Die Zeit - 24.10.2019

(lu) #1

DIE SEITE FÜR KINDER


HIER AUSREISSEN!

UND WER BIST DU?

Vorname, Alter, Wohnort:

Verdrehte Zeit


REKORD DER WOCHE

4,6


Millionen

Menschen haben vor einem Jahr
bei einer Umfrage der
Europäischen Kommission zur
Zeitumstellung mitgemacht –
Rekord für eine solche Befragung.
Die meisten wollten die
Sommerzeit abschaffen.
Trotzdem wird von Samstag auf
Sonntag die Uhr wieder verstellt.
Noch haben die Politiker nicht
entschieden, ob wir uns von der
Zeitumstellung verabschieden.

Schaurige Spinnen


Tiere wie wir


DER LEO-BASTELTIPP

Kastanien-Tiere basteln ist was für Ba-
bys? Nicht wenn ihr die braunen Ku-
geln in solche gruseligen Spinnen ver-
wandelt. Eine perfekte Deko für Hallo-
ween und eine gute Gesellschaft für
leuchtende Fratzen-Kürbisse.
So geht’s: Pro Spinne braucht ihr acht
Zahnstocher, eine Pinnnadel oder einen
Bohrer, zwei Wackelaugen aus dem Bas-
telladen, Kleber und natürlich eine Kas-

tanie. Wenn euer Gruseltier besonders
lange halten soll, nehmt eine gut durch-
getrocknete Kastanie. (Kastanien trocknen
am besten, wenn man sie vier Wochen lang
auf die Heizung legt. Es geht aber auch
über Nacht im Backofen.) Mit der Nadel
oder dem Bohrer Löcher in die Kastanie
piksen, Zahnstocher in der Mitte knicken
und die Spitze hineinschieben. Augen auf-
kleben, und fertig ist der Kastanienschreck.

Glücklich macht mich:

Ich ärgere mich über:

Diese Erfindung wünsche ich mir:

Und das kann man abschaffen:

Das würde ich meinen
Eltern gerne beibringen:

Getarnte


Kuh


MOMENT MAL!

Haben die nur Quatsch im Kopf? Das
könnte man ein Team von Forschern in
Japan fragen, die kürzlich einigen Kühen
schwarz-weiße Streifen aufs Fell gemalt
haben. Die Rinder sahen danach aus wie
dicke Zebras. Natürlich haben die Wis-
senschaftler aber nicht zum Spaß gepin-
selt, sondern um etwas herauszufinden:
ob man Kühe mit der Bemalung vor den
Bissen von Bremsen schützen kann.
Die kleinen Insekten piesacken Rin-
der nämlich so sehr, dass sie richtig ge-
stresst sind. Manche Kühe, die oft gesto-
chen werden, geben sogar weniger Milch


  • was den Landwirten gar nicht gefällt.
    Sie verdienen mit der Milch ja Geld.
    Die Rinder mit dem aufgemalten Ze-
    bramuster wurden tatsächlich weniger
    oft von Bremsen gebissen als die unbe-
    pinselten. Warum, das können auch die
    Forscher nicht genau beantworten. Sie
    vermuten, dass die Zebrastreifen die
    Bremsen verwirren. Möglicherweise fällt
    ihnen die Landung auf einem schwarz-
    weiß flimmernden Fell schwerer, weshalb
    einige einfach direkt wieder abzischen.
    Ob so ein Zebramuster auch uns
    Menschen vor Bremsenbissen schützen
    kann? Erforscht hat das noch keiner.
    Falls dir langweilig ist, kannst du dich im
    nächsten Sommer gern bemalen und uns
    schreiben, wie es dir erging.


Ben (Mitte) und Erik (rechts) wollen ein Computerspiel programmieren, ein Betreuer gibt ihnen dabei Tipps

Ferienlager für Computerfans


Eine Woche lang igeln sich Kinder aus Mönchengladbach jedes Jahr ein, um gemeinsam zu programmieren. MARIE-CHARLOTTE MAAS war zu Besuch im CodeCamp


B


en hat seinen Kopf zum Laptop
heruntergebeugt, seine Augen
sind dicht vor dem Bildschirm.
Darauf zu sehen ist eine lange
Abfolge von Zahlen und Buch-
staben, die sich aber nicht zu
deutschen Wörtern zusammen-
setzen. Mit diesem Code will er ein einfaches
Computerspiel basteln. Doch nichts passiert.
»Warum funktioniert das nicht?«, murmelt Ben
leise, dreht sich nach links und fragt: »Erik,
kannst du mal schauen?« Sein Nachbar wirft ei-
nen schnellen Blick auf Bens Bildschirm und
sagt: »Der Sub steht in der While, der muss aber
vor der While stehen.« Ben hat offenbar ver-
standen, was das bedeutet, denn er antwortet mit
einem dankbaren »Aaaaaah!« und nickt heftig.
Wenn Erik und Ben so miteinander reden,
könnte man glauben, die beiden Jungs unterhal-
ten sich in einer Geheimsprache. Sie bauen
Wörter wie »Scratch«, »Python« und »Sphero«
einfach so in ihre Sätze, als ginge es um Nudeln
oder Fußball. Für den 12-jährigen Erik und den
11-jährigen Ben sind diese Begriffe alltäglich.
Die beiden sind Mitglieder im Code Club. Das
ist eine Art Arbeitsgemeinschaft von Schülern


des Gymnasiums am Geroweiher in Mönchen-
gladbach. Jeden Freitagnachmittag programmie-
ren die Schüler gemeinsam Apps, basteln an
Webseiten oder erstellen kurze Filme.
In dieser Woche sind mehr als achtzig von
ihnen in einer Jugendherberge im Sauerland
untergetaucht – im Code Camp, einer Art Fe-
rien lager für Programmierfans. Die jüngsten
sind 11, die ältesten Teilnehmer 18 Jahre alt.
Sieben Tage lang zaubern die Kinder hier bunte
Apps auf ihre Smart phones, bringen kugelige
Roboter zum Rollen und bauen Computerspiele,
so wie das Ben und Erik vorhaben.
Programme für Computer schreiben – die
Schüler im Camp lernen das, was sich viele Po-
litiker, Computer-Fachleute und Bildungsforscher
für alle jungen Menschen in Deutschland wün-
schen. Die Bundesregierung hat in diesem Jahr
eine Menge Geld für den sogenannten Digitalpakt
bereitgestellt. Schulen sollten davon Tab lets kau-
fen oder für schnelleres Internet sorgen. Nicht
nur in Deutschland, in ganz Europa machen sich
die Politiker Gedanken übers Programmieren. Seit
sieben Jahren gibt es deshalb immer im Herbst
die »EU Code Week«. In diesem Jahr konnten
Menschen in mehr als 80 Ländern zwischen dem


  1. und 20. Oktober Roboter durch Hindernis-
    parcours lotsen, 3-D-Druckern den Befehl zum
    Bau von Teilen geben oder in Gruppen über
    Computer und Technik sprechen.
    Den CodeClub in Mönchengladbach gibt es
    bereits seit zehn Jahren. Das Besondere: Hier
    unterrichten nicht nur Lehrer. Die Schüler brin-
    gen sich auch gegenseitig etwas bei und helfen
    ein an der, wenn sie beim Programmieren nicht
    weiterkommen. Das klappt offenbar so gut, dass
    schon Politiker zu Besuch waren, um zu sehen,
    was sich andere Schulen abgucken könnten.
    »Bei uns lernt man vor allem, dass Programmie-
    ren Teamarbeit ist«, erklärt der 19-jährige Jona.
    Er war früher auch Schüler des Gymnasiums,
    heute studiert er Informatik. Der Club sei für
    ihn damals wie eine Familie ge wesen, erzählt er.
    So ein Gefühl möchte er den Jüngeren nun auch
    geben, darum ist er dieses Jahr noch einmal als
    Begleiter mitgefahren.
    In der Jugendherberge, in der sich die jungen
    Programmierer eingemietet haben, kochen gera-
    de zehn Kinder Hackfleisch-Lauch-Suppe für
    alle. Sie hören dabei laut Musik, tragen Koch-
    mützen und Schürzen, auf denen Code Camp
    steht. In einem anderen Raum sitzen ein paar


Kinder auf Matratzen auf dem Boden, die Lap-
tops auf kleinen Couchtischen vor ihnen. Alle
tragen Hausschuhe oder dicke Socken, manche
puschelige Schlappen mit Einhörnern drauf.
Gemütlich wie bei einer Übernachtungsparty
geht es hier zu. Doch gleichzeitig sind alle kon-
zentriert bei der Arbeit, als wären sie in einer
Schulstunde, die richtig Spaß macht.
Genau diese Stimmung hat das CodeCamp bei
den Schülern berühmt gemacht. Die 11-jährige
Milla hat sich schon ein ganzes Jahr lang auf die
Reise gefreut. Im vergangenen Jahr war ihre
Schwester hier und hat so davon geschwärmt, dass
auch Milla unbedingt mitfahren wollte. Sie glaubt
außerdem, dass es ihr später im Job helfen wird,
wenn sie programmieren kann. Schon jetzt melden
sich immer wieder Firmen bei Felix Nattermann,
dem Lehrer, der den Code Club leitet. Sie fragen,
ob es nicht ein paar fortgeschrittene Teilnehmer
gebe, die neben der Schule arbeiten wollen.
Gerade aber wirkt Milla gar nicht begeistert.
Sie schaut frustriert auf ihren Bildschirm. »Es
wird ein Fehler gefunden«, steht da. Milla stöhnt
leise und klickt sich noch einmal durch ein
Buchstaben-Zahlen-Gewimmel. Es ist der Pro-
gram mier code für die Übung, die sie gerade

macht. Sie will eine sogenannte Schleife anlegen.
Das bedeutet, dass ein Satz viele, viele Male hin-
ter ein an der auf ihrem Bildschirm erscheinen
soll. 20 Minuten braucht Milla, bis sie endlich
den Satz »Code Club ist cool« 30-mal un ter ein-
an der auf ihrem Bildschirm sieht. Sie lächelt, als
es endlich geklappt hat, doch in solchen Mo-
menten wird auch klar: Wer programmieren
lernen will, muss Durchhaltevermögen haben –
gerade als Anfänger. Es ist, als würde man eine
Fremdsprache lernen. Wie neue Vokabeln muss
man sich auch die Codes immer und immer
wieder durchlesen, ehe man sie sich merken und
irgendwann frei anwenden kann.
Weil das anstrengend ist, sitzen die Kinder
nicht die ganze Campwoche lang vor dem Com-
puter. Zwischendurch schleichen sie durch den
Wald und jagen ein an der bei Räuber und Gen-
darm oder unternehmen Nachtwanderungen.
Doch selbst dabei wird gefachsimpelt – und ge-
träumt. Ben zum Beispiel würde gerne eine ei-
gene Firma gründen und ein Computerspiel
entwickeln, das auf der ganzen Welt gespielt
wird. »Mach doch mit«, sagt er zu Erik. Der
nickt begeistert. »So eine eigene Firma«, mur-
melt er dann, »das wäre doch was.«

Foto: Gretje Treiber für DIE ZEIT

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  1. OKTOBER 2019 DIE ZEIT No 44


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Illustration: Nadia Budde für DIE ZEIT; kl. Fotos: Getty Images (Wecker); DZ (Spinne); privat
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