en. Ayivi zieht sich stets ein Banda
na über den Mund – als Atemschutz.
Dann fördert er wie ein Goldgräber
Dinge zutage, die andere mit Füßen
treten, von denen er aber glaubt,
dass sie mit ein bisschen Styling
wieder gefragt sein werden – im
Epizentrum der Mode in Paris. An
derer Kontext, andere Wahrneh
mung, andere Begehrlichkeit. Beim
ersten Mal kaufte er 500 Kilo, ließ sie
per DHL nach Hause schicken. Und
verkaufte fast alles. „Da wusste ich:
Hier steckt ein Business drin.“ Der
Beginn der Achse Lomé–Paris.
Mitte Juli ist es heiß in Paris. Ayi
vi trägt trotzdem schwarze Jeans,
einen schwarzen Jeansmantel und
eine Art Strickbarett mit goldenem
Stern. Seine goldgerahmte Sonnen
brille setzt er auch drinnen kaum ab.
Mode ist eine Haltung, und davon
besitzt Ayivi jede Menge. Vor allem
hat er ein gutes Auge. Mit zwölf kam
er aus Togo nach Paris. Seine Eltern
betrieben eine Fahrschule in
arbeiten zu können, geben einige
Wohltätigkeitsorganisationen die
Kleiderspenden keineswegs gratis
weiter, sondern verkaufen sie zu
günstigen Preisen an Händler.
Togo importierte 2016 gebrauchte
Kleidung im Wert von 54 Millionen
Dollar. Immer wieder wird deshalb
diskutiert, wie sinnvoll diese „Spen
den“ tatsächlich sind. Die billige
Schwemme aus dem Westen tor
pediert die lokale Modeindustrie.
Nigeria und Äthiopien haben die
Einfuhr von gebrauchter Kleidung
deshalb mittlerweile verboten. Ru
anda hat die Einfuhrzölle deutlich
erhöht. Doch in Togo bleibt der Han
del bislang unverändert. In der
Hauptstadt Lomé hat sich einer der
größten Umschlagplätze Afrikas
etabliert.
Ayivi fuhr vor gut vier Jahren zum
ersten Mal auf den Grand Marché de
Hedzranawoe, um nach Kleidern zu
suchen. Damals führte der heute
48 Jährige noch gemeinsam mit
einem Partner einen VintageShop
im Pariser „Comptoir Général“,
einem angesagten Kulturzentrum
mit Café und Bar am Canal Saint
Martin. Sie kauften ihre Sachen, wie
die meisten anderen Shopbesitzer,
in Südfrankreich. „Die Preise stie
gen von Jahr zu Jahr“, erinnert sich
Ayivi. „Vintage boomte, jede ge
brauchte Hose wurde plötzlich zum
Sammlerstück erklärt.“
Damals fiel ihm der Markt in sei
ner Heimat Togo wieder ein. Ein
riesiges Areal, fünf oder sechs Stra
ßenzüge lang, irre laut, chaotisch,
schmutzig, ein Mix aus Bretterbuden
und Sonnenschirmen. Gemüsehänd
ler, die mit Kopfhörerverkäufern um
die Wette schreien. Und eben haufen
weise Altkleider.
„An den Ständen hängen sie ein
paar Sachen auf Bügel, aber irgend
wann, im Eifer des Gefechts, landet
das meiste auf dem Boden“, erzählt
Ayivi. Man muss sich durchkämp
fen, durchwühlen, in den Staub kni
Massenware:
Auch für diese
Plastiklatschen
fand Ayivi eine
Verwendung –
er setzte sie
in einem Musik-
video von
Freunden ein
In Paris sucht Ayivi nach geeigneten Orten für seine Pop-up-Boutique, einen vorübergehenden Shop
KURZ GEÖFFNET
1 2.9. 20 19 77
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