verfasst und offenbar an den Katarer Khe-
laifi verschickt hat. Darin schreibt der Fran-
zose, dass »Anfang nächster Woche eine
Überweisung in Höhe von 5 070 000 €
auf das Notarkonto vorgenommen wer-
den« müsse, dazu 200 000 Euro für die
Immobilienagentur und 70 000 Euro für
den Notar. In dem Entwurf für den Kauf-
vertrag ist Valckes Ehefrau als Käuferin
aufgeführt.
Offenkundig war geplant, dass Khelaifi
dem Ehepaar Valcke eine luxuriöse Villa
kauft. Doch kurz vor dem Deal ändern die
Beteiligten den Plan – womöglich ist er ih-
nen zu riskant. Stattdessen leiht Khelaifi
dem Bruder seines engen Vertrauten Geld,
um die Villa zu erwerben. Valcke mietet
sich anschließend in das Haus ein, über
eine diskrete, auf den Britischen Jungfern-
inseln gemeldete Firma namens Umbelina.
Jahresmiete: 96 000 Euro. Der Fifa-Gene-
ralsekretär bekommt die Villa also nicht
geschenkt, muss sie aber auch nicht kau-
fen, um in ihr wohnen zu können.
Im Dezember 2013 tritt das Finanz -
komitee der Fifa erneut zusammen, um
über die WM in Katar zu diskutieren.
Valcke verkündet eine frohe Botschaft:
Es gebe Verhandlungen mit Khelaifis Me-
dienunternehmen zur Verlängerung des
TV-Rechtevertrags für den Nahen Osten:
Für die WM 2026 werde das Unternehmen
210 Millionen Dollar zahlen, 270 Millio-
nen für die WM 2030, ein erheblicher An-
stieg im Vergleich zum bisherigen Vertrag.
Das Komitee ist mit dem Verhandlungs -
ergebnis einverstanden und genehmigt
die Pläne.
Somit vergibt die Fifa bereits 13 Jahre
vor Beginn des Turniers ohne Ausschrei-
bung die Nahost-Fernsehrechte für eine
Weltmeisterschaft, deren Gastgeber zu die-
sem Zeitpunkt nicht einmal feststeht. Eine
so frühe Einigung ist äußerst ungewöhn-
lich. Eine Anwaltskanzlei, die die Fifa bei
der Ausarbeitung des Vertrags berät,
warnt den Weltverband: Wie will er sicher-
gehen, dass die Übertragungsrechte 2026
nicht viel mehr wert sind?
War es Zufall, dass die Vorgänge um
Valckes Villa und der Fernsehrechtevertrag
in eine Zeit fallen, in der die Katar-WM
auf der Kippe stand? Die zeitliche Abfolge
wirft die Frage auf, ob Khelaifi sich den
Generalsekretär gefügig machte und pa-
rallel die Fifa mit den Millionen aus seinem
Medienunternehmen besänftigte.
Valcke bestreitet auf Anfrage, einen un-
angemessenen Vorteil erhalten zu haben.
Die Villa habe er erst selbst kaufen wollen,
sich diese aber nicht leisten können. »Es
stand nie zur Debatte, dass Herr Al-Khe-
laifi den Kauf im Namen Dritter finan-
ziert«, lässt Valckes Anwalt ausrichten,
»geschweige denn für irgendeine Gegen-
leistung.« Valcke lässt zudem erklären,
dass er an den Verhandlungen des Rechte-
vertrags nicht beteiligt gewesen sei. Und
als er vor dem Finanzkomitee Gelder von
katarischen Unternehmen in Aussicht stell-
te, habe er nicht Medienrechteinhaber wie
BeIn gemeint.
Nasser Al-Khelaifi ging bis zum Don-
nerstag nicht auf eine EIC-Anfrage ein.
Für die Fifa und Katar gilt: Die Show
muss weitergehen. Im Dezember 2014
erklärte Fifa-Chef Sepp Blatter, dass
das Emirat Ausrichter der WM bleibe.
»Wir haben in einer Krise gesteckt«, sagte
der damalige Präsident, »aber mit der
heutigen Entscheidung ist diese Krise
beendet worden.«
Valcke erwischt es trotzdem. 2015 sus-
pendiert die Fifa ihn wegen Verstößen
gegen ihren Ethikkodex. Im selben Jahr
beendet er die Miete der schmucken Villa
auf Sardinien, im Oktober 2017 beschlag-
nahmt die Polizei das Haus bei einer
Razzia.
Mittlerweile werfen die Behörden Val-
cke Bestechlichkeit, ungetreue Geschäfts-
besorgung und Urkundenfälschung vor,
aktuell laufen drei Strafverfahren gegen
den Franzosen. Die Fifa teilt mit, dass sie
die Ermittlungen unterstütze.
Auch gegen Khelaifi wird wegen Kor-
ruptionsvorwürfen ermittelt, er gilt in
mehreren Verfahren als Beschuldigter. Die
Fußball-WM könnte noch peinlich für
Katar werden.
Rafael Buschmann, Christoph Winterbach
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MATTHIAS HANGST / GETTY IMAGES
Zuschauer bei Leichtathletik-WM am 27. September in Doha: »Nur noch nach Hause«
DER SPIEGEL Nr. 43 / 19. 10. 2019