schmetterling

(Martin Jones) #1

Eine Wolke hebt sich aus den Trümmern.
Übergangslos schwebt sie im Licht, das der Nebel über das Terminal
verteilt. Eine Art Wolke. Riesig. Gebläht. Dichter als ein Schwarm Stare. Ein
plötzlicher, unnatürlicher Wind fegt heran und flutet das Gelände mit
süßlichen Aromen, Noten von organischer Zersetzung. Zu hoch im Dunst
wabert das Wolkending, als dass sich erkennen ließe, was genau darin
umherschwirrt, was es bildet. Wellen durchlaufen die gewaltige Struktur,
kräuseln und dehnen sie. Ein machtvolles Brausen geht von ihr aus, Sirren
und Flattern, tausendfacher Flügelschlag, doch ohne die warme Klangtextur
von Federn.
»Sie sind orientierungslos!« Pilar, kaum verständlich gegen das Inferno.
»Die Steuerung, Grace! Wo ist die verdammte Steuerung?«
Eine Auswölbung entwächst der Wolke. Streckt sich. Wird zu einem
Schlauch, der sich wie ein kleiner Tornado auf das Wrack des Volvos senkt
und über den verletzten Fahrer stülpt. Kopf und Arme verschwinden unter
schillerndem, tosendem Schwarzgrün. Die Schreie des Mannes erklimmen
Höhen jenseits dessen, was menschliche Stimmbänder hervorzubringen in der
Lage sind, und da ist Grace, vollzieht einen Akt der Gnade, sodass Luther ihr
nicht in den Arm fällt, als sie einen Feuerstoß aus der MP in das zündelnde
Wrack schickt, dorthin, wo der Unglückliche liegt, durchlädt: »Dreckszeug!«,
erneut schießt, und mit einem Mal begreift er ihre wahre Absicht. Eine
Stichflamme schlägt aus dem Volvo. Wie von Sinnen feuert Grace weiter,
entleert ihr Magazin – und da erfolgt auch schon die Explosion, bauscht sich
der brausenden Wolke eine auf ihre Weise ebenso zerstörerische entgegen,
frisst sich in ihr Inneres, entzündet die wild umherschwirrenden Dinger, die
wie biblischer Feuerregen am Himmel ihre Spuren ziehen, über die Köpfe der
Gruppe hinwegzischen, in die Container krachen und zuckend verglühen.
Die Hitze zwingt Luther zurück.
Sollte Graces Plan aufgegangen sein?

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