Die Welt am Sonntag Kompakt - 08.09.2019

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40 KULTUR WELT AM SONNTAG NR. 36 8. SEPTEMBER 2019


Geschmackssache. 1999 gingen
DDR-Themen nur in Form von Kla-
mauk. Das hat sich inzwischen zum
Glück geändert.

Wunderbare deutsch-deutsche
Liebesgeschichte in harter politi-
scher Landschaft. Unbedingt emp-
fehlenswert für alle, insbesondere
für Menschen unter 25!

Wer aufmerksam hinschaut, ent-
deckt unterhalb der Lacher eine
ziemlich politische Botschaft: Die
Protagonistin verkraftet die Realität
nur mit Lebenslügen – und den
Wahrheitsschock überlebt sie nicht.

Millionen Menschen weltweit wissen
seit diesem Film, wie die Staats-
sicherheit Menschenleben zerstörte.
Das versöhnt ein wenig mit der
Hollywood-Manier und etlichen
sachlichen Fehlern.

Gehört zu meinen Lieblingsfilmen:
Handlung, Hintergrund, Dialoge,
Tragik, Komik, Schauspieler – alles
perfekt!

Der große Erfolg der Serie ist redlich
verdient. Und wenn hinter den Sta-
si-Geschichten DDR-Alltag sichtbar
wird, dann realistisch und niemals
peinlich. Am besten zusammen mit
Westfreunden anschauen!

TTTja ... gibt bestimmt viele Leute,ja ... gibt bestimmt viele Leute,
denen das gefällt. Ich gehöre nicht
dazu.

Eindrucksvolle Reise in die 50er-
Jahre. Empfehlenswert vor allem
für Leute, die meinen, der Sozialis-
mus in der DDR sei mal eine gute
Sache gewesen, die erst im Lauf der
Jahre aus dem Ruder lief.

Ist für mich ein leichter Film, der
wesentliche Gepflogenheiten in der
DDR auf die Schippe nimmt und
dadurch ihre Absurdität deutlich
macht – ohne sie (zu) leicht dar-
zustellen.

Hier wird die Anstrengung beim
Verbiegen gezeigt, finde ich. Damit
auch, welcher Energieaufwand wohl
im „richtigen DDR-Leben“ damit
verbunden war. Ansonsten kam der
Film mir eher „klamaukig“ vor.

Bedrückend. Die Bedrohung durch
eine Überwachungssituation des
scheinbar „normalen“ Lebens und
die Beschädigung auch der Täter ist
sehr begreifbar dargestellt.

Für mich die bewegendste Dar-
stellung des Lebens in der DDR im
Spannungsfeld zwischen scheinba-
rer Normalität, Opportunismus,
Authentizität und Protest, Elite-
denken und -leben, individuellen
Glücksansprüchen und Lösungs-
versuchen. Und noch viel mehr. Ich
finde „Weißensee“am ehesten mit
eigenem (Er-)Leben in der DDR
üübereinstimmend und bin froh, dassbereinstimmend und bin froh, dass
unsere Familie nicht solche Opfer
bringen musste wie manche Pro-
tagonisten dieses Films.

„Das schweigende Klassenzimmer“
zeigt, welche Kraft im Zusammen-
halt steckt und welche Spannungen
entstehen, wenn sich eine Situation
als komplex erweist (die meisten
Situationen, Gegebenheiten, Ver-
bindungen sind komplex) – und die
Lebenssituation von jungen Men-
schen in der noch jungen DDR. Es
stellt ein schnelles und schmerzli-
ches Erwachsenwerden dar und wie
entscheidend Lebenshaltungen für
das „Am-Leben-Bleiben“ sind.

Marianne
Birtler

„Sonnenallee“steht für den (spiel-)
filmischen Zugang der 90er-Jahre
zur DDR. Die späte DDR war eine
groteske Welt, der man, wie es
scheint, zunächst nur mit Grotesken
oder Komödien begegnen konnte.
Dazu gehören auch „Helden wie wir“
uund später „Good Bye, Lenin!“nd später „Good Bye, Lenin!“

Auf überschaubare Komödien und
Tragödien folgte in den vergange-
nen zehn Jahren die komplexe Re-
flexion. Die Filme dieses Jahrzehnts
trauen und muten dem Zuschauer
zu, dass er sich selbst ein Urteil
bilden muss. Hier sind Gut und Böse
nicht immer eindeutig verteilt. Es ist
symptomatisch, dass viele dieser
neueren Filme und Serien ganz
wertneutral den Namen von geo-
grafischen Bezugspunkten tragen:
„Boxhagener Platz“, „Weißensee“,
„Bornholmer Straße“Bornholmer Straße“Bornholmer Straße“. Anders ist es. Anders ist es
bei „Gundermann“, der zu diesen
komplexeren neuen Filmen über die
DDR gehört und unbedingt erwähnt
werden muss. Hier wird einem die
fertige DDR-Geschichte nicht kon-
sumierbar vorgesetzt. Hier muss
man sie sich selbst anrichten. Das
ist anspruchsvoll, hält das Thema
aber auch weiter spannend.

Britta
Albrecht-
Schatta

Wolfgang
Tiefensee

Jahre Die Filme der Anderen


FREIHEITFREIHEITFREIHEIT


FILME


Sonnenallee (1999)

Wie Feuer und Flamme
(2001)

Good bye, Lenin (2003)

Das Leben der Anderen
(2006)

Boxhagener Platz (2010)

Weißensee (ab 2010)

Das schweigende
Klassenzimmer (2018)

Bornholmer Strasse (2014)

„Good Bye, Lenin!“markiert auch
schon einen Übergang. Immer noch
eine Komödie, hatte er einen tragi-
schen Hintergrund, der sich erst am
Ende des Films erschloss. Das war
der erste Film über die DDR, der einer erste Film über die DDR, der ein
europäischer Kassenschlager war.
Vielleicht hatte das damit zu tun,
dass hier eine untergegangene Zei-
chen- und Warenwelt thematisiert
wurde, ohne dass er in außerhalb
Ostdeutschlands unverständliche
Ostalgie verfallen wäre.

Wenn „Good Bye, Lenin!“ der Ein-
stieg ins „tragische Jahrzehnt“ der
DDR-Filme war, dann war„Das
Leben der Anderen“sein Höhepunkt.
Hier wurde eine klug durchkon-
zipierte Geschichte vom Wandel
eeines Stasi-Offiziers erzählt, den esines Stasi-Offiziers erzählt, den es
so nie gegeben hat. Dieses filmische
Meisterwerk war ein Welterfolg,
wohl gerade weil in ihm die Rollen
von „Gut“ und „Böse“ klar zugewie-
sen wurden.
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