Eine Stadt −ein Land −viele Meinungen
6 Berliner Zeitung·Nummer 220·21./22. September 2019 ·························································································································································································································································································
Eine gute Zeit-Einteilung
ist gefragt
DasSchreibenvonE-Mails,
Briefen, dasSuchenvon
Informationen undInhalten kann
sehr vielZeit erfordern, ist aber
nichtvermeidbar.Hier ist gute
Zeit-Einteilung gefragt.Bedenklich
finde ich dasVerhalten einiger
Nutzer bei derVerwendung aller
Sozial-Medien,wenn es
außergewöhnlich vielZeit
erfordert.EineHinwendung zurück
zu denrealenMenschen mit
physischer Anwesenheit ist auf
jedenFall besser.
Bernhard Hölzer,per E-Mail
Computer machen
unsnichtzufrieden
BevormaneinenComputer
benutzt,solltemanselbstmit
seinerSeele denken.DerComputer
wurdevonMenschen gebaut.Und
jetzt macht er unsnicht zufrieden.
Außerdem bringt er uns
SchmerzenfürunsereAugen.Nach
vieleJahren amComputer muss
man eineBrille tragen.
RazakDaro, perE-Mail
Kinderwerden apathisch
oderhyperaktiv
Ichteile dieAuffassungvonHerrn
Spitzervoll und ganz und denke,
dass dieDigitalisierung imBereich
Schule fataleFolgenzeigen wird.
Neurobiologen warnen nicht
umsonstvorderDigitalisierung,
und wir können an kleinenKindern
bereits erkennen, wie diese durch
fehlendenBlickkontakt derEltern,
die sich mitihrenTelefonen
beschäftigen, apathisch oder
hyperaktivwerden.Dassetzt sich
fort,wennKinder,statt zu spielen
und mit allenSinnen zu begreifen,
frühzeitig überTablets,Fernseher,
Handys ihreAnregungen
bekommen.DiesprachlicheEnt-
wicklung bleibtaufder
Strecke,die Fähigkeit zu kommuni-
zieren entwickelt sich unter
Umständenverzögert.
SusanneVenker,per E-Mail
Deutschland schläft,was
die Digitalisierung betrifft
Menschenwerden nicht dick
oder dumm durch denComputer,
sondernsiewerden eigentlich
gebildeter,wenn sie ihnrichtig
nutzen.Nurdiese Anleitung muss
vomElternhaus undvonder
Schule kommen.Ichbin der
Meinung, das wirdzurzeit noch
nichtrichtig ausgenutzt oder noch
nichtrichtig getan.Deutschland
schläft, was dieDigitalisierung
betrifft.
ElkeLeuschner,per E-Mail
Manfred Spitzer,der
Sarrazin des Digitalen
ManfredSpitzer ist derSarrazin
desDigitalen.Erbedient sich
populistischer Thesen, hat seine
eigenenKids medienweltfremd
erzogen und in seinenVeröffentli-
chungenverdammt erComputer-
spiele,die es zumTeil überhaupt
nicht gibt.Würden wirManfred
SpitzersEmpfehlungen folgen,
wären wir technologisch und in
SachenBildung bald nochweiter
vomWeltgeschehen abgehängt als
heute schon.Selbstverständlich ist
derUmgang mitMedien undGad-
gets kritisch zu betrachten.Aber
die Lösung besteht in einerBil-
dung, diederEntwicklung der
Welt offen gegenübersteht, anstatt
sich ausschließlich nach dem
Guten und Alten zu sehnen.Rück-
wärtsgewand und engstirnig, so
sind beide.
StefanFreiseüberFacebook
Digitalisierung ist
wieTortenessen
Macht dieDigitalisierung uns
krank?Natürlich, wir sind wieKin-
der imWunderland.Wir geben uns
zu gerne dem hin,wasuns feilge-
boten wird, und fangen erst ganz
langsam an,darüber nachdenken.
Mankann es auchvergleichen mit
einemTortenessen.Irgendwann
meldet sichderMagen undrebel-
liert.Erst danndenkenwir nach.
Wenn wir das zu spät merken,
kommt die ganzeTorte wiederraus.
byron2101,via Instagram
JungeFrauen starren wie
Zombies aufihr Smartphone
Manmuss sich nur maldie
Menschen in derTram, inBusund
U-Bahn anschauen ...vorallem
jungeFrauen, starren auf ihr
Smartphone wie dieZombies,
bekommen garnichtmit, wasum
sieherumpassiert.Undnicht
wenigesindschon untereinem
Auto oderunter einerTram
gelandet,weil sie auf ihr
Smartphone starren, als würde
ihnen ein neuerMessias
erscheinen ...
Ivanka Seka Glas, viaFacebook
Angst vorVerlust
des Arbeitsplatzes
Ichpersönlich stehe derDigitalisie-
rung kritisch gegenüber. Siesorgt
fürUnsicherheit und Angstvor
Arbeitsplatzverlustoderder Über-
wachung.Kinder kommen
gezwungenermaßen schon früh
mit der digitalenWelt inKontakt.
DieneuartigeKommunikation, der
Austausch,derZugang zuWissen
undBildung und dervereinfachte
Alltag sind positiv.
Anna Jatta, auf derWebseite der
Bundeszentrale für politische Bildung
(BpB)
Jobbedingt hänge ich
viel am Computer
Ichwürde gernewenigerComputer
benutzen, aber jobbedingt hänge
ich viel amComputer.
Kat_whx, via Instagram
Das Hirnstirbt und das
Leben wird verkürzt
Digitalisierung macht nicht nur
krank, sondernverkürzt auch
drastisch das Leben und macht das
Hirntot.Erst wieder gesehen,
Augen auf demHandybeimStraße
überqueren, kein links oderrechts
schauen,ob überhauptdieStraße
frei ist. Lebensmüde.
schenser16, via Instagram
Die Digitalisierung
richtig nutzen
DieDigitalisierung:DasZeitalter
der neuenGeneration und der
Stärkung derDemokratie?Die
Technologievonheute gibt uns
dasPotenzial für dasAusleben der
Meinungsfreiheit und derWeiter-
entwicklung derMenschheit
durchAufklärung.Jedoch wird
dies nichtrichtig genutzt.Meiner
Meinung nachgeht es nicht mehr
um dieFrage,obdieDigitalisie-
rungrichtig ist,sondernwie wir
sierichtig nutzen müssen.
VivianeTurhan, viaBpB-Webseite
YouTube hat bei einigem
Schulstoff geholfen
Mansollte sich im Klaren sein,
dass man selbst dieKontrolle über
seine eigeneNutzung digitaler
Medien hat. Für michhatesbis-
her überwiegend positiveAspekte
gehabt, da mir gewisseSeiten und
YouTube-Videos schon viel mit
einigem Schulstoffweitergeholfen
haben.
LisaKeil, via BpB-Webseite
Den Preis der Herstellung
nicht vergessen
DieDigitalisierung erleichtertuns
nicht nur den Alltag, sondern
auch unserenJobauf unserer
Arbeitsstelle.Zudem kann mit-
hilfe derDigitalisierung die
Umwelt geschütztwerden, indem
stattBriefen perPost E-Mails über
dasInternetverschicktwerden.
Oder stattPlakaten in der Schule
PowerPoint-Präsentationen
erstelltwerden.Kontra: Allerdings
darfman nichtvergessen, dass
Computer zuerst hergestelltwer-
den müssen, damit wirzudiesen
Erleichterungen kommen und
zumUmweltschutz beitragen.
Denn laut Rüdiger Kühr,einem
derAutoren derUntersuchung,
werden proComputer-Herstel-
lung 240Kilogramm an fossilen
Brennstoffen, zumBeispielSili-
zium,Blei oder Aluminium, benö-
tigt.
JeremiasKasapoglu, via BpB-
Webseite
Gespannt auf zukünftige
Veränderungen
Ichkönnte mir eineWelt ohne
SocialMedia und digitaleTechni-
ken nicht mehrvorstellen.Was
würden wirnur tun,wenn wir
unsereLiebstennicht mehr in
Sekunden per WhatsApp errei-
chen könnten?DieNutzungvon
Smartphones kann süchtig
machen und wirkt sehr ablen-
kend, besonderswenn man sich
vormLernen drücken will.Ichbin
gespannt, wie dieDigitalisierung
unsereWelt zukünftigverändern
wird.
ViktoriyaSydorenko, via BpB-
Webseite
Kindernverantwortlichen
Umgang beibringen
Ohne denUmgang mitGoogle,
Internet, E-Mail zu beherrschen,
schneidet man sichimmer mehr
vonder modernenWelt ab.Die
Lösung ist beiweitem nicht,Kinder
undJugendlichevondigitalen
Medien fernzuhalten, sondern
ihnen denverantwortlichen
Umgang beizubringen.
WalterNeuschitzer
Das Wissen der Menschheit
in der Hosentasche
Wirtragen das gesamteWissen der
Menschheit in unserer
Hosentasche,Apps undWebsites
helfenbeiderWeiterbildung.
SmartphonestrackenunserenPuls
undunserSchlafverhaltenund
helfenuns,unsereFitnessunddas
Schlafverhaltenzuoptimieren.
ÜberSocialMediahaltenwirmit
mehrMenschenKontakt, als wir es
offline jemals könnten.Wieviel
Zeit wir uns dafürnehmen, da
stimme ich zu, das muss jederfür
sich selbst entscheiden.
DavidPahnke
Smartphone-Verbot
in den Schulpausen
AnComputern,Tablets,
Smartphones führtkeinWegvorbei
und dieKompetenz, damit
umzugehen sowieGefahren
einzuschätzen, muss erlernt
werden. Es wäresinnvoll, dies in
der Schule zu lehren und zu lernen.
Alles andereistrealitätsfremd.
FreiesSpiel kann und sollte doch
zusätzlich stattfinden.Undauch
einSmartphone-Verbot während
der Schulpausen ist denkbar und
sinnvoll.Muss es dennEntweder-
oder sein?Kann es nicht saubere,
funktionierende sanitäreAnlagen,
eine guteAusstattung auch für
Lehrkräfte,genügendPersonal,
Konfliktlösungsmanagement UND
eine sinnvolleAusstattung mit
Laptops/Computern,Tablets,etc.
geben? Klar,das kostetGeld.Aber
sinnvoll findeich es schon.
Leia Scones
Die Handy-Produzenten
in die Pflicht nehmen
Ohne meinSmartphone hätte ich
denTweet [zurDebatte,Anm. d.
Red.] nicht wahrnehmen und mit
Ihnen kommunizieren können.
JedesDing hat immerzweiSeiten;
solange man es nicht übertreibt, ist
es gut.Jedoch müssenHersteller in
die Pflicht genommenwerden.Sie
müssen in ihrerProduktion
Nachhaltigkeit viel stärker
berücksichtigen. Es ist nichtjedes
Jahr ein neuesModell notwendig.
DerKrefelder viaTwitter
Google, China und Co.
wollen dieWelt beherrschen
Angesichts des durchMacht- und
Profitgier getriebenen globalen
und digitalenWettrüstenswerden
wir zumSpielball.Dass
Technologiefür unser Leben
zweckdienlich sein sollte,spielt
keineRolle mehr.Esgeht nicht um
einen evolutionärenProzess der
Technologienutzung.Google,
ChinaundCo.wollen durch
männliche Allmachtsphantasie
getrieben eine andere,einevon
ihnenbeherrschbareWelt.
Disruption ist ihr neuesMantra.
Für technischeHerausforderungen
wirdInformationstechnologie
längst eingesetzt.Unser Leben
müssen wir nicht auch noch
digitalisieren. Es gilt, den
Digitalisierungs-Hype zu
entzaubern.Waskann das digitale
Wettrüsten aufhalten?Wirkönnten
uns aufHightech konzentrieren,
die uns hilft, dierealenProbleme
zu lösen.Statt 5G brauchen wir
Forschung undEntwicklung für
Anlagen zurGewinnung
synthetischer Kraftstoffe in Afrika,
zum beiderseitigenVorteil.
Matthias Grünig
Wieder
echte Dialogeführen
Wieviel Computer braucht der Mensch? So diskutierten die Leser der Debattenserie diese Frage
Reden Sie mit!
Argumente undIdeenbittean
[email protected];
Stichwort: Meinungsfreiheit
Alle Debatten online unter
berliner-zeitung.de/meinungsfreiheit
E
ines ist klar:Ein Leben ohneCompu-
ter,ohneInternet, schnellenDaten-
austausch,Kommunikation perApp,
Foto undVideo inklusive,ist nicht
mehrvorstellbar.DieZeit lässt sich nicht zu-
rückdrehen,aberdieZukunft lässt sichge-
stalten.Dazuliefe rten unsereKommentatoren
zumThema„WievielComputerbrauchtder
Mensch?“indieserWoche reichlichIdeen.
DenAuftaktzur Wochebildete der
Neurowissenschaftle rund PsychiaterManfred
Spitzer. Derbekannte Digi talisierungskritiker
warntevorden Gefahren der Computer-und
Internetnutzung, wieKurzsichtigkeit,Angst,
Depressionen undSchlafstörungen. Er nannte
die Machtvon YouTube, Twitter undFacebook
alsBeispiele,dreiPortale, derenZiel Profit ist.
Abschließend hinterfragte er dieSteuerpolitik
gegenüberdiesenFirmen undinwieweit
unsereGesel lschaft angesichtsder Macht
dies er Konzernenachhaltigexistierenkann.
DieLinken-BundestagsabgeordneteAnke
Domscheit-Bergforderte einen differenzierten
Umgang mitdem Thema. Computerseien
schließlich überall: vomHandy bis zur
bewaffnetenDrohne.Sie forderte langlebigere
Hardware und mehr Möglichkeiten für
Recyclingder Technik.Auch lehnte sie
Computer zur Überwachungvon Menschen
undihr Eindringenindie Privatsphäre ab.
Die JournalistinAnnaMille rhielt ein
Plädoyerfür einLebenohneständigenBlick
aufs Handydisplay. Siewillnicht fraglos
glauben, dass Digitalisierungdie Zukunftist,
sondernnachfragen unddas analogeLeben
stärken. „Esist an derZeit,uns unserLeben
wieder zurückzuholen“,schriebsie.
Fürden blindenIT-TrainerOliverNadig
spielendie digitalen Technologieneine
wichti ge Rolle. WennBarrierefreiheit bei
Anwendungenvonvornherein mitkonzipiert
wird,können Blinde oder sehschwache
Menschen vonder Digitalisierungstark
profitieren. Nadigwünschtsichallerdings
mehr Unterstützungvon der Politik, die
Barrierefreiheitverpflichtendmachen könnte.
ZumWochenabschlusswiesder Philos oph
Christia nUhledaraufhin,dassessichbei
Computern –trotz allerFortsc hritte –um
seelenlose Maschinenhandelt unddasssie
GesprächezwischenMenschennichtersetzen
können. „Der Dialog bleibt die Grundlagefür
ein erfülltesDasein“,lautete sein Fazit.(mec)
Red mit mir,nicht mit demHandy.Computer stehen einemGespräch nicht seltenimWeg. GETTYIMAGES/PREDRAIMAGES