Der Spiegel - 07.09.2019

(Ron) #1

politischen Leitlinien erarbeiten, die Un-
terschiede zu den Wettbewerbern heraus-
arbeiten, die Kampagnenfähigkeit der Par-
tei herstellen, ihr Profil schärfen, auch mal
zuspitzen und damit dafür sorgen, dass die
Menschen wissen, was sie mit der CDU
bekommen.
SPIEGEL: Wir wollen gern wissen, wo Sie
innerhalb der CDU politisch stehen.
Ziemiak: Sie wollen mich in eine Schub-
lade stecken.


Ich bin weder einer vom liberalen Flügel
noch ausschließlich ein Konservativer oder
nur christlich-sozial.
SPIEGEL: Ihre Partei legt gerade in einer
ganzen Reihe von Politikfeldern ihre Linie
fest. Haben Sie mal ausgerechnet, was die
Ausgabenwünsche der Union zusammen-
genommen kosten würden? Klimaschutz,
Senkung der Unternehmensteuer, Abbau
des Solidaritätszuschlags, Erhöhung des
Wehretats?
Ziemiak: Selbstverständlich geht nicht
alles auf einmal. Es ist unsere Aufgabe als
Politiker, die Prioritäten richtig zu setzen.
Dabei müssen wir allerdings auch beden-
ken, was es kostet, wenn wir nichts unter-
nehmen. Denn sonst haben wir dauerhaft
viel größere Probleme.
SPIEGEL: Der Vorsitzende der CDU/CSU-
Bundestagsfraktion, Ralph Brinkhaus, hat
neulich allein die notwendigen Ausgaben
im Klimaschutz auf mehrere Hundert Mil-
liarden Euro in den kommenden zehn Jah-
ren beziffert. Wie soll das bezahlt werden,
wenn Sie gleichzeitig auf der schwarzen
Null, also einem Haushalt ohne neue
Schulden, beharren?
Ziemiak: Entscheidend ist eine gute wirt-
schaftliche Entwicklung. Wenn die Wirt-
schaft wächst, werden wir auch noch mehr
in der Welt verkaufen, und wenn wir eine
größere Binnennachfrage haben, steigen
die Steuereinnahmen. Das müssen wir mit
den richtigen wirtschaftspolitischen Impul-
sen hinbekommen. Und ganz sicher nicht
mit Steuererhöhungen, wie die SPD sie
fordert.
SPIEGEL: Wenn Sie keine Steuererhöhun-
gen wollen, bleiben nur neue Schulden.
Ziemiak: Nein. Die CDU ist die Partei der
soliden Finanzen. Daher wird es mit uns
keine neuen Schulden geben. Unser Ziel
war und ist, die Wirtschaftskraft in unse-
rem Land zu stärken und so die Einnah-
men zu erwirtschaften, die zur Gestaltung
von Zukunftsprojekten notwendig sind.
Und: Bevor wir über die Kosten spekulie-
ren, muss das Klimapaket erst einmal vor-
liegen. Das warten wir jetzt ab.
SPIEGEL: Warum halten Sie jetzt an der
schwarzen Null fest? Selbst ihnen nahe -
stehende Ökonomen halten das Konzept
derzeit für wenig sinnvoll.
Ziemiak: Weil wir an die Zukunft unserer
Kinder und Enkel denken. Es gilt der Satz:
Schulden von heute sind die Steuern von
morgen. Über Jahrzehnte wurden neue
Schulden gemacht und so Belastungen in
die Zukunft verschoben. Wir haben das
Ruder herumgerissen und dafür gesorgt,
dass der Bund seit mehreren Jahren keine
neuen Schulden mehr aufnimmt. Die
schwarze Null steht damit für Nachhaltig-
keit und Generationengerechtigkeit.
Interview: Melanie Amann,
Florian Gathmann, Ralf Neukirch

DER SPIEGEL Nr. 37 / 7.9. 2019 39


SPIEGEL: Nein. Uns interessiert, was der
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak will.
Ziemiak: Ich möchte eine CDU, die auf
der Basis ihrer Werte Antworten auf die
großen Zukunftsfragen gibt: Wie garantie-
ren wir wirtschaftliche Stärke und Arbeits-
plätze in den Zeiten von Globalisierung
und Digitalisierung? Welche Antworten
geben wir auf den Klimawandel? Wie stär-
ken wir die Europäische Union? Welchen
Beitrag leistet Deutschland in der Welt?

STEFFEN ROTH / DER SPIEGEL
Unionspolitiker Ziemiak: »Meine Gedanken schwirren nicht um mich«
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