gestampfter Erde solche Schlunde auftaten, es war nicht das erste Mal. Doch
General Rodolfo Graziani hörte gar nicht zu. Man hatte ihn aus dem Schacht
gezogen wie eine riesige Missgeburt, und nun stand er wackelig neben dem
Loch, übersät von Dreck und Schürfwunden und voller Hass.
Er verweigerte jede Hilfe. Auch seine Frau durfte ihn nicht stützen, die
vor Erleichterung weinte, während seine Tochter ihn aus dummen Augen
erschrocken anstarrte. Steif humpelte er aus der Kirche hinaus, wankte zum
Auto und schaffte es im Sitzen, bis zum Hauptquartier nicht
zusammenzubrechen. Das würden sie ihm büßen, alle, alle, schwor er sich,
während Embailé Teclehaimanot ihm die Stiefel auszog.
Ah, diese Neger waren einfach zu nichts zu gebrauchen. »Fortwährend
Schnaps, manchmal ’nen Kanonenklaps«, sagte der Gouverneur von Eritrea,
Martini, immer, »so behandelt man die Eingeborenen.« Hier in Abessinien
bräuchte Graziani nichts als Kanonen. Wenn man ihn nur machen ließe, wie
er wollte, bräuchten sie überhaupt keinen Schnaps.
Immer noch am selben Tag beging Maria Uva am Suez-Kanal ihren
ersten und einzigen Irrtum. Die runden Arme ausgebreitet, schmetterte sie
wie immer ihre Hymnen durch das Megafon zu dem Schiff hin, das sie
fälschlicherweise für ein italienisches hielt. Doch es war die Enterprise, der
englische Kreuzer, der Haile Selassie ins Exil brachte. Mit bebender, aber
unachtsamer Begeisterung sang die Sirene von Porto Said Giovinezza für den
Negus Negesti, den Kaiser Äthiopiens, den Löwen von Juda, Abkömmling
des reinsten und richtigen Blutes des Königs Salomon. Auch für ihn
schwenkte Maria Uva die Trikolore.
Der Krieg war zu Ende, die Waffen ruhten, der römische Frieden lag über
der rauchenden Asche von Addis Abeba. Ende Mai hieß es aus dem Radio,
dass an den heimischen Häfen Dampfer mit den siegreichen Rückkehrern
anlegten. Als die Lombardia in Livorno einlief, wurde sie von einer
Artilleriesalve empfangen, ein grüner Teppich führte vom Kai bis zum
Bahnhof, und ein Blumenregen »schützte sie vor der üppigen Sommersonne
ihrer Heimat«, wie der Radiosprecher mit bebender Stimme berichtete. Viola
stellte sich in ihrer Küche das außergewöhnliche Bild vor – Attilio in seiner
Uniform, mit Blüten bedeckt. Sie sah ihn vor sich wie in einer Einstellung der
Wochenschau, wie er durch die Menge marschierte, lächelnd Handküsse
warf, martialisch, männlich – kurz gesagt unendlich schön. Doch Attilio war
jeff_l
(Jeff_L)
#1