schmetterling

(Martin Jones) #1

Wie soll er in dem kleinen Zimmer des Wirrwarrs Herr werden, der in ihm
tobt? Seine Gedanken bändigen? War das alles real? Es fühlt sich so an. Der
Akkord der Begegnung schwingt in ihm nach, sie ist in dieser Welt! Aus
Fleisch und Blut, seine zweite Chance, da es die Mahagonifrau vermasselt
hat, ihn zu töten, mit der Folge, dass jetzt zwei Luthers durch Sierra laufen, er
selbst und der andere, der hier – wohnt.
Kalt kriecht es in Luthers Knochen.
Ich bin die Anomalie.
Was, wenn sein Doppelgänger schließlich auftaucht? Das Original, muss
man ja wohl sagen. Wenn er Anspruch auf sein Haus anmeldet? Auf seinen
Job? Auf Jodie, Tamy?
Nicht mal eine Tochter hätte ich dann noch.
Ich hätte gar nichts mehr.
So sehr entsetzt ihn die Vorstellung, dass sein Denken augenblicklich die
Richtung wechselt. Könnte Ruth nicht doch recht haben? Wie kann er so
kategorisch ausschließen, dass sein Gedächtnis manipuliert wurde und seine
angebliche Realität in Wahrheit nie existiert hat? Noch schlimmer: Sie hat
existiert, und alle wurden manipuliert! Etwas Monströses redigiert die
Geschichte, in kollektiver Amnesie schwört jeder Stein und Bein, so sei es
immer gewesen, nur bei einigen wenigen schlägt die Gehirnwäsche nicht an.
Sie erinnern sich, und Grace Hendryx kommt, um die letzte Erinnerung zu
löschen. Auch nicht eben ermutigend. Sofern eine der beiden Theorien
überhaupt einen Vorzug hat, dann, dass darin kein zweiter Luther vorkommt.
Er parkt den Wagen und geht auf sein Zimmer. Wenn er je einen Drink
brauchte, dann jetzt. Vorhin hat er es bei einem halben Glas bewenden lassen.
Selbst in dunkelsten Stunden konnte ihn der Alkohol nicht locken, und auch
jetzt verspürt er keinerlei Bedürfnis, sich zu betäuben. Ganz im Gegenteil.
Nie war ihm mehr daran gelegen, klar zu bleiben, aber er braucht etwas, das
ihn runterbringt, und ganz sicher wird er es nicht in der toten
Zweckmäßigkeit dieses Hotelzimmers zu sich nehmen.

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