Frankfurter Allgemeine Zeitung - 07.09.2019

(Rick Simeone) #1

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Frankfurt SAMSTAG, 7. SEPTEMBER 2019 · NR. 208 · SEITE 39


Als Geysa Ferreira da Silva ihr Zeugnis
einreichte, hätte sie damit nicht gerech-
net. Doch ihre achtjährige Schulbildung
wurde in Deutschland nicht aner-
kannt – auf den Job im Kindergarten hat-
te sie keine Chance mehr. „Ich dachte, ich
hätte mindestens einen Hauptschulab-
schluss“, erinnert sich Ferreira da Silva.
Als sie vor 18 Jahren aus Brasilien hier-
her gekommen war, hatte sie erst einmal
andere Sorgen gehabt. Die damals Neun-
zehnjährige musste Geld verdienen, des-
halb arbeitete sie lange Zeit als Verkäufe-
rin. Doch dann wurde sie schwanger, die
Arbeit im Schichtdienst kam für sie nicht
mehr in Frage. Deshalb wollte sie Erziehe-
rin werden – und bewarb sich.
Die Zusage des Kindergartens habe sie
schnell bekommen, sagt die Siebenund-
dreißigjährige. Lediglich ihre Zeugnisse
hätten noch geprüft werden müssen.
Dann kam die böse Überraschung. Mitt-
lerweile kann Ferreira da Silva lächeln,
wenn sie sich an die Absage erinnert,
doch damals saß der Schock tief.
Für einen Job oder Ausbildungsplatz in
Deutschland wäre ein Hauptschulab-
schluss die Mindestvoraussetzung gewe-
sen. Ihre Leistung bei einem Sprachtest
war dann aber so gut, dass sie direkt den
Realschulabschluss machen durfte. Sie
ging auf eine Privatschule. Als ihre Lehre-
rin irgendwann mitbekam, dass das Schul-
geld zur Schwierigkeit wurde, empfahl sie
der jungen Frau das Saba-Stipendium der
Crespo Foundation. Mit dessen Hilfe
schaffte sie vor kurzem den Realschulab-
schluss, nun will sie an einer anderen Pri-
vatschule das Fachabitur machen, um da-
nach Soziale Arbeit zu studieren. Mittler-
weile hat Ferreira da Silva zwei Kinder. In
den Armbeugen steht „geliebter Sohn“
und „geliebte Tochter“ auf Portugiesisch.
Wenn morgen die Crespo Foundation
ihre neuen Stipendiatinnen vorstellt, be-


deutet das für viele der jungen Migrantin-
nen zum ersten Mal die Aussicht auf eine
anerkannte Ausbildung. Zwar haben die
meisten in ihren Heimatländern die Schu-
le besucht. In Deutschland jedoch reicht
das aus unterschiedlichen Gründen nicht
immer aus. Deshalb finanziert die Stif-
tung von Wella-Erbin Ulrike Crespo seit
13 Jahren Frauen den Schulabschluss auf
dem zweiten Bildungsweg.
Najat Daniel steht noch am Anfang ih-
rer Ausbildung. Eigentlich lacht die zierli-
che Frau oft, doch sobald es um ihre Aus-
bildung geht, schaut sie ernst. Die gebürti-
ge Syrerin weiß, dass sie sich anstrengen
muss: „Es ist eine Herausforderung, wie-
der in die Schule zu gehen. Ich lerne nicht
in meiner Muttersprache, also muss ich
Gas geben.“ Vor fünf Jahren ist sie nach
Deutschland gekommen. Nun will die
Vierunddreißigjährige an der Volkshoch-
schule ihren Hauptschulabschluss nachho-
len, um Physiotherapeutin oder Kranken-
schwester zu werden. Als eine von 18 Mi-
grantinnen wird die junge Frau deshalb
von diesem Jahr an gefördert.
Der Gründerin sei es ein Anliegen,
Frauen zu fördern, die sich beruflich ent-
wickeln möchten, sagt Projektleiterin
Cora Stein. Weil viele von ihnen in ihrer
Heimat nicht die Möglichkeit hatten, lan-
ge zur Schule zu gehen, will ihnen die Stif-

tung helfen. Dafür können sich in jedem
Jahr Migrantinnen bewerben, die im
Rhein-Main-Gebiet leben. Die Zahl der
angebotenen Stipendien entspricht im-
mer der Zahl an Frauen, die im Jahrgang
zuvor ihren Abschluss gemacht haben.
Wichtigstes Auswahlkriterium sei die
Motivation, sagt Stein. Nach einer schrift-
lichen Bewerbung werden alle Bewerbe-
rinnen zu einem Gespräch eingeladen.
Wer genommen wird, bekommt das Schul-
geld von der Stiftung. In Daniels Fall sind
das 120 Euro, für Ferreira da Silva
350 Euro im Monat. Auch die Fahrtkos-
ten werden übernommen. Die Kinderbe-
treuung wird mit monatlich maximal
150 Euro unterstützt, für Nachhilfe, Wei-
terbildungen und Bücher stehen im Mo-
nat bis zu 100 Euro zur Verfügung.
„Viele Frauen hatten in ihrer Heimat
nicht die Chance, lange zur Schule zu ge-
hen, und können sich das Schulgeld nicht
leisten. Für sie macht das Stipendium den
Unterschied zwischen Bildung und keiner
Bildung aus“, sagt Projektleiterin Stein.
Manchmal gingen Zeugnisse und wichti-
ge Dokumente auf der Flucht verlo-
ren – oder ein Schulabschluss werde wie
in Ferreira da Silvas Fall in Deutschland
nicht anerkannt. In den 13 Jahren, in de-
nen es das Stipendium gebe, habe sie es
noch nicht erlebt, dass eine Stipendiatin
keine Lust mehr gehabt habe.

Zusätzlich zur finanziellen Hilfe wer-
den die Stipendiatinnen beraten und kön-
nen an Gruppen- und Weiterbildungsver-
anstaltungen teilnehmen. So soll ein Netz-
werk entstehen. Wenn eine Stipendiatin
während des maximal dreijährigen Stipen-
diums noch einen weiteren Schulab-
schluss machen möchte, wird auch der ge-
fördert. Eine Ausbildung oder ein Studi-
um deckt das Stipendium aber nicht mehr
ab. Stattdessen gibt es mit dem „Saba-
Mentoring“ ein Anschlussprogramm, das
im ersten Ausbildungs- oder Studienjahr
eine ehrenamtliche Mentorin bereitstellt.
Laila Jiab hat dank Saba zunächst ih-
ren Hauptschulabschluss gemacht. Die
Marokkanerin wohnt seit sieben Jahren
in Deutschland, zwei davon war sie Sti-
pendiatin. In dieser Zeit schaffte sie zum
Hauptschul- auch noch den Realschulab-
schluss an einer Privatschule. Seit No-
vember absolviert die Dreiunddreißigjäh-
rige eine Ausbildung zur Operationstech-
nischen Assistentin. Im ersten Monat der
Ausbildung sei sie oft überfordert gewe-
sen, sagt Jiab. Ihre Mentorin habe sie
aber davon abgehalten, einfach aufzuge-
ben. „Schon als Kind war es mein Traum,
im Operationssaal zu arbeiten. Ich wuss-
te gar nicht, dass das auch mit Realschul-
abschluss möglich ist.“

Weil er die Berufsgenossenschaftliche
Unfallklinik um fast 900 000 Euro be-
trog, hat eine Wirtschaftsstrafkammer
des Landgerichts einen Geschäftsmann
zu sechs Jahren und drei Monaten Frei-
heitsstrafe verurteilt; zur Last gelegt wur-
den ihm zudem Beihilfe zur Untreue und
Bestechlichkeit. Der 43 Jahre alte Danny
H. rechnete nach den Feststellungen des
Gerichts als externer Manager der Perso-
nalabteilung der Klinik zwischen 2009
und 2013 zusätzlich zu seinem vertrag-
lich korrekt vereinbarten monatlichen Fi-
xum von 15 000 Euro netto über zwei
Consultingfirmen noch weitere Leistun-
gen ab, zum Teil deutlich überhöht. Ins-
besondere verlangte er zusätzliches Ho-
norar für die Rekrutierung von Mitarbei-
tern. Das war, wie das Gericht weiter fest-
stellte, zwar mit dem damaligen kauf-
männischen Direktor abgesprochen, je-
doch habe H. diese Beträge noch weiter
unberechtigt erhöht.
Überdies schädigte H. die Klinik laut
Urteil dadurch, dass er seinen Schwieger-
vater angeblich als Fahrer zu einem Stun-
densatz von 85 Euro einstellte und ihm
insgesamt Lohn in Höhe von rund
30 000 Euro überweisen ließ. Tatsäch-
lich tauchte dieser nie am Klinikum auf;

Hintergrund waren offenbar Schulden
des Schwiegervaters, die der Angeklagte
auf diese Weise tilgen wollte. Der Schwie-
gervater des Managers ist wegen Betrug
zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verur-
teilt worden. 14 000 Euro bar ließ sich
Danny H. schließlich an der Klinikskas-
se mit der Begründung auszahlen, das
Geld wolle er einem ehemaligen Be-
triebsratsmitglied als Abfindung geben.
Er behielt es für sich. Er sei der Meinung
gewesen, das stehe ihm zu, er arbeite
schließlich mindestens so viel wie ein
Chefarzt.
Der Kammervorsitzende stellte fest,
dass es dem Angeklagten an der BGU-
Klinik sehr leicht gemacht worden sei.
Vor allem habe es der kaufmännische Di-
rektor mit der Kontrolle nicht sehr genau
genommen, sondern sich die Vorgänge
nur sehr oberflächlich angeschaut. Der
leitende Mitarbeiter war nicht angeklagt
worden. Das ursprünglich wegen des Ver-
dachts der Untreue eingeleitete Verfah-
ren – Forderungen des Angeklagten wur-
den mit Zustimmung des Direktors um-
deklariert – wurde gegen Zahlung von
125 000 Euro und die Leistung von
150 Stunden gemeinnützige Arbeit einge-
stellt. hs.

Heimtückischen Mord aus niedrigen Be-
weggründen wirft die Staatsanwalt-
schaft einem 35 Jahre alten Mann aus
Pfungstadt vor. Er hat gestanden, im Fe-
bruar dieses Jahres in Bockenheim seine
ehemalige Lebensgefährten mit einem
Messer getötet zu haben. Anschließend
versuchte er, sich mit Tabletten und Al-
kohol selbst zu töten, was aber misslang.
Er wird sich demnächst vor einer
Schwurgerichtskammer des Landge-
richts zu verantworten haben.
Die Frau, eine 32 Jahre alte Ärztin,
hatte drei Monate zuvor vom Amtsge-
richt einen Beschluss erwirkt, wonach
der Mann sich ihr nicht nähern und
auch keinen Kontakt mehr zu ihr aufneh-
men dürfe. Anlass war ein Besuch im
Dezember 2018, als er die Frau massiv
bedrängt und belästigt hatte.
Am 17. Februar dieses Jahres passte
der Fünfunddreißigjährige laut Staatsan-
waltschaft die Frau vor der Tür des

Mehrfamilienhauses ab, in dem sie
wohnte, und verwickelte sie zunächst in
ein langes Gespräch. Er soll von einer
„letzten Chance“ gesprochen haben, die
er der Beziehung noch geben wolle; da-
bei hatte er diese einige Wochen zuvor
selbst beendet.
Nach den Erkenntnissen der Staatsan-
waltschaft griff der Mann zu einem mit-
geführten Küchenmesser, als sich seine
frühere Lebensgefährtin zur Tür um-
drehte, um ins Haus zu gehen. Zunächst
habe er auf ihren Hinterkopf eingesto-
chen, dann auf ihren Oberkörper und
ihr Gesicht. Als das Opfer am Boden
lag, schnitt er ihr die Kehle durch.
Ein Anwohner hatte vergeblich ver-
sucht, den Täter durch Rufe und das
Werfen einer Mülltonne von weiteren
Angriffen abzuhalten. Die Frau verblu-
tete. Der Mann floh und schluckte Ta-
bletten. Verwandte fanden ihn noch
rechtzeitig. hs.

Motiviert:Laila Jiab, Geysa Ferreira da Silva und Najat Daniel (von links) haben ihre Schulbildung in Deutschland dem „Saba“-Sti-
pendiumzu verdanken. Das eröffnet ihnen neue Perspektiven. Fotos Marcus Kaufhold

Die Kehle durchgeschnitten


Wegen Mordes an ehemaliger Lebensgefährtin angeklagt


„Kaum Kontrolle“


Früherer Personalmanager der BGU erhält hohe Strafe


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    Von Sarah Koldehoff



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