Die Welt - 05.10.2019

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D


as Chaos beim Brexit
wird immer größer. Die
Fronten zwischen Brüssel
und London verhärten
sich. Jetzt stellen die Eu-
ropäer London sogar ein Ultimatum –
von nur einer Woche. Gleichzeitig deu-
tet alles darauf hin, dass Großbritan-
nien am 31. Oktober nicht aus der Union
austreten wird und es erneut zu einer
Verschiebung um mehrere Monate
kommen wird.

VON CHRISTOPH B. SCHILTZ
AUS BRÜSSEL

Am Freitag überschlugen sich die Er-
eignisse. Die Europäische Union ver-
langte von London, bis zum kommen-
den Freitag einen „neuen Rechtstext“
vorzulegen, der zu einem Durchbruch
in den Gesprächen führt. „Wenn es bis
zum Freitag nichts gibt, gibt es nicht ge-
nug Zeit, um vor dem Gipfel der Staats-
und Regierungschefs (am 17. und 18. Ok-
tober) eine Vereinbarung zu erzielen.“
In Brüsseler Diplomatenkreisen hieß es
übereinstimmend, „dass man die Hoff-
nung zwar nicht aufgeben darf, aber mit
einem Durchbruch im Oktober nicht
mehr zu rechnen ist“. „Wir in Brüssel
stellen uns auf eine Verschiebung des
Austrittstermins ein“, sagte ein EU-Di-
plomat, der mit den Verhandlungen ver-
traut ist, WELT.
Zuvor hatte Regierungschef Boris
Johnson am Freitag eine Pirouette ge-
dreht. Seine Regierung hat in Unterla-
gen, die sie vor einem schottischen Ge-
richt eingereicht hatte, zugesagt, eine
Brexit-Verlängerung bei der EU zu be-
antragen, sollten beide Seiten bis zum


  1. Oktober kein Scheidungsabkommen
    erreichen. Vor Kurzem hatte er hinge-
    gen noch mehrfach behauptet, er wolle
    „lieber tot im Graben“ liegen, als eine
    Verschiebung der Brexit-Frist zu bean-
    tragen. Hintergrund dieser überra-
    schenden Wende ist ein Gesetz, der so-
    genannte Benn Act, den das britische
    Parlament im September verabschie-
    det hatte. Es verpflichtet den Premier-
    minister, einen Antrag auf eine Brexit-
    Verschiebung zu stellen, sollte bis zum

  2. Oktober – also unmittelbar nach
    dem EU-Gipfel – kein Abkommen rati-
    fiziert sein.
    Johnson hatte stets betont, dass er
    gegen dieses Gesetz nicht verstoßen
    will. Abgeordnete wollen jetzt sogar ge-
    richtlich feststellen lassen, dass der
    Premierminister das Gesetz auf jeden
    Fall befolgen muss. Das kommt nicht
    von ungefähr. Denn Johnson hatte im-
    mer auch erklärt, dass er sein Land am

  3. Oktober, dem vorgesehenen Aus-
    trittsdatum, aus der EU führen werde,
    „komme, was wolle“. In Brüssel und
    London wird spekuliert, dass Johnson
    möglicherweise noch einen Trick sucht,
    um sich dem Benn Act zu entziehen.
    In jedem Fall müssten die 27 EU-
    Staaten einer Verschiebung zustimmen.
    Dieses Votum gilt aber als sicher, auch
    wenn einige Länder wie Frankreich –
    die eine schnelle Entscheidung und ein
    Ende der Unsicherheit für die Wirt-
    schaft fordern – damit Bauchschmerzen
    hätten. Irlands Ministerpräsident Leo
    Varadkar signalisierte am Freitag seine
    Bereitschaft, einer weiteren Brexit-Ver-
    schiebung zuzustimmen. Ein Aufschub
    sei besser als ein EU-Austritt der Briten
    ohne Abkommen, sagte Varadkar nach
    Gesprächen mit der dänischen Minis-


terpräsidentin Mette Frederiksen. Auch
Schwedens Regierungschef Stefan Lof-
ven zeigte Entgegenkommen. „Eine
Verschiebung hängt vom Grund für die
Verschiebung ab“, sagte er. Dieser
Grund dürfte sich aber leicht finden las-
sen. So könnten sich beide Seiten darauf
einigen, doch noch Spielraum für Lö-
sungen zu sehen. Das wahre Kalkül der
Europäer ist aber die Hoffnung, dass ei-
ne Verschiebung des Austrittsdatums
zu Neuwahlen führt – und dabei die
Brexit-Gegner die Oberhand gewinnen.
Sicher wäre das aber nicht.
In dieser Woche hatte Johnson der
EU ein aus seiner Sicht letztes Angebot
vorgelegt. Kern des Plans ist ein Ver-
zicht auf den in London umstrittenen
„Backstop“, den die EU und die frühere
britische Regierungschefin Theresa
May ausgehandelt hatten. Dabei dreht
es sich um die Frage, wie sich Grenz-
kontrollen zwischen Irland und Nordir-

land möglichst verhindern lassen. Laut
der „Backstop“-Klausel muss das ge-
samte Vereinigte Königreich in einer
Zollunion mit der EU bleiben, wenn
sich Zollkontrollen auf der Insel nicht
anders abwenden lassen.
Was schlägt Johnson Neues vor?
Nordirland soll für Industrie- und
Agrarprodukte weiterhin die europäi-
schen Regeln anwenden. Damit ließe
sich aus Sicht Londons verhindern, dass
Zöllner an der irischen Grenze prüfen,
ob die Produkte die Standards der EU
erfüllen. Gleichzeitig sollen aber Kon-
trollen zwischen Nordirland und Groß-
britannien eingeführt werden. Diese
sollten auf den Fähren stattfinden. Auf
diese Weise entstünden zwei Grenzver-
läufe: einmal zwischen Nordirland und
Großbritannien, wo die Waren auf die
Einhaltung von Produkt- und Verbrau-
cherstandards geprüft werden, und
zweitens auf der irischen Insel für Zölle.

Damit Zöllner diese Kontrollen nicht
an den Grenzen vornehmen, sollen sie
fernab der Grenzen erfolgen. Dies solle
durch neue technische Lösungen gesche-
hen. Vorstellbar ist laut Johnson etwa,
dass die Kontrollen in den Unternehmen
erfolgen, indem die Firmen die Zollpa-
piere elektronisch einreichen. Ein zwei-
tes wichtiges Element des neuen Vor-
schlags der britischen Regierung ist, dass
das (derzeit suspendierte) nordirische
Parlament die Vereinbarung billigen und
alle vier Jahre bestätigen soll. Damit
müssten die EU und die Republik Irland
alle vier Jahre zittern, ob doch wieder
Grenzkontrollen eingeführt werden.
Aus Sicht der EU ist der neue Vor-
schlag aus London weitgehend alter
Wein in neuen Schläuchen. Trotzdem
wollen die Europäer höflich bleiben: Sie
empfangen Johnson weiterhin, wann
immer er es will. Sie zeigen sich immer
offen für neue Ideen aus London. Aber

in Wahrheit sind die Fäuste in der Ta-
sche geballt: Die EU hält Johnson für ei-
nen egomanischen Spieler, der lieber
heute als morgen von der politischen
Bühne gefegt werden sollte.
Andererseits tut auch Johnson alles,
um nicht den Eindruck zu erwecken, er
habe nicht bis zuletzt für eine einver-
nehmliche Austrittslösung gekämpft.
Brüssel und London spielen Pingpong
miteinander. Ziel beider Seiten: Im Falle
eines Chaos-Brexit will man die jeweils
andere Seite für das Desaster verant-
wortlich machen. Den Schwarzen Peter
will niemand haben.

Gleichwohl ist der Ton in den ver-
gangenen Tagen viel rauer geworden.
EU-Ratspräsident Donald Tusk erklär-
te, Johnsons jüngste Vorschläge seien
„nicht überzeugend“. Das Europäische
Parlament äußerte „schwere Beden-
ken“ und resümierte, die Vorschläge
aus London „zeigen eine bemerkens-
werte Abkehr von gemeinsamen Über-
zeugungen und Zielen“. Eine Spreche-
rin von EU-Kommissionschef Jean-
Claude Juncker erklärte den Briten,
dass es nun an ihnen liege, ihre Vor-
schläge nachzubessern. „Wir möchten
Sie daran erinnern, dass das Vereinigte
Königreich die Europäische Union ver-
lässt, nicht aber die EU das Vereinigte
Königreich“, zischte sie. Eine Spreche-
rin der britischen Regierung konterte
umgehend. Man akzeptiere die „düste-
ren Bewertungen“ der Europäer nicht,
vielmehr seien Fortschritte erzielt
worden.

RRRüsten fürüsten für


die letzte


Schlacht


Bisher hatte der britische


Premier stets angekündigt,


dass Großbritannien am


3 1. Oktober die EU verlässt –


notfalls auch ohne ein


Abkommen. Doch kurz vor


Ablaufen der Frist deutet


Boris Johnson einen


Kurswechsel an


DPA

/ VICTORIA JONES

JEDER TAG ZÄHLT


SPRECHERIN DER EU-KOMMISSION

,,


Boris Johnson regt die Fantasie der Briten an:
Eine Konditorin hat für die „Cake and Bake Show“
in London einen lebensgroßen Premier gebacken

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05.10.19 Samstag, 5. Oktober 2019DWBE-HP


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DIE WELT SAMSTAG,5.OKTOBER2019* POLITIK 7


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usgerechnet China. Der Staat,
mit dem Donald Trump sich ei-
nen Handelskrieg liefert. Den er
dafür verantwortlich macht, dass in den
USA Fabriken schließen und Menschen
ihre Arbeit verlieren. Den er beschul-
digt, amerikanische Firmen auszuspio-
nieren und Technologie zu klauen. Aus-
gerechnet von diesem Staat, dem gro-
ßen ökonomischen Feind der USA, er-
hofft sich Trump nun offenbar Hilfe für
seinen anstehenden Wahlkampf.

VON STEFAN BEUTELSBACHER
AUS NEW YORK

Darauf lässt eine Szene schließen, die
sich am Donnerstag in Washington ab-
spielte. Vor dem Weißen Haus redete
Trump sich in Rage. „China“, schimpfte
der US-Präsident, „sollte gegen die Bi-
dens ermitteln.“ Er habe Staatschef Xi
Jinping noch nicht darum gebeten, eine
Untersuchung einzuleiten, wolle aber
darüber nachdenken. „Was in China ge-
schah“, fuhr Trump fort, „ist genauso
schlimm wie das, was in der Ukraine
passierte.“
Trump droht ein Amtsenthebungs-
verfahren, weil er die Ukraine zu Er-
mittlungen gegen Joe Biden ermunter-

te, seinen möglichen demokratischen
Rivalen bei den Präsidentenwahlen im
November 2020. Und nun fordert er vor
laufenden Kameras China auf, das Glei-
che zu tun. Trump beschuldigt Biden, er
habe als US-Vizepräsident unter Barack
Obama für die Entlassung des ukraini-
schen Generalstaatsanwalts gekämpft,
um seinen Sohn Hunter vor der Justiz
zu schützen. Hunter Biden arbeitete
zeitweise für einen ukrainischen Gas-
konzern. Trump wirft ihm Korruption
vor, präsentierte dafür aber bisher keine
Beweise. Wie am Freitagmorgen be-
kannt wurde, überprüft die Ukraine die
Geschäfte der Firma mit Verbindung zu
Bidens Sohn.
Auch in China, verbreitet Trump,
ebenfalls ohne Belege, hätten die Bidens
unsaubere Geschäfte gemacht. China,
die Ukraine, im Wahlkampf 2016 Russ-
land– der US-Präsident sucht offenbar
immer wieder die Hilfe ausländischer
Regierungen, um seine politischen Ziele
zu erreichen. Und er wendet sich nicht
einmal an Verbündete, sondern an Staa-
ten, die Amerika eigentlich als Gegner
betrachtet. Vor drei Jahren diskutierte
das Land darüber, dass Trumps damali-
ge Rivalin Hillary Clinton dienstliche
Emails von privaten Accounts ver-

schickte und – als Ermittler die Sache
untersuchen wollten – 30.000 Nach-
richten löschte. „Russland“, sagte
Trump 2016 in einer Rede, „ich hoffe,
ihr findet die verlorenen Emails.“
Die aktuelle Affäre um das Telefonat
mit dem ukrainischen Präsidenten Wo-
lodymyr Selenskyj scheint Trump zuzu-
setzen. Er fühlt sich offenbar unter

Druck. Trump hielt in dieser Woche
mehrere Wutreden, oft mit rotem Kopf
und vor Ärger verzerrtem Gesicht. Am
Mittwoch zum Beispiel schimpfte er auf
den Vorsitzenden des Geheimdienst-
ausschusses, den Demokraten Adam
Schiff, der das Amtsenthebungsverfah-
ren vorantreibt. Den „kleinen Schiff“

solle man wegen Verrats anklagen, for-
derte Trump.
Der Präsident bezeichnet ihn immer
wieder als „kranken Mann“. Zudem be-
zeichnete Trump das Amtsenthebungs-
verfahren als „Putsch“ und als „bull-
shit“, als „Schwachsinn“. Trump wirft
Schiff vor, im Kongress sein Telefonat
mit dem ukrainischen Präsidenten Se-
lenskyj falsch wiedergegeben zu haben.
Schiff griff nun seinerseits Trump an.
„Der Präsident“, schrieb er auf Twitter,
„kann die Macht seines Amtes nicht da-
zu nutzen, ausländische Führer zur Un-
tersuchung seiner politischen Gegner
zu drängen.“
Auch Joe Biden wehrte sich gegen
Trumps Attacken in einem Ton, der un-
gewöhnlich für ihn ist. „Sie werden
mich nicht zerstören“, rief Biden unter
Applaus bei einem Wahlkampfauftritt
in Reno im Bundesstaat Nevada. „Es ist
mir egal, wie viel Geld Sie ausgeben,
Herr Präsident, oder wie dreckig Ihre
Angriffe werden.“ Bidens Team verbrei-
tet, Trump habe Angst, die Wahl zu ver-
lieren und greife deshalb zu grotesken
Lügen und längst widerlegten Ver-
schwörungstheorien.
Was ein anderer zentraler Akteur in
der Affäre am Donnerstag sagte, ist bri-

sant: Der zurückgetretene Ukraine-
Sondergesandte Kurt Volkertrat vor
dem Geheimdienstausschuss des US-
Repräsentantenhauses auf. Stunden-
lang sprach er hinter verschlossenen
Türen über Dokumente, Textbotschaf-
ten und Fotos. Volker ist einer von fünf
aktuellen oder ehemaligen Mitarbeitern
des US-Außenministeriums, die die De-
mokraten befragen wollen.
Nach der Anhörung sind neue belas-
tende Details ans Licht gekommen. ABC
News berichtete von einem schriftli-
chen Austauschzwischen hochrangigen
US-Diplomaten, den Volker vorlegte.
„Ich denke, es ist verrückt, militärische
Unterstützung für Hilfe bei einer politi-
schen Kampagne zu verwehren“, soll
der Ukraine-Diplomat darin geschrie-
ben haben. Es ging dabei offenbar um
Finanzhilfen für die Ukraine, die Trump
hatte einfrieren lassen. In dem Schrei-
ben widerspricht der US-Botschafter
bei der EU, Gordon Sondland, aller-
dings dem Vorwurf des Top-Diploma-
ten, dass Trump Hilfe bei seiner Kampa-
gne erpressen wollte. Trump wolle mit
seiner Anfrage nur prüfen, ob der ukrai-
nische Präsident Selenskyj sich an seine
versprochenen Reformen hält, schreibt
Sondland.

Wie die „Washington Post" berich-
tet, soll Volker außerdem Textnach-
richten offengelegt haben, in denen
Offizielle zum Ausdruck bringen, dass
Trump sich nicht auf ein Treffen mit
Selenskyj einließe, sollte der den Er-
mittlungen gegen den demokrati-
schen Präsidentschaftskandidaten Bi-
den und dessen Sohn Hunter nicht zu-
stimmen. Nach Angaben des Whistle-
blowers, der die Ukraine-Untersu-
chung ins Rollen brachte, traf sich Vol-
ker mit Selenskyj und anderen ukrai-
nischen Politikern. Er habe ihnen Rat-
schläge gegeben, wie sie mit Trumps
Ermunterung, gegen Biden zu ermit-
teln, umgehen können.
Sollte das stimmen, wäre dies nur ein
weiterer Beleg dafür, dass Trump so
langsam die Verbündeten in der eigenen
Administration verliert – und sich da-
rum in seiner größer werdenden Not
zunehmend an Akteure wendet, mit de-
nen er in anderen Fragen über Kreuz
liegt oder gar in offener Feindschaft
verbunden ist. So viel ist jedenfalls si-
cher: In Peking dürfte man den Hilferuf
Trumps mit großem Interesse zur
Kenntnis genommen haben – und zwar
nicht als Beleg der amerikanischen Sou-
veränität.

Donald Trump braucht nun die Hilfe seiner Gegner


Dem US-Präsidenten droht wegen der Ukraine-Affäre ein Amtsenthebungsverfahren. Nun bittet er vor laufenden Kameras ausgerechnet China um Hilfe


US-Präsident Donald Trump und
Chinas Staatschef Xi Jinping

AP

/SUSAN WALSH

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