sofort wiedererkannt. Dies war die Stimme eines Mannes, der den
wichtigsten Wettkampf seines Lebens für sich entschieden hatte.
Die meisten Menschen reagierten auf die Nachricht von Grazianis Tod
ähnlich wie auf die Schließung des Ostafrika-Ministeriums: erstaunt, dass er
noch gelebt hatte. Andere, vor allem in Zentrum und Norden Italiens,
bedauerten, dass dieser Partisanenmörder in seinem Bett gestorben war und
nicht hängend an einem Laternenpfahl. Und dann gab es noch eine kleine,
aber hartnäckige Minderheit, die voll Bangen sein Alter mitverfolgt hatte, die
in ihm die Bestätigung gesucht hatten, dass nicht alles in ihrer Jugend falsch
gewesen war. Manch einer war sogar auf die grauen Karstfelsen von
Arcinazzo gepilgert, wo der Marschall gelebt hatte. Diese Menschen waren es
auch, die sich nun in der römischen Kirche San Roberto Bellarmino in Parioli
versammelten: einige Hunderttausend, die sich wie Lava durch die
umliegenden Straßen schoben, ausgespuckt von einem Vulkan der
Volksleidenschaft, die der Held von Neghelli trotz allem immer noch
auslöste. Auch Attilio Profeti war da.
Die Menge wogte hin und her und schob Attilio in Richtung Bahre. Er
war von Offizieren in Paradeuniform umringt, während die Leiche in
schlichter Felduniform im Sarg lag, bedeckt von einem alten Mantel. Die
Nachricht, dass der Marschall verfügt hatte, in einem durchgewetzten
Überwurf begraben zu werden, eilte von Mund zu Mund und rührte mehr als
einen Anwesenden zu Tränen. Und trotz des Tumults eines nationalen
Großereignisses hatte die Beisetzung auch einen privaten Anstrich. Die
Behörden hatten untersagt, Rodolfo Graziani die militärischen Ehren zu
erweisen. Attilio hörte, wie zwei Männer das beklagten.
»Dieser Verräter von Badoglio wird sie bekommen, ganz sicher, und er
nicht, der doch die Ehre Italiens gerettet hat.«
»Dabei hätte Marschall Graziani ein Denkmal verdient.«
»Das werden sie niemals zulassen.«
Der Menschenstrom hatte Attilio in die Nähe der Kirchentreppe gedrückt.
Bei den Vertretern der Politik auf der obersten Stufe entdeckte er einen
vertraut aussehenden Mann. Er verbreitete eine merkwürdige Mischung aus
Charisma und Mittelmaß: durchdringender Blick eines Filmstars, Schnäuzer
eines Straßenbahnfahrers, vorzeitiger Haarausfall eines Bauern. Kalkulierend
ließ er seinen Blick über die Menge schweifen, wie ein General, der die
Größe der Truppe überschlägt, die er aus dem ahnungslosen Volk noch
jeff_l
(Jeff_L)
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