Die Experten des Friedrich-Loeffler-Insti-
tuts fürTiergesundheit in Greifswald und
des Leibniz-Zentrums für Agrarland-
schaftsforschung in Müncheberg haben
vor Kurzem drei Exemplare der Asiati-
schen Tigermücke (Aedes albopictus) aus
München zugeschickt bekommen. Die In-
stituteerstellengemeinsameinennationa-
lenMückenatlas.HelgeKampenausGreifs-
wald ist Spezialist für die Tigermücke.
SZ: Sie haben vor Kurzem Tigermücken
aus München zugeschickt bekommen.
Wie gefährlich sind diese Tierchen?
Helge Kampen: Sie sind zunächst unge-
fährlich. Denn sie können ja nur Krank-
heitserreger übertragen, wenn sie vorher
jemanden gestochen haben, der infiziert
war. Dass die Mücke, die bei uns immer
nochextremseltenist,aufeinenTropenrei-
senden trifft, der gerade infiziert wurde,
ist äußerst unwahrscheinlich. Aber poten-
ziell können sie Viren übertragen, die Den-
gue-, Chikungunya-, West-Nil-Fieber und
Zika-Infektionen auslösen.
Wie kommt die Tigermücke überhaupt
nach Deutschland?
Durch ihre Eier und den weltweiten Han-
del. In Südeuropa, vor allem Italien, ist sie
weit verbreitet. Dort gab es in den vergan-
genen Jahren auch schon Epidemien mit
Dengue oder Chikungunya.
Wer hat Ihnen denn die Tigermücke aus
München zugeschickt?
Eine aufmerksame Friedhofsbesucherin.
EswareinbesondersguterhaltenesExem-
plar, ein Topmodel sozusagen, sodass wir
davon ausgingen, dass sie auf diesem
Friedhof geschlüpft war.
Wie fängt man eine Mücke, ohne sie zu zer-
quetschen?
Am besten mit einem Glas, das man ver-
schließtundüberNachteinfriert.DieAnlei-
tung finden Sie auf unserer Homepage
mueckenatlas.com.
Wie viele Mücken bekommen Sie?
Seit wir begonnen haben, waren es schon
mehr als 120000. Die allermeisten sind
nichts Besonderes. Nur einige wenige sind
seltene oder invasive, also eingeschleppte
Arten. Denen gehen wir dann nach.
Was machen Sie in so einem Fall?
Wir fahren zum Fundort und untersuchen
möglichst das ganze Gelände nach Larven.
Friedhöfe und Kleingartenanlagen sind
für Mücken ideale Plätze wegen der vielen
Wassergefäße, die dort herumstehen. Vor
drei Jahren haben wir im Spätherbst in Er-
ding auf einem Friedhof Tigermückenlar-
venentdeckt.AlswirimnächstenJahrwie-
derkamen, fanden wir neue Larven. Des-
halb gingen wir davon aus, dass die Mücke
dort überwintert hat. Stadt und Friedhofs-
verwaltung haben dann die Mückenquel-
len eliminiert.
Ist es den tropischen Mücken in unseren
Wintern nicht zu kalt?
Wir gehen davon aus, dass die Eier über-
wintern können. Das ist eine Anpassungs-
leistung. Wir haben das auch schon an an-
deren Orten in Deutschland beobachtet.
Liegt es am Klimawandel, dass die tropi-
schen Arten inzwischen bei uns überle-
ben?
Ja. Wenn es wärmer wird, laufen alle biolo-
gischen Prozesse schneller ab. Mücken be-
nötigen aber auch eine hohe Luftfeuchtig-
keitundstehendesWasser.Deshalb hoffen
wir, dass die Behörden die Bürger aufklä-
ren. Man sollte alle Wassergefäße – Vogel-
tränken, Regentonnen, Pflanzenunterset-
zer, leereBlumenvasen– aufdem Friedhof
einmal in der Woche ausleeren. Die Mücke
fliegt nicht weit, sie hat einen Radius von
100 bis 200 Metern.
Dieses Jahr ist die Saison beendet?
Ja, aber es wäre gut, wenn die Bevölkerung
aufmerksambliebe.UndjedeMücke,dieei-
nem unbekannt vorkommt, sollte man zu
uns schicken.
inter view: martina scherf
Das Eschentriebsterben nimmt in Mün-
chenimmergrößereAusmaßean.NachFäl-
lungen an der Isar müssen nun auch im
Tierpark Hellabrunn 72 stark vom Pilz be-
falleneEschengefälltwerden.EineErlaub-
nis zur Fällung von derart vielen großen
Bäumen ist im Tierpark neu. Doch die
Eschen,dieaufdemgesamtenGeländever-
teilt sind, können nicht mehr gerettet wer-
den. Das Eschentriebsterben ist eine
schwerwiegende Baumerkrankung, die
durch einen aus Ostasien eingeschleppten
Pilz verursacht wird. Als harmloser Blatt-
pilz besiedelt dieser in Asien dort heimi-
sche Eschenarten. In Europa befällt dieser
Pilz – eine Nebenfruchtform des falschen
weißenStengelbecherchens – mittelfristig
ganze Kronenteile. Erkrankte Bäume sind
zudem anfällig für den Befall mit Eschen-
bastkäfern sowie Hallimasch.
„Die zur Fällung genehmigten Bäume
wurden vorab auf nistende Vögel und Fle-
dermäuse vom Landesbund für Vogel-
schutz sowie von weiteren internen Fach-
leuten begutachtet“, sagt Tierparkdirektor
Rasem Baban. Da bei kranken Eschen je-
derzeitÄste abbrechen oder sogardieBäu-
meumstürzenkönnen,müssendieEschen
schon aus Sicherheitsgründen gefällt wer-
den. Noch in diesem Herbst sowie im kom-
menden Frühjahr sollen andere heimische
Baumarten wie Erlen, Flatterulmen, Trau-
beneichen und Hainbuchen als Ersatz für
dieEschennachgepflanztwerden.„DieAn-
pflanzung unterschiedlicher Baumarten
verringert die Anfälligkeit gegenüber spe-
zifischen Krankheitserregern und stärkt
damit mittelfristig den Baumbestand in
Hellabrunn“, teilte der Tierpark am Mon-
tag mit. anl
von dominik hutter
D
ie Kartons für den Vinyl-Bodenbe-
lag liegen herum, Handwerker sind
im Einsatz, es riecht nach frischer
Farbe.BeiAnnetteRoecklherrschtHochbe-
trieb.AnfangNovemberwillsieimRuffini-
block in der Altstadt wieder Handschuhe,
Taschen undSeidentücher verkaufen. „Ich
bin schon sehr gespannt, wie es mit der
Sendlinger Straße weitergeht“, sagt sie –
die Einkaufsmeile wurde in der Zwischen-
zeit komplett zur Fußgängerzone umge-
staltet.RoecklhatmehralseineinhalbJah-
re pausiert. In dieser Zeit haben sich die
Bauarbeiter die Räumlichkeiten im Erdge-
schoss vorgeknöpft. Haben neue Schau-
fenster und Eingangstüren montiert, die
Wändehergerichtet,TeeküchenundToilet-
ten eingebaut. Noch sieht es nicht so rich-
tig nach Laden aus, die Inneneinrichtung
fehlt. Aber das Weihnachtsgeschäft will
die Münchner Traditionsfirma wieder an
angestammter Adresse bestreiten.
Die Händler kehren zurück in das zwi-
schen 1903 und 1905 errichtete Haus mit
der auffälligen Fassade, die derzeit freilich
noch von Baugerüsten verdeckt ist. Fertig
ist die Sanierung der städtischen Immobi-
lie zwar noch längst nicht. In den oberen
Etagen, wo einst Büros der Stadtverwal-
tung und eine Dienstwohnung unterge-
bracht waren, wird noch bis Sommer
nächsten Jahres gewerkelt. Aber die neuen
Fenster sind schon da, es geht gut voran.
„Sehr, sehr schnell“ habe man die Arbeiten
durchziehen können, freut sich Kommu-
nalreferentin Kristina Frank – gemessen
andem,wasoftfürstädtischeBaumaßnah-
men veranschlagt werden muss. Im Janu-
ar 2018 waren die Ladenmieter ausgezo-
gen,einenMonat späterrücktendieBauar-
beiter für die Sanierung an. Und jetzt zie-
hen die 20Geschäftsleute schon wieder
ein.
Viele haben ihre Läden zwischenzeitlich
ausgelagertgehabt. Das Kommunalreferat
hatdafürRäumeindenArkadendesStadt-
museums oder in anderen kommunalen
Gebäuden zur Verfügung gestellt. Für Op-
tik Messbacher etwa, das Brillengeschäft
hat schon seit 1928 seine Adresse im Ruffi-
nihaus. Weniger Umsatz habe man am
Stadtmuseumschongemacht,berichtetIn-
haber Walter Drum. Nur: Viel schlimmer
wäre es gewesen, wenn es gar kein Aus-
weichquartierinunmittelbarerNähegege-
ben hätte. „Das hätte uns die Existenz ge-
kostet.“ Auch Optik Messbacher soll in der
ersten Novemberhälfte wiedereröffnet
werden, zwei Läden vom bisherigen Ver-
kaufsraum entfernt. Die neuen Flächen
sindetwasgrößer,DrumundseinePartne-
rin Christine Widmann freuen sich schon
auf die neuen Verkaufsschränke und die
neueWerkstatt.Allessollneugemachtwer-
den.Undtrotzdem optischandenaltenLa-
den erinnern.
Das Ruffinihaus, das streng genommen
aus drei Gebäuden besteht, zählt wie das
Erdgeschoss des Neuen Rathauses zu den
Adressen,andenendieStadtzuvergleichs-
weise günstigen Mieten Ladenflächen an-
bietet. Damit soll die Mischung erhalten
bleiben, im Interesse einer attraktiven Alt-
stadt. Kleine inhabergeführte Geschäfte
hätten sonst gegen die Großfilialisten kei-
ne Chance mehr – die Ladenmieten in der
MünchnerInnenstadtzählenzudenhöchs-
ten Deutschlands. Im Ruffinihaus werden
laut einem Stadtratsbeschluss in etwa hal-
be Marktmieten verlangt.
Die Sanierung, über die schon seit 2008
diskutiert wurde, soll knapp 35Millionen
Euro kosten und wird von staatlichen
Denkmalschutzbehörden bezuschusst. Sie
war dringend notwendig gewesen. Der un-
terdemNamen„DreiHäuser“vondemAr-
chitekten Gabriel von Seidl entworfene
Komplex war wegen statischen Problemen
bereits im Keller abgestützt gewesen, dazu
kommen Mängel beim Brandschutz. Acht
Läden hat Kommunalreferentin Frank
nun nach der Sanierung neu ausgeschrie-
ben – einige der früheren Mieter haben
sich nach einem neuen Standort umgese-
hen, der Juwelier Opel hat seine ursprüng-
lichzugesicherteRückkehroptionnichtge-
zogen. Ein Laden, der ursprünglich im ers-
ten Stock untergebracht war, wird nicht
mehr neu vermietet. In einem der Erdge-
schoss-Geschäfte soll es künftig dauerhaft
einen Pop-up-Store geben, der vom Kom-
petenzteamKultur- undKreativwirtschaft
organisiert wird.
In den oberen Etagen sollen wieder Bü-
roseinziehen.DadasDachgeschossausge-
baut und die Dienstwohnung aufgelöst
wurde, hat die Verwaltung künftig mehr
Platz zur Verfügung. Allerdings hat die
CSU-Stadtratsfraktion beantragt, die Räu-
meimerstenStock vorübergehendderVer-
waltung wegzunehmen und für zwei Jahre
der Kreativwirtschaft zur Verfügung zu
stellen. Darüber ist noch nicht entschei-
den. Frank, die für die CSU 2020 als OB-
Kandidatin antritt, hegt aber erklärterma-
ßenvielSympathiefürdieseIdee.ImRuffi-
nihaus waren bisher das Tourismusamt
und Teile des Personalreferats unterge-
bracht gewesen.
Der Block mit direkter Sichtverbindung
zum Rathaus hat seinen Namen von einem
Turm der ersten Münchner Stadtmauer
des12.Jahrhunderts,dernachderBesitzer-
familieRuffinibenanntwarund1808abge-
brochenwurde.Vordemheutigenverspiel-
ten Bau befand sich ein weitgehend
schmuckloses Haus an dieser Stelle.
Eschensterben im Tierpark
In Hellabrunn werden 72 vom Pilz befallene Bäume gefällt
Rückkehr ins Ruffinihaus
20 Händlerziehen wieder in das zwischen 1903 und 1905 errichtete Gebäude am Rindermarkt.
Es sind kleine inhabergeführte Geschäfte, die in einer Stadt wie München sonst fast keine Chance mehr hätten
Ein Topmodel
vom Friedhof
Die Tigermücken aus München wurden in Greifswald untersucht
Die Asiatische Tigermücke sticht mittler-
weile auch in Deutschland zu. FOTO: DPA
Noch ist die Sicht auf das
Ruffinihaus verdeckt,
Christine Widmann und
Walter Drum freuen sich
aber schon auf die
Wiedereröffnung ihres
Brillenladens. Bei Annette
Roeckl geht s im November
wieder los.FOTOS: ROBERT HAAS
Der denkmalgeschützte Komplex
besteht ausdrei Gebäuden, die
Renovierung kostet 35 Millionen
Helge Kampenvom
Friedrich-Loeffler-Institut
für Tiergesundheit in
Greifswald ist Spezialist
für Tigermücken und
untersucht Exemplare
aus ganz Deutschland.
FOTO: WOLFRAM MAGINOT
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