Der Tagesspiegel - 07.09.2019

(John Hannent) #1

Ich bin Bauzeichner und höre immer wie-
der von Auslandsaufenthalten von Azubis
oder Studierenden. Gibt es auch für ältere
Beschäftigte wie mich, ich bin 50, solche
Möglichkeiten, ihren Horizont zu erwei-
tern und einen befristeten Austauschjob im
Ausland anzutreten? Und hilft womöglich
die Arbeitsagentur, eine entsprechenden
Stelle zu finden?


Grundsätzlich ist es durchaus möglich,
auch im späteren Erwerbsleben zeitlich
befristet einen Arbeitsaufenthalt im Aus-
landzurealisieren.Innerhalbder EUpro-
fitieren wir von der Arbeitnehmerfreizü-
gigkeit, die im Maastrichter Vertrag 1992
erstmals fixiert wurde und aktuell durch
die Richtlinie 2004/38/EG geregelt ist.
Das bedeutet konkret: Sie können in je-
dem Land der EU beziehungsweise des
Europäischen Wirtschaftsraums (EWR:
EU undIsland, Liechtensteinund Norwe-
gen)sowieinderSchweiz eine Arbeitauf-
nehmen,ohnedassSiedafür eineArbeits-
erlaubnis benötigen.
Sie sollten jedoch vorab Ihren Arbeits-
aufenthalt gründlich planen, da Ihr Ar-
beitsverhältnis und Ihr Aufenthalt den
Rechtsvorschriften des Ziellandes unter-
liegen werden. So müssen Sie nach den
dortigen Regeln Steuern zahlen, sind an
die Sozialversicherungspflichten gebun-
den, müssen sich gegebenenfalls Ihren
deutschen Berufsabschluss anerkennen
lassen und so weiter.
DamitIhr Vorhabengelingen kann, soll-
ten auch einige Voraussetzungen erfüllt
sein: Zum Beispiel sind Kenntnisse der
Landessprache wichtig, um sich bei der
Arbeit und im Land verständigen zu kön-
nen. Auch ein gewisses finanzielles Pols-
ter ist notwendig, um den Aufenthalt
stemmenzu können.DennSie müssen da-
mit rechnen, dass vor allem am Anfang
eines Auslandsaufenthaltes nicht alles
glatt läuft. Natürlich muss auch der Ar-
beitsmarkt Ihres Wunschlandes günstig
sein, damit Sie dort eine Chance auf eine
Stelle haben. Und nicht zu vergessen: Die
soziale Absicherung muss organisiert
werden. Bei all diesen Fragen berät Sie
die Zentrale Auslands- und Fachvermitt-
lung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit
(Tel. 0228 713-1313 oder E-Mail:
[email protected]).
Ein „Austausch“ im Sinne einer zeitlich
befristeten Beschäftigung im Ausland bei
gleichzeitigerBeibehaltungdes Beschäfti-
gungsverhältnisses in Deutschland ist al-
lerdings eher schwierig. Ein solcher Weg
lässt sich am besten realisieren, wenn Sie
einen Arbeitgeber haben, der Sie als Mit-
arbeiter ins Ausland entsendet. Hat Ihr
Unternehmen eine ausländische Depen-
dance? Dann könnten Sie mit Ihrem Ar-
beitgeber über einen zeitlich begrenzten
Personalaustausch sprechen – und auf
diese Weise Ihren Wunsch verwirkli-
chen. Foto: Thilo Rückeis



  • Haben Sie auch eine Frage?
    Dann schreiben Sie uns:


E-Mail:
[email protected]

Von 9 bis 12 Uhr: Vorbereitung und Sit-
zung der Kommission für Frauenförde-
rung, um über die Mittelvergabe aus dem
Gleichstellungsfonds der Berliner Hum-
boldt-Universität (HU) zu entscheiden;
12 bis 13 Uhr: Treffen mit der HU-Vize-
präsidentin für Studium und Lehre sowie
Studierenden. Danach eine Stunde Ge-
spräch mit der eigenen Stellvertreterin.
14 bis 16 Uhr: Plenum der 36 dezentra-
len HU-Frauenbeauftragten. Im An-
schluss E-Mails beantworten bis in den
späten Abend. Nein, die Arbeit von Ur-
sula Fuhrich-Grubert ist kein Nine-to-
five-Job. Seit zehn Jahren ist sie die zen-

traleFrauenbeauftragteanderHU.„Mein
Zielist,GleichstellungalsSelbstverständ-
lichkeit an der Universität zu etablieren“,
sagt die promovierteHistorikerin.
Als sie ihre Stelle im August 2009 an-
trat, brachte sie eine Menge Erfahrung
mit: Sie war vorher stellvertretende zen-
trale Frauenbeauftragtean der Freien Uni-
versität Berlin sowie zentrale Frauenbe-

auftragte an verschiedenen Berliner
Hochschulen: der Fachhochschule für
Verwaltung und Rechtspflege, der Hoch-
schule für Wirtschaft und Recht und der
Hochschule für Musik „Hanns Eisler“.
An der HU ist ihr Aufgabenfeld groß.
Als Frauenbeauftragte ist sie in zahlrei-
chen Gremien der HU vertreten, etwa im
Kuratorium, dem Akademischen Senat
sowie der Entwicklung- und Planungs-
kommission. Sie nimmt an Sitzungen von
Berufungskommissionen teil, jenen Gre-
mien, die Kandidaten für zu besetzende
Professuren finden wollen. „Sollten auf
einer Berufungsliste nur Männer vertre-
ten sein, ist es meine Aufgabe zu interve-
nieren“, sagt sie. Das komme schon noch
desÖfterenvor, etwa inmännerdominier-
ten Fächern wie Physik oder Informatik.
„Dies lässt sich nicht immer vermeiden,
es muss allerdings sehr gut begründet
sein, warum keine Wissenschaftlerinnen
darauf zu finden sind“, sagt sie. Ihre Auf-
gabe sei es dann nicht zuletzt diese Be-
gründungen einzufordern, denn:„Gleich-
stellung bedeutet auch, den Frauenanteil
in jenen Bereichen zu steigern, in denen
Frauen unterrepräsentiert sind“, sagt sie.
Bundesweit ist es für Frauen immer
noch schwierig, bis zur Professur aufzu-
steigen. Auf dem Weg von der Promotion
über die Postdoc-Phase bis hin zur Profes-
sur nimmt ihr Anteil stetig ab. Nur ein
Viertel der Lehrstühle sind an Deutsch-
landsHochschulenvonFrauenbesetzt.Im-
merhin: Die HU schneidet mit einem Pro-
fessorinnenanteil von mehrals 32 Prozent
überdurchschnittlich gut ab, bei Fuh-
rich-Gruberts Amtsantritt waren es noch
16Prozent. „Eshatsichetwasgeändertim
Bewusstsein von vielen Menschen an der
HU, Chancengleichheit und Vielfalt wer-
denimmerwichtiger“,sagtsie.DieserKul-
turwandelwirdauchanschaulichgemacht:
Seit Oktober 2014 steht im Ehrenhof der
Universität ein Denkmal für die Naturwis-
senschaftlerinLiseMeitner.Esistdaserste
öffentlicheDenkmalfüreineWissenschaft-
lerin bundesweit, wie die Mitinitiatorin
Fuhrich-Grubertanmerkt.Meitnerwardie
ersteFrau,die1926anderBerlinerUniver-
sitäteineProfessurübernommenhat.
Zuständig ist Fuhrich-Grubert, die ein
Team von bis zu zwölf Mitarbeiterinnen
leitet, noch für viele andere Bereiche. So
hat sie im Jahr 2010 das Familienbüro ge-
gründet, das HU-Angehörigen bei allen
FragenrunddasThemaVereinbarkeitvon
BerufundFamiliehelfensoll.AuchalsKar-
riereberaterin steht sie bereit, für Dokto-
randinnen genauso wie für Professorin-
nen. Für letztere hat ihr Team auch ein
Leadership-Programm entwickelt, das
WissenschaftlerinneneinJahrlangWork-
shops, Einzelcoachings oder Netzwerk-
treffenanbietet.„Esgehtdarum,siemitei-
nander zu vernetzen, sie aber auch zu un-
terstützen, sich in Leitungspositionen in
Wissenschaft und akademischer Selbst-
verwaltung, etwa als Dekanin oder als
Sprecherin großer Forschungsverbünde,
zuetablieren“, sagt sie.
Auch zuden Themensexualisierte Dis-
kriminierung und Gewalt sowie Mobbing
und Stalking gibt Fuhrich-Gruberts Team
Ratschläge. „Sexualisierte Diskriminie-
rung und Gewalt sind tabuisierte The-
men und richten sich vor allem gegen
junge Frauen“, sagt sie. Beispiele dafür
wurden ihr in ihrem beruflichen Leben
zahlreiche geschildert – zum Beispiel von
jener Wissenschaftlerin, die von ihrem
Professor gemobbt wurde, sich aber
nicht an die dezentrale Frauenbeauf-
tragte wendenkonnte, da diesedie Sekre-

tärin des Professors war. So wandte sie
sich an Fuhrich-Grubert. Oder eine Pro-
fessorin, die sich in ihrem Institut diskri-
miniert fühlte und dann zu ihr kam. Der
Umgang mit solchen Fällen ist an der HU
in einer Dienstvereinbarung und Richtli-
nie für ein respektvolles Miteinander ge-
nau beschrieben. „Ich verstehe mich als
Anwältin der Betroffenen“, sagt die Frau-
enbeauftragte. Sie hört ihnen zu, sichert
ihnen Vertraulichkeit zu und bespricht
dann mit ihnen die Möglichkeiten, wie
sieweiter damitumgehen können. Prinzi-

piell überlasse sie die Entscheidung der
Betroffenen: „Ich kann die Sache auf sich
beruhen lassen oder ich gebe das weiter,
etwa an diePersonalabteilung oder andie
Universitätsleitung, je nachdem, welche
Position der oder die Beschuldigte an der
HU innehat“, sagt sie. Mit der Entwick-
lung auf dem Gebiet der Chancengleich-
heit an der HU ist die Frauenbeauftragte
zufrieden. Immerhin: Die Hälfte der Mit-
glieder des Präsidiums und der Abtei-
lungsleitungen sind heute Frauen, freut
sich Fuhrich-Grubert.

Absolvent der Geisteswissenschaft:
Fast jeder vierte wird Chef
Geisteswissenschaftler stehen zwar be-
ruflich im Schnitt weniger gut da als an-
dere Akademiker, doch von einer proble-
matischenLage kannnach Ansicht desIn-
stituts der Deutschen Wirtschaft (IW)
nicht die Rede sein. Die Erwerbslosigkeit
liege im Durchschnitt der Bevölkerung,
die Mehrheit der Geisteswissenschaftler
sei weder geringfügig noch befristet be-
schäftigt, ergab der in Köln veröffent-
lichte IW-Report „Geisteswissenschaft-
ler auf dem Arbeitsmarkt“. Von den rund
505000 Geisteswissenschaftlern in
Deutschland arbeiteten demnach im Jahr
2016 rund 140000 als Führungskräfte.
Insgesamt gestalte sich die Beschäfti-
gungslage der Literatur- und Sprachwis-
senschaftler, Ethnologen, Soziologen,
Philosophen, Historiker oder Theologen
höchst unterschiedlich. Geisteswissen-
schaftler seien häufiger als der Schnitt
der Akademiker inadäquat beschäftigt.
Würden allerdings nur die in Vollzeit Er-
werbstätigen betrachtet, erreichten die
Geisteswissenschaftler nahezu ebenso
häufig ein der akademischen Ausbildung
entsprechendes Anforderungsniveau wie
der Schnitt der Akademiker. Bei den Kar-
rierepositionen und vor allem beim Ein-
kommen seien die Unterschiede zwar
größer. Die Mehrheit der Geisteswissen-
schaftler finde sich aber ebenso wie die
Mehrheit der Akademiker in einer mittle-
ren Einkommensgruppe wieder. epd

Bildungsurlaub nehmen:
Berliner Senat ermutigt Beschäftigte
In Berlin sollen mehr Arbeitnehmer von
ihrem gesetzlich verbrieften Recht auf
zehn Tage Bildungsurlaub innerhalb von
zwei Kalenderjahren Gebrauch machen.
DerSenatunddieLandeszentralefürpoli-
tische Bildung haben dazu eine Kampa-
gnegestartet.„LebenslangesLernen istin
einer sich stark wandelnden Arbeitswelt
sehrwichtig“,sagteArbeitssenatorinElke
Breitenbach(Linke).VonberuflicherWei-
terbildung profitierten Beschäftigte und
Betriebe.DennochnutztenimVorjahrwe-
niger als ein Prozent der sozialversiche-
rungspflichtigBeschäftigtenAngeboteim
Rahmenvon Bildungsurlaub. dpa

KARRIEREFrage


Bundesweit gibt es weder eine Ausbil-
dung noch ein Studium, das auf den
Job von Frauen- oder Gleichstellungsbe-
auftragten an wissenschaftlichen Ein-
richtungen vorbereitet. Einzigartig ist
deshalb das einjährige Programm „Fu-
tura“, das vom Weiterbildungszentrum
der Freien Universität Berlin angeboten
wird. Es richtet sich an Gleichstellungs-
akteure an Hochschulen und Wissen-
schaftseinrichtungen bundesweit, die
idealerweise bereits in diesem Bereich
tätig sind oder dort demnächst ihre Ar-
beit aufnehmen, etwa als dezentrale
oder zentrale Frauen- beziehungsweise
Gleichstellungsbeauftragte, als Mitar-
beitende in Chancengleichheitsbüros
oder in Forschungsprojekten Zustän-
dige für Gleichstellung. Das Programm
beginnt im Sommersemester 2020; pro
Semester wird ein Modul angeboten.
Die insgesamt vier Module thematisie-
ren etwa Grundlagen der Gleichstel-
lungsarbeit, rechtliche Aspekte oder ver-
mitteln Tipps und Methoden, wie man
wirksam beraten kann. Erfolgreiche Teil-
nehmer erhalten ein Zertifikat. Eine An-
meldung ist bereits jetzt möglich unter:
https://bit.ly/2HNhM3n. Bha

GLEICHSTELLUNG LERNEN D


Die Karrierehelferin


Von vier Professuren


in Deutschland ist nur


eine von einer Frau


besetzt. Das zu ändern


ist eine der Aufgaben


von Frauenbeauftragten


an Hochschulen.


Was noch auf ihrer


Agenda steht


an Holger Wenk
Arbeitsagentur Berlin-Brandenburg

Auslandserfahrung


sammeln mit 50?


KARRIERE


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Mit dem Begriff Achtsamkeit ist vor al-
lem die Konzentration auf das Hier und
Jetzt gemeint. Das kann auch im Job hilf-
reich sein, erklärt Dirk Windemuth, Psy-
chologe und Direktor des Instituts für Ar-
beit und Gesundheit (IAG) der Deut-
schen Gesetzlichen Unfallversicherung,
im Magazin „Arbeit & Gesundheit“ (Aus-
gabe 05/2019). Wer seine Aufmerksam-
keit lenken kann, bleibe besser beider Sa-
che, komme mit sich selbst ins Reine und
sei weniger gestresst. Das lasse sich mit
einigenÜbungen trainieren. Tiefdurchat-
men: Vor dem Arbeitstag innehalten und
sich für die anstehenden Aufgaben sam-
meln. Reaktionen hinterfragen: Reagiert
maninbestimmten Situationenimmerge-
reizt, sollte man dem auf den Grund ge-
hen und versuchen, diese Automatismen
zu durchbrechen. Mehr zuhören: In Ge-
sprächen gilt es, die Konzentration auf
das Gegenüber zu lenken. dpa


Ziele stecken und erreichen: Wie man sich selbst managt – Seite K 4


Achtsamkeit


auch am


Arbeitsplatz


EFNACHRICHTEN


Von Benjamin Haerdle

SONNABEND, 7. SEPTEMBER 2019 / NR. 23 938 WWW.TAGESSPIEGEL.DE/KARRIERE SEITE K 1


Das Vorbild.Lise Meitner war 1926 die erste außerordentliche Professorin an der Berliner Universität. Die HU hat ihr 2014 dieses Denkmal gewidmet. Foto: S. Schwartz/HU

Es gibt Dienstvereinbarungen
zum Thema Mobbing

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Rechtsanwälte Wöhlermann, Lorenz & Partner
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WEIL SIE RECHT HABEN!

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