Die Welt - 15.10.2019

(Steven Felgate) #1

6 MITTELSTAND


D


ie Bundesregierung hat
zum vierten Mal einen
Preis für sozial verantwort-
liche Unternehmen ausge-
lobt, den Corporate Social
Responsibility Preis (CSR-Preis). Dabei
werden die besten Ideen, Ansätze und
Konzepte im Sinne eines nachhaltigen
Wirtschaftens gekürt. Der Preis wird im
Juni 2020 in drei verschiedenen Grö-
ßenkategorien vergeben – für kleine,
mittlere und große Unternehmen. Zu-
dem gibt es Sonderpreise für verant-
wortungsvolles Lieferkettenmanage-
ment und Digitalisierung. Björn Böh-
ning, Staatssekretär im Bundesministe-
rium für Arbeit und Soziales, leitet die
Experten-Jury für den CSR-Preis.

VON CHRISTINA PETRICK-LÖHR

WELT:WWWie ist die Resonanz seitensie ist die Resonanz seitens
der Unternehmen auf die Ausschrei-
bung des CSR-Preises?
BJÖRN BÖHNING:
Wir haben die Bewerbungsfrist auf
Wunsch von Unternehmen bis Ende
Oktober verlängert. Es haben sich be-
reits zahlreiche kleinere Unternehmen
und Großunternehmen beworben. Ins-
besondere Mittelständler möchten wir
hiermit aber noch zur Teilnahme er-
muntern. Bei der letzten Ausschreibung
im Jahr 2017 hatten wir insgesamt mehr
als 200 Bewerber – in diesem Jahr wer-
den es voraussichtlich noch mehr sein.

Welches Ziel verfolgt die Bundesre-
gierung mit dem CSR-Preis?
Wir wollen soziales Unternehmertum
in der heutigen Zeit durch den Preis un-
terstützen, indem wir vorbildliche Un-
ternehmen öffentlich sichtbar machen.
Corporate Social Responsibility ist ein
wichtiges Anliegen der Bundesregie-
rung – und zwar nicht nur als Feigen-
blatt: Unternehmen haben zum einen
eine soziale Verantwortung und zudem
stellt verantwortungsbewusstes Han-
deln auch einen echten Wettbewerbs-
vorteil für die Unternehmen selbst dar.
Im Wettlauf um Fachkräfte etwa haben
verantwortungsbewusste Firmen die
Nase vorn.

Inwieweit profitieren die Firmen von
dem Preis?
Unternehmen, die mit dem Preis ausge-
zeichnet werden, können sich natürlich
damit schmücken. Außerdem bekommt
jedes teilnehmende Unternehmen ein
detailliertes Feedback von Experten, in
dem erläutert wird, wo ihre Stärken im
CSR-Bereich liegen und wie sie sich ge-
gebenenfalls noch besser aufstellen
können. CSR soll ja nachhaltig Wirkung
entfalten und mehr sein als nur ein
Marketinginstrument.

Wie erfolgt die Auswahl der Preisträ-
ger?
Sie beruht auf einer wissenschaftlich
fundierten, dreistufigen Analyse. Erste
Stufe ist eine Befragung des Manage-
ments zu Unternehmensführung,
Markt, Arbeitsplatz, Umwelt und Ge-
meinwesen. Für den Manage-

mentansatz, die jeweilige Implementie-
rung im Unternehmen und schließlich
die Ergebnisse und Wirkungen werden
Punkte vergeben. Die fünf bestplatzier-
ten Unternehmen in jeder Größenklas-
se kommen weiter. In der zweiten Phase
gibt es eine sogenannte Stakeholder-Be-
fragung, es werden unabhängige Außen-
stehende, beispielsweise der Betriebs-
rat, zu ihrer Einschätzung der CSR-Be-
mühungen des Unternehmens inter-
viewt. Im letzten Schritt entscheidet
die Jury aus Mitgliedern des nationalen
CSR-Forums der Bundesregierung über
die Sieger.

Gibt es Handlungsfelder, auf die in
diesem Jahr besonderes Augenmerk
gelegt wird?
Zwei Bereiche betrachten wir beson-
ders gründlich: Digitalisierung und
Lieferkettenmanagement. Bei der Digi-
talisierung geht es darum, Vertrauen in
neue Technologien zu stärken und ei-
nen sensiblen Umgang mit Daten zu
fffördern. Schließlich soll der Menschördern. Schließlich soll der Mensch
die Technologie kontrollieren und
nicht umgekehrt, Außerdem wollen wir
Unternehmen unterstützen, die ihren
Fokus auf eine menschenzentrierte Di-
gitalisierung richten – wie beispiels-

weise die Entwicklung eines digital ge-
steuerten Exoskeletts, das Pflegeper-
sonal die schwere körperliche Arbeit
erleichtert. Für das Lieferkettenmana-
gement gilt heutzutage, dass rund 80
Prozent aller Handelsgüter innerhalb
einer globalen Lieferkette stehen. Ins-
besondere Mittelständler sind mit ih-
ren Produkten oder Dienstleistungen
oft selbst Teil der Lieferkette von
Großunternehmen, tragen aber ihrer-
seits auch für ihre Zulieferer Verant-
wortung. Dass innerhalb der Lieferket-
te die Menschenrechte beachtet wer-
den, Sorgfalt bei der Auswahl von Zu-

lieferern und Transparenz herrschen,
ist ein wichtiges Anliegen. Dabei haben
Großunternehmen sicher andere Mög-
lichkeiten als kleine und mittlere Un-
ternehmen. Aber auch dort gibt es be-
sondere Vorbilder wie etwa den Gold-
schmied aus Norddeutschland, der nur
Gold verwendet, das in der Demokrati-
schen Republik Kongo unter fairen Be-
dingungen gewonnen wird.

Ist verantwortungsbewusste Unter-
nehmensführung im globalen Wett-
bewerb für Unternehmen vor allem
ein Kostenfaktor? Oder vielmehr ein
Pfund, mit dem sie angesichts von
Umwelt- und Klimabewegungen wie
„Fridays for Future“ und einer durch
soziale Medien quasi in Echtzeit
über Skandale informierten Öffent-
lichkeit, wuchern können?
CSR-Management kostet Zeit, Geld und
Anstrengung – das ist klar. Und es ist
für Mittelständler nicht einfach, Trans-
parenz über globale Lieferketten zu ge-
winnen. Trotzdem haben faire Liefer-
ketten erhebliche wirtschaftliche Vor-
teile: Sie sind stabiler, liefern bessere
Qualität und sind zuverlässiger. Außer-
dem haben wir in der Vergangenheit ge-
sehen, dass infolge der alarmierenden
Berichterstattung wie beispielsweise
nach dem Einsturz einer Näherei in
Bangladesch der Reputationsverlust für
die Unternehmen riesig war und auch
künftig sein kann. Es ändert sich auch
die Einstellung der Verbraucher – sie
achten immer mehr darauf, dass die
Waren, die sie kaufen, nachhaltig pro-
duziert werden.

Was können insbesondere kleinere
und mittlere Unternehmen tun, um
nachhaltig und verantwortlich zu
handeln?
Viele Mittelständler machen bereits ei-
ne Menge. Sie engagieren sich für Aus-
und Weiterbildung, unterstützen un-
terschiedlichste soziale Belange in ih-
rer Region oder setzen sich beispiels-
weise für Umweltschutz ein. Insge-
samt muss das soziale Engagement zu
dem jeweiligen Unternehmen passen.
Kleinere Unternehmen haben zwar sel-
ten eigene große CSR-Abteilungen,
aber das heißt ja nicht, dass sie sich im
Rahmen ihrer Möglichkeiten nicht ein-
setzen können.

Sehen Sie ein Comeback des fürsorg-
lichen Unternehmens früherer Zei-
ten, als insbesondere Großunterneh-
men ihren Mitarbeitern neben der
Bezahlung eine Rundum-Versorgung
von der Werkswohnung über den
WWWerkssportverein bis hin zum Kin-erkssportverein bis hin zum Kin-
dergarten anboten?
Soziale Aktivitäten waren nie ganz
weg, sind aber in den letzten Jahren
vielleicht zu oft in den Hintergrund ge-
raten. Das ändert sich nun – mit gutem
Grund: Corporate Social Responsibili-
ty ist ein unternehmerisches Konzept.
Es fördert das Ansehen von Unterneh-
men bei Kunden und Geschäftspart-
nern und es macht Unternehmen auch
wirtschaftlich erfolgreicher.

„Soziales Unternehmertum


heute unterstützen“


Die Bundesregierung hat den CSR-Preis für verantwortungsvolle Führung


ausgelobt. Bis Ende Oktober läuft die Bewerbungsfrist


BBBjörn Böhning, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, leitet die Experten-Jury für den CSR-Preisjörn Böhning, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, leitet die Experten-Jury für den CSR-Preis

J. KONRAD SCHMIDT (BFF PROFESSIONAL)

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15.10.19 Dienstag, 15. Oktober 2019


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Dienstag, 15. Oktober 2019

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DIE WELT DIENSTAG,15.OKTOBER2019

N


ur wenige Unternehmen ver-
wenden Recycling-Materialien
fffür die Herstellung ihrer Pro-ür die Herstellung ihrer Pro-
dukte. Dabei hätten sie es bitter nötig:
WWWeil der Rohstoffbedarf der Industrieeil der Rohstoffbedarf der Industrie
seit Jahren steigt und die Quellen rar
werden, wird die Wirtschaft bald auf
Wiederverwendung angewiesen sein.
Das schont nicht nur Ressourcen, son-
dern auch den Geldbeutel.

Ein Entsorgungsunternehmen aus
dem baden-württembergischen Göp-
pingen macht es vor: Aus alten Plastik-
ffflaschen werden hier „Flakes“ herge-laschen werden hier „Flakes“ herge-
stellt, die in neuen Flaschen für Trink-
wasser wiederverwertet werden. Die
neuen Flaschen bestehen dann zu 50 bis
7 0 Prozent aus recyceltem Kunststoff.
Beate Schwarz ist Geschäftsführerin
des Unternehmens, dessen ungewöhn-
licher Name das Firmenprogramm
spiegelt: „DU: willkommen in der Um-
welt“. Dort hat sie mit ihrem Team das
VVVerfahren entwickelt, das zu einem ge-erfahren entwickelt, das zu einem ge-
schlossenen Kreislauf zwischen Was-
ser-Abfüller, Entsorger und Flaschen-
Hersteller führt. Schon 2008 investier-
te sie 2,5 Millionen Euro in Recycling-
Anlage plus Infrastruktur. Polyethylen-
terephthalat, kurz PET, wird hier in
Stückchen zerlegt und viele Male gewa-
schen. Rund um die Uhr arbeitet das
System. „Grund für diesen Kreislauf
waren die sich ständig verändernden
KKKunststoff-Preise auf dem Weltmarkt“,unststoff-Preise auf dem Weltmarkt“,
erläutert die Chefin von zehn Mitarbei-
tern. Für den Wasser-Abfüller sei die
Kalkulation des Einkaufspreises der
leeren Flaschen mit Risiken verbunden
gewesen. Daher die Idee, vorhandenen
Rohstoff einzusammeln und wiederzu-
verwerten. „Hier waren die Widerstän-
de anfangs groß“, erinnert sich
Schwarz. Aber die mit diesem System
verbundene Kalkulationssicherheit
überzeugte die Geschäftspartner.

VVVorausschauende Planung ist nur ei-orausschauende Planung ist nur ei-
ner von vielen Gründen, warum Unter-
nehmen sich für Wiederverwertung in-
teressieren. Im Recyclingfall schöpft
die Industrie nämlich aus einem bereits
vorhandenen Materialfundus, ohne die
energie- und rohstoffintensive Gewin-
nung. Das schont nicht nur die Umwelt,
sondern spart auch Kosten. „Es ist zu
hoffen, dass der Einsatz von Rezyklaten
bald Alltag wird und der Imagegewinn
und Alleinstellungsmerkmale zum Bei-
spiel durch innovatives Verpackungsde-
sign und zirkuläre Geschäftsmodelle
herausgestellt werden“, sagt Markus
Hiebel, Abteilungsleiter Nachhaltig-
keits- und Ressourcenmanagement
beim Fraunhofer-Institut für Umwelt-,
Sicherheits- und Energietechnik „Um-
sicht“ Weil Rohöl, Erze, Seltene Erden
und sogar Sand nur in endlicher Form
auf dem Planeten zu holen sind, wur-
den diese in den vergangenen Jahrzehn-
ten immer teurer und schwieriger zu
beschaffen. Somit wird die Wiederauf-
bereitung gebrauchter Materialien zu-
nehmend interessant.
WWWarum nutzen dann nicht mehr Her-arum nutzen dann nicht mehr Her-
steller vorhandene Wertstoffe statt
Neue, wie es innovative Firmen wie
VVVAUDE, Werner & Merz oder RominaAUDE, Werner & Merz oder Romina
Mineralbrunnen es bereits tun? Wis-
senschaftler Hiebel nennt Menge und
Qualität als Knackpunkte, warum es oft
mit Recyclingmaterialien nicht klappt.
„Auch wenn die Mengen in notwendi-
ger Qualität vorliegen: Oft erfordern
diese, beispielsweise bei Verpackungen,
eine Veränderung des Verpackungsde-
signs, etwa der Farben oder Transpa-
renz“, so der Fraunhofer-Experte. Mög-
licherweise sind auch Änderungen und
damit Investitionen in etablierten Pro-
duktionsprozessen nötig. Bei der Wie-
derverwendung sind logistisches Know-
how und eine Kooperation über Wert-
schöpfungskettengrenzen hinweg nö-
tig. Zudem bestehe eine gewisse Unsi-
cherheit hinsichtlich der Kundenakzep-
tanz, so Hiebel. „Davor schrecken eini-
ge Hersteller noch zurück.“

RRRecycling schontecycling schont


RRRessourcen undessourcen und


den Geldbeutel


Immer mehr Unternehmen
verwenden Alt-Kunststoffe

UUUnternehmerin Beate Schwarz mit nternehmerin Beate Schwarz mit
Rohstoff für Recyclingflaschen

DU: WILLKOMMEN IN DER UMWELT

VON LAILA HAIDAR

U


nternehmen sollen ihr Geschäft
mit Respekt für Mensch und
Umwelt betreiben. Zumindest
ist das die zunehmende Erwartung von
Politik, zivilgesellschaftlichen Organi-
sationen, dem Finanzmarkt und Kun-
den. Der Fokus liegt hierbei auf der ge-
samten Wertschöpfungskette. Verant-
wortungsvoll handeln bedeutet in die-
sem Zusammenhang zuallererst, Risi-
ken zu identifizieren, zu vermeiden
oder zu reduzieren.
Zuerst ein Blick auf die Politik in
Deutschland. Der Fokus der Bundesre-
gierung hat sich verschoben. Stand bis-
her die praktische Unterstützung insbe-
sondere mittelständischer Unterneh-
men bei der Umsetzung von Corporate
Social Responsibility (CSR) im Vorder-
grund, sind es aktuell vor allem Erwar-
tungen, die an Unternehmen formuliert
werden: Dabei geht u.a. um die Durch-
setzung von Menschenrechten, Sozial-
standards sowie Transparenz in inter-
nationalen Lieferketten.
Das CSR-Richtlinie-Umsetzungsge-
setz (CSR-RUG) verpflichtet kapital-
marktorientierte Unternehmen zur Of-
fenlegung von Informationen zu CSR,
und mehrere EU-Richtlinien verlangen
die Einhaltung von Sorgfaltspflichten.
Im Rahmen der deutschen EU-Präsi-
dentschaft 2020 ist eine Initiative zu
menschenrechtlichen Sorgfaltspflich-
ten geplant. Länder wie Frankreich oder
Großbritannien haben bereits nationale
Gesetze verabschiedet, mit denen sich
der deutsche Mittelstand im Fall einer
internationalen Geschäftstätigkeit aus-

einandersetzen muss. Auch in Deutsch-
land zeichnet sich ein solches Gesetz
ab. Ein weiterer wesentlicher Treiber
aus der Politik ist der deutsche Nationa-
le Aktionsplan (NAP) Wirtschaft und
Menschenrechte. Aktuell läuft das NAP-
Monitoring, sprich: die Prüfung, inwie-
weit deutsche Unternehmen ihrer men-
schenrechtlichen Sorgfaltspflicht nach-
kommen.
AAAuch die Zivilgesellschaft macht auf-uch die Zivilgesellschaft macht auf-
grund eines wachsenden Bewusstseins
Druck auf Unternehmen. Kunden und
VVVerbraucher fordern Transparenz übererbraucher fordern Transparenz über
Herkunft und Produktionsbedingun-
gen ein. Das Thema Klimaschutz ist
aus der öffentlichen Diskussion nicht
wegzudenken. Angelehnt an die „Fri-
days for Future“-Bewegung haben sich
Initiativen wie „Entrepreneurs for Fu-
ture“ mit mehr als 3000 Unterstützern
gebildet – der Großteil darunter Start-
ups und mittelständische Unterneh-
men. Einige dieser Treiber erscheinen
möglicherweise abstrakt und theore-
tisch. Auch, da zum Beispiel die CSR-
Berichtspflicht nur für große Unter-
nehmen und Konzerne gilt. Aber die
betroffenen Unternehmen fordern
CSR-Informationen von ihren Liefe-
ranten für ihre eigene Berichterstat-
tung und CSR-Strategien ein.
Auch außerhalb der Berichtspflicht
spielt CSR in den Kundenbeziehungen
der Unternehmen – insbesondere im
B2B-Bereich – eine wichtige Rolle. Über
Fragebögen, Codes of Conduct und Au-
dits werden mittelständische Unter-
nehmen auf ihre CSR-Performance

überprüft und zunehmend nach zertifi-
zierten Produkten und Produktions-
stätten gefragt.
Mittelständische Unternehmen, die
an Investoren gekoppelt sind, stehen im
Zuge der Thematik „Nachhaltige Finan-
zen“ in Bezug auf die sogenannten ESG
(Environment Social Governance)-Kri-
terien auf dem Prüfstand. Bei der Kre-
ditvergabe und für Versicherungsprämi-
en werden zunehmend Nachhaltigkeits-
ratings eingesetzt, um potenzielle Kre-
ditnehmer zu bewerten. Auch Nachwei-
se für Risikomanagementsysteme und
eine regelmäßige Berichterstattung zu
Nachhaltigkeit werden zur Bewertung
herangezogen.
Es gibt also zahlreiche Gründe, sich
mit verantwortlicher Unternehmens-
führung und besonders mit einer ver-
antwortlichen Gestaltung der Lieferket-
ten zu beschäftigen und Maßnahmen zu
entwickeln. Hierzu ist ein CSR-Risiko-
management erforderlich.
WWWas ist CSR-Risikomanagement? Kurzas ist CSR-Risikomanagement? Kurz
gesagt, ist CSR-Risikomanagement der le-
bendige und kontinuierliche Prozess, Ri-
siken in der eigenen Lieferkette zu identi-
fffizieren und diese mit geeigneten Maß-izieren und diese mit geeigneten Maß-
nahmen zu vermeiden und zu reduzieren.
Im Mittelpunkt stehen die potenziellen
und tatsächlichen Risiken negativer Aus-
wwwirkungen auf Interessengruppen, wieirkungen auf Interessengruppen, wie
z.B. Mitarbeiter im Unternehmen oder an
Produktionsstandorten, Umwelt und lo-
kale Gemeinschaften. Positiver Effekt des
CSR-Risikomanagements: Durch ein bes-
seres Verständnis der eigenen Geschäfts-
prozesse und der Produktionskette wer-

den Chancen identifiziert, die genutzt
wwwerden können, um z.B. qualitativ besse-erden können, um z.B. qualitativ besse-
re Produkte zu realisieren, Produktions-
prozesse effizienter zu gestalten und Re-
putationsvorteile zu nutzen.
Der Prozess lässt sich in acht Schritte
einteilen:


  1. Überprüfung der CSR-Richtlinien und
    Beschwerdemechanismen
    2. Abbildung der Lieferkette
    3. Identifikation der Risiken und Durch-
    führung einer Risikobewertung
    4. Priorisierung der Risiken
    5. Ergreifung von Maßnahmen und Zu-
    sammenarbeit mit Lieferkettenpart-
    nern, um Risiken zu begegnen
    6. Integration des Ansatzes in die Ge-
    schäftsprozesse
    7. Überwachung und Bewertung des
    Fortschritts
    8. Kommunikation über Richtlinien, Ak-
    tivitäten und Fortschritte.
    Für den dritten Schritt „Identifikation
    der Risiken und Durchführung einer Risi-
    kobewertung“ gibt es seit Oktober 2018
    ein kostenloses Onlinetool, was Unter-
    nehmen bei der CSR-Risikoanalyse unter-
    stützt: den CSR Risiko-Check. Der CSR
    RRRisiko-Check richtet sich an Unterneh-isiko-Check richtet sich an Unterneh-
    men, die international Rohstoffe, Produk-
    te oder Dienstleistungen herstellen, ein-
    kaufen oder handeln. Er betrachtet dabei
    sowohl faire Geschäftspraktiken, den Be-
    reich Menschenrechte und Ethik, Arbeits-
    rechte als auch Umweltrisiken.
    Der CSR Risiko-Check wurde von
    MVO Nederland entwickelt und wird
    vom niederländischen Außenministeri-
    um finanziert. Die deutschsprachige


Version des CSR Risiko-Check, die seit
Ende 2018 verfügbar ist, wird von UPJ
gemeinsam mit MVO Nederland sowie
dem NAP Helpdesk Wirtschaft & Men-
schenrechte der Agentur für Wirtschaft
& Entwicklung umgesetzt.
Nach wenigen Eingaben in einen kur-
zen Online-Fragebogen erfahren Unter-
nehmen, welche produkt- und/oder län-
derspezifischen Risiken ihre Geschäfts-
tätigkeit beeinflussen können, und somit
aaauch mit welchen Herausforderungenuch mit welchen Herausforderungen
sie sich auseinandersetzen müssen. Zu-
sätzlich erhalten sie Empfehlungen, wie
diese Risiken begrenzt oder vermieden
werden können. Die Informationen über
die Risiken stammen aus einer Daten-
bank mit über 2000 unabhängigen, ge-
prüften aktuellen Quellen, und die Emp-
fffehlungen stehen im Einklang mit inter-ehlungen stehen im Einklang mit inter-
nationalen Standards wie den OECD-
Leitsätzen für multinationale Unterneh-
men und den VN-Leitprinzipien für
Wirtschaft und Menschenrechte.

Caroline Zamor ist Projektmanagerin bei
UPJ. Das ist ein Netzwerk engagierter Un-
ternehmen und gemeinnütziger Mittleror-
ganisationen in Deutschland. Im Mittel-
punkt stehen Projekte, die zur Lösung ge-
sellschaftlicher Probleme beitragen, indem
sie neue Verbindungen zwischen Unterneh-
men, gemeinnützigen Organisationen und
öffentlichen Verwaltungen schaffen. Diese
Akteure unterstützt der gemeinnützige UPJ
e.V. darüber hinaus mit Informationen und
Beratung bei der Entwicklung und Umset-
zung ihrer Corporate Citizenship und Cor-
porate Social Responsibility Aktivitäten.

Nur wer Risiken in der Lieferkette kennt, kann diese vermeiden


CSR-Management ist auch im Mittelstand wichtig, ein Online-Test kann dabei helfen Von Caroline Zamor


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