muss er sich noch gewöhnen – zu berichten hat.
Senay erzählt von dem Massaker, das der junge Staatschef Meles auf dem
Merkato angeordnet hat, genau dort, wo – vor langer Zeit, doch noch gibt es
Überlebende, die sich erinnern – der talian Graziani viele Menschen hat
umbringen lassen. Von Shimeta (dem echten), der versuchen wollte, zu
seinen Verwandten nach Italien zu gelangen, es aber nicht mehr geschafft hat,
weil sie ihn eines Tages im Morgengrauen vor der Haustür abgeworfen
haben, ein Haufen gemartertes Fleisch.
Ayat (»das heißt Großmutter«) Abeba war blind, ging krummer als ein
Trunkenbold und wusste, dass sie bald sterben würde. Sie gab Senay den
Ausweis seines Cousins – den sie unter ihrem Bett aufbewahrte, damit er
nicht konfisziert wurde. Sie sagte zu ihm: »Nimm du ihn, Shimeta braucht
ihn nicht mehr. Verstecke ihn gut auf der Reise und benutze ihn erst, wenn du
in Italien bist.« Aber da sei doch ein Foto drauf, hatte er eingewandt, die
talian würden doch erkennen, dass das nicht er sei. Ayat Abeba hatte ihn
beruhigt: »Die Weißen achten nie auf das Gesicht eines Schwarzen, nur auf
die Hautfarbe.«
Und dann war Senay gegangen, war raus.
Ilaria denkt an ihre erste Begegnung auf dem Treppenabsatz. Es stimmt.
Keine Sekunde hat sie die Gesichtszüge auf dem Ausweis beachtet.
»Was bedeutet dein Name?«, fragt sie ihn.
»Geschenk.«
berli17
jeff_l
(Jeff_L)
#1