E
s ist kein ganz unwichtiger Tag
im politischen Leben des Kevin
Kühnert, aber es ist auch richtig
heiß in Berlin, also hat sich Küh-
nert eine kurze Hose angezogen. Er sitzt
im sechsten Stock des Willy-Brandt-Hau-
ses und sagt, dass man leider noch etwas
auf ihn warten müsse: »Muss noch kurz
Daily Soap drehen.« Er hat ein eigenes
Videoformat, »Auf einen Kaffee mit Ke-
vin Kühnert«, Titel der neuen Folge: »Par-
teivorsitz«. Kühnert hat seinen Fans et-
was mitzuteilen.
Ein Mitarbeiter der Jusos macht sich
auf die Suche nach einem geeigneten
Besprechungsraum. Dort wartet man, bis
Kevin Kühnert seine Daily Soap abge-
dreht hat, in Begleitung eines Pressespre-
chers den Raum betritt, sich setzt und
nach etwas Vorgeplänkel den Satz sagt,
den er nun auch im Gespräch mit dem
SPIEGELloswerden will: »Ich trete nicht
an.« Dann sagt er: »Das war keine leichte
Entscheidung.«
Es ist der Moment, in dem aus Kevin
Kühnert, dem Schrecken aller Großkoali-
tionäre, der Hoffnung so vieler Genossen,
ein 30 Jahre alter Juso-Chef wird. Es ist
zugleich der Moment, in dem das Rennen
um den Parteivorsitz so richtig beginnt.
Den ganzen Sommer über hatte die SPD
gewartet und gerätselt, wie Kühnert sich
wohl entscheiden würde. Während ein Kan-
24
Da geht noch was
SPDBei den Sozialdemokraten startet das Rennen um den Parteivorsitz. Bislang
befürchtete die Union, dass darüber die Koalition zu Bruch gehen könnte.
Doch mittlerweile stehen die Überlebenschancen des Bündnisses gar nicht so schlecht.
SPD-Minister Schulze, Heil, Scholz, Maas am Sonntag anlässlich einer Klausurtagung im Park der Villa Borsig in Berlin: Bloß keine Neuwahlen