Neue Zürcher Zeitung - 08.09.2019

(John Hannent) #1

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GEORGIOS KEFALAS / KEYSTONE

seinerFreudeAusdruck, erstmals in seiner
Funktion bei der Nationalmannschaft zu sein.
Er berichtet von Sitzungen, Komitees, bilate-
ralenGesprächen und dass er am Ende des
Jahres seine Ziele bekanntgebenwerde.
Kein Wort zu Shaqirivom neuen Mann, der
dieAussendarstellungverantworten soll.
Danachflüchtetesich Petkovic inSarkas-
men, und als ervon Shaqiris «mentalenPro-
blemen», «innererLeere» undvon seinem
Verhältnis zum Spieler sprach, das «besser
sein»könnte, wurde immer unklarer, wasPet-
kovic mitteilenwollte. Unterstellt er Shaqiri
psychische Fragilität? Haben die beiden
Streit?Warum?DassTami undPetkovic nicht
gutDeutschreden, ist auch nichtgerade hilf-
reich,wenn es um etwaskompliziertere Dinge
geht als dieAufstellung oder um die Absicht,
dreiPunkte zu holen.Weshalb sindTami und
Petkovic nicht in derLage, ein Statementvon
Shaqiri zu seinemFehlen zu beschaffen und
bei derBekanntgabe des Kaders zuveröffent-
lichen?Weshalb soll es «nicht möglich» sein,
offeneFragen zwischen Shaqiri undPetkovic,
Shaqiri und der Mannschaft bei einem Treffen
zuregeln?
DieAufgabevon Petkovic undvon Tami
wäre es,Launen undVerstimmungen wie bei
Shaqiri zu spüren undvorab zureagieren. Das
passierte nicht.Der Schaden ist angerichtet,
dasMuster der Unzulänglichkeit bestätigt.


Im Kindergarten


Es hatte sich schon zuJahresbeginn abge-
zeichnet. Gilliérons Lust auf die Suche nach
dem Nationalmannschaftsdirektor erlahmte
rasch, nachdem Christoph Spycher abgesagt
hatte. Danach blockierten sich die Gremien
gegenseitig, der basisdemokratischeVerband
verwandelte dengeplanten Wurf in einenver-
knorztenKompromiss.Petkovic kannweiter


Petkovic sein, statt von Claudio Sulser lässt er
sich nunvon PierluigiTami nicht dreinreden
mit dem Unterschied, dassTami imGegensatz
zu Sulser auch Trainer ist und 2014 bei der
Nachfolgevon Ottmar Hitzfeldgegen Petkovic
unterlegen war. Erwolle «niemanden stören»,
hatte Tamigesagt bei seinerVorstellung im
Juli. An der WM inRussland hatte auch nie-
mand den anderen mit Kritikgestört.Deshalb
kam es zumDebakel.
Nun haben dieSchweizer eineDebatte über
dasCaptain-Bändeli am Hals. «Das war natür-
lich Kindergarten», sagte Granit Xhaka über
denBallverlustvor demAusgleich in Dublin.
Aber er hätte das Gleiche sagenkönnen auf die
Frage,wer nun die Binde desSchweizer Spiel-
führers tragen darf.Denn eigentlichgeht es im
Kern darum,wie sich die Mannschaft neu zu-
sammenrauft, nachdem die alten Platzhirsche
Behrami, Dzemaili,Fernandes oder Djourou
nicht mehr dabei sind und Stephan Lichtstei-
ner nur noch imWartestand steht.
Sostellen sich die Spieler durchaus die eine
oder andereFrage,wenn solche Nebenschau-
plätze diskutiertwerden oder einerwie Sha-
qiri nicht aufkreuzt. Und sie stellen sich auch
Fragen,wenn sie sehen, dassPetkovic und
Tamikeine Antworten parat haben auf solche
Situationen –Petkovic keine für den Match-
plan,Tamikeine zu den Gründen für dasWeg-
bleibenvon Shaqiri. Daswirkt sich auf die
Leistung auf dem Platz aus. In Dublin hat man
gesehen,wie das aussieht: nicht gut. Undge-
messen amTalent desTeams sogar schlecht.
Am 15.Oktober spielen dieSchweizer in
Genf wiedergegen Irland, es ist dreiTage nach
dem Match in Dänemarkwegweisend. «End-
spiel» heisst das zweitberühmteste Stückvon
SamuelBeckett. Es handeltvon derAusweg-
losigkeit derMenschen in dieserWelt. Es ist
düster undgeht nicht gut aus.

Der SchweizerischeFussball-
verband(SFV) sucht noch immer
einenVerantwortlichen oder
eineVerantwortliche für die
Kommunikation.Amfrühen
Samstagabend hat sich in aller
Öffentlichkeit jemand für die
Stelle beworben, den man nicht
erwartet hatte: YannSommer,
derGoalie des Nationalteams.
Als die mehr oderweniger
inhaltslosePressekonferenz des
Schweizer Nationalteams in
Montreux zu Ende war, ergriff
der stets galante Sommer noch
einmal dasWort. Er habe noch
etwas zu sagen, sagte er. Und
sagte dannFolgendes:
«Es war eine intensiveWoche.
Ich glaube, ihr habtwunde
Finger. Es hat für mich eine
Dimension angenommen, die
einfach zu gross ist.Ich möchte,
dasswir uns daran erinnern,
waswirklichwichtig ist. Uns und
euch und derSchweiz ist es
wichtig, dasswir uns für die EM
qualifizieren.Wir habentolle
Turniere erlebt bis jetzt. Ihrfreut
euch doch auch,wenn ihr
irgendwo inRom auf derPiazza
sitzt in derSonne und einen
Cappuccino schlürfen dürft und
wisst: Nachher spielt die
Schweiz. Egal, wasgeschrieben
wurde: DasWichtigste ist die
Schweiz. Es ist mirwichtig,
dasswir alle zusammenwieder
auf den gleichenWeg kommen.
Dasswir alle zusammenwissen:
Wir sind dieSchweiz. Es war
mirwichtig, das zu sagen. Damit
wir jetzt einenPunkt machen
können.»
Die etwaskonfuseRede mit
emotionalem Unterton richtete
sich an dieJournalisten, deren
BerichterstattungSommers
Erwartungwohl nichtgenügt

«Ihrhabt wunde Finger»: Yann


Sommerhält eine konfuseRede


NationalteamvordemSpielgegenGibraltar


hatte. Worankonkret sichSom-
mergestört hatte, behielt er für
sich.Vermutlich ging es um den
Umstand, dass die Abwesen-
heiten von Xherdan Shaqiri und
Stephan Lichtsteiner medialrege
verhandeltworden waren.
SommersAuftritt reiht sich
ein in eine Liste eigenartiger
öffentlicherAuftritte des SFV im
aktuellen Zusammenzug, der am
Sonntag in Sittengegen Gibraltar
abgeschlossenwird.
Im Match gegen Gibraltarwill
dasSchweizerTeamSelbstver-
trauen aufbauen.Der Captain
Granit Xhaka sagte nach dem
Match gegen die Iren amDon-
nerstag in Dublin, dass man
gegen einTeamwie Gibraltar
schnell den Rhythmus finden
müsse. Undwenn man dann ein
paarTore schiesse,könne das
Spannungen lösen und Sicher-
heitgeben.
Das Gibraltar-Spielwird ge-
meinhin als eher unbedeutend
klassifiziert. «Pflichtaufgabe»

lautet dieBezeichnung im Sport-
jargon. Der Gegner, eineEquipe
von Amateuren, ist auf dem198.
Rang der Fifa-Weltrangliste klas-
siert – zwischenSamoa und den
AmerikanischenJungferninseln.
In der aktuellen EM-Qualifika-
tion hat er nochkeinenPunkt
gewonnen undkein Tor geschos-
sen. Das letzte offizielleGoal
datiertvom November 2018vom
Spielgegen Armenien (2:6).
Ein Sieg alleingenügt den
Schweizerngegen Gibraltar
allerdings nicht. Sie müssen ihr
Torverhältnisverbessern, denn
dieseskönnte nach Ablauf der
Qualifikation im November Ein-
fluss haben auf dieTabelle.
Die Dänengewannen amDon-
nerstag in Gibraltar 6:0. Die Iren
jedoch siegtengegen Gibraltar
imFrühjahr einmal nur 2:0 und
einmal nur 1:0. In den Hinspie-
lengegen Dänemark und Irland
hat dieSchweiz jeweilsRemis
gespielt.Falls dieSchweiz, Däne-
mark und Irland bis zumSchluss

um die ersten zwei Plätze ringen,
könnte dasTorverhältnis ein
Faktorwerden. DieSchweizer
Spieler sind sensibilisiert:Auf
demWeg zur WM 2018 inRuss-
land mussten sie den Umweg
über dieBarrage nur deshalb
nehmen,weil Portugal das bes-
sereTorverhältnis aufwies.Den
höchsten Sieg derGeschichte
erzielten dieSchweizerFussbal-
ler an den Olympischen Spielen
192 4 in Paris, als siegegen
Litauen 9:0gewannen.
Der TrainerPetkovic hat im
Match gegen Gibraltar die
Chance, seinen Ergänzungsspie-
lern eine Chance zugeben.Der
Offensiv-AkteurRubenVargas
wurde für den Stürmer Haris
Seferovic nachnominiert.Sefero-
vic war direkt nach dem Spiel in
Irland zu seiner hochschwange-
ren Frau nach Lissabongereist.
Vargas hat in den ersten drei
Bundesliga-Spielen mit seinem
neuen KlubAugsburg dreiTore
geschossen undkönnte im
Schweizer Spiel den Raum zwi-
schen Mittelfeld und Sturm-
spitze beleben.
Eine Option wäre auch der
MittelfeldspielerEdimilsonFer-
nandes, der mit seinem neuen
Klub Mainz in jedem Match von
Beginn angespielt hat. Er hatte
seine Karriere imTourbillon-
Stadion in Sitten lanciert. Eine
Nomination wäre auch eine
Geste an dasWalliserPublikum,
das zum ersten Mal seit 2010
und dem Match gegen Costa Rica
(0:1) das Nationalteam beäugen
darf.Von den Spielern, die da-
mals unter dem Trainer Ottmar
Hitzfeld zum Einsatz kamen,
zählt nurmehr Lichtsteiner zum
Kreis des Nationalteams.
Samuel Burgener

Nach dem Spiel gegen Gibraltar
am Sonntag in Sitten folgen für
das Schweizer Nationalteam
Mitte Oktober zwei wohl en t-
scheidende Spiele. Zuerst duel-
lieren sie sich in Kopenhagen mit
Dänemark, dann in Genf mit
Irland. Im Novemberfolgt der
Abschluss gegen Georgien und
Gibraltar. Der Erst- und Zweit-
platzierte der Gruppe qualifiziert
sich direkt für die EM 2020 in
ganz Europa. Wird die Schweiz
Gruppendritte, hat sie einewei-
tere Chancevia Play-off.

EM-Qualifikation


DienächstenSpiele
8.9. Schweiz - Gibraltar 18.00
12.10 .Dänemark - Schweiz 18.00
15.10.Schweiz - Irland 20.45


  1. 11.Schweiz - Georgien 20.45

  2. 11.Gibraltar - Schweiz 20.45


1.Irland 511
2.Dänemark 48
3.Schweiz 35
4.Georgien 43
5.Gibraltar 40

NeueKöpfe,alte Probleme


Personalwechsel rund ums Nationalteam seit Sommer 2018

Pete r Gilliéronver­
kündete im Herbst
2018, dass erkeine
neue Amtszeit an­
strebe. Er will Ände­
rungen in den Struk­
turen ums National­
teamvorantreiben.

Dominique Blanc
wird im Mai alsVer­
treter der Amateure
zu Gilliérons Nach­
folger gewählt. Der
69­jährige Romand
gilt eher alsBewahrer,
weniger als Visionär.

Alex Miescherstol­
pert im Zuge der
Doppeladler­Affäre
an derWM in Russ­
land über unbe­
dachte Aussagen. Er
tritt im August 2018
zurück.

Robert Breiter,Stell­
vertreter von Mie­
scher, wird im Herbst
2018 Generalsekretär.
DerBeförderung
scheintkein breites
Assessmentvoraus­
gegangen zusein.

Claudio Sulserbe­
endetseine Amtszeit
als Delegierter des
Nationalteams im
Juni. Das Amtsoll nun
von einemfestange­
stellten Direktor aus­
gefülltwerden.

Pierluigi Tamiwird
im Juli als «Direktor
Nationalmannschaft»
vorgestellt. Tami
wurde nach langwie­
rigemFindungspro­
zess und diversen
Absagen gekürt.

Marcovon Ahwird
im Julivon den Auf­
gaben im National­
team entbunden.
Von Ahkam 2008auf
Wunschvon Ottmar
Hitzfeld zumVer­
band.

StefanBaumgartner
ist interimistisch
Medienchef des
Nationalteams. Der
ehemalige Journalist
ist seit März im SFV.
Offen ist, ob er den
Jobfest übernimmt.

VladimirPetkovicist
seit dem Sommer
2014 Nationaltrainer.
An der WM2018 ver­
hielter sich bei der
Doppeladler­Affäre
nach innen und aus­
sen ungeschickt.

PetkovicbleibtPet­
kovic – die personel­
len Rochaden imVer­
band und um das
Nationalteam lassen
den Trainer unge­
rührt. Sein Vertrag
dauert bis Ende2019.

KEY

STON

E(3)

Präsident SFVGeneralsekretär SFVDelegierter Medienchef Trainer
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