Süddeutsche Zeitung - 05.10.2019

(Ron) #1
von marlene weiss

E


s ist nur ein Szenario des schweize-
rischen Bundesamts für Energie
(BFE): Statt nach einer Betriebsdau-
er von 50 Jahren könnten die fünf Atomre-
aktoren in der Schweiz nach Auffassung
der BFE-Experten auch erst mit 60 Jah-
ren vom Netz gehen. Demnach könnte
das jüngste Kraftwerk Leibstadt statt bis
2034 bis 2044 laufen. An der Rechtslage
ändert das nichts. Der Atomausstieg der
Schweiz besteht nur darin, dass keine
neuen Reaktoren genehmigt werden. Die
bestehenden können weiterlaufen, so lan-
ge sie als sicher gelten. So soll etwa der
Meiler Mühleberg demnächst mit 47 Jah-
ren abgeschaltet werden, während Bez-
nau1 ins 51. Jahr geht, und weiterläuft.


Aber prompt sehen manche im „gro-
ßen Kanton“ Deutschland einen willkom-
menen Anlass, wieder einmal den Aus-
stieg vom Ausstieg vom Ausstieg vom
Ausstieg aus der Atomkraft zu fordern:
Könnte man nicht auch in Deutschland
noch zehn Jahre drauflegen, und dafür
den Kohleausstieg vorziehen?
Natürlich sind Atomkraftwerke viel kli-
mafreundlicher als Braunkohlemeiler.
Aber wie realitätsfremd die Forderung
ist, haben schon vor Monaten die Reaktio-
nen auf einen ähnlichen Vorschlag aus
Teilen von Union und Wirtschaft gezeigt.
Die Parteispitzen zeigten nicht die ge-
ringste Lust, sich auf eine selbstmörderi-
sche Debatte einzulassen – niemand will
den mühsam erreichten Atomkonsens
ein weiteres Mal aufkündigen. Und sogar
Eon, RWE und EnBW lehnten entschie-
den ab. „Das Kapitel ist abgeschlossen“,
hieß es umgehend.
Man kann durchaus ins Grübeln kom-
men, wenn man etwa die CO 2 -Emissio-
nen der Stromproduktion vergleicht. In
Frankreich werden dank Atomkraft pro
Kilowattstunde Strom knapp 60 Gramm
CO 2 frei, hierzulande sind es trotz Ener-
giewende rund 470 Gramm. Tatsache ist
aber auch: Die Betreiber haben sich seit
Jahren auf den Ausstieg eingestellt. Wür-
de man jetzt verlängern, müssten sie alle
Planungen über den Haufen werfen und
erheblich in Wartung und Sicherheits-
maßnahmen investieren. Hü- und Hott-
Politik ist selten wirtschaftsfreundlich.
Erst recht gilt das für neue Atomkraft-
werke in Deutschland, was auch immer
wieder als Klimaschutzplan vorgeschla-
gen wird. Frankreich, Finnland und Groß-
britannien ächzen unter Verzögerungen
und Kostensteigerungen beim Bau des
neuen europäischen Druckwasserreak-
tors vom Typ EPR. Es würde Jahrzehnte
dauern und viele Milliarden verschlin-
gen, bis hierzulande eine solche Anlage
stünde, geschweige denn mehrere. Wirk-
samer Klimaschutz ist aber heute fällig,
nicht erst 2050. Man kann über Atom-
kraft denken, wie man will:Dieser Zug ist
vor langer Zeit abgefahren. Wer jetzt neue
Debatten darüber vom Zaun bricht, leis-
tet dem Klimaschutz einen Bärendienst.


DEFGH Nr. 230, Samstag/Sonntag, 5./6. Oktober 2019 33


WISSEN


von arne perras

D


er junge Mann hat die Base-
ballkappe tief ins Gesicht ge-
zogen und sich ein Stofftuch
über Mund und Nase gebun-
den. Das muss reichen. Atem-
maske, Schutzbrille, Helm? Davon können
die Feuerwehrmänner im Süden Suma-
tras nur träumen.
Supriyadi gehört zu jenen Männern, die
an der Feuerfront von Jambi ihr Leben ris-
kieren. Er verliert nicht viele Worte dazu.
Er hat auch keine Zeit, über mangelnde
Ausrüstung oder seine Müdigkeit zu kla-
gen. Denn gleich muss er wieder ran. Muss
in die vorderste Linie, um den Flammen zu
trotzen.
Graugelber Qualm weht über die Ebene
und vernebelt die Sicht. Der Rauch brennt
in Augen, Rachen und Nase, es knistert
und kokelt im Gebüsch. Heiße Böen schla-
gen den Männern ins Gesicht. Hinter den
Wolken aus Rauch fressen sich Flammen
durch die Akazienplantage, und alle wis-
sen: Der Wind ist ihr ärgster Feind. Wenn
er weiterhin so kräftig bläst, werden sie ih-
re Stellung am Wassergraben nicht mehr
lange halten können.
Samstag, 28. September, 13.40 Uhr. Un-
terwegs mit der Unfreiwilligen Feuerwehr
von Kumpeh. Man muss die Gruppe indo-
nesischer Männer so nennen, denn der
Notstand lässt ihnen keine Wahl. Keiner
von ihnen hat gelernt, was er hier tut. Es ist
die blanke Notwehr. Im normalen Leben
sind sie Arbeiter, Bauern, Gemüsehändler.
Aber was ist schon normal in den Tagen
des großen Feuers.
Die Brände, die nun schon seit Monaten
auf den Inseln Sumatra und Borneo lo-
dern, hinterlassen Schneisen der Verwüs-
tung, selbst den Nationalpark Tesso Nilo,
ein Refugium für Elefanten, Tapire und
Tiger, hat es getroffen, weil dort illegal ge-
rodet wurde. Mindestens 320 000 Hektar
Wald und Plantagenpflanzungen wurden
auf den Inseln schon vernichtet, eine Flä-
che fast so groß wie Mallorca.
Die Männer von Kumpeh müssen ver-
hindern, dass der Brand überspringt auf ih-
ren Besitz, jenseits des Grabens. Dort ha-
ben sie Ölpalmen gepflanzt, deren Ertrag
ernährt die Familien. Alles oder nichts.
Deshalb schuften sie bis zur Erschöpfung.

Wenn es eng wird, ist Attacke bisweilen
die beste Verteidigung, der Mann in der
Mitte muss es wissen. Unteroffizier Mirazi
kratzt sich unter dem breitkrempigen
Hut, wie sie ihn in der indonesischen Infan-
terie tragen. Dieser Tage ist er zum Feuer-
löschen in die Provinz abkommandiert.
Der Präsident hat Tausende Soldaten in
die Brandgebiete entsandt, Schutzausrüs-
tung besitzen sie dafür kaum. Der Mann
im Tarnanzug sagt, er koordiniere hier die
Zivilisten. Dann gibt er ein Zeichen. Die
mit Diesel betriebene Pumpe knattert los,
sie saugt braune Brühe aus dem Graben.
Wasser marsch!
Supriyadi, der Mann ganz vorne, packt
seinen Schlauch und arbeitet sich Schritt
für Schritt voran. Sechs, sieben Meter vor
ihm lodern die Flammen, er zielt und hält
mit der Düse auf das Feuer, aber er muss
die Augen zusammenkneifen, kann kaum
noch etwas sehen. Nach 15, 20 Sekunden
kapituliert er hustend, zieht sich zurück.
Er macht Platz für den nächsten Kamera-
den, der es wagen will.
In manchen Gegenden hat inzwischen
Regen eingesetzt, er erlöst dort die Feuer-
wehrleute von ihren Strapazen. Doch nicht
in der Gegend Kumpeh. Dort kämpfen sie
noch immer. Der Weg an die Feuerfront
führt von der Stadt Jambi über holprige
Straßen, vorbei an Obstgärten und kleinen
Siedlungen. Wasserbüffel grasen am Weg-
rand, überall sind Ölpalmen gepflanzt.
Kumpeh ist jene Gegend, in der Bewoh-
ner wenige Tage zuvor außerirdisch anmu-
tende Videos posteten; Szenen, die aussa-
hen, als könnten sie unmöglich vom Plane-
ten Erde stammen. Eher vom Mars. Alles
in Rot getaucht. Kupferfarbener Himmel,
um elf Uhr vormittags.
Physiker erklären das Phänomen mit
einer besonderen Streuung des Lichts, ver-
ursacht durch Rauchpartikel in der Luft.
Einige Tage später ist alles in warmes Gelb
getaucht. Vom Dorf Pematang Raman sind
es nur noch wenige Kilometer bis zu jenem
Brandherd, wo Feuerwehrmann Supriyadi
gegen die Flammen kämpft.
Es ist ein düsteres Jahr für die Wälder In-
donesiens, aber auch für die Menschen,
die hier leben: Mitte September registrier-
ten Satellitenbilder mehr als 4000 Brand-
herde, sogenannte Hotspots. Der Luft-
qualitätsindex PSI, der schon bei Werten
über 100 als ungesund gilt, kletterte ins Ex-
treme. 500, 600, manchmal 700. Lebens-
feindliche Zustände.
An solchen Tagen ist es desaströs, sich
ungeschützt im Freien zu bewegen. Am
besten das Haus gar nicht verlassen, Fens-
ter und Türen schließen, Luftfilter anwer-
fen, Anstrengung vermeiden. Das empfeh-
len Ärzte, besser noch würde man das
Gebiet gleich ganz verlassen. Doch in den
Dörfern Sumatras hilft das nicht, denn für
Zwangsferien und Luftfilter haben die
Leute kein Geld. Die Geräte würden auch
wenig nützen, sind die Hütten doch so
gebaut, dass überall der Wind durchbläst.
Das ist gut, wenn die Hitze drückt, aber fa-

tal, wenn giftiger Rauch die Luft verpestet.
Schutzräume der Regierung sind oft weit
weg, wenn sie überhaupt existieren.
Eine Flugstunde nördlich von Jambi
liegt die Provinz Riau. Hier hat der Gouver-
neur am 23. September den Notstand aus-
gerufen, nachdem die Stadt Pekanbaru im
Rauch zu ersticken drohte. Für Großmut-
ter Lindawati waren es bange Tage, denn
ihr Enkel, sieben Monate alt, schien für
den Angriff auf seine Lungen nicht ge-
wappnet. Er begann zu röcheln, bekam
kaum noch Luft. Die Familie aus Rantan
Baru hastete ins Krankenhaus, wo in jenen
Tagen Hunderte Familien panisch Hilfe
suchten. „Es ist schwer genug für uns Er-
wachsene“, sagt die Oma. Aber wie sollen
das die Kleinen überstehen? Sie konnte
dem Baby ja nicht mal eine Maske über
das Gesicht ziehen, der Junge hat sie im-
mer wieder weggerissen, aus Angst, noch
weniger Luft zu bekommen.
Wochenlang bangte die Familie um das
Leben des Kindes, schließlich war es über
den Berg. Andere haben es nicht geschafft.
Am 19. September berichtet die lokale
Presse über ein junges Paar aus Kulim, das
kurz zuvor ihr erstes Kind bekommen
hatte. Der Sohn wirkte gesund bei der Ge-
burt, doch am zweiten Tag begann er zu
husten, er fieberte. Die Hebamme gab ihm
Medizin, zunächst schien sie zu helfen,
aber tags darauf schnellte das Fieber auf
41 Grad. Sie hasteten ins Krankenhaus,

doch auf dem Weg starb der Säugling. Er
lebte nur drei Tage. Seine Eltern hatten
ihm noch nicht mal einen Namen gegeben.
Ein Arzt wird später mit den Worten zi-
tiert, dass das Kind den Rauch in der Luft
nicht überlebt habe.
Die Eltern sind arm, der Vater arbeitet
auf einem Schrottplatz. Wer ihn besucht,
stößt auf einen Mann in tiefer Trauer. Er
wirkt extrem gestresst, den Besuchern
sagt er, sie müssten sofort gehen, er könne
nicht mit ihnen sprechen. Angst sitzt ihm
im Nacken. Manche in der Gegend vermu-
ten, dass die Familie Druck bekommen
hat, über das Schicksal des Babys nicht
mehr mit Reportern zu sprechen.
Sicher ist: Die Regierenden betrachten
es nicht als vorrangige Aufgabe, über die
Gesundheitsrisiken aufzuklären. Aber zu-
mindest die Vereinten Nationen schlagen
Alarm. Unicef beklagt, dass fast zehn
Millionen Kinder und Jugendliche in den
Brandgebieten enormen Risiken ausge-

setzt seien. UN-Experten warnen vor „le-
benslangen physischen und kognitiven
Schäden“ durch den giftigen Rauch.
Unterdessen macht sich Gemüsehänd-
ler Sitorus in Kumpeh bereit für den nächs-
ten Einsatz. Schließlich haben sie noch
einen Brand zu löschen. Angeblich hat es
in einem geschützten Waldgebiet, das zur
Gemeinde gehört, zu brennen begonnen.
Vielleicht hat jemand Feuer gelegt, um zu
roden, vielleicht hat ein Fischer unacht-
sam eine Kippe weggeworfen. Gerüchte
gibt es viele. „Von uns war es jedenfalls
keiner,“ sagt Sitorus. „Wir sind doch nicht
blöd und fackeln unsere eigene Existenz
ab.“
Wenn Torfböden brennen, reichen die
Folgen weit über Indonesien hinaus. Wo-
chenlang litten auch Singapur und Malay-
sia unter den giftigen Rauchschwaden, die
über das Meer nach Nordosten trieben.
Tausende Schulen mussten schließen. Der
Botaniker Lahiru Wijedasa, der tropische
Torflandschaften erforscht, hat keinen
Zweifel: „Diese Feuer sind von globaler Be-
deutung, weil sie enorme Mengen Treib-
hausgas in äußert kurzer Zeit freisetzen.“
Die Böden in den Tiefebenen speichern rie-
sige Mengen Kohlendioxid, sie zu bewah-
ren, ist wichtig für den Klimaschutz. Singa-
purs Umweltminister Masagos Zulkifli ver-
mittelte kürzlich eine Vorstellung von der
Dimension des Desasters: Er schätzt, dass
die Brände seit August 360 Millionen Ton-

nen Kohlendioxid freigesetzt haben, mehr
als Spanien in einem ganzen Jahr.
Wo Plantagen brennen und Feuer au-
ßer Kontrolle geraten, müssen sich die Be-
sitzer laut Gesetz dafür verantworten, egal
ob es Kleinbauern oder multinationale
Konzerne sind. Doch Umweltschützer kla-
gen, dass Indonesien Strafen gegen Brand-
sünder nicht konsequent durchsetzt. Be-
sonders größere Konzerne schafften es
immer wieder, Sanktionen zu entgehen.
Das dürfte kaum dazu beitragen, dass Re-
geln künftig eingehalten werden. Feuer
bleibt die billigste Methode, um Wald zu
roden, und sie wird immer noch genutzt.
Feuerwehrmann Sitorus könnte eine
Pause vertragen, seine Augen sind entzün-
det, sein bulliger Körper wirkt schlaff.
Aber er muss jetzt Sprit ins Boot verladen,
die Männer an den Pumpen brauchen
Nachschub. Mit seinem Kahn tuckert er
den Kanal hinauf. Das Boot pflügt durch
schwarzes Wasser. Einst waren die riesi-
gen Torfebenen mit Sumpfwald bewach-
sen und dünn besiedelt. Doch die Expansi-
on der Plantagenwirtschaft und der Druck
einer wachsenden Bevölkerung, die er-
nährt werden will, hat alles verändert.
Menschen aus anderen Teilen Indonesi-
ens waren schon vor Jahrzehnten hierher
umgesiedelt worden, sie sollten Reis an-
bauen, was oft misslang. „Transmigrasi“
hieß das Programm. Später stieg der
Druck auf das Land weiter, bis 2010 hatten
Konzerne und Bauern schon ein Drittel al-
ler Torfgebiete in Plantagen verwandelt,
wie Forscher um den Biologen Lahiru Wije-
dasa in einer Studie im FachblattGlobal
Change Biologyberechneten. Wald wurde
abgeholzt, Konzerne legten die Torfebe-
nen trocken. Sie pflanzten Monokulturen:
Akazien für die Papierindustrie und Ölpal-
men für Sprit, Kosmetik, Lebensmittel.
Auch Kleinbauern sprangen auf den Wa-
gen auf, sahen ihre Chance, der Armut zu
entkommen.
Doch das alles hat einen Preis. Während
Feuer in Torflandschaften früher allen-
falls durch Blitzschlag ausgelöst wurden,
ist das Risiko von Flächenbränden heute
allgegenwärtig. Das Feuer zerstört nicht
nur Bäume und Büsche, es kokeln auch die
trockengelegten Torfböden selbst. Und sie
sind extrem schwer zu löschen, was der
Feuerwehrmann Sitorus nun jeden Tag
frustriert feststellen muss.
Auch er und seine Nachbarn haben sich
dem Geschäft mit der ertragreichen Ölpal-
me aus Afrika verschrieben. Die Bauernge-
meinde hat in Allianz mit einem Agrarkon-
zern ihr Land in eine Plantage verwandelt.
Sitorus sagt, das sei ein anständiges Joint
Venture, beide Seiten profitierten. Nur,
dass nun die Feuer lodern und sie nicht wis-
sen, was noch zu retten ist.

In Indonesien konzentriert sich der
Streit auf die Brandstifter und wie man sie
stoppen kann. Der Botaniker Lahiru Wije-
dasa hält das für wichtig, glaubt aber auch,
dass sich der Staat mit dem Kern des Pro-
blems viel zu wenig beschäftigt: „Die Plan-
tagenwirtschaft, wie wir sie kennen, hat
die Böden in leicht entflammbares Materi-
al verwandelt.“ Dieser unbequemen Wahr-
heit aber scheint sich kaum jemand stellen
zu wollen. Der Anbau von Ölpalmen und
Akazien verändert den Wasserhaushalt so
radikal, dass auch der beste Brandschutz
wenig nutzt, um Feuer zu verhindern, die
den CO2-Speicher zerstören. „Wir müssen
Nutzpflanzen finden, die für die Böden ge-
eignet sind“, sagt Wijedasa. Sonst bekom-
me man die Krise nie in den Griff.
Feuerwehrmann Sitorus hat am Ufer an-
gelegt, er lädt die Kanister vom Boot in ei-
nen Jeep. Das Fahrzeug holpert nur noch
als Gerippe über die Piste, es würde jedem
Film der Reihe „Mad Max“ alle Ehre ma-
chen. Für den Nachschub der Dorffeuer-
wehr ist es aber unerlässlich. Warum nut-
zen sie keine Motorräder? Sitorus seufzt.
Vor ein paar Tagen kam ihnen das Feuer so
nahe, dass sie alle die Panik packte. Sie
warfen ihre Mopeds in einen Wassergra-
ben, um sie zu retten. „Jetzt können wir
sehen, wie wir sie wieder flottkriegen“,
brummt Sitorus.
Zehn Minuten später ist die Feuerfront
erreicht, wo Supriyadi und die anderen die
Stellung halten. Die Stimmung ist nervös.
Der Graben gibt nicht genug Wasser her.
Ist er leergepumpt, sickert nur sehr lang-
sam Wasser nach. Auch haben sie kaum
noch Hoffnung, dass die Helikopter das
Blatt wenden könnten. Sie werfen zehn-
mal am Tag ihre Wasserbomben ab, aber
das reicht alles nicht.
„Manchmal haben wir das Gefühl, die-
ses Feuer spielt mit uns“, sagt der Soldat
Marzeli. Wenn die Pumpen schweigen,
glimmt es vor sich hin, als habe es jede
Kraft verloren. Aber wehe, sie bringen ihre
Schläuche in Stellung. Dann lodert es auf
allen Seiten hoch, Stichflammen schießen
in den Himmel, der reinste Hexenkessel.
So beten sie also für Regen, Gott möge
auch die Feuerfront in Jambi ersticken,
bevor die Bauern ihre Palmen verlieren.
„Solange halten wir noch durch“, sagt
Sanusi, der Mann an der Pumpe. Er setzt
seine Spiegelbrille auf und rückt seine Hel-
lo-Kitty-Maske zurecht. Sieht aus, als ha-
be er das Teil mit dem Piratendesign von
seiner Tochter geborgt. Pinkfarbene Grin-
sekatze auf gekreuzten Knochen. „Besser
als nichts“, sagt er und wirft die Pumpe an.

Marlene Weiß findet den
zaghaften Atomausstieg der
Schweiz eigentlich ganz gut.

An der US-Grenze spenden Tausende
Mexikaner Plasma – und gefährden
damit ihre Gesundheit  Seite 34

Geld für Blut


In Panik warfen sie alle
Mopeds in einen Wassergraben –
um sie zu retten

Alles in Rot getaucht.
Kupferfarbener Himmel,
um elf Uhr vormittags

KERNKRAFT

Kein Ausstieg


vomAusstieg


Feuerland


AufSumatra wüten gewaltige Waldbrände, Babys sterben an der


vergifteten Luft. Zu Besuch in einer Region,


die nur noch entfernt an den Planeten Erde erinnert


Man kann ins Grübeln kommen,


wenn man die CO2-Emissionen


der Stromproduktion vergleicht


Meterhohe Flammenwände,
mangelhafte Ausrüstung:
Im Süden Sumatras werden
Dorfbewohner zur
Feuerwehr, die versucht, das
Hab und Gut der Menschen zu
schützen. AFP, ARNE PERRAS

UNTERM STRICH

LEISTUNGSAUFNAHME

46 Watt
verbraucht das menschliche Gehirn

SZ-Grafik: Sead Mujić; Quelle: Cabot, Chip

200 Watt
verbraucht ein PC bei starker Leistung
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