schmetterling

(Martin Jones) #1

»Laborarbeit. Elmar war der Meinung, das könnte Sie interessieren. Es ist
wirklich interessant.«
»EditNature?«
Dr. Bender strahlt ihn an. »Sie kennen sich aus!«
»Nicht wirklich. Ich hab was gelesen. Warten Sie.«
Er holt seine Jacke und schließt ab. Sie hakt sich bei ihm unter, als sei
Luther ein alter Bekannter.
»Um der Wahrheit die Ehre zu geben, würde ich gerne von Ihrer
praktischen Erfahrung profitieren«, erklärt sie ihm im Fahrstuhl. »Haben Sie
je darüber nachgedacht, ob kriminelle Veranlagung erblich ist?«
»Das Umfeld schafft die Veranlagung.«
»Keine Gene?«
»Ich schnappe die Typen. Ich schneide sie nicht auf.«
Sie lacht. Ein bemerkenswertes Lachen. Es vereint die Vektoren ihrer
Physiognomie auf wundersame Weise zu einem natürlichen Ganzen, als habe
Mutter Natur lauter Freundlichkeitsgene in ihre DNA gepackt. Ihre Augen
blitzen. Augen, groß und dunkelblau und überquellend vor Aufrichtigkeit.
Eigenartig nahe fühlt er sich der hageren Wissenschaftlerin, und falls er je zu
schwören bereit war, dass eine bestimmte Person gar nicht zur Lüge fähig
wäre, dann hier und jetzt in diesem Fahrstuhl. Er versucht, ihr Strahlen mit
Elmars spätpubertärer Verdruckstheit übereinzubringen, das Eckige, wenig
Sinnliche ihrer Erscheinung mit seiner geschmeidigen Sportlernatur, und
versteht spontan, warum es funktioniert hat. Beiden ist etwas zu eigen, das
Menschen an sie bindet. Eleanors Charisma bläst einem wie frischer Wind
um die Ohren, Elmars schleicht sich an – vor allem aber leben beide in der
Zukunft. Das muss es gewesen sein. Eine Liebe der Visionen, so stürmisch
wie vorübergehend.
Sie verlassen das Gebäude und gehen zu einem der zahllosen Parkplätze.
Aufblinkend begrüßt sie ein VW Beetle. »Wir fahren. Steigen Sie ein.«

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