Die Welt - 23.10.2019

(Rick Simeone) #1

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23.10.19 Mittwoch, 23. Oktober 2019DWBE-HP


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6 POLITIK *DIE WELT MITTWOCH,23.OKTOBER


G


illes de Kerchove sitzt
streng abgeschirmt im
Justus-Lipsius-Gebäude
im Brüsseler Europavier-
tel. Der Belgier spricht
über die neuen Gefahren durch den so
genannten Islamischen Staat (IS) und
die Bedrohungen durch chemische und
biologische Waffen.

VON CHRISTOPH B. SCHILTZ

WELT:Herr de Kerchove, in der jüngs-
ten Vergangenheit hat es keine größe-
ren Terrorattacken von radikalen Is-
lamisten gegeben. Ist das eine neue
Ära oder nur eine trügerische Ruhe?

lamisten gegeben. Ist das eine neue
Ära oder nur eine trügerische Ruhe?

lamisten gegeben. Ist das eine neue


GILLES DE KERCHOVE:In 16 EU-Län-
dern, die ich hier nicht namentlich nen-
nen möchte, bleibt die Bedrohung wei-
terhin hoch. Aber wir haben unsere Ver-
wundbarkeit deutlich reduziert. Die
EU-Länder sind viel besser als früher in
der Lage, potenzielle Angreifer frühzei-
tig zu identifizieren und sie dann zu
neutralisieren.

Wo liegen derzeit die größten Heraus-
forderungen im Kampf gegen islamis-
tische Terroristen?
Es gibt aus meiner Sicht drei Herausfor-
derungen. Erstens: Personen, die im In-
ternet von den Ideen des Dschihad inspi-
riert werden und sich dann in den eige-
nen vier Wänden radikalisieren. Sie sind

niemals im Irak oder in Syrien gewesen.
Sie haben keine formalen Kontakte zum
IS. Solche Leute sind im Vorfeld schwer
ausfindig zu machen. Zweitens: Es gibt
immer noch Hunderte ausländische IS-
Kämpfer, die sich in der Region verste-
cken oder die in Gefangenschaft sitzen.
Irgendwann werden viele von ihnen zu-
rückkommen, und damit importieren
wir potenzielle Gewalttäter. Vor dem
Hintergrund der aktuellen Ereignisse in
Syrien ist es wichtig, dass die EU-Länder
ihre intensive Zusammenarbeit fortset-
zen, um sicherzustellen, dass ausländi-
scheIS-Terrorkämpfer an den EU-Gren-
zen entdeckt und Infiltrationen nach
Europa unterbunden werden. Drittens:
Viele IS-Kämpfer werden bald ihre Stra-
fffen abgesessen haben. Sie sind jedochen abgesessen haben. Sie sind jedoch
vielfach immer noch vernebelt von der
IS-Ideologie. Das ist eine echte Gefahr.
Die europäische Polizeibehörde Eu-
ropol wird im Kampf gegen Terrorismus
in Europa immer wichtiger. Sollte man
Europol nicht zu einem europäischen
FBI mit exekutiven Durchgriffsrechten
umbauen?
Ich glaube, dafür fehlen die politischen
Mehrheiten, und es ist derzeit auch gar
nicht wünschenswert. Es gibt andere
Maßnahmen, die wichtiger wären.

Zum Beispiel?
Wenn man Europolzu einem europäi-
schen Datendrehkreuz machen will,

dann muss die Behörde auch leichter ei-
nen Zugriff bekommen auf Daten von
Unternehmen im Privatsektor wie In-
ternetunternehmen, Banken oder Post-
dienstleister.

Was schlagen Sie noch vor?
Europol braucht künftig ein Innovati-
onslabor, in dem hoch qualifizierte Ex-
perten Informationen sammeln und be-
raten über die Folgen und Entwicklun-
gen sogenannter disruptiver Technolo-
gien wie Kryptologie, künstliche Intelli-
genz, Blockchain, Nanotechnologien
oder Drohnen. Dazu gehören auch Men-
schen, die das Unvorstellbare denken
können, ähnlich wie der Science-Ficti-
on-Autor Jules Verne. Ich habe kürzlich
ein Seminar organisiert, wo EU-Vertre-
ter mit Experten beraten haben, welche
Folgen die neuen Technologien für die
Sicherheit haben. Das müssen wir in-
tensivieren.

Die renommierte Atlantic Treaty As-
sociation warnt in einem Bericht über
Massenvernichtungswaffen, dass die
Möglichkeit eines Anschlags mit soge-
nannten CBRN-Waffen, also chemi-
schen, biologischen, radioaktiven
oder nuklearen Waffen, durch eine
Dschihadistengruppe eine reale Be-
drohung ist. Wie sehen Sie das?
Was die Geheimdienste am meisten
fürchten, sind die chemischen und auch

die biologischen Stoffe. Es gibt Alb-
traumszenarien. Ich möchte damit
nicht suggerieren, dass sie Realität wer-
den, aber sie sind denkbar und könnten
passieren. Wir müssen gewarnt sein.

Könnten Sie ein Beispiel nennen?
Stellen Sie sich vor, Terroristen lassen
über einem Fußballstadion mit mehre-
ren Zehntausend Besuchern eine Droh-
ne fliegen, die chemische oder biologi-
sche Substanzen versprüht.

Aber wie soll das gehen?
Ich habe kürzlich einen Artikel gelesen
mit dem Titel: Wie baust du eine Bombe
in der Küche deiner Mutter? Das ist
heute schon möglich. Und ich frage
mich, was passiert, wenn ich demnächst
auch noch einen Artikel lesen muss mit
dem Titel: Wie stellst du einen Virus
her in der Küche deiner Mutter? Es ist
bis heute extrem schwer, einen Virus zu
produzieren. Aber in Speziallaboren ist
das schon machbar. Und mit den neuen
Möglichkeiten synthetischer Biotech-
nologie ist es durchaus vorstellbar, dass
ein junger Mann, der in synthetischer
Biotechnologie promoviert hat, in eini-
gen Jahren in der Lage sein könnte, bei-
spielsweise ein Ebolavirus in der Küche
seiner Mutter herzustellen. Das klingt
irre, das klingt nach Science-Fiction,
aber wir müssen wachsam sein und an
Antworten arbeiten.

Sollten die Kontrollen in Fußballsta-
dien verschärft werden?
Das muss man abwarten. Aber alle Be-
teiligten müssen sich Gedanken ma-
chen. In Fußballstadien könnte es künf-
tig durchaus Kontrollen geben, die weit
komplexere Bedrohungsgegenstände
als Messer im Blick haben.

Ist die Europäische Union vorbereitet
auf Angriffe mit CBRN-Waffen?
Die EU verfügt über Aktionspläne, was
beim Einsatz von CBRN-Waffen zu tun
ist. Es gibt in den Mitgliedstaaten auch
gelegentlich Übungen, wie sich alle Be-
teiligten im Ernstfall verhalten sollen.
Aber die EU-Länder sollten mehr tun
und sich besser vorbereiten: mehr
Übungen, mehr Bereitschaft, mehr Vor-
bereitung für medizinisches Personal
und mehr Kooperation beispielsweise
bei der medizinischen Versorgung. Ein
Angriff mit CBRN-Waffen würde die
westlichen Gesellschaften vor große
Herausforderungen stellen.

Sehen Sie die Gefahr, dass der IS wie-
der erstarkt?
Wenn wir nicht aufpassen, kann die ak-
tuelle Situation in Syrien nicht nur dazu
führen, dass der sogenannte Islami-
schen Staat gestärkt wird, sondern auch
al-Qaida. Tausende von Kämpfern, die
an die Ideologie des Dschihad glauben,
sind noch aktiv in Idlib. Es wäre ein gro-
ßer Fehler zu glauben, dass der IS kom-
plett zerstört wurde. Wir sehen heute
Franchise-Ableger des IS im Norden des
Kongo und in weiteren afrikanischen
Staaten, aber auch in Südostasien. Klar
ist: Das physische Kalifat wurde zer-
stört, der IS kontrolliert im Irak und in
Syrien kein Territorium mehr von der
Größe des Vereinigten Königreichs. Das
ist eine gute Nachricht, und das ist der
Anti-IS-Koalition zu verdanken.

Wo liegt die Gefahr?
Es gibt Tausende IS-Kämpfer, die sich
in der Region verstecken, und sie haben
viel Zeit gehabt, sehr große Geldsum-
men zu investieren. Sie verfügen also
über regelmäßige Einkommensquellen


  • und mutmaßlich auch über Waffen,
    die irgendwo versteckt sind. Es besteht
    durchaus die Gefahr, dass im Irak ein
    IS-Kalifat 2.0 entsteht.


Warum?
Die Umstände, die den IS im Irak groß
gemacht haben, haben sich leider nicht
wesentlich geändert. Die Menschen im
Irak leiden unter Arbeitslosigkeit, Was-
serknappheit und Perspektivlosigkeit.
Die gut ausgebildeten Offiziere von
Saddam, die die Amerikaner aus der Ar-
mee geworfen haben, empfinden im-
mer noch Rachegelüste gegen den Wes-
ten und gegen die schiitische Regie-
rung.
Und die Regierung in Bagdad ver-
sucht immer noch, die Sunniten im
Land politisch und finanziell an den
Rand zu drängen. Das ist ein sehr ge-
fährliches Gemisch. Die irakische Regie-
rung muss dringend ihre Politik ändern.

IS ist noch lange nicht am Ende, sagt der Anti-Terror-Koordinator der EU, Gilles de Kerchove. Und


warnt: Es sei vorstellbar, dass biologische oder Chemiewaffen in einer Küche hergestellt werden


Der Belgier Gilles de
KKKerchove warnt die EU-erchove warnt die EU-
Staaten vor IS-Kämpfern

PRO SHOTS

/DPA PICTURE-ALLIANCE/GUY PUTTEMANS/ISOSPORT

„Es besteht


die Gefahr,


dass im Irak


ein IS-Kalifat


2.0 entsteht“


D


er Besuch von US-Vizepräsi-
dent Mike Pencein Ankara am
vergangenen Freitag versprach
einen außenpolitischen Deal von Trag-
weite. Aus seinem für zehn Minuten an-
gesetzten Austausch mit dem türki-
schen Staatschef Recep Tayyip Erdogan
wwwurde ein stundenlanges Treffen. Amurde ein stundenlanges Treffen. Am
Ende standen beiden Politikern schwie-
rige Verhandlungen ins Gesicht ge-
schrieben – und Nordsyrien bekam eine
WWWaffenruhe, zumindest für fünf Tage.affenruhe, zumindest für fünf Tage.

VON PAVEL LOKSHIN
AUS MOSKAU

Doch während Washingtons außen-
politische Delegation auf die Türken
einredete, wurden nebenan in Erdo-
gans Präsidialpalast die Vorbereitun-
gen zum wahren Nordsyrien-Deal ge-
troffen. Erdogans Sprecher Ibrahim
Kalin und sein stellvertretender Außen-
minister Sedat Önal empfingen eine
russische Delegation, angeführt von
Wladimir Putins Sondergesandten für
Syrien, Alexander Lawrentiew. Auch
VVVertreter des russischen Außen- undertreter des russischen Außen- und
VVVerteidigungsministeriums waren zu-erteidigungsministeriums waren zu-
gegen, denn der wahre Dealmaker der
Region sitzt heute nicht im Weißen
Haus, sondern im Kreml.
Pünktlich zum Ende der mit Pence
vereinbarten Waffenruhe traf Erdogan

nun am Dienstag den russischen Präsi-
denten Wladimir Putin. Die Gespräche
fffanden in Putins Sommerresidenz inanden in Putins Sommerresidenz in
dem Kurort Sotschi am Schwarzen
Meer statt, wo Erdogan in den vergan-
genen Jahren häufig zu Gast war. Im
milden Klima Südrusslandsdemons-
triert Moskau vorzugsweise seine Nähe
zu den großen Politikern des Nahen
Ostens.
In seinem Eingangsstatement vor
den Verhandlungen sprach Putin von
der Hoffnung, „Antworten auf alle,
selbst die schwierigsten Fragen zu fin-
den“, im Interesse aller Länder der Re-
gion. Auch Erdogan sagte, er hoffe auf
„neue Möglichkeiten“ für seine Militä-
roperation.
Der Deal Erdogans mit Pence hat den
Kreml nicht beunruhigt, obwohl die In-
vasion einer fremden Armee ins syri-
sche Territorium Putin eigentlich ner-
vös machen müsste. Oft hat er betont,
in Syrien dürften nur jene Mächte agie-
ren, die von Assad grünes Licht bekom-
men hätten. Doch Erdogan und Putin
wissen: Die eigenen Maximalforderun-
gen sind nur der Ausgangspunkt für
VVVerhandlungen. Erdogan kann nichterhandlungen. Erdogan kann nicht
damit rechnen, dauerhaft eine Puffer-
zone zu bekommen, die Dutzende Kilo-
meter ins syrische Gebiet reicht.
Putin schließlich wird bei dem, was
er „Syriens territoriale Integrität“

nennt, Zugeständnisse machen müs-
sen. Assad wird wohl nicht alle von ihm
beanspruchten Gebiete in Nordsyrien
unter seine Kontrolle bekommen. Bei
der Unterordnung der Kurden unter
die Macht Assads dürfte es wohl blei-
ben – was auch Erdogans Interessen
entgegenkommt, solange ihre Verbände
das syrisch-türkische Grenzgebiet räu-
men. Doch wie genau im Einzelnen der
Deal Assads mit den Kurden aussehen
wird, ist noch unklar – an dessen Aus-
arbeitung arbeiten russische Diploma-
ten und Militärs laut russischen Me-
dien unter Hochdruck.
Die Frage ist, wo der Kompromiss
zwischen Moskau und Ankara liegen
wird. Der Kreml könnte die Türkei aus-
manövrieren – und mehr für sich und
Assad herausholen, denn die Verhand-
lungsposition Ankaras ist schwach. Mi-
litärisch hat die Türkei auf den ersten
Blick Fortschritte erzielt, doch außen-
politisch hat sie sich isoliert.
Für seine Ziele hat sich Putin der Un-
terstützung des Iran versichert. Vor
den Gesprächen in der Türkei war die
Delegation um den russischen Syrien-
Beauftragten Lawrentiew in Teheran zu
Beratungen mit Ali Shamkhani, dem
Sekretär des Höchsten Nationalen Si-
cherheitsrats. Zugegen war auch Ali
Asghar Khaji, ein Sonderbeauftragter
des iranischen Außenministers. Beide

Seiten betonten die Rolle der „territo-
rialen Integrität“ Syriens. Zuletzt ent-
wickelte sich das Verhältnis der beiden
VVVerbündeten Assads zu einem Wettbe-erbündeten Assads zu einem Wettbe-
werb um Macht und Einfluss – vor al-
lem beim Thema Wiederaufbau des
Bürgerkriegslands. Doch vor Putins
VVVerhandlungen mit Erdogan zogenerhandlungen mit Erdogan zogen
Moskau und Teheran an einem Strang.
Das ließ der Kreml zu, auch auf die Ge-
fffahr hin, dass der eigene Einfluss in Da-ahr hin, dass der eigene Einfluss in Da-
maskus zugunsten Teherans abnimmt.
Hinzu kommt, dass die Eiszeit zwi-
schen den Golfmonarchien und Assad
allmählich zu Ende geht – auch dank
des Lobbyings von Wladimir Putin. Vor
seinem Besuch in Saudi-Arabien und
den Vereinigten Arabischen Emiraten
vergangene Woche sprach sich Putin
fffür die Wiederaufnahme Syriens in dieür die Wiederaufnahme Syriens in die
Arabische Liga aus. Die Organisation
schloss Syrien nach der Niederschla-
gung der ersten Proteste im Jahr 2011
aus. Nun fordern Mitgliedsländer wie
Algerien, Libanon und Irak die Wieder-
aufnahme Syriens, während die Orga-
nisation die türkische Offensive als
„Invasion“ kritisiert. Wenn Erdogan
bei seiner Ablehnung Assads bleibt,
könnte er sich in der Region noch wei-
ter isolieren.
Putin will genau das vermeiden. Sei-
ne Bemühungen sollen die Türkei zum
Dialog mit Assad bewegen, um endlich

die russische Vision der syrischen
Nachkriegsordnung zu realisieren. Da-
rauf setzen auch die Iraner. Dazu brin-
gen Moskau und Teheran das Adana-
AAAbkommen von 1998 ins Spiel. Damalsbkommen von 1998 ins Spiel. Damals
einigten sich Syrien und die Türkei da-
rauf, dass Damaskus – zuvor mit Anka-
ra verfeindet – die Unterstützung für
die verbotene Arbeiterpartei Kurdis-
tans (PKK) aufgibt und die syrisch-tür-
kische Grenze patrouilliert, um das Ri-
siko für die Türkei zu minimieren.
Ankara behält sich offenbar das
Recht vor, einige wenige Kilometer in
syrisches Gebiet einzudringen, um
PKK-Terroristen zu verfolgen. Die von
Erdogan geforderte Sicherheitszone al-
lerdings reicht weit darüber hinaus.
Selbst die bisherige Operation ist juris-
tisch umstritten, Experten betrachten
sie als völkerrechtswidrig.
Für Erdogan kann das Abkommen
nicht weit genug gehen, das wissen
auch die Russen. Deswegen hat Russ-
lands Außenminister Sergej Lawrow
angekündigt, dass er eine „Korrektur“
des Adana-Abkommens nicht aus-
schließt. Aus der Sicht der Russen wäre
das kein zu hoher Preis für einen direk-
ten Kontakt zwischen Assad und Erdo-
gan. Dazu müsste die Türkei allerdings
die Unterstützung für die bewaffnete
Opposition gegen Assad aufgeben – der
WWWeg dahin ist ein weiter.eg dahin ist ein weiter.

Putin, der wahre Dealmaker in Nahost


Russlands Präsident empfängt den türkischen Staatschef Erdogan in Sotschi, um über die Zukunft Nordsyriens zu verhandeln


J


ustin Trudeau wird aller Voraus-
sicht nach kanadischer Premier-
minister bleiben. Die von ihm ge-
führten Liberalen verteidigten bei der
Wahl zum Unterhaus am Montag ihre
Position als stärkste Kraft im Parla-
ment. Die Liberalen kommen dem offi-
ziellen Wahlergebnis zufolge in der
neuen Legislaturperiode auf 157 der 338
Abgeordnetenmandate. Die Konservati-
ven erhalten 121 Sitze. Die absolute
Mehrheit liegt bei 170 Stimmen. Anhän-
ger von Trudeau feierten den 47-Jähri-
gen am Montagabend mit der Parole:
„Vier weitere Jahre!”

VON DANIEL FRIEDRICH STURM

Trudeaus Herausforderer, der Partei-
und Fraktionsvorsitzende der Konser-
vativen, Andrew Scheer, kann zwar auf
Stimmen- und Mandatsgewinneverwei-
sen, wird aber in der Opposition blei-
ben. Erhebliche Stimmengewinne ver-
zeichneten der regionale Bloc
Québécois sowie die Grünen. Die sozi-
aldemokratische NDP verlor erheblich
an Zuspruch. Kanada hat ein Mehrheits-
wahlrecht. Die 338 Mandate werden al-
lein an den siegreichen Kandidaten in
den 338 Wahlkreisen vergeben. Es gibt
keine Abgeordneten, die über Listen ins
Parlament einziehen, geschweige denn
Überhang- oder Ausgleichsmandate.
Im neuen Unterhaus von Ottawa
werden die Liberalen wie bisher den
Ton angeben– aber nicht mehr mit der
komfortablen Mehrheit, auf die sich
Trudeau nach seinem Wahlsieg 2015
stützen konnte. Damals hatten die Libe-
ralen in einem Erdrutschsieg 184 der 338
Mandate erobert, klar mehr also als die
für eine absolute Mehrheit erforderli-
chen 170 Mandate. Landesweit waren
die Liberalen damals auf 39,5 Prozent
gekommen. Am Montag war ihr Anteil
an den abgegebenen Stimmen deutlich
geringer. In der kanadischen Geschichte
hat keine Partei eine absolute Mehrheit
der Mandate erobert, wenn sie nicht zu-
mindest 38,5 Prozent aller abgegebenen
Stimme erzielt hat. Bei der Wahl 2015
hatten die Konservativen 31,9 Prozent
und 99 Sitze errungen, die NDP 19,
Prozent und 44 Sitze. Der Bloc
Québécois war auf sechs Prozent und
zehn Sitze gekommen, die Grünen auf
3,9 Prozent und einen Sitz. Die Kana-
dier haben Trudeau also im Amt bestä-
tigt, ihm aber – mit dem Verlust der ab-
soluten parlamentarischen Mehrheit –
einen Dämpfer verpasst. In Kanada sind
Minderheitsregierungen durchaus üb-
lich, Koalitionen hingegen unüblich.
Hatten die beiden letzten Wahlen
Mehrheitsregierungen ergeben – 2015
für die Liberalen, zuvor für die Konser-
vativen –, folgten auf die Wahlen 2004,
2006 und 2008 Minderheitsregierun-
gen. „Wir Kanadier sind Experten für
Minderheitsregierungen“, sagte der Po-
litikwissenschaftler Nelson Wiseman
(Universität Toronto) schon vor der
Wahl WELT: „Jede dritte Wahl seit 1921
führte zu einer solchen Konstellation.“
Mit dem Wahlergebnis vom Montag
gewinnt das kanadische Parlament ge-
genüber der Regierung an Macht. Bisher
kontrollierte die Regierungspartei alle
Ausschüsse und damit deren Tagesord-
nung. Das wird künftig nicht mehr der
Fall sein. „Die Ausschüsse können die
Regierung zwar nicht außer Kraft set-
zen, aber sie können sie in Schrecken
halten und unter Druck setzen“, sagt
Politikwissenschaftler Wiseman. Tru-
deaus künftige Regierung aber könnte
indirekt vom Niedergang der sozialde-
mokratischen NDP wie vom gestärkten
Bloc Québécois stabilisiert werden. In
der NDP könnte es zu einer Führungs-
krise kommen. Weder ihre Abgeordnete
noch die des nun gestärkten Bloc
Québécois werden ein Interesse an ei-
ner Neuwahl haben. Das könnte Tru-
deau und seiner absehbaren Minder-
heitsregierung zupasskommen.
Der Dämpfer für Trudeau dürfte eine
Folge mehrerer Skandale und diverser
Ungeschicklichkeiten während seiner
Amtszeit sein. Er hatte zu Beginn seiner
Regierungszeit zuweilen hochmorali-
sche Versprechen und einen völlig neu-
en Stil versprochen. Immer wieder ver-
stieß er gegen die von ihm selbst prokla-
mierten Maximen. Sein konservativer
Herausforderer Scheer aber konnte
kaum politisches Kapital aus der Schwä-
che Trudeaus schlagen. Er blieb wäh-
rend des Wahlkampfes blass. Zwar erst
40 Jahre alt, gehört er indes bereits seit
2004 dem Parlament aus. Als neues, fri-
sches Gesicht versuchte er sich erst gar
nicht zu inszenieren.

Dämpfer für


Kanadas Premier


Justin Trudeau


Die Liberalen verlieren,


bleiben aber stärkste Kraft


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