Guten Tag, mein Name ist Tillmann Prüfer, ich bin Vater von vier
Töchtern und habe einen En ten arsch. Den En ten arsch habe ich
laut meiner Tochter Lotta. Sie sagte: »Papa, hihi, du hast ja voll
den Enten arsch!« Ich war perplex. Ich hätte mir nie herausnehmen
dürfen, den Hintern meines Vaters zu kommentieren! Ich wäre
auch nie auf so etwas gekommen. Ich frage mich: Was ist in mein
Kind gefahren? Die Gute soll sich doch mal anschauen, wie andere
Väter so aus sehen. Und was die für Ärsche haben! Ochsenärsche!
Elefantenärsche! Pottwalärsche!
Jogge ich etwa morgens im Park, nur um mich später von meinen
Kindern verspotten zu lassen? Ich habe einmal gelesen, wie man mit
Mädchen in der Pubertät umgehen soll. Der Körper verändere sich
bei manchen, da bräuchten die werdenden Frauen seelische Unter-
stützung. Man solle das Gespräch mit ihnen suchen, sie bestärken
und gemeinsam Schönheitsideale hinterfragen. Natürlich wäre ich
dazu jederzeit bereit. Aber leider ist es ja mein Körper, den meine
Tochter kritisiert. Ich war neulich mit einer Kollegin essen. Sie er-
zählte mir von ihrem heranwachsenden Sohn, der ständig von seiner
Mutter schwärme. »Mama, du bist die schönste Frau der Welt!«, soll
er gesagt haben. Na wunderbar! Mir hingegen würde es schon rei-
chen, wenn meine Schönheit überhaupt nicht kommentiert würde.
Ich wurde darauf nicht vorbereitet. In meiner Generation hieß es
stets, als Mann müsse man sich um die körperlichen Dinge nicht
so sehr bemühen. Zum einen habe man als Mann ja den Vorteil,
dass man mit dem Alter nicht verwelke wie eine Blume, sondern
reife wie guter Wein. Ich habe allerdings den Verdacht, dass das so
nicht stimmt. Wenn ich mir länger gelagerten Wein in meinem ei-
genen Haushalt anschaue, kann ich nicht sagen, dass er mit der Zeit
besser geworden wäre. Bestenfalls ist er ganz okay geblieben, aber
hat an Spritzigkeit verloren. So wie ich. Das Zweite, was uns erzählt
wurde, war, dass Frauen ja ohnehin nicht so sehr auf Körperliches
achteten, sie stünden viel mehr auf den Charakter oder so. Das kann
ich nun angesichts der Einlassungen von Lotta gänzlich ausschließen.
Lotta redet nicht oft über meinen Charakter. Aber der En ten arsch,
der fällt ihr auf. Vielleicht sollte man im Internet auch mal Tipps an
14-jährige Mädchen geben, wie sie mit Vätern umgehen sollen, die
sich gerade an der Schwelle zur Mid life- Cri sis befinden. Mit denen
soll man nämlich das Gespräch suchen, sie bestärken und gemeinsam
Schönheitsideale hinterfragen. Das ist aber nicht das, womit Lotta
sich beschäftigt: »Papa, ist so ein En ten arsch eigentlich erblich, krieg
ich den auch mal?« Ich bin übrigens der Meinung, dass ich keinen
En ten arsch habe. Was soll das denn überhaupt sein, ein En ten arsch?
Ich hab das mal gegoogelt, »Väter mit En ten arsch«, und fand Ein-
träge in Bodybuilding-Foren: »Kann ich mein Hohlkreuz/Entenpo
wegtrainieren?« Vielleicht geht es noch anderen Vätern so.
Womöglich ist es die Rache für 2000 Jahre Patriarchat, dass wir al-
ternden Papas nun in Fitnessstudios unsere Hüft-Lenden-Muskulatur
stärken müssen, um unsere Würde zurückzubekommen. Wie habe
ich eigentlich reagiert, als Lotta meinen Hintern kommentiert hat?
Ich muss völlig verdattert ausgesehen haben. Denn gleich darauf sag-
te Lotta: »Oooch, jetzt guckst du wieder wie so ein hilfloser Pinguin!
Mein kleiner süßer Pinguin!« Dann lief sie auf mich zu und schlang
die Arme um mich. Damit war ich fast schon wieder versöhnt. Pin-
guine sind doch eigentlich recht schöne Tiere.
Prüfers Töchter MEINE 14-JÄHRIGE
Lotta ist 14 Jahre alt. Ihr Vater Tillmann Prüfer schreibt
hier im wöchentlichen Wechsel über sie und seine
anderen drei Töchter im Alter von 19, 12 und 6 Jahren
»Du hast voll
den En ten arsch!«
Illustration Aline Zalko
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