Beobachter - 13.09.2019

(nextflipdebug5) #1

botanischer Sammlung in den Besitz
der Gemeinde über. Für einen Schnäpp-
chenpreis von 625 000 Franken.
Von der Route de Meyrin schlängelt
sich der Pfad dem Bach entlang zur
alten Gras-Villa neben dem Haupt-
eingang. Vorbei an einem Gehege mit
Stiefelgeissen und Appenzeller Spitz-
haubenhühnern. Beides Pro-Specie-
Rara- Rassen, für deren Erhalt sich die
Gemeinde Meyrin einsetzt. Und vorbei
an den Steingärten, die Gras hier vor 100
Jahren errichten liess. Auf den Felsen
blühen gefährdete Arten wie Glaucium
flavum, der Gelbe Hornmohn.


Klimaresistente Exoten. «Manchmal
kann ich nicht widerstehen und blät tere
in den Samenkatalogen von botani-
schen Gärten in China oder Japan», sagt
Olivier Chatelain und zeigt auf eine
Spanische Eiche, die neben der alten
Besitzervilla ihren Schatten wirft.
«Bäume sind meine Leidenschaft. Und
ganz besonders diejenigen Baumarten,
die in dem sich weiter verändernden
Klima fortbestehen können.» Anders
als Platanen und Kastanien halten Exo-
ten wie die Spanische Eiche die zuneh-
mende Trockenheit auf Schweizer
Grünflächen besser aus. Die wissen-
schaftlichen Untersuchungen, die im
Jardin botanique alpin durchgeführt
wurden, haben dazu beigetragen, dass
Stadtgärtne reien in der ganzen Schweiz
vermehrt auf diese klimaresistenten
Arten setzen.
Es ist eine anspruchsvolle Aufgabe,
den botanischen Garten im Beton-
dschungel der Agglomeration blühen
zu lassen. Noch vor zehn Jahren galt der
Jardin botanique alpin als vernachläs-
sigt. Die Tore waren Tag und Nacht für
Besucher geöffnet. Es fehlte an aus-
gebildetem Per sonal, das gefährdete
Arten von Unkraut und invasiven Arten
unterscheiden und die Samenbestände
hegen und pflegen konnte.
Seit 2012 bleibt der Garten in der
Nacht geschlossen, und die Gemeinde
investierte in eine umfangreiche Sanie-
rung. Dieses Jahr wurde der Park mit
dem Schulthess-Gartenpreis des
Schweizer Heimatschutzes ausge-
zeichnet. Besonders gewürdigt wurde
der Umgang mit dem reichen botani-
schen und architektonischen Erbe.
«Der Alpengarten ist das grüne Herz
von Meyrin», sagt Chef Chatelain. Seine
liebste Jahreszeit dauere vom 1. Januar
bis zum 31. Dezember. «Im Garten ist es
ruhig, wenn es draussen laut ist, und
kühl, wenn es draussen heiss ist. Hier
klären sich die Gedanken. Hier entsteht


«Im Garten ist es ruhig,
wenn es draussen laut
ist, und kühl, wenn es
draussen heiss ist.»
Olivier Chatelain, Agronom

Links Asphalt
und Beton, rechts
der Eingang in
den Alpengarten

54 Beobachter 19/2019

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