JOSEF KARBER
Er nahm eine
Bedürftige auf
und wurde
dafür bestraft
Josef Karber gewährte einer
Armenierin Kirchenasyl. «Es
ging mir immer um Nächsten
liebe», sagt der katholische
Pfarrer der Liebfrauenkirche
in Zürich. Vor Gericht fand sein
christliches Argument kein Ge
hör. Es verurteilte den 59Jäh
rigen diesen Sommer zu einer
Busse von 5250 Franken.
Das Vergehen: Karber hatte von
2011 bis 2018 einer Armenierin
Kirchenasyl gewährt, die sich
illegal in der Schweiz aufhielt.
Die heute 54Jährige lebte in
einem Zimmer im Pfarrhaus.
Vor einem Jahr geriet sie in eine
Polizeikontrolle und konnte sich
nicht ausweisen.
Er habe die Frau nicht versteckt,
sagt Karber heute. Dass sie eine
SansPapiers war, will er nicht
gewusst haben. «Mich interes
siert der Mensch, nicht die
Aufenthaltsbewilligung.»
Als er sie zum ersten Mal traf,
hatte die Armenierin gerade
eine Krebsoperation hinter sich.
Ihr Mann, ein Krimineller,
bedrohte sie in ihrer Heimat. Die
Frau habe dringend eine sichere
Bleibe benötigt, wo sie gesund
werden konnte, sagt Karber.
«Sie hat mir leidgetan.»
Bei der Verkündung des Urteils
bat der Richter den Pfarrer um
Verständnis. Er sei bloss Hüter
weltlicher Gesetze: «Man kann
sich auch aus Liebe strafbar
machen.» Am Ende bedankte
sich der Richter ausdrücklich für
das Engagement des Pfarrers.
Die Armenierin wohnt heute
wieder in der Notwohnung.
Inzwischen aber mit einer
Aufenthaltsbewilligung.
Dass er für den Prix Courage
nominiert ist, löst bei Karber
gemischte Gefühle aus. «Es geht
mir um das Tun. Nicht um die
Aufmerksamkeit, die ich dafür
bekomme.» PETER AESCHLIMANN
GABY IGUAL
Sie stoppte
eine Millionen-
abzocke der
Krankenkassen
Gaby Igual klagte erfolgreich
gegen eine der grössten
Krankenkassen. Die Assura hatte
über Jahre ihren Spitalpatienten
zu viel verrechnet. Auf den
sogenannten Spitalbeitrag von
15 Franken pro Tag packte sie
einen Selbstbehalt von zehn
Prozent, obwohl die Patienten
den Beitrag vollständig selbst
bezahlen müssen.
«Ein Selbstbehalt auf einen
Betrag, den man sowieso selber
zahlt? Das kann nicht sein»,
sagte sich die pensionierte
Hausärztin aus Effretikon ZH.
Gemeinsam mit ihrem Ehemann
beschloss sie, gegen die Assura
zu klagen – ohne Anwalt.
Die Kasse wehrte sich bis vor
Bundes gericht, wo sie im Mai
2019 aber definitiv verlor. Die
Iguals stoppten mit ihrer Klage
eine Millionenabzocke im
Gesundheitswesen – pro Jahr
werden rund zwölf Millionen
Spitaltage verzeichnet.
Abklärungen der Stiftung für
Konsumentenschutz zeigen
inzwischen, dass die Assura
kein Einzelfall ist. Alle grossen
Krankenkassen haben auf
gleiche Weise zu viel kassiert.
Den Patienten ist das kaum auf
gefallen. Sie mussten ja «nur»
Fr. 1.50 pro Tag zu viel bezahlen.
«Kleinvieh macht auch Mist»,
hatte sich die kämpferische
Gaby Igual gesagt. «Es geht um
Millionen, die man den Patienten
zu viel verrechnet. Dem wollte
ich einen Riegel schieben.»
Etwas ärgert sie besonders: «Das
Bundesamt für Gesundheit hat
sich von Beginn an auf die Seite
der Krankenkasse gestellt und
die Abrechnungen verteidigt.»
Die Ärztin konnte das illegale
Verrechnen zwar stoppen –
doch die meisten Kassen wollen
zu viel kassierte Gelder nicht zu
rückzahlen. PETER JOHANNES MEIER
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Beobachter 19/2019 21