„Dieser Haushalt ist
eine doppelte Null –
nämlich kein Plan und
kein Geld.“
Katrin Göring-Eckardt,
Grünen-Fraktionschefin
„Unsicherheit ist für Unternehmen
immer schlecht. Deshalb ist
beim Brexit ein Ende mit
Schrecken sicherlich besser als
ein Schrecken ohne Ende.“
Michael Schmidt, Präsident der Handelskammer
Stimmen weltweit
Die linksliberale slowakische Tageszeitung
„Pravda“ schreibt zum britischen Brexit-Streit:
B
oris Johnson behauptet, sein Ziel sei es,
bis zur Wiedereröffnung des Parlaments
Mitte Oktober eine neue Vereinbarung
mit der EU vorzulegen. Das Problem ist aber
nicht nur, wie so eine neue und zugleich für bei-
de Seiten annehmbare Vereinbarung aussehen
sollte. Das Hauptproblem ist vielmehr, dass aus
dem Regierungsumfeld durchsickert, es gebe kei-
nerlei Beweise dafür, dass sich der Regierungs-
chef tatsächlich mit einer solchen neuen Verein-
barung überhaupt ernsthaft befasse. Auch von
der europäischen Seite ist nichts dergleichen zu
vernehmen. (...) Das britische Parlament lehnt
den von Theresa May mit der EU ausgehandelten
Vertrag ab. Dasselbe Parlament lehnt aber auch
einen EU-Austritt ohne Vereinbarung ebenso wie
eine Rücknahme des Brexits ab. (...) Johnson be-
harrt darauf, dass Großbritannien die EU zum
- Oktober mit oder ohne Vereinbarung verlas-
sen werde. Ersteres ist derzeit nicht möglich,
weil es keine neue Vereinbarung gibt, Letzteres
wiederum ist gesetzeswidrig. Mit welchem riesi-
gen Krach wird das alles am Ende platzen?
Zum Wunschteam der designierten
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der
Leyen meint die belgische Zeitung „De Tijd“:
N
icht unwichtig ist ebenfalls, dass die neue
EU-Kommission eine Generaldirektion
für Verteidigungsindustrie und Raum-
fahrt bekommt. Angesichts eines wachsenden
Misstrauens gegenüber den USA, die bislang
noch für unsere Sicherheit bezahlen und einste-
hen, ist auch das keine schlechte Entscheidung.
Wird diese Kommission Fehler machen? Das ist
so gut wie sicher. Wird sie perfekt sein? Keines-
wegs. Ist es lächerlich, künftig einen Kommissar
für den Schutz des „European Way of Life“ zu
haben? Das könnte es wohl sein. Aber wenn man
die Frage stellt, ob diese Mannschaft in der Lage
sein sollte, die Europäische Union in ihrer tägli-
chen Arbeit gut zu führen und ihr ein Gesicht zu
dpa, krohnfoto.de, ddp/abaca pressgeben, dann lautet die Antwort ja.
Zur Entlassung des Nationalen Sicherheits -
beraters John Bolton durch US-Präsident
Donald Trump meint der Londoner „Guardian“
am Mittwoch:
S
o befriedigend sein Abgang sein mag, so
wenig dürfte sein Nachfolger – wer auch
immer ausgewählt wird – eine nennenswer-
te Verbesserung sein. Niemand sollte dieser
chaotischen und dysfunktionalen Administration
Beifall spenden. Ihr Boss weidet sich an Streitig-
keiten und internen Querelen seiner Mitarbeiter.
Das erlaubt ihm, seinen von Launen, spontanen
Reaktionen und Eitelkeiten geprägten Regie-
rungsstil fortzusetzen. (...) Dieser Nationale Si-
cherheitsberater mag die extremste all jener
Stimmen gewesen sein, die Trump drängten, den
Druck auf den Iran zu erhöhen. Aber er war si-
cher nicht allein. Boltons Anwesenheit im Wei-
ßen Haus war beängstigend. Doch weit beängsti-
gender ist, dass es weiterhin von dem Mann be-
wohnt wird, der ihn angeheuert hatte.
I
m Jahr zehn nach der großen Finanzkrisen-Rezessi-
on schrumpft Deutschlands Wirtschaft in diesem
Sommer erstmals wieder in zwei aufeinanderfol-
genden Quartalen. Das ist nach einem so langen Auf-
schwung noch lange keine Krise. Aber durchaus ein An-
lass, genauer auf die Schwächen dieses Landes zu
schauen. Und vor allem: diese Schwächen beherzt an-
zugehen, denn sie sind ja lange schon offensichtlich.
Vor fünf Jahren bereits ließ der damalige Wirtschafts-
minister Sigmar Gabriel (SPD) eine Kommission unter
Leitung von DIW-Präsident Marcel Fratzscher die maro-
de Infrastruktur vermessen, den Investitionsbedarf fest-
stellen und Lösungsvorschläge erarbeiten. Seither weiß
jeder, dass massive Investitionen in Straßen, Schienen,
digitale Netze, in Schulen und in die Forschung notwen-
dig sind, damit Deutschlands Wirtschaft dauerhaft mit
den USA, China, Südkorea mithalten kann.
Ja, die Bundesregierung hat recht: Die Investitionen
wurden erhöht, und der Engpass liegt in den öffentli-
chen Bauämtern. Sie hat aber gleichzeitig auch unrecht:
Ihre Investitionen reichen längst nicht für eine umfas-
sende Reparatur plus Modernisierung aller Infrastruk-
turen. Auch am Personalengpass in den Bauämtern hät-
ten Regierungen von Bund, Ländern und Kommunen
längst intensiver arbeiten können, zum Beispiel, indem
sie liegen gebliebene Investitionsmittel für mehr Perso-
nal umwidmen.
Die öffentliche Infrastruktur bildet das Fundament
für Investitionen auch der privaten Wirtschaft. Wer dort
spart, riskiert, dass die gesamte Volkswirtschaft zurück-
fällt und langfristig unter ihren Möglichkeiten bleibt.
Deutschland droht so, als ganzes Land abgehängt zu
werden, nicht nur die ländlichen Regionen im Osten. Je-
der für Infrastruktur ausgegebene öffentliche Euro fi-
nanziert sich auf lange Sicht selbst.
Das Problem der Bundesregierung ist, dass sie achsel-
zuckend hinnimmt, dass Geld nicht sofort abfließt.
Nach Jahren strengen Sparens auf allen öffentlichen
Ebenen wird es nun aber auch einige Jahre dauern, den
Rückstand aufzuholen. Notwendig wäre deshalb ein auf
ein Jahrzehnt angelegtes Investitions- und Innovations-
programm, das jährlich wächst – und nicht, wie es der
Finanzplan vorsieht, stagniert. Es hätte noch einen
nicht zu unterschätzenden Nebeneffekt: Die Bauindus-
trie würde endlich darauf vertrauen, dass ihr Boom
nicht nur ein kurzfristiger ist. Die Unternehmen wür-
den den Mut fassen, ihre Kapazitäten auszuweiten.
Fahren auf Sicht ist eine gute politische Strategie in
Großkrisen wie der Finanzkrise 2008/9. Eine normale
Rezession wie jetzt sollte der Anstoß sein für langfristi-
ges Handeln. Neuer politischer Schwung hilft dann
auch der Konjunktur.
Konjunktur
Laute Warnsignale
Die Bundesregierung muss jetzt
das tun, was überfällig ist: in das
Fundament, eine moderne
Infrastruktur, stetig investieren,
fordert Donata Riedel.
Die Autorin ist Hauptstadtkorrespondentin in Berlin.
Sie erreichen sie unter:
[email protected]
Wirtschaft & Politik
DONNERSTAG, 12. SEPTEMBER 2019, NR. 176^15