Süddeutsche Zeitung - 02.10.2019

(avery) #1
Golden zeigte sich der Oktober an seinem
erstenTag in vielen Teilen Bayerns, die
Sonne schien kraftvoll wie hier in Regens-
burg – und muss sich davon erst wieder er-
holen. Das Wetter in Bayern wird ungemüt-
lich: „In der Nacht zum Mittwoch ziehen
Wolken nach Bayern, die vor allem am Al-
penrand für Dauerregen sorgen“, sagte ei-
ne Meteorologin des Deutschen Wetter-
diensts am Dienstag. „Im restlichen Bay-
ern bleibt es bei Temperaturen bis zu
18Grad eher durchwachsen, mit örtlichen
kurzen Niederschlägen.“ Auch zum Feier-
tag am Donnerstag kann die Expertin kei-
ne Entwarnung geben: „Es wird zwar kein
Dauerregen erwartet, aber es gibt immer
wieder kurze Schauer. Mit Temperaturen
zwischen acht bis 16 Grad wird es auch et-
was kühler.“ Wer den freien Tag in der Ber-
gen verbringen wolle, müsse oberhalb von
1400 Metern mit erstem Schnee rechnen.
Trüb sieht die Prognose laut der Meteorolo-
gin auch fürs Wochenende aus: „Im Süden
lockert die Wolkendecke am Freitagvormit-
tag zwar zunächst noch etwas auf, aber im
Tagesverlauf kommen vom Westen dichte
Wolken und gebietsweise Regen, bei
Höchsttemperaturen von 17 Grad.“ dpa

Nach golden


kommt grau


Ingolstadt– Am Ingolstädter Campus
der Katholischen Universität Eichstätt-
Ingolstadt (KU) soll 2020 ein neues Insti-
tut für Angewandte Mathematik, Maschi-
nelles Lernen und Data Science entste-
hen. Diese Initiative der KU und der Stadt
gaben Unipräsidentin Gabriele Gien und
Oberbürgermeister Christian Lösel (CSU)
am Dienstag bekannt. Die Stadt will die
Institutsgründung mit drei neuen Stif-
tungslehrstühlen in den Bereichen Ma-
schinelles Lernen, Technomathematik
und Geomatik unterstützen. Falls die zu-
ständigen Ausschüsse und der Stadtrat
Lösels Idee Ende Oktober zustimmen,
wird die Stadt über fünf Jahre insgesamt
3,75 Millionen Euro investieren.
Lösel erhofft sich davon einen „Schub“
für Stadt und Uni im Bereich der Künstli-
chen Intelligenz. Gien rechnet mit 1000
neuen Studienplätzen und will den Lehr-
stuhl für Wissenschaftliches Rechnen so-
wie die gerade erst errungene Tenure-
Track-Professur für Data Science ans
neue Ingolstädter Institut verlegen.
Wissenschaftsminister Bernd Sibler
(CSU) nennt die Offensive „wertvolle Be-
reicherung“ und „Institut für Zukunfts-
fragen“. Sie passt zum Plan der Staatsre-
gierung, eine Milliarde Euro in For-
schung und Technologie zu investieren.
Ingolstadt soll ein Zentrum für Künstli-
che Intelligenz werden. Im April wurde
dort bereits ein KI-Forschungszentrum
gegründet, das an der Technischen Hoch-
schule Ingolstadt angesiedelt ist. angu

Lindau– Im Grunde, so formuliert es
Oberbürgermeister Gerhard Ecker (SPD),
gibt es in Lindau zwei Jahreszeiten: ein-
mal den Winter, und dann noch die Hoch-
saison zwischen April und September – al-
so die Zeit, in der richtig etwas los ist. Und
genau für diese Spitzenzeiten, da ist sich
die Mehrheit des Stadtrats einig, braucht
es Parkplätze: Wo sollen sonst all die Aus-
flügler und Tagestouristen ihre Autos hin-
stellen, wenn sie auf die Insel wollen? Weil
nun aber wegen der anstehenden Landes-
gartenschau auf der sogenannten Hinte-
ren Insel einige Parkplätze wegfallen, will
der Stadtrat dies mit einem neuen Park-
haus auffangen, vor der Brücke, die vom
Festland auf die Insel führt. Nun gibt es
aber auch Gegner des Projekts: Die Lin-
dauer werden deshalb in einem Bürgerent-
scheid am 10. November abstimmen müs-
sen, ob es ein neues Parkhaus gibt.
Der Streit über das Projekt schwelt
schon lange in der Stadt am Bodensee, in
der sich in naher Zukunft einiges verän-
dern wird. Die Deutsche Bahn baut auf
dem Festland einen neuen Bahnhof für
den Fernverkehr, wodurch am alten Bahn-
hof auf der Insel Flächen aufgelassen wer-
den. Auch durch die anstehende Landes-
gartenschau wird ein Teil der Insel kom-
plett umgestaltet: Es entstehen neue
Grünflächen und langfristig auch neue
Wohnungen. So fallen etwa 500 Parkplät-
ze weg, die durch das mit 650 Stellmög-
lichkeiten geplante Parkhaus am Karl-Be-
ver-Platz aufgefangen werden sollen.

Die örtliche Bunte Liste, die auch im
Stadtrat vertreten ist, wehrt sich gegen
dieses Vorhaben. Es sei überdimensio-
niert, sagt Stadtrat Matthias Kaiser, passe
nicht mehr in die heutige Zeit und stehe
für eine rückwärtsgewandte Verkehrspoli-
tik. Die Bunte Liste will den Verkehr lieber
draußen halten, vor den Toren Lindaus, et-
wa mit Park-and-ride-Plätzen an der Auto-
bahn oder der Bundesstraße. Auch „Park
& Ship“ wäre ein Projekt, das Kaiser vor-
schwebt. Gerade werde geprüft, wie ein

umweltfreundlicher Schiffsverkehr vom
Festland auf die Insel gestaltet werden
könne. Auf jeden Fall solle doch kommuni-
ziert werden, „dass Lindau auch mit der
Bahn gut zu erreichen“ sei, sagt Kaiser.
Vor allem mit der künftigen Zwei-Bahn-
hof-Lösung könnten Ausflügler auch gut
ohne Auto auf die Insel kommen. Ein Park-
haus sei nur zu Spitzenzeiten ausgelastet
und stehe sonst leer. Laut Kaiser wird es
„ein Koloss“: 20 Meter hoch, siebenstö-
ckig und etwa 13 Millionen Euro teuer.

Das Geld, finden die Vertreter der Bunten
Liste, solle lieber in andere Verkehrspro-
jekte gesteckt werden. „In nachhaltigere
Vorhaben“, sagt Kaiser.
Über die Zahlen wundert sich Oberbür-
germeister Ecker ein wenig, die Ausschrei-
bung läuft gerade. „Was wirklich kommt,
hängt von den Angeboten ab.“ Er findet
aber, dass mit dem Parkhaus ein guter
Plan aufgestellt worden sei. Auf der Insel
gebe es 2500 Leute mit Hauptwohnsitz,
dazu noch Nebenwohnsitze. Dann die Gas-
tronomie, die Hotels, das Gewerbe. Park-
and-ride sei schon sinnvoll, aber „die wol-
len alle bevorrechtigt sein, die wollen ihre
Stellplätze“. Ihm hätten für das Parkhaus
vor den Toren der Insel auch 500 Parkplät-
ze gereicht, aber die Mehrheit des Stadt-
rats befürworte eben 650 Stellplätze.
„Das ist ja auch kein tiefgründiger Unter-
schied, deshalb bin ich relativ entspannt
und finde das einen guten Kompromiss.“
Als die Fußgängerzone auf der Insel einge-
führt worden sei, hätten auch einige ge-
dacht, das sei der Untergang: Heute rede
niemand mehr darüber. Vor zwei Jahren
sei auf der Insel das neue Parkhaus neben
der Inselhalle gebaut worden, mit 400
Stellplätzen. „Das wird hervorragend an-
genommen.“ Insofern sieht Oberbürger-
meister Ecker dem Bürgerentscheid eben-
falls entspannt entgegen. Wichtig für
Lindau sei, dass bei einem positiven Vo-
tum das Parkhaus im Jahr 2021 fertig ge-
stellt sei: pünktlich zur Landesgarten-
schau. florian fuchs

Memmingen– Nach einer zweiwöchigen
Pause läuft der Flugverkehr am Allgäu
Airport Memmingen wieder im Normal-
betrieb. „Heute früh sind planmäßig um
6Uhr die ersten Flugzeuge gestartet“, sag-
te ein Flughafensprecher am Dienstag.
Eingestellt wurde der Flugverkehr we-
gen Umbauarbeiten: Die drei Kilometer
lange Start- und Landebahn wurde um
15 Meter auf 45 Meter verbreitert, denn
die alte Breite entsprach nicht den inter-
nationalen Standards. „Die Bauarbeiten
sind alle nach Plan verlaufen“, sagte der
Sprecher. „Gestern haben noch 150 Poli-
zisten den Flughafen intensiv abgesucht
und der Sicherheitsbereich wurde nach
der Endabnahme wieder geschlossen.
Das wird immer so gemacht, weil wäh-
rend der Bauarbeiten ja viele Leute Zu-
gang haben.“
Außer der neuen Start- und Lande-
bahn wird am Flughafen auch die Gepäck-
halle erweitert. Zudem werden Vorfeldflä-
chen vergrößert und ein Regenrückhalte-
becken gebaut. Die Gesamtkosten wer-
den laut Flughafensprecher auf rund
20Millionen Euro geschätzt. Einen Groß-
teil übernimmt der Freistaat Bayern. Die
Bauarbeiten sollen im Jahr 2021 abge-
schlossen werden. dpa


Lindau– Gut zwei Wochen nach dem Be-
fall von Bienen in Schwaben mit der Ame-
rikanischen Faulbrut sind zwei neue Fäl-
le der hochansteckenden Bienenseuche
entdeckt worden. Das Sperrgebiet bei
Lindau am Bodensee sei ausgeweitet wor-
den, teilte das Landratsamt am Dienstag
mit. Eines der beiden neu infizierten Bie-
nenvölker wurde gut zwei Kilometer süd-
lich von Scheidegg gemeldet, das andere
befindet sich gut einen halben Kilometer
nordöstlich von dem bereits Mitte Sep-
tember entdeckten ersten Fall. Um alle
drei Gebiete ist im Radius von zwei Kilo-
metern eine Sperrzone eingerichtet wor-
den. Bienenvölker dürfen innerhalb der
Gefahrenzone nicht mehr versetzt wer-
den, um eine Ansteckung zu vermeiden.
Auch Waben, Wachs oder Geräte muss-
ten vor Ort bleiben. Gleiches gilt nun
auch in den neuen Schutzgebieten.
Die Amerikanische Faulbrut ist für Bie-
nen hochansteckend – und endet für sie
tödlich. Für Menschen ist die Bienenseu-
che aber ungefährlich. Auch der Honig
von betroffenen Bienen kann bedenken-
los verzehrt werden. Imker müssen Ver-
dachtsfälle jedoch den Veterinärämtern
melden. dpa


München– Mit einer groß angelegten
Imagekampagne und einem massiven
Einsatz für regionale Lebensmittel will
die Staatsregierung der Landwirtschaft
in Bayern demonstrativ den Rücken stär-
ken. Damit reagieren CSU und Freie Wäh-
ler auch auf manche Verwerfungen zwi-
schen Regierung und Landwirten wegen
des Gesetzespakets für mehr Arten-
schutz, das dieses Jahr für viel Ärger und
Verunsicherung in der Landwirtschaft ge-
sorgt hatte. Man wolle Stadt und Land
wieder zusammenbringen, sagte Agrar-
ministerin Michaela Kaniber (CSU) nach
der Kabinettssitzung am Dienstag.
Die Image- und Informationskampa-
gne soll vor allem die Menschen in den
Städten für die Belange und die Sorgen
der Landwirte und bäuerlichen Familien
sensibilisieren. Geplant sind nach den
Worten Kanibers beispielsweise eine pro-
vokante Plakatkampagne, vor allem aber
möglichst viele Begegnungen zwischen
Landwirten und Verbrauchern: In Mün-
chen soll es einen neuen Schaubauernhof
innerhalb der Stadtgrenzen geben. Die
Fläche dafür werde noch gesucht, sagte
Kaniber, diese solle aber „mitten in Mün-
chen“ liegen. Außerdem soll das Pro-
gramm „Erlebnis Bauernhof“ in den bay-
erischen Schulen ebenso ausgeweitet
werden wie das Programm „Urlaub auf
dem Bauernhof“.
Zudem will die Staatsregierung mehr
als bisher für regionale Lebensmittel wer-
ben. In Supermärkten könne es etwa ein
„Bayern-Regal“ geben, sagte Kaniber. Ge-
plant sind zudem mehr Bauernmärkte,
mehr Verkaufsautomaten mit regionalen
Produkten oder mehr Regionalität in Kan-
tinen. Konkret sollen Kantinen dabei un-
terstützt werden, das Ziel eines 50-Pro-
zent-Anteils an regionalen und/oder öko-
logischen Lebensmitteln zu erreichen.
Kaniber erklärte, in der Diskussion
um das Artenschutz-Gesetzespaket hät-
ten viele Landwirte den Eindruck gehabt,
sie würden in der Bevölkerung nur noch
als „Bodenvergifter, Tierquäler oder Sub-
ventionseinstreicher“ angesehen. Dieses
Bild sei „einfach nicht real“, betonte sie
und verwies darauf, dass viele Landwirte
sich schon sehr lange und engagiert für
mehr Artenschutz einsetzten. Kaniber
räumte aber auch ein, dass manche Punk-
te im Artenschutz-Gesetzespaket die
Landwirte umtrieben. Deshalb sei der ak-
tuelle Kabinettsbeschluss auch eine „ver-
trauensbildende Maßnahme, dass die
Bauernschaft sieht, dass wir hinter ihnen
stehen“. dpa


von andreas glas

Regensburg– Bevor es wieder losgeht,
ein kurzer Moment der Ruhe. Joachim Wol-
bergs steht vor dem Gerichtsgebäude und
raucht eine Zigarette. Das letzte Mal hat er
hier vor 89 Tagen geraucht, nach dem ers-
ten Korruptionsprozess. Wer dabei war, er-
innert sich, wie Wolbergs damals vor die
Reporter trat. Das Gericht hatte ihn gerade
schuldig gesprochen, aber nicht bestraft
und die meisten Anklagepunkte weggebü-
gelt. Da stand er also, auf dem Flur des Ge-
richts, mit rotem Kopf und aufgerissenen
Augen. Was man Wolbergs ansehen konn-
te: Wut und Genugtuung. Er sei „behan-
delt worden wie ein Stück Scheiße“, blaffte
er und dankte der Richterin „für die klaren
Worte“. Dann wandte er sich ab und sagte:
„Ich geh jetzt eine rauchen.“

Der rauchende Wolbergs, das ist bei den
Prozessbeobachtern zumrunning gagge-
worden. Der suspendierte Regensburger
Oberbürgermeister hat das selbst befeu-
ert. Auf Instagram hat Wolbergs den Hash-
tag #ichgehjetzteinerauchen ins Leben ge-
rufen. Jetzt also steht er wieder da, mit Zi-
garette, vor dem Landgericht. Aber die Ge-
nugtuung nach dem ersten Prozess ist aus
seinem Gesicht gewichen. Es ist Dienstag,
8.40 Uhr, gleich beginnt der zweite Korrup-
tionsprozess gegen den OB. Für Wolbergs
ist das auch so etwas wie einrunning gag.
Dass er die vielen Anklagen für einen wie-
derkehrenden Witz hält, daraus macht er
kein Geheimnis. Im Gegenteil, es ist Wol-
bergs’ zentrale Botschaft an diesem Diens-

tag im Gerichtssaal. Als die Staatsanwälte
die Anklagen verlesen haben, tritt Wol-
bergs-Anwalt Peter Witting ans Redner-
pult. Er sagt: „Wir beantragen, das hiesige
Verfahren einzustellen.“
So beginnt er also, der erste Tag des
zweiten Prozesses gegen Wolbergs: mit ei-
nem Einstellungsantrag. Hinter dem An-
trag steckt folgende, sehr grundsätzliche
Frage: Steht der OB wegen Vorwürfen vor
Gericht, die im ersten Korruptionsprozess
bereits abgeurteilt wurden? Sein Anwalt
sagt: ja. Er spricht von einem „Verbot der
Doppelbestrafung“ und einem „Befas-
sungsverbot“ für das Gericht.
Man muss wissen: Die Prozesse Wol-
bergs I und Wolbergs II ähneln sich min-
destens in den Grundzügen. Bereits im ers-
ten Verfahren saß neben Wolbergs ein Bau-
unternehmer auf der Anklagebank: Volker
Tretzel. Großteils über ein Strohmannsys-
tem floss zwischen 2011 und 2016 fast eine
halbe Million Euro aus Tretzels Umfeld
aufs Konto des SPD-Ortsvereins Stadtsü-
den, dessen Vorsitzender Joachim Wol-
bergs hieß. Hinter den Spenden steckte
„kriminelle Energie“, wie Richterin Elke
Escher am Ende urteilte. Das Geld sollte
demnach helfen, Wolbergs’ Wohlwollen
bei Grundstücksgeschäften zwischen Tret-
zels Baufirma und der Stadt Regensburg
zu sichern. Das Gericht verurteilte Tretzel
wegen Vorteilsgewährung zu zehn Mona-
ten auf Bewährung und einer Geldauflage
von 500 000 Euro. Joachim Wolbergs
kam, wie erwähnt, straffrei davon.
Nun, zu Beginn des zweiten Verfahrens,
ist die Konstellation im Gerichtssaal ganz
ähnlich. Der selbe Saal, der selbe Oberbür-
germeister auf der Anklagebank, dazu
drei Männer aus der Baubranche. Zum ei-
nen Thomas R., Ex-Geschäftsführer einer
Erlanger Immobilienfirma. Zum anderen

die stadtbekannten Brüder Ferdinand und
Martin Schmack, mit denen sich Wolbergs
zwischen April 2012 und Juni 2016 mindes-
tens 44 Mal persönlich getroffen haben
soll. Exakt doppelt so oft, 88 Mal, hatte
sich Wolbergs laut Anklage binnen sechs
Jahren mit Unternehmer Tretzel verabre-
det. 80 000 Euro sollen die Schmack-Brü-
der gespendet haben, 5000 Euro ließ Tho-
mas R. laut Anklage auf das Konto des SPD-
Ortsvereins Stadtsüden überweisen. Die
Kernfrage, die über Prozess II steht, ist die
gleiche wie bei Prozess I: Hat sich OB Wol-
bergs mit Spenden aus der Baubranche
schmieren lassen?
Wegen derartiger Parallelen hatte die
fünfte Strafkammer des Regensburger
Landgerichts zunächst abgelehnt, einen

zweiten Prozess gegen Wolbergs zu eröff-
nen. Sie sah eine „untrennbare Verknüp-
fung“ zwischen den Vorwürfen im Zusam-
menhang mit den Tretzel-Spenden und
den Spenden eines weiteren Bauunterneh-
mers, der nun nur deshalb nicht auf der An-
klagebank sitzt, weil er bereits einen Straf-
befehl wegen Bestechung des OB akzep-
tiert hat: Thomas D. Zwischen 2012 und
2016 soll D. rund 160 000 Euro an Wol-
bergs gespendet haben, um sich dessen
Gunst bei einer Baugenehmigung zu si-
chern. Dass das Gericht diesen Fall erst
nicht verhandeln wollte, darüber be-
schwerte sich die Staatsanwaltschaft beim
Oberlandesgericht Nürnberg (OLG). Mit Er-
folg. Das OLG wertete die Vorwürfe in der
Anklage als „eigenständige prozessuale

Taten“ – und setzte den zweiten Korrupti-
onsprozess gegen Wolbergs doch noch
durch. In der Folge ließ das Regensburger
Landgericht auch die Anklagen zu den
Spenden der Schmack-Brüder und zum
Fall Thomas R. zu.
Eine Fehlentscheidung, findet der Wol-
bergs-Anwalt Witting. In einer teils kom-
plexen Erklärung erläutert er am ersten
Prozesstag, warum er die OLG-Entschei-
dung für rechtswidrig hält und deshalb die
Einstellung des zweiten Prozesses gegen
den OB fordert. Seine Argumentation baut
Witting darauf auf, dass das OLG die Eröff-
nung der Hauptverhandlung damit be-
gründet habe, dass neben den Korrupti-
onsvorwürfen auch eine Verurteilung des
OB wegen Untreue infrage kommt. Hier
geht es um mögliche Strafzahlungen der
SPD wegen der fragwürdigen Parteispen-
den. Diese Sicht des OLG erwähnt auch
Richter Georg Kimmerl am ersten Prozess-
tag in einem rechtlichen Hinweis.
Wie die Kammer über den Einstellungs-
antrag entscheiden wird, lässt Kimmerl
am Dienstag offen. Was sich dagegen ab-
zeichnet: Dass der Richter eine strengere
Prozessführung pflegt als Richterin Elke
Escher im ersten Regensburger Korrupti-
onsprozess. Schon zu Beginn geraten Kim-
merl und Wolbergs-Anwalt Witting mehr-
fach aneinander. Auch die Staatsanwalt-
schaft tritt in anderer Besetzung auf als
bei Prozess Nummer eins. Neben Wolf-
gang Voit sitzt Jürgen Kastenmeier, der im
ersten Verfahren nur kurzzeitig anwesend
war. Bei Kastenmeier handelt es sich um je-
nen Oberstaatsanwalt, den OB Wolbergs
damals im Gerichtssaal als „Ober-
gschaftler“ verspottete. An diesem Diens-
tag dagegen sitzt Wolbergs still neben sei-
nem Anwalt. Am 16. Oktober wird der Pro-
zess fortgesetzt.

Allgäu Airport


wieder in Betrieb


Neues Institut der


Universität Eichstätt


Bienenseuche


breitet sich aus


Unterstützung


für Bauern


Staatsregierung will Image und
regionale Lebensmittel fördern

Auf dem Parkplatz vor der Brücke (im Bild unten links) soll ein Parkhaus mit
650 Stellplätzen errichtet werden. FOTO: IMAGO

Streit um Parkhaus


In Lindau wollen die meisten Stadträte mehr Stellplätze, die Bunte Liste lehnt das ab. Entscheiden werden die Bürger


Er geht wieder eine rauchen


Regensburgs suspendierter Oberbürgermeister Joachim Wolbergs musssich wegen Bestechlichkeit und Vorteilsannahme verantworten.
Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft erinnern stark an den ersten Prozess – auch deshalb fordert sein Anwalt die Einstellung des Verfahrens

Joachim Wolbergs (links) sitzt erneut auf der Anklagebank des Landgerichts
Regensburg – neben seinem Verteidiger Peter Witting. FOTO: ARMIN WEIGEL/DPA

Richter Georg Kimmerl
bevorzugt eine straffere
Verhandlungsführung

FOTO: ARMIN WEIGEL/DPA

DEFGH Nr. 228, Mittwoch/Donnerstag, 2./3. Oktober 2019 BAYERN R15

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