er Spiegel - 10. August 2019

(John Hannent) #1
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JOERG MUELLER / DER SPIEGEL

Die Augenzeugin

»Wolfshaar im Glas«


Immer wieder melden Menschen in Deutschland, sie
hätten einen Wolf gesichtet. Passiert das im Süden
Schleswig-Holsteins, im Kreis Herzogtum Lauenburg,
wird die ehrenamtliche Wolfsberaterin Uta Kielau, 53,
aktiv. Sie geht den Hinweisen nach, sucht nach
Kot und Fährten. Hilfe bekommt sie dabei von Scott,
einem Wolfsspürhund.

»Vor einigen Wochen bekam ich einen Anruf. Jemand hat-
te gemeldet, einen Wolf am Rande eines Waldes gesehen
zu haben. Daraufhin fand man auch Kotspuren am Feldrand.
Die wurden zur Bestimmung in ein Labor geschickt. Das ist
der Zeitpunkt, an dem ich aktiv werde. Ich bin mit Scott,
meinem Labradormischling, dort hingefahren und die Fläche
abgegangen, um zu prüfen, ob sich hier wirklich ein Wolf
aufgehalten hatte. Ich habe schnell gemerkt, dass Scott kein
Interesse zeigte. Es gab für ihn nichts zu wittern. Später
ergab das Ergebnis der DNA-Probe: Die Exkremente stamm-
ten von einem Dachs.
Weltweit werden Hunde eingesetzt, um Tiere zu bestim-
men. In Großbritannien suchen Hunde nach Igeln, in Austra-
lien helfen sie, Koalas zu finden und so den Bestand zu
erfassen. Und seit einigen Jahren sind sie bei uns im Dienst,
um Wölfe nachzuweisen.
Zwei Jahre dauert es, einen Hund zum Wolfsspürhund aus-
zubilden. Ich arbeite als Hundetrainerin und unterrichte dabei
auch Hunde, die vermisste oder verschüttete Personen finden
sollen. Das Training für einen Wolfsspürhund ist ähnlich. Hun-
de können Gerüche viel besser wahrnehmen als wir Menschen.
Sie müssen lernen, diese Gabe gezielt einzusetzen. Anfangs
sollen sie aus einem Mix verschiedener Düfte – Kaffee, Zahn-
pasta, Pfefferminztee – einen bestimmten wiederentdecken.
Später bringe ich ihnen bei, Gerüche anderer Tiere zu ignorie-
ren. Von Katzen, Raben, Füchsen, Mardern. Alles Tiere, die
kommen, sobald ein Wolf ein Tier gerissen hat. Zum Schluss
gebe ich dem Hund gezielt Wolfsgeruch. Dafür nutze ich Wat-
tepads, die ich mit Wolfshaar in einem Glas gelagert hatte.
Sobald Scott Wolfsgeruch gefunden hat, kommt er zu mir,
legt sich neben mich und bellt. Danach zeigt er mir die Fund-
stelle. Wir versuchen nicht, mithilfe der Hunde Wölfe aufzu-
spüren. Das ist nicht erlaubt. Wölfe sind streng geschützt.
Unsere Aufgabe ist es vielmehr zu erfassen, wie viele Tiere in
einem Gebiet leben.« Aufgezeichnet von Christopher Piltz

Cocktail mit


Cohen


Die Kreativität des 2016
verstorbenen kanadischen
Künstlers Leonard Cohen
war überwältigend: Er ver-
schönerte die Welt mit
Romanen, Songs, Gedichten,
Gemälden. Nun ist daran
erinnert worden, dass er
auch in kulinarischer Hin-
sicht schöpferisch tätig war:

Mitte der Siebzigerjahre kre-
ierte Cohen den Cocktail
Red Needle, benannt nach
seinem damaligen Wohnort
Needles in Kalifornien. Der
Drink enthält Tequila, Cran-
berrysaft und Zitrone und
wird auf Eis in einem Stiel-
glas serviert. Cohen berichte-
te von dem Drink in seinem
Buch »Death of a Lady’s
Man«. Wer im August zufäl-
lig in New York ist, kann
sich jeden Donnerstagabend
einen (oder auch zwei)
Red Needle im Jüdischen
Museum servieren lassen.
Dort läuft noch bis zum


  1. September die Ausstel-
    lung »Leonard Cohen:
    A Crack in Everything«, eine
    Hommage an den Singer-
    Songwriter, dessen Todestag
    sich im November zum drit-
    ten Mal jährt. KS


Die Queen geht


immer


Ein Haushaltsgeräteher-
steller profitiert von der
Begegnung eines ehemaligen
Etonschülers mit der Queen.
Elizabeth II.,93, empfing
den neuen Tory-Parteichef
Boris Johnson, 55, im Buck-
ingham Palace, um den tra -
ditionellen Akt zur Ernen-
nung zum Premier zu voll -
ziehen. Die offiziellen Fotos
zeigen einen wie immer
leicht zerzausten Johnson
und eine wie immer wie aus
dem Ei gepellte Queen im
Empfangszimmer des Palas-
tes, der very British mit
Kamin und antiken Möbeln

eingerichtet ist. Außerdem ist
im Hintergrund rechts im
Bild ein futuristisch anmuten-
des Gerät zu sehen. Kenner
identifizierten dies schnell
als Klimagerät der britischen
Firma Dyson, die für ihre
extravaganten Designstaub-
sauger berühmt ist – und
stürmten analoge Läden und
digitale Anbieter gleicher -
maßen. Eine effizientere
Werbung – und dazu ganz
kostenlos – hat Dyson wohl
nie bekommen. Innerhalb
kürzester Zeit sei das Klima-
gerät in Großbritannien aus-
verkauft gewesen, berichtet
der »Guardian«. Das Mo -
dell, das auch als Luftreiniger
funktionieren soll, kostet
mehr als 500 Pfund. KS

I-IMAGES / POLARIS / STUDIO X

J. ARJATSALO / THE LEONARD COHEN FILES


1999
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