DER SPIEGEL Nr. 37 / 7. 9. 2019^83
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lichen Freundin in Bogotá ein Kind hat,
das er noch nie gesehen hat. Comandante
Alviuz hat sich eine Flasche Havana Club
besorgt, kubanischen Rum, anderen wür-
de er nicht trinken, sagt er.
Es ist ein friedlicher Moment. Man fragt
sich, ob Alviuz glaubt, dass er Weihnach-
ten erlebt. Er hat mächtige Gegner. Das
Militär verfügt über die modernsten Waf-
fen und Kommunikationstechnik, von der
er nicht mal ahnt, dass es sie gibt. Seinen
Kämpfern dagegen fehlen Unterhosen.
»Zwei Dinge werden passieren«, sagt Al-
viuz irgendwann. »Auf meinen Kopf ist eine
halbe Milliarde Pesos ausgesetzt. Was
macht ein General, der weiß, wo ich bin?
Der wartet ein Jahr, dann ist es eine Milliar-
de. Die Hälfte davon kann er behalten.«
Laut Alviuz haben die Hardliner im Mi-
litär großes Interesse am neuen Konflikt.
Glaubt wirklich irgendjemand, fragt er,
dass die Armee auf ihre Hubschrauber flüge
und Bombenteppiche verzichten wolle?
»Die werden uns in Ruhe wachsen lassen.
Die Chance lassen sie sich nicht entgehen.«
Was will er, was wollen die Farc?
»Die Machtübernahme, den Sieg der
Massen. Darum geht es.« Er meint es ernst.
Aber da sich die Zeiten änderten, müssten
sich auch die Farc ändern. »40 Prozent un-
serer Kräfte müssen in urbanen Zentren
operieren. Als kleine Zellen, die nichts
voneinander wissen und unabhängig von-
einander Aktionen durchführen.«
Terrorismus?
»Kampf«, sagt Alviuz.
Einen Tag später zirkuliert ein Video
im Netz, das in Kolumbien wie eine Bom-
be einschlägt. Iván Márquez, lange Zeit
einer der bekanntesten Köpfe der Guerilla
und vor gut einem Jahr untergetaucht, ist
dort umgeben von Uniformierten zu sehen
und redet in ein Mikrofon. »Solange es
den Willen zum Kampf gibt, gibt es die
Hoffnung auf den Sieg«, steht auf einem
Banner hinter ihm.
Es ist der Donnerstag vergangener
Woche. Márquez kündigt an, dass die Farc
den Friedensprozess beenden und wieder
zu den Waffen greifen werden. Noch weiß
niemand, ob Márquez weitgehend allein
ist und ob da nur ein Mann ohne Gefolg-
schaft spricht. Aber es gibt Indizien dafür,
dass er Mitstreiter hat.
Danilo Alviuz sagt, allein in Putumayo
gebe es 500 einsatzbereite bewaffnete
Guerilleros, 2000 sollen es im ganzen
Land sein. Die Zahlen kann niemand se -
riös überprüfen. Bekannt ist jedoch, dass
der ELN, eine kleinere Guerilla, die sich
dem Friedensprozess nicht angeschlossen
hatte, bereits ankündigte, mit den neuen
Farc kooperieren zu wollen. Das wären
etwa 3000 Kämpfer.
Anders ausgedrückt: Kolumbien ist wie-
der im Krieg.