er Spiegel - 10. August 2019

(John Hannent) #1

Die Gesetze des Marktes


Nr. 32/2019 Das Ungeheuer von Seattle –
Wurden 346 Menschen Opfer von
Gier und Größenwahn? Die Anatomie
des Boeing-Skandals


Akribisch recherchierte, spannend ge-
schriebene Titelgeschichte – dafür kaufe
ich den SPIEGEL.
Dr. Karin Varchmin-Schultheiß, Dortmund


Ich finde Ihren Artikel ein bisschen
schwach: Das ist inhaltlich fast alles seit
Monaten bekannt. Meine Erwartungen an
die Relevanz von SPIEGEL-Titelartikeln
sind höher.
Rainer Kuth, Höchstadt (Bayern)


Der Boeing-Skandal zeigt wieder einmal,
wie Konzerne ihre Ingenieure zu »schnel-
len Lösungen« eines Problems zwingen.
Wie gut, dass es die freie Presse wie den
SPIEGELgibt, die uns das Zustandekom-
men solcher vermeintlichen Lösungen
eines Problems aufzeigt.
Manfred Weiss, Markdorf (Bad.-Württ.)


Art und Inhalt der Titelgeschichte entspre-
chen nicht dem Anspruch eines seriösen
Nachrichtenmagazins, sondern eher dem
einer emotionalen Boulevardillustrierten.
Will der SPIEGELsich wandeln?
Wolfgang Huppelsberg, Benediktbeuern (Bayern)


Der Artikel ist absolut lesenswert und auch
in fachlicher Hinsicht fast fehlerfrei. Einzig
wurde versäumt, den Bogen von den Ver-
antwortlichen für das Entstehen des »Bil-
ligflugs« und den Konsumenten zu den
346 Toten deutlicher zu schlagen. Das
Prinzip »Geiz ist geil« hat sich – teilweise
mit Unterstützung der Politik – durch die
gesamte Luftfahrtindustrie bis zu einem
Hersteller und der Behörde, die ihn eigent-
lich beaufsichtigen soll, hindurchgefressen.
Wenn das nach den vorhersehbaren und
jetzt offenbar werdenden Konsequenzen
für die Flugsicherheit keine harten Kon -
sequenzen für die Täter hat, sind auch
die Opfer aller anderen Flugzeugabstürze
umsonst gestorben. Und jeder, der für
19,99 Euro fliegen will, trägt eine Mitschuld.
Ein Flugzeug, das nach den Gesetzen des
Marktes und nicht der Flugphysik entwor-
fen wurde, kann nicht fliegen und lernt es
auch durch geänderte Software nicht mehr.
Claus Cordes, Bad Schwartau (Schl.-Holst.)


Nur ein schlechter Ingenieur konstruiert
ein System, das nicht selbsttätig zum sta-
bilen Zustand (zurück-)strebt, sondern
hierzu externe Steuerungskorrekturen be-
nötigt. Tut er es – aus welchen Gründen
auch immer – trotzdem, muss er zumin-
dest mehrfache Sicherheitsbarrieren ein-
bauen, sonst handelt er fahrlässig. Tut er
dies bei sicherheitsrelevanten Systemen
nicht, so nimmt er den Tod von Menschen
in Kauf und ist ein Verbrecher. Hinter an-
geblichen Weisungen von Vorgesetzten
kann sich ein Ingenieur nicht verstecken.
Er ist der Fachmann, hat’s gebaut und ist
verantwortlich. Nur er. So einfach war das
mal. Ganz so stolz wie früher bin ich nicht
mehr auf meinen Beruf.
Dipl.-Ing. Klaus Schneider, Dortmund

Man glaubte, mit zunehmender Automa-
tisierung der Flugzeuge den Ausbildungs-
und Trainingsaufwand für Piloten reduzie-
ren zu können, eine falsche, eine fatale

Entscheidung. Für den Normalbetrieb mag
diese Annahme eine gewisse Berechtigung
haben, da der Datenanfall an der Mensch-
Maschine-Schnittstelle gut beherrschbar
ist. Im Störfall hingegen wird schnell die
Datenmenge so groß, dass sie nur von
qualifizierten, erfahrenen Piloten bewäl-
tigt werden kann.
Prof. Dr. Gerhard Faber, Mörlenbach (Hessen)

Aus meiner Erfahrung als Flugkapitän bei
einer großen Airline kann ich sagen, dass
die Redundanz eines AOA-Sensors, eines
Indikators dafür, wie weit ein Flugzeug
von einem Strömungsabriss entfernt ist,
alleine keine zwingende Verbesserung ist.
Es braucht außerdem gut ausgebildete
Piloten, die erkennen, welcher Sensor feh-
lerfrei arbeitet. Bei Airbus sind drei Sen-
soren verbaut; Piloten konnten einen
durch Vereisung zweier Sensoren in der
gleichen Position verursachten unkontrol-

lierbaren Sinkflug nur beenden, weil sie
dank ihrer hervorragenden Ausbildung die
Situation richtig beurteilten: Ein Flugsteu -
erungscomputer sah den dritten, funktio-
nierenden Sensor als fehlerbehaftet an,
weil er – dem Mehrheitsprinzip folgend –
die identischen, aber falschen Werte der
beiden vereisten Sensoren als korrekt be-
trachtete. Was bei Boeing jetzt passiert, ist
umso schlimmer, weil Boeing von Fehlern,
die früher bei Airbus passiert sind, hätte
lernen können. Um das Fliegen einfacher
und sicherer zu machen, wurden bei Air-
bus viele Assistenzsysteme implementiert.
Das ging jedoch mit einer schlechteren und
vor allem billigeren Ausbildung der Pilo-
ten einher. Eine Reihe vermeidbarer Zwi-
schenfälle führte zum Umdenken und zu
einer Anpassung der Ausbildungsinhalte
sowie zur Dokumentation der Assistenz-
systeme in den Handbüchern.
Name und Anschrift der Redaktion bekannt

»Diese Wirtschaft tötet«, so hat es Papst
Franziskus schon 2013 formuliert. Wie
recht er doch hat, wird an dieser traurigen
Geschichte mehr als deutlich.
Wolfgang Bentrup, Oberursel (Hessen)

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»Die unheilige Allianz zwischen Renditefixierung und dem Weg -


tauchen der staatlichen Überwachungseinrichtungen – wie gut, dass


unsere manipulierten Dieselfahrzeuge nicht abstürzen können.«


Ulrich Nießen, Aidlingen (Baden-Württemberg)

DER SPIEGEL Nr. 33 / 10. 8. 2019

LINDSEY WASSON / REUTERS
Boeing-737-Max-Jets in Seattle

Kuschelkurssucher
Nr. 31/2019 Im ostdeutschen Wahlkampf
entdecken CDU-Politiker ihre Liebe zu
Russland

Es soll keiner sagen, die Ostdeutschen wä-
ren nicht im Kapitalismus angekommen.
Es ist ihnen total gleichgültig, dass die
Krim von Russland annektiert wurde. Die
Ostdeutschen interessiert nur, dass sie wei-
terhin mit Russland Geschäfte machen
können. Notfalls sind sie bereit, über Lei-
chen zu gehen.
Manfred Sommerfeld, Hamburg

Die Kuschelkurssucher nehmen in Kauf,
dass Menschen demokratische Rechte ent-
zogen, sie geschlagen, verletzt und will-
kürlich eingesperrt werden. Wie verein -
baren es diese Herren mit ihrem Gewissen
und dem immer wieder zur Schau gestell-
ten Ein treten für die Einhaltung des Völ-
kerrechts, für Humanität, Pressefreiheit
und Menschenrechte, wenn sie sehen, dass
Putin sich um all die »Pseudo-Moral« nicht
kümmert, sondern ungestört weiter drauf-
losprügeln lässt?
Klaus Lenser, Münster
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