Wenn Mitarbeiter ähnlich kompetent sind, so
wie es in Partnerstrukturen der Fall sein sollte,
könnten Führungskräfte den Wettstreit sogar be-
fördern, weil er dann zu besseren Resultaten füh-
ren könne, sagt Felix Brodbeck, Professor für Or-
ganisations- und Wirtschaftspsychologie an der
LMU München: „Jeder strengt sich etwas mehr an,
um zumindest mit den anderen mithalten zu kön-
nen.“ Wenn die Leistungsunterschiede allerdings
zu groß sind oder die individuellen Beiträge nicht
zu erkennen, kann es laut Brodbeck jedoch zu Mo-
tivationsverlusten kommen, weil Mitarbeiter glau-
ben, dass sie niemals so gut wie der andere sein
können.
Auch in Zeiten von New Work und Kooperations-
kultur belebt interne Konkurrenz also durchaus
das Geschäft – vorausgesetzt, der Wettstreit läuft
fair und nach transparenten Kriterien ab. Daran
hapert es aber oft. Etwa wenn der Konkurrenz-
kampf nicht nur zwischen Mitarbeitern auf Augen-
höhe tobt, sondern Führungskräfte auch künftige
Rivalen aus einer niedrigeren Rangstufe bewusst
klein halten. Niels Van Quaquebeke weiß aus seiner
Forschung: „Wenn Führungskräfte sehen, dass ein
Kollege schnell Karriere macht, fangen sie an, ihn
wegzubeißen, weil sie sich um die eigene Position
sorgen“, so der Professor für Unternehmensfüh-
rung und Organisationspsychologie an der privaten
Kühne Logistics Universität (KLU) in Hamburg.
Dieses Verhalten wirke sich auch auf die Auswahl
neuer Angestellter aus: Eine Führungskraft mit ho-
hem Potenzial hole laut dem KLU-Professor nur
echte Topleute in ihr Team, weil sie den Vorsprung
selbst halten könne. „Eine B-Führungskraft baut ei-
nen Sicherheitsabstand ein und wirbt nur C-Leute
an, um sich nicht den künftigen König ins eigene
Team zu holen.“ So kann zu viel Konkurrenz unter
Kollegen auch dazu führen, dass Unternehmen am
Ende eben nicht die besten Leute einstellen.
Männer sabotieren häufiger
Gerade Führungskräften kommt beim Thema Kon-
kurrenz eine besondere Aufgabe zu. „Wenn Miss-
gunst das Arbeitsklima vergiftet, haben Führungs-
kräfte ihre Aufgabe nicht erfüllt“, sagt Arbeitspsycho-
loge Zacher. Es gilt also, im Management das richtige
Gleichgewicht zwischen Konkurrenz und Kooperati-
on zu finden. Doch wie können Führungskräfte da-
für sorgen, dass Mitarbeiter um die Sache wetteifern,
statt sich mit unfairen Methoden auszustechen?
Dan Cable, Verhaltensökonom an der London
Business School, hat zwei Arten von Konkurrenz-
denken identifiziert: jenes, das Angst und Stress
auslöst, weil es darauf abzielt, dass Mitarbeiter ih-
ren Job oder ihren Bonus verlieren oder öffentlich
als Minderleister zur Schau gestellt werden. Und je-
nes Wettbewerbsdenken, das eher auf Vorfreude
ausgelegt ist – etwa darauf, den Bonus zu erhalten,
statt ihn zu verlieren oder für die eigene Arbeit mit
einem Preis ausgezeichnet zu werden. „Angst und
erregte Vorfreude sind zwei sehr unterschiedliche
emotionale Reaktionen auf Konkurrenz“, schreibt
Cable mit zwei Co-Autoren in der Management-
Fachzeitschrift „Harvard Business Review“. Was
noch wichtiger sei: „Diese Emotionen führen dazu,
dass sich Menschen unterschiedlich verhalten.“ So
konnten die Experten in mehreren Studien nach-
weisen, dass der Treiber Angst in Konkurrenzsitua-
tionen häufiger zu Sabotage und unethischem Ver-
halten führt. Während die Treiber Vorfreude und
Aufregung die Kreativität beflügeln.
Was bedeutet das für den Arbeitsalltag? Forscher
Van Quaquebeke rät Managern, dass sie ihre Ange-
stellten nicht vor der versammelten Mannschaft
vergleichen sollten, das schüre Neid. Besser: In Ein-
zelgesprächen auf die individuelle Entwicklung ein-
gehen. Was auch hilft: Manager sollten ihre Mitar-
beiter anhalten, nicht mit den eigenen Kollegen,
sondern mit anderen Teams oder anderen Firmen
in den Wettstreit zu gehen – auch das befriedigt
den menschlichen Vergleichstrieb. Weitere Rat-
schläge für Fairness im internen Wettbewerb fin-
den Sie im Kasten auf dieser Seite.
Übertriebenes Konkurrenzdenken im Job gilt
heute vielfach als Symbol einer „toxischen Männ-
lichkeit“, die weibliche Führungskräfte am Aufstieg
hindere. Experimente zeigen, dass Männer in der
Tat mehr Zeit in Wettbewerb investieren als Frau-
en. „Männer haben zwar keine anderen Moralvor-
stellungen als Frauen“, sagt Petra Nieken, die am
Karlsruher Institut für Technologie (KIT) den Lehr-
stuhl für Human Ressource Management leitet. „Sie
schätzen aber ihr Umfeld kompetitiver ein – und sa-
botieren folglich auch mehr.“
Über solche Geschichten hat Wiebke Köhler ein
ganzes Buch geschrieben. Für „Schach der Dame“
hat die ehemalige Personalvorständin mit 50 Frau-
en in Führungspositionen gesprochen und festge-
stellt: „Beim Wettbewerb im Büro geht es in erster
Linie darum, herauszufinden, wer Verbündeter
und wer Gegenspieler ist.“ Viele Frauen würden
den Feind in ihrem Büro jedoch unterschätzen –
und deshalb langfristig auf dem Weg nach oben
ausgebremst. Mit ihrem Buch will Köhler „ein Be-
wusstsein für diese unausgesprochenen Spielre-
geln“ in Großkonzernen schaffen.
Ob es einem gefällt oder nicht: Gerade für kom-
petente und aufstiegswillige Frauen wäre es fatal,
wenn über die Rolle von Konkurrenz und Wettbe-
werb am Arbeitsplatz gar nicht mehr offen gespro-
chen werden darf, weil offiziell alle im Unterneh-
men nur noch kooperieren. Wer den fairen Wett-
kampf nach Leistung unterdrückt, fördert
erfahrungsgemäß den unfairen.
Im Extremfall kann dann aus Missgunst Mobbing
werden – mit dem Ziel, den Kollegen um jeden
Preis loszuwerden. Im Falle von Zimmermann ha-
ben seine Gegner genau das geschafft: Die junge
Führungskraft hat das Unternehmen verlassen.
„Ich wurde nicht wirklich ernst genommen, muss-
te immer doppelt und dreifach argumentieren,
während Vorschläge einiger Kollegen durchgewun-
ken wurden.“ Also ging er zur Konkurrenz.
* Name von der Redaktion geändert
Karlsruhe Institute of Technology (KIT)
Männer
schätzen ihr
Umfeld
kompetitiver
ein – und
sabotieren
folglich auch
mehr.
Petra Nieken
Wissenschaftlerin
Karriere
WOCHENENDE 25./26./27. OKTOBER 2019, NR. 206
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Tipps für Manager
Mitarbeiter nicht gegenseitig
ausspielen Manche Manager
mögen das als Führungsstil
etabliert haben, doch bei den
meisten Angestellten wird so
nur Missgunst geschürt.
Das Team beobachten – und
eingreifen Führungskräfte soll-
ten auf kleine Anzeichen ach-
ten: Kommunizieren die Mitar-
beiter missgünstig? Wird
jemand ausgegrenzt? Falls ja:
die Probleme offen ansprechen,
womöglich Teams neu zusam-
menstellen.
Neue Vergleichsebene finden
Mitarbeiter sollten angehalten
werden, nicht mit den eigenen
Kollegen, sondern mit anderen
Teams oder anderen Firmen in
den Wettstreit zu gehen – auch
das befriedigt den menschli-
chen Vergleichstrieb.
Gemeinsame Rituale Es kann
sinnvoll sein, gemeinsame
Erlebnisse zu fördern. Wer
regelmäßig zusammen isst oder
ab und an bowlen geht, koope-
riert auch im Büro oft besser.
Tipps für Mitarbeiter
Intrigen offen ansprechen
Wenn ein Kollege sie sabotiert,
reden Sie mit ihm sachlich
darüber. Die offene Konfronta-
tion kann abschreckend wirken.
Ein Netzwerk aufbauen Verfah-
ren Sie so wie die Saboteure:
Netzwerken Sie sich mit den
richtigen Leuten, die im Zweifel
Ihre Fürsprecher sein können.
Durch Leistung überzeugen
Solange Sie beständig durch
messbare Leistung überzeugen,
dürften nur wenige Chefs Ihre
Position anzweifeln.
Nach Alternativen umsehen
Ein neuer Job sollte nur der
letzte Ausweg sein, doch es ist
nie verkehrt, Optionen bei einer
anderen Firma zu haben. misc
Sabotage im Büro vermeiden
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