Beobachter - 13.09.2019

(nextflipdebug5) #1

FOTO: THOMAS SAMSON/AFP


kämmen das Internet nach geschützten
Bildern und versenden Zahlungsauf­
forderungen im grossen Stil.
Was tun, wenn ein solcher Brief ins
Haus flattert? Ernst nehmen, aber nicht
die Nerven verlieren: nicht vorschnell
bezahlen und keine standardisierte Un­
terlassungserklärung unterzeichnen.
Am besten lässt man sich von einer spe­
zialisierten Anwältin oder einem An­
walt beraten. Nur schon die Fragen
nach dem Gerichtsstand – in welchem
Land geklagt werden könnte – und nach
dem anwendbaren Recht sind kompli­
ziert. «Wenn schweizerisches Urheber­
recht zur Anwendung kommt, ist oft
unklar, ob eine Fotografie individuell
und damit urheberrechtlich geschützt
ist», sagt der auf geistiges Eigentum
spezialisierte Anwalt Thomas Kohli.
Auch wenn Urheberrecht verletzt ist,
willigen Berechtigte meist in einen

aussergerichtlichen Vergleich ein. Der
Grund: Es ist für sie schwierig, den
Schaden zu beziffern, und wegen des
tiefen Streitwerts lohnt sich ein Prozess
nicht. «Letztlich hat man sich in den
meisten von mir betreuten Fällen auf
einen eher tiefen Vergleichsbetrag ge­
einigt», sagt Kohli. Zumeist empfiehlt
er Klienten, das Bild sofort vom Netz zu
entfernen. Die in Deutschland übliche
strafbewehrte Unterlassungserklärung
solle man nicht unterzeichnen.

Schlagende weltliche Argumente. Auf
Anraten des Beobachter­Beratungszen­
trums wandte sich auch Pfarrer Rohner
an einen Anwalt. Doch dieser kannte
sich mit Urheberrecht nicht im Detail
aus. So suchte Rohner selbst nach
schlagenden Argumenten – mit Erfolg.
Im Internet fand er zwei gut versteckte
Urteile deutscher Gerichte: Sie seien

nur zuständig, wenn ein hinreichender
wirtschaftlich relevanter Bezug zu
Deutschland besteht. Eine Predigt, die
sich ausschliesslich an Schweizer rich­
tet und in Mundart verfasst ist, tut das
eindeutig nicht.
Mit diesem und weiteren Argumen­
ten bestritt Rohners Anwalt die Forde­
rung gegenüber der deutschen Kanzlei
und hielt fest, dass Rohner das Bild
von der Homepage entfernt habe, ohne
damit ein Schuldeingeständnis zu
machen. Die Kanzlei hat sich seither
nicht mehr gemeldet.
«Die ganze Sache hat mich persön­
lich sehr herausgefordert und geär­
gert», sagt Rohner. Aber etwas Gutes
habe es doch: Er könne vielleicht ande­
ren helfen, nicht in die gleiche Falle zu
tappen. Und er werde in Zukunft noch
sensibler sein im Umgang mit Bildern.
NICOLE MÜLLER

Teurer Neymar:
Für dieses Bild
sollte ein Walliser
Pfarrer 1400 Euro
Strafe zahlen.

TIPPS


Bilder im Internet


posten – aber sicher
Verwenden Sie am besten nur selbst
gemachte Bilder. Als Urheberin können
Sie das Material frei nutzen und bestim-
men, wie und wo es andere nutzen
dürfen. Falls Personen zu sehen sind:
Holen Sie zur Sicherheit deren schriftliche
Einwilligung ein.
Es gibt auch unzählige Bildagenturen,
die Bilder kostenlos oder kostenpflichtig
anbieten. Aber Vorsicht: Ob mit oder
ohne Lizenzgebühr, lesen Sie die Lizenz-
bedingungen genau durch – sonst
ris kieren Sie auch bei kostenlosen Bildern
eine Abmahnung. Wichtig sind besonders
folgende Punkte:
„Was muss die Quellenangabe genau
enthalten (Urheber, Lizenz, eventuell
mit Verlinkung, weitere Angaben)?
„Darf das Bild auch für kommerzielle
Anwendungen genutzt werden? Ist die
Verwendung für Social Media erlaubt?
„Gibt es eine zeitliche Einschränkung?
„Verfügt der Anbieter tatsächlich über
die behaupteten Rechte an den Bildern?
Mehr dazu auf http://www.guider.ch, Suchwort
«Urheberrecht»

Beobachter 19/2019 67
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