorganisation (WTO) an, muss man feststellen: Hier
gibt es überhaupt nichts mehr zu schwächen. Nachdem
vor allem die USA die Besetzung von Richterposten für
das wichtige WTO-Schiedsgericht verweigern, wird das
Gremium in wenigen Wochen handlungsunfähig sein.
Damit können Streitfälle zwischen Staaten nicht mehr
entschieden werden.
Abhilfe kann da nur schaffen, sich im Vorfeld mit den
Handelspartnern über die wesentlichen Bedingungen
des Warenaustauschs geeinigt zu haben. Ist das in ei-
nem multilateralen System nicht mehr möglich, treten
individuelle Abmachungen zwischen den jeweiligen
Handelspartnern an dessen Stelle. Das ist dann zwar
nur die zweitbeste Lösung – aber immerhin eine, die
sich als praktikabel erwiesen hat.
Oder um es in den Worten Carl Martin Welckers zu
sagen: Wenn auf der Party die Musik wieder spielt, soll-
te man seinen Tanzpartner bereits gefunden haben.
Sonst steht man womöglich allein auf der Tanzfläche.
Maschinenbau
Partnerwahl!
Handelskonflikte setzen den
Maschinenbauern schwer zu. Die
Firmen pochen auf bilaterale
Handelsabkommen. Zu Recht,
findet Kevin Knitterscheidt.
Der Autor ist Redakteur im Ressort Unternehmen &
Märkte. Sie erreichen ihn unter:
[email protected]
Am Zu-
stand der
Internatio-
nalen Han-
delsorga-
nisation
gibt es
nichts
mehr zu
schwächen.
Reuters, dpa, AP
Anlegerschutz
Verbraucher
first!
D
er kollektive Schutz von
Verbrauchern ist nach eige-
ner Darstellung ein wichti-
ges Ziel der Finanzaufsicht Bafin.
2016 schuf die Behörde eine eigene
Abteilung für Verbraucherschutz
mit weitreichenden Befugnissen –
zumindest auf dem Papier: Die Ba-
fin kann Warnungen aussprechen
und sogar den Vertrieb bestimmter
Produkte untersagen. Doch der mil-
lionenschwere Anlegerskandal um
den Goldhändler PIM zeigt: Viel zu
selten macht die Behörde von ih-
rem Durchgriffsrecht Gebrauch.
Das gilt insbesondere für Edelme-
tall-Investments auf dem grauen Ka-
pitalmarkt. Ein frühes Eingreifen
der Bafin hätte bei PIM und vielen
anderen Fällen den Schaden für die
Anleger zumindest deutlich verrin-
gern können. Die Behörde stellt
sich auf den Standpunkt, dass sie
bei Sachwerten schlicht nicht zu-
ständig ist. Doch damit macht sie es
sich zu einfach.
Selbst einigen Experten im Kapi-
talmarktrecht ist unklar, warum die
Annahme und Verwahrung von Ver-
mögenswerten sowie das Verspre-
chen von Zinszahlungen nicht als
Kapitalanlage gewertet werden soll-
ten, nur weil die Geschäfte in Gold
abgewickelt werden. Bezeichnend
ist, dass selbst der Rechtsbeistand
der PIM nicht davon ausging, mit
der Masche durchzukommen. Die
Bafin ist nun in der unangenehmen
Situation, sich die Argumentation
von mutmaßlichen Betrügern zu ei-
gen machen zu müssen, um ihre
passive Haltung zu rechtfertigen.
Das kann unmöglich der An-
spruch eines „kollektiven Verbrau-
cherschutzes“ sein. Gut möglich,
dass die Behörde personell nicht
stark genug ausgestattet ist, um die-
sem Auftrag gerecht zu werden. Die
Antwort der Bundesregierung auf
eine Kleine Anfrage der Linkspartei
im Bundestag zeigt: Seit 2016 wur-
den im Referat „Missstandsauf-
sicht“ lediglich 14 Stellen geschaf-
fen. Zu wenig, um CFD-Broker,
Emittenten von Mittelstandsanlei-
hen und Goldhändler im Blick zu
halten. Doch das Problem lässt sich
mit mehr Mitteln beheben. Einen
neuen Fall P&R, S&K oder PIM
muss die Bafin verhindern.
Es ist unerklärlich, warum die Bafin
nicht endlich bei dubiosen
Rohstoff-Investments durchgreift,
sagt Jakob Blume.
Der Autor ist
Finanzkorrespondent in Frankfurt.
Sie erreichen ihn unter:
[email protected]
Unternehmen & Märkte
DONNERSTAG, 17. OKTOBER 2019, NR. 200
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