Frankfurter Allgemeine Zeitung - 30.08.2019

(Dana P.) #1

SEITE 22·FREITAG, 30. AUGUST 2019·NR. 201 Unternehmen FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


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anchmal kommt es anders,
das weiß Christiane Schöne-
feld nur zu gut. Schon 1986
machte sie diese Erfahrung,
als sie sich nach ihrem Jurastudium und
Referendariat beim Düsseldorfer Arbeits-
amt arbeitslos meldete – die Aussichten
für Juristen waren damals nicht besonders
rosig – und kurzerhand im eigenen Haus
weitervermittelt wurde. Das Angebot kam
für sie selbst überraschend, aber einen Ver-
such sei es wert, fand sie. Dass damit der
Grundstein für ein ganzes Berufsleben in
der Arbeitsverwaltung gelegt war, hat sie
damals wohl nicht geahnt.
Mehr als 30 Jahre später schlägt Schö-
nefeld noch einmal einen unerwarteten
Weg ein: Sie rückt in den dreiköpfigen
Vorstand der Bundesagentur für Arbeit
auf. Der Verwaltungsrat von Deutsch-
lands größter Behörde hat sie am Don-
nerstag auf Vorschlag der Arbeitgeber-
vertreter offiziell ins Amt gewählt, nur
die Bundesregierung muss noch zustim-
men. Unverhofft kommt dieser Karriere-
schritt nicht etwa, weil man ihn ihr
nicht zugetraut hätte – im Gegenteil, ihr
Name fiel in den vergangenen Jahren re-
gelmäßig, wenn irgendwo Spitzenpos-
ten zu besetzen waren. Nur war der
Platz im Vorstand bis vor kurzem gar
nicht frei. Erst mit dem unrühmlichen
Rauswurf von Valerie Holsboer war auf
einmal eine Stelle in dem Führungsgre-
mium zu besetzen. Schönefeld galt früh
als geeignete Kandidatin und soll die
Verantwortung für Personal und Finan-
zen übernehmen.
Nun wird die 62-Jährige also auf Woh-
nungssuche in Nürnberg gehen müssen.
Eine Zweitwohnung soll es sein, denn
Schönefeld will die Wochenenden weiter
in ihrer Heimat Nordrhein-Westfalen ver-
bringen, wo sie fest verwurzelt ist. Gebo-
ren wurde sie in Lüdenscheid, studiert
hat sie in Köln, aktuell wohnt sie in Düs-
seldorf. Dort leitet sie seit 15 Jahren die
Regionaldirektion NRW der Bundesagen-
tur für Arbeit. Dass es sie nie woanders-
hin verschlug, hat ihrer eigenen Aussage
zufolge auch damit zu tun, dass ihr Mann
früh starb. Ihre beiden Töchter waren da-
mals erst sieben und neun Jahre alt, Schö-
nefeld zog sie fortan allein groß.
Davon abgesehen warteten in der Regi-
on aber auch immer neue und spannende
Aufgaben auf sie. 1995 wurde Schönefeld
Direktorin des Duisburger Arbeitsamtes
und damit zuständig für den Bezirk mit
der damals höchsten Arbeitslosigkeit in
NRW. 1999 stieg sie zur Vizepräsidentin
des Landesarbeitsamtes auf, und im Ver-
lauf des Umbaus der alten Bundesanstalt
für Arbeit wurde sie im Jahr 2004 schließ-
lich Geschäftsführerin der Regionaldirek-

tion. In Deutschland herrschte damals
Massenarbeitslosigkeit, NRW kratzte an
der Marke von einer Million Arbeitslo-
sen. Schönefelds Aufgabe: Die Arbeits-
agenturen und Jobcenter so aufstellen,
dass möglichst schnell möglichst viele
Menschen in Arbeit kommen. Gerade im
Ruhrgebiet, gezeichnet vom Strukturwan-
del und dem Wegfall vieler Arbeitsplätze
im Kohlenbergbau und der Stahlindus-
trie keine einfache Angelegenheit, erin-
nert sie sich.
Heute sieht die Situation ganz anders
aus – in NRW wie in Deutschland insge-
samt, auch wenn es im Ruhrgebiet nach

wie vor vergleichsweise viele Arbeitslose
gibt. Die Zeit der Massenarbeitslosigkeit
ist vorbei, stattdessen suchen viele Unter-
nehmen händeringend Fachkräfte. Schö-
nefelds Aufgabe wird es sein, die Bundes-
agentur mit ihren 100 000 Mitarbeitern ge-
nau darauf einzustellen. Ihrer Vorgänge-
rin Holsboer hatte der Verwaltungsrat an-
gelastet (wenn auch nie offiziell), die nöti-
ge Transformation nicht entschlossen ge-
nug angegangen zu sein. Schönefeld lässt
keinen Zweifel, dass sie genau das als drän-
gendste Aufgabe ansieht. Aufgrund ihres
Alters bleiben ihr nur drei Jahre, um die
bislang hierarchisch geprägte Behörde

neu aufzustellen, oft wurde sie in den ver-
gangenen Wochen deshalb als Übergangs-
kandidatin bezeichnet. Sie selbst ist über-
zeugt, dass sie in der Zeit viel bewegen
kann: „Das wird dann noch nicht perfekt
sein, aber die grundlegenden Strukturen
aufzubauen, das kann man schaffen.“
Schönefelds Vorteil ist, dass sie die Be-
hörde in- und auswendig kennt, was sie
von ihrer Vorgängerin unterscheidet. Und
dass sie die nötigen Schritte in NRW zum
Teil schon angestoßen hat. So hat NRW
als erstes Flächenland ein Konzept auf
den Weg gebracht, das einen reibungslo-
sen Übergang von der Schule in den Beruf

ermöglichen soll, damit Arbeitslosigkeit
gar nicht erst entsteht. Beteiligt waren ne-
ben der Regionaldirektion die Landesre-
gierung, Wirtschaftsverbände und Kom-
munen. Auch die Fachkräftesicherungist
Thema: Im Münsterland etwa, wo nahe-
zu Vollbeschäftigung herrscht, gehen
Schönefelds Mitarbeiter mit Vertretern
der Handwerkskammern in die Hoch-
schulen, um potentielle Studienabbre-
cher frühzeitig anzusprechen und für
eine duale Berufsausbildung zu werben.
„Wer einen technischen Studiengang an
einer Fachhochschule macht und die An-
forderungen in Mathematik unterschätzt
hat, kann gut im Handwerk unterkom-
men“, sagt Schönefeld.
Als Nächstes geht es nicht nur aus ih-
rer Sicht darum, die Menschen frühzei-
tig auf die durch die Digitalisierung an-
stehenden Umbrüche vorzubereiten und
zu beraten. Natürlich könne man eine so
große Behörde nicht innerhalb weniger
Jahre komplett umkrempeln, sagt sie.
„Der nötige Wandel lässt sich nicht ein-
fach von oben verordnen.“ Entscheidend
sei, dass die Bundesagentur für Arbeit
sich dezentraler aufstelle, dass einige Re-
gionen, Arbeitsagenturen und Jobcenter
mit gutem Beispiel vorangingen und an-
dere Lust bekämen, zu folgen. Wer mit
Schönefeld spricht, die stets ruhig und
überlegt auftritt, bekommt schnell den
Eindruck, dass solche Sätze nicht ein-
fach dahingesagt sind. Sie gilt als geradli-
nig und durchsetzungsstark – und als
eine Frau mit klaren Vorstellungen. In
der Sache, erzählen Wegbegleiter, könne
man mit ihr hart ringen.
Innerhalb der Bundesagentur hoffen
viele, dass nach dem öffentlich ausgetra-
genen Machtkampf und der Abberufung
Valerie Holsboers nun wieder Ruhe ein-
kehrt. Die Angelegenheit habe ihr „für
uns als Organisation sehr leid getan“, sagt
Schönefeld. „Wir haben uns in den vergan-
genen Jahren viel Ansehen erworben, das
jetzt angeknackst ist.“ Sie selbst lässt kei-
nen Zweifel daran, dass nun wieder Sach-
themen im Vordergrund stehen sollen,
was auch ihre beiden Vorstandskollegen
Detlef Scheele und Daniel Terzenbach
freuen dürfte, die sie lange und gut kennt


  • ebenso wie Steffen Kampeter, der am
    Donnerstag zum neuen Anführer der Ar-
    beitgebervertreter im Verwaltungsrat ge-
    wählt wurde. Er folgt auf Peter Clever, der
    als treibende Kraft hinter der Abwahl
    Holsboers gilt und sich kurz danach
    selbst zurückzog. Für ihr Privatleben, für
    Oper, Theater und Museum sowie fürs
    Reisen dürfte Schönefeld nun weniger
    Zeit bleiben. Dafür ergibt sich für sie
    „noch einmal eine tolle Chance“, wie sie
    sagt – mit der sie wohl selbst nicht gerech-
    net hätte. BRITTA BEEGER


G


utdrei Monate nach dem Zusam-
menschluss der beiden Energieun-
ternehmen Wintershall und Dea zu ei-
nem der größten europäischen Öl- und
Gasförderer hat die stellvertretende
Vorstandsvorsitzende Maria Moræus
Hanssen ihr Ausscheiden zum Jahres-
ende angekündigt. Hanssen hatte An-
fang 2018 als Vorstandsvorsitzende der
Dea angefangen, da waren die Verhand-
lungen über eine Fusion der einem rus-
sischen Oligarchen gehörenden Gesell-
schaft mit dem Tochterunternehmen
der BASF, Wintershall, gerade bekannt-
geworden. Zuvor war sie für die franzö-
sische Engie tätig. „Nach sechs Jahren
im Ausland und weit weg von Norwe-
gen, meiner Heimat, meiner Familie
und meinen Freunden spielt die Aus-
sicht auf mehr Zeit in Oslo bei meiner
Entscheidung natürlich eine gewichti-
ge Rolle“, sagte sie. Das legt nahe, dass
weitere Gründe für den Schritt wichtig
waren, „andere Herausforderungen zu
verfolgen“, wie es heißt. Bis Ende De-
zember werde sie beiWintershall Dea
ihre Aufgaben erfüllen, wozu auch die
Integration nach dem Zusammen-
schluss gehört. Der Besetzungsprozess
für die Nachfolge laufe. Die Eigner
BASF und Letter One dankten „für ih-
ren bedeutenden Beitrag“. ami.

M


itte Mai hatte Gesundheitsminis-
ter Jens Spahn (CDU) seinen
Hauschef, den beamteten Staatssekre-
tär Lutz Stroppe, entlassen. Jetzt, gut
drei Monate später, hat der 62 Jahre
alte intime Kenner der CDU und frühe-
re Spitzenbeamte bei Hering Schuppe-
ner angeheuert – laut Eigenwerbung
Deutschlands führende Strategiebera-
tung für Kommunikation. Zum 1. Sep-
tember 2019 wird er nach Informatio-
nen der F.A.Z. das Corporate Affairs
Team der Berater verstärken. Stroppe
war 2014 ins Gesundheitsministerium
gekommen, als mit Hermann Gröhe
erstmals seit 26 Jahren wieder ein
CDU-Minister das Amt übernahm.
Stroppe hatte das Büro von Helmut
Kohl in den turbulenten Jahren nach
dessen Abwahl 1998 geleitet. Noch heu-
te engagiert sich der ehemalige Staats-
sekretär in der Hannelore-Kohl-Stif-
tung für schädelhirnverletzte Unfallop-
fer und deren Angehörige. Später leite-
te er in der CDU-Zentrale den Bereich
„Politische Programme und Analysen“
und arbeitete vier Jahre, zuletzt als
Staatssekretär, im Bundesfamilienmi-
nisterium. ami.

D


erfrühere Vorstandsvorsitzende der
HSH-NordbankConstantin von Oes-
terreich wird neuer Vorstandsvorsitzen-
der derSüdwestbank. Er übernimmt den
Posten Anfang September von Wolfgang
Kuhn, wie das Kreditinstitut in Stuttgart
mitteilte. Kuhn gibt sein Amt überra-
schend auf. Für Nachfragen war er nicht
erreichbar. Er hatte seinen Vertrag noch
im Mai vergangenen Jahres bis Ende
2020 verlängert. Kuhn hatte die Führung
der Südwestbank Mitte 2008 übernom-
men und geht nun in den Ruhestand. „Da
wir in eine neue Phase für die Südwest-
bank eintreten und uns auf das Wachs-
tum des Unternehmens konzentrieren,
war dies der ideale Zeitpunkt für einen
Führungswechsel“, wurde Südwestbank-
Aufsichtsratschef Sat Shah zitiert. Er
stammt von der österreichischen Bawag-
Gruppe, die wiederum mehrheitlich den
Finanzinvestoren Cerberus und Golden
Tree gehört und die Südwestbank 2017
übernommen hatte.
Die österreichische Bawag hat im ers-
ten Halbjahr dank höherer operativer

Kernerträge mehr verdient. Der Nettoge-
winn stieg um acht Prozent auf 219 Mil-
lionen Euro. Das Geldhaus sieht sich auf
Kurs, alle Ziele für das Gesamtjahr zu er-
reichen.
Die neuen Eigentümer hatten der Süd-
westwestbank, einer früheren Privatbank
in Stuttgart, seit der Übernahme einen
scharfen Sparkurs verordnet. Von den da-
mals 650 Mitarbeitern sind nun nur noch
325 Beschäftigte da, wie eine Sprecherin
erklärte. Die Zahl der Standorte wurde
von 28 auf 14 halbiert. Zugleich kam es
unter der Bawag-Gruppe zu einem Strate-
giewechsel. Das Firmenkundengeschäft
wurde heruntergefahren. Das Geschäft
mit den Verbraucherkrediten hingegen
ausgebaut. Beide Südwestbank-Investo-
ren und die Bawag selber gehören auch
zu den Anteilseignern der mittlerweile in
Hamburg Commercial Bank umfirmier-
ten HSH. Dort war von Oesterreich vom
Jahr 2012 an Vorsitzender des Vorstands
der früheren HSH Nodbank tätig, die er
im Sommer 2016 verließ. Danach war er
als Berater tätig. ols.

Eine Frau für alle Fälle


Stroppe zu Hering


Schuppener


S


eineGene hätten industriellen Cha-
rakter, sagte Ulrich Grillo, der Vor-
standsvorsitzende der DuisburgerGrillo-
Werkeund frühere Präsident des Bundes-
verbands der Deutschen Industrie (BDI),
einmal. Schon als Junge habe er im Werk
geschwitzt. Nach einer Lehre bei der
Deutschen Bank und einem Betriebswirt-
schaftsstudium startete Grillo seine Lauf-
bahn in der Unternehmensberaterbran-
che. 1993 wechselte der gebürtige Kölner
in die Industrie und begann als Hauptab-
teilungsleiter Controlling beim Düssel-
dorfer Rüstungs- und Autozulieferkon-
zern Rheinmetall. Dort stieg er zum stell-
vertretenden Vorstandschef der Rheinme-
tall DeTec AG auf. 2001 trat Grillo in den
Vorstand der Grillo-Werke ein, einem
Spezialisten für die Zinkverarbeitung.
Seit 2004 führt er das Unternehmen in
fünfter Familiengeneration als Vorstands-
vorsitzender.
Beim BDI übernahm er 2006 die Lei-
tung des Ausschusses für Rohstoffpolitik.
Dass er 2013 als Präsident an die Ver-
bandsspitze rückte, wurde auch seiner un-
ternehmerischen Erfahrung zugeschrie-
ben, mit der er als ideale Besetzung für
die Zukunftsthemen Energieeffizienz,
Rohstoffe und Ressourcenknappheit galt.
Die Frage des Zugangs zu Rohstoffen wer-
de künftig über den Erfolg der deutschen
Industrie insgesamt entscheiden, sagte er
vor seinem Amtsantritt. In seiner Zeit als
BDI-Präsident kritisierte Grillo ein
schlechtes Management der Energiewen-
de. Er warb für Freihandel, forderte mehr

Investitionen in die Verkehrsinfrastruk-
tur und monierte den zu langsamen Aus-
bau digitaler Netze. Zudem setzte er sich
dafür ein, Flüchtlinge besser und schnel-
ler in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Ende 2016 verabschiedete sich Grillo
als BDI-Präsident und konzentrierte sich
ganz auf die Grillo-Werke, die zwischen-
zeitlich in schwieriges Fahrwasser gera-
ten waren. Ans Kürzertreten denkt der
mit einer Ärztin verheiratete Vater von
zwei erwachsenen Töchtern nicht. Neben
seinem Chefposten und diversen Beirats-
mandaten sitzt er dem Aufsichtsrat von
Rheinmetall vor und gehört dem Kontroll-
gremium des Versorgers Innogy an. Am
kommenden Montag wird Grillo 60 Jahre
alt. csc.

E


igentlich schien alles auf gutem Wege
zu sein. Im Februar 2018 wurde Sam-
sung-Erbe Lee Jae-yong auf Bewährung
aus dem Gefängnis entlassen und konnte
sich seitdem wieder ums Geschäft küm-
mern. Immer häufiger zeigte er sich mit
seinen Besuchen der Fabriken auch in der
Öffentlichkeit. Der Vize-Vorsitzende des
Verwaltungsrats von Samsung Electro-
nics und Enkel des Samsung-Gründers ze-
mentierte so nach außen seine Rolle als
faktischer Gruppenchef, seitdem sein Va-
ter durch einen Herzinfarkt vor fünf Jah-
ren ans Bett gefesselt ist.
Selbst sein zuvor angespanntes Verhält-
nis zur linksliberalen Regierung verbes-
serte sich. Präsident Moon Jae-in zeigte
sich mit Lee in einer Samsung-Fabrik und
gerne öffentlich und nahm den Samsung-
Erben und andere Führer der familienge-
führten Konglomerate (Chaebol) mit
zum Staatsbesuch nach Pjöngjang, der
Hauptstadt Nordkoreas. Eine schlechte
Konjunktur und der Wunsch nach natio-
naler Einheit hat noch jeden südkoreani-
schen Präsidenten die Nähe zu den Chae-
bol-Führern suchen lassen.
Doch dieser schöne Schein trügt. Nach
einem am Donnerstag ergangenen Rich-
terspruch des obersten Gerichts in Südko-
rea wird das Bestechungsverfahren gegen
Lee, das im Zusammenhang steht mit
dem Korruptionsverfahren gegen die
2017 abgesetzte frühere Präsidentin Park
Geun-hye, wohl bald neu aufgerollt. Lee
droht dann ein höheres Strafmaß und
mehr Zeit im Gefängnis. Spätestens dann

droht Samsung neues Ungemach, weil die
Schlüsselfigur des Konzerns für längere
Zeit ausfallen könnte.
In einer seltenen Stellungnahme ver-
sprach das Unternehmen, vergangene
Fehler künftig zu verhindern, und bat um
Unterstützung, um auch weiterhin zur
„breiteren Wirtschaft“ beitragen zu kön-
nen. Das klingt wie ein öffentliches Plä-
doyer, Lee weitere Haft zu ersparen. Die
zentrale Bedeutung der Konglomerate
für das Land hat schon anderen Konzern-
lenkern Freilassungen auf Bewährung
oder gar Begnadigungen verschafft.
Lee soll damals eine Bekannte von
Park bestochen haben, um bei der frühe-
ren Präsidentin Vorteile für Samsung zu
erlangen. Der 51 Jahre alte Unterneh-
menserbe war 2017 zu fünf Jahren Haft
verurteilt worden. Samsung förderte die
Reiterkarriere der Tochter der Park-Ver-
trauten finanziell, unter anderem, in dem
es drei teure Reitpferde bereitstellte. Zu-
dem zahlte Samsung Millionen Euro an
eine Sportstiftung sowie ein Unterneh-
men der Park-Vertrauten. Im Gegenzug
soll die Regierung der Fusion von zwei
Samsung-Unternehmen zugestimmt ha-
ben, die die Rolle von Lee im Samsung-
Konglomerat stärkte.
Der Hedgefonds Elliott Management
scheiterte mit einer Klage gegen die um-
strittene Fusion. Im Februar 2018 ent-
schied die Berufungsinstanz, dass Lee zu
Zahlungen genötigt worden sei. Die Reit-
pferde seien kein Bestechungsgeld, weil
Samsung weiter Eigentümer sei. Lee er-

hielt eine Strafe von zweieinhalb Jahren
und wurde auf Bewährung freigelassen.
Das damalige Urteil kippte jetzt das
oberste Gericht in Südkorea, das mit dem
deutschen Bundesgerichtshof vergleich-
bar ist. Es verwarf das Argument der Nöti-
gung. Die Reitpferde und auch die Zah-
lung an die Stiftung seien als Bestechungs-
geld zu werten. Lee droht in der Wieder-
auflage des Verfahrens eine höhere Stra-
fe, die eine Freilassung auf Bewährung
ausschließen könnte. Koreanische Straf-
rechtler erwarten eine Entscheidung wo-
möglich bis Ende Oktober.
Für das Samsung-Konglomerat sind
das schlechte Aussichten in einer schwie-
rigen Zeit. Samsung Electronics, das
Kronjuwel der Gruppe, kämpft mit dem
Ende eines längeren Nachfragehochs
nach Speicherbausteinen. Die Abkühlung
der chinesischen und der Weltkonjunktur
belastet zudem das Geschäft.
Damit nicht genug: Die Staatsanwalt-
schaft untersucht einen Bilanzierungs-
skandal bei Samsung Biologics. Das Un-
ternehmen soll eine Tochtergesellschaft
bilanziell aufgehübscht haben, um für
den eigenen Börsengang zu glänzen. Meh-
rere Manager auch aus dem Führungs-
kreis um Lee wurden in dem Zusammen-
hang schon verhaftet. Diese Untersu-
chung wird durch das jüngste Urteil Auf-
schwung erhalten. Am Donnerstag gaben
die Anteilsscheine von 12 der insgesamt
15 an der Börse gehandelten Gruppenun-
ternehmen Samsungs um bis zu 5 Prozent
nach. pwe.

Christiane Schönefeld
Foto Edgar Schoepal

D


erVorstandsvorsitzende der Com-
merzbankist in der Regel immer ein
guter Kandidat für das Präsidentenamt im
Bundesverband deutscher Banken (BdB).
Das gilt auch für Martin Zielke, der seit
Mai 2016 an der Spitze von Deutschlands
zweitgrößter Privatbank steht. Doch ob er
wirklich Lust hat, dieses Amt angesichts
der zahlreichen Herausforderungen in der
Commerzbank anzutreten, das scheint
selbst in seinem engeren Umfeld noch
nicht festzustehen.
Der Verband der privaten Banken, des-
sen wichtigste und größte Mitglieder die
Deutsche Bank und die Commerzbank
sind, wird seit gut drei Jahren von Hans-
Walter Peters geführt. Der Sprecher der
persönlich haftenden Gesellschafter der
in Hamburg sitzenden Berenberg-Bank ist
gewiss keine Fehlbesetzung in einem Ver-
band, der auch viele kleine Institute mit
anderen Interessen als international tätige
Großbanken vertritt. Doch die Amtszeit
von Peters, der einen guten Kontakt zu
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD)


  • bis März 2018 Erster Bürgermeister von
    Hamburg – hat, endet im April 2020. Der


amtierende Bankenpräsident hat das Vor-
schlagsrecht für seinen Nachfolger. Davon
kann Peters auf der Sitzung des BdB-Vor-
stands im November Gebrauch machen.
Geht es nach einem Bericht der „Bör-
sen-Zeitung“, wird Peters den Commerz-
bank-Chef vorschlagen. Ein Sprecher des
Bankenverbands wollte Spekulationen
über mögliche Kandidaten nicht kommen-
tieren: „Der neue Bankenpräsident wird
im April 2020 gewählt.“ Am 22. und 23.
April 2020 findet der Bankentag statt, auf
dem zunächst der neue Vorstand gewählt
wird. Dieser wählt im Anschluss den Präsi-
denten. Im Bankenverband, der sich der-
zeit auch mit einer neuen und effiziente-
ren Organisationsstruktur beschäftigt,
dürfte sich mit Blick auf die bevorstehen-
den regulatorischen Herausforderungen
wie Umsetzung der Basler Eigenkapitalre-
geln („Basel IV“) oder Reform der EU-Fi-
nanzmarktrichtlinie Mifid 2 der Wunsch
nach einem Präsidenten aus den Reihen
der beiden Großbanken verstärkt haben.
Neben Zielke wäre der Vorstandsvorsit-
zende der Deutschen Bank, Christian Se-
wing, ebenfalls ein Kandidat. Doch Pe-

ters’ Vorgänger war mit Jürgen Fitschen
schon ein Vertreter der Deutschen Bank.
Zudem dürfte Sewing neben den Schwie-
rigkeiten und dem Umbau der Deutschen
Bank kaum Zeit finden, um den Banken-
verband zu leiten. Das Gleiche lässt sich al-
lerdings von Zielke auch behaupten, der in
diesem Herbst eine neue Strategie für die
Commerzbank präsentieren muss. Der
Bund als Großaktionär (Anteil 15,6 Pro-
zent) sucht derzeit nach einem Berater für
die Commerzbank und ihre neue Strate-
gie. Das Vertrauen in Zielke ist im Bundes-
finanzministerium nicht unendlich groß.
Auch intern dürfte der 56 Jahre alte Vor-
standschef nicht unumstritten sein, nach-
dem er sich im Frühjahr für die erfolglo-
sen Fusionsgespräche mit der Deutschen
Bank starkgemacht hatte. Für Zielke, des-
sen Vertrag als Vorstandschef im Novem-
ber 2023 endet, dürfte die neue Strategie
und deren Erfolgsaussichten derzeit Vor-
rang haben, bevor er sich mit dem Präsi-
dentenstuhl des Bankenverbands anfreun-
den kann. Zudem wäre er als Chef einer
Bank mit dem Staat als Großaktionär kein
lupenreiner Privatbanker. maf.

Hanssen verlässt


Wintershall Dea


N


ach fast 38 Jahren in Diensten
von dm wechselt der Geschäfts-
führer Erich Harsch zum Beginn des
neuen Jahres an die Spitze der Horn-
bach Baumarkt AG. Der gebürtige
Österreicher soll dort Steffen Horn-
bach als Vorstandsvorsitzenden ablö-
sen. Achtzehn Jahre lang hat der
61 Jahre alte Gründernachfahre die
Baumärkte geleitet, muss nun nach
Darstellung des Unternehmens den
Vorsitz aber aus gesundheitlichen
Gründen niederlegen. Die Holding
wird weiter von Hornbachs älterem
Bruder Albrecht geführt. Harsch wird
der erste familienfremde Vorstands-
chef der Hornbachs seit mehr als zwan-
zig Jahren. Bei dm hingegen rückt nun
ein Familienmitglied nach. Christoph
Werner, Sohn des Firmengründers,
war schon länger als potentieller Nach-
folger gehandelt und wird den Posten
nun tatsächlich auch übernehmen. dm
ist mit 62 000 Mitarbeitern, mehr als
3500 Filialen und 10,7 Milliarden Euro
Umsatz deutlich größer als Hornbach
mit 21 000 Mitarbeitern und mit 4,1
Milliarden Euro Umsatz.
Die Rochade der benachbarten Un-
ternehmen – zwischen dem dm-Kon-
zernsitz in Karlsruhe und der Horn-
bach-Verwaltung im pfälzischen Born-
heim liegen nur 40 Kilometer – wirft
zudem einige Fragen auf. Etwa, wie
Harsch in einem auf Gewinn getrimm-
ten börsennotierten Unternehmen zu-
rechtkommen wird. dm steht zwar
ebenfalls in harter Konkurrenz, ver-
steht sich aber in der anthroposophi-
schen Tradition von Firmengründer
Götz Werner gar nicht als Unterneh-
men im klassischen Sinn, sondern als
Arbeitsgemeinschaft mit besonderen
Werten und Riten. Nicht der Gewinn
solle maximiert werden, sondern der
Kundennutzen.
Harsch ist schon länger im Horn-
bach-Aufsichtsrat, die Familie schätzt
ihn. Er sei, sagte Albrecht Hornbach,
„die ideale Besetzung“. Harsch verfüge
über eine profunde Erfahrung im sta-
tionären Einzelhandel wie auch in der
digitalen Transformation der Branche.
Der nächsten Generation der Dreißig-
bis Vierzigjährigen haben die Horn-
bach-Altvorderen die Führungsaufga-
be offenbar nicht zugetraut. tag.

Ulrich Grillo 60 Jahre


Oesterreich wird Südwestbank-Chef Folgt Zielke auf Peters als neuer Bankenpräsident?


dm-Chef


wechselt


zu Hornbach


Samsungs Lee Jae-yong muss wieder vor Gericht


Nach dem heiklen Machtkampf in der


Bundesagentur für Arbeit rückt Christiane Schönefeld


in den Vorstand auf. Sie ist 62 Jahre alt



  • und hat im neuen Amt noch einiges vor.


MENSCHEN& WIRTSCHAFT


Ulrich Grillo Foto Schoepal
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