Kosmos, den die Erde zu bieten hat. Kein
anderer Planet in unserem Sonnensys
tem hat eine höhere Dichte als unserer,
und er erscheint uns kompakt und fest.
"Aber seine Kruste darf man sich nicht
im Packeis der Arktis. Aber das Erdinnere stellt sie noch vor
ganz andere Herausforderungen. Mit der Tiefe nimmt der
Druck zu. Und auch die Temperatur. Pro Kilometer steigt sie
im Durchschnitt um 25 Grad Celsius an. Spätestens ab fünf
Kilometern - bei mehr als 120 Grad - lösen sich allmählich
als einen soliden Block vorstellen", er- die Zellwände auf. Dennoch könnten die Extremisten an
zählt Maggie Lau später, "das Gestein
ist teils porös oder gar von Klüften und
Rissen durchzogen." Es wandelt sich
langsam, aber stetig -Beben, Vulkan
ausbrüche und andere Kräfte der Plat
tentektonik schieben den Fels an einer
Stelle zusammen und reißen ihn andern
orts auf. In den Hohlräumen existiert
Wasser, 100-malmehr als in allen Seen,
Sümpfen und Flüssen zusammengenom
men. Darin sind Minerale und Gase ge
löst, sonst nichts.
Doch diese unterirdische Welt steckt
voller Leben. Vor allem mikroskopisch
kleine Einzeller besiedeln sie, darunter
Bakterien und die ihnen sehr ähnlich
sehenden Archaeen.
In Kohle brocken, die aus Hunderten
Metern Tiefe stammten, entdeckten Geo
logen Anfang des 20. Jahrhunderts erst
mals solche Mikroben. Und sie fragten
sich: Wie waren die Winzlinge in die
Lagerstätte gelangt? Und was hatten sie
da unten zu suchen? Auch in Löchern,
die zur Erdölgewinnung gebohrt wor
den waren, fanden sich Einzeller. Und in
Gesteinskernen, welche Wissenschaftler
vor der Küste Perus, aus Sedimentschich
ten in Virginia oder aus dem Fels unter
halb des grönländischen Eisschilds her
ausgedrillt hatten. Es war fast egal, wo
sie die Scholle löcherten. Ozeanboden,
Gebirge, Flachland. Zehn Meter tief oder
- Sie waren überall. Würde man sich
vor Bagdads Toren, am Strand von Rio
oder in Gelsenkirchen-Mitte in die Erde
graben - man wäre nirgendwo allein.
Mindestens ein Zehntel der gesamten
Biomasse der Erde, rechnen Forscher
hoch, ist im Keller beheimatet, ein paar
Kilometer unter unseren Füßen.
Wissenschaftler nennen die Bewoh
ner der dunklen Biosphäre "Extremo
phile": Wesen, die sich unter widrigsten
Umständen wohlfühlen. Zwar existie
ren solche Spezialisten auch oberirdisch.
Manche Mikroben sind im Kühlwasser
von Kernreaktoren zu Hause, andere in
Quellen voller aggressiver Säure oder
GEO 09 2019
manchen Stellen des Planeten noch in zehn oder gar 20 Ki
lometer Tiefe existieren. Zum Beispiel in Gesteinen inmit
ten von Kontinenten, die seit Jahrmillionen von den Um
wälzungen der Plattentektonik und von vulkanischem Feuer
unberührt sind. Dort hat sich der Fels abgekühlt.
* * *
N
IEMAND WEISS VIEL überdieses Universum im
Inneren. Eines der größten Rätsel: Während ober
halb fast sämtliches Leben von der Sonne und or
ganischen Nährstoffen angekurbelt wird, bleiben
die Mikroben in den unteren Quartieren des Kellergeschos
ses vonalldem abgeschnitten. Wovon leben sie?
Maggie Lau interessiert sich für genaujene Kreaturen, die
ihr Dasein in totaler Isolation verbringen. Sie will heraus
finden, wer sie sind, was sie vermögen. Die Geomikrobiolo
gin jagt nach Geschöpfen, die maximal anders sein könnten
als alles, was die Menschheit bisher kennt. Und dafür ste
cken wir jetzt in dem Aufzug, der nach unten rast.
Ihre Suche gehört zu einer mehr als 1,6 Millionen Dollar
teuren Mission des "International Contineutal Scientific
Drilling Program", des "Internationalen Kontinentalen
WEITER AUF SEITE 124
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BOTSWANA
Pretoria
Johannesburg: ESWATINI
- .\ �oab-�o I h•deforl-
/, holsOI!!J· 1\raler
ATme
LESOTHO
Indischer
Ozean
400km
GEO·Grafik
Moab Khotsong liegt
rund 160 Kilometer
südwestlich von
Johannesburg. ln der
Region sind noch
zahlreiche weitere
Goldminen in Betrieb.
Sie beuten eine bis
zu 2,5 Meter dicke
Schicht aus, in der das
Edelmetall steckt
Mikrobiologen, aber
auch Geologen wie
der Japaner Hiroshi
Ogasawara betreiben
Forschung in der
Mine. Sein Ziel: eine
Zone anzubohren,
die vor Jahren ein
paar Hundert Meter
vom Stollensystem
entfernt ein Erdbeben
auslöste. Im Hinter
grund: ein Schema
des Bergwerks
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