er Spiegel - 10. August 2019

(John Hannent) #1
DER SPIEGEL Nr. 33 / 10. 8. 2019 87

Sport


»Der FC Bayern ist ein Verein, der seit je zwischen den Welten pendelt.«‣S.90

SPIEGEL:Herr Ensan, Sie
sind der neue Poker-Welt-
meister. Wie ist das, plötz-
lich zehn Millionen Dollar
auf dem Konto zu haben?
Ensan:Der Titel ist die
höchste Ehre. Jeder Poker-
spieler träumt davon. Und ich bin stolz
auf meine Leistung. Das Geld ist noch gar
nicht auf meinem Konto. Da gibt es viel
Bürokratie, und es verdienen eine Menge
Leute mit, bis alles geregelt ist. Steuer -
berater, Banken, die Steuerverwaltung.
SPIEGEL:Wie fühlten Sie sich am Morgen
vor dem Finale?
Ensan:Ich habe versucht, ausreichend zu
schlafen, morgens Sport gemacht. Wenig
essen, viel trinken und mich voll auf
meine Aufgabe konzentrieren – das war
meine Vorbereitung.
SPIEGEL:Ab wann dachten Sie, dass es
was wird mit dem Sieg?
Ensan:Ich dachte immer an den nächsten
Schritt, nicht an den Sieg. Zunächst wollte
ich einfach »ins Geld kommen«, wie man
im Poker sagt, also überhaupt ein Preis-

geld kassieren. Als ich am Finaltisch saß,
war mein Minimalziel, Fünfter zu werden,
dann wollte ich es unter die letzten Drei
schaffen. Dann dachte ich: Vizeweltmeis-
ter wäre schön.
SPIEGEL:Was ging in Ihnen vor, als Sie
realisierten, dass Sie gewonnen haben?
Ensan:Das kann man nicht beschreiben.
Erleichterung, Freudenschrei, Feiern.
Ich bin seitdem noch nicht zur Ruhe

ge kommen. Mich nimmt das alles ganz
schön mit.
SPIEGEL:Welche Tricks haben Sie im
Finale angewandt?
Ensan:Ich spiele seit fast 20 Jahren Poker
und musste alle Tricks nutzen, die ich auf
Lager habe – ich kann die natürlich nicht
verraten. Gegen die besten Spieler der
Welt muss auch sonst alles stimmen: die
passenden Karten, das nötige bisschen
Glück, die richtigen Entscheidungen.
SPIEGEL:Was machen Sie mit dem Geld?
Bekommt Ihre zwölfjährige Tochter ein
besonderes Geschenk?
Ensan:Ich weiß noch nicht, wie viel am
Ende übrig bleibt. Ich möchte viel spen-
den – für krebskranke Kinder und für
iranische Erdbebenopfer. Für meine Toch-
ter habe ich ein anderes Geschenk: Sie
bekommt das erste Exemplar des Buches,
in dem ich meine Erlebnisse von den
Tagen in Las Vegas niederschreibe. Und
ein bisschen Luxus für mich und die
Familie gönnen wir uns auch – aber alles
im Rahmen.
SPIEGEL:Wie viel kriegt das Finanzamt?
Ensan:Das kann ich erst sagen, wenn ich
meine Steuererklärung für das Jahr 2019
abgegeben habe. Da ich in Deutschland
lebe und mich hier wohlfühle, zahle ich
gerne Steuern – auch wenn mir das keiner
glaubt. CHW

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Ausgeschiedene Erstligisten in der 1. Hauptrunde des DFB-Pokals seit der Saison 1974/75

Werder
Bremen

Hamburger
SV

VfB
Stuttgart

Eintracht
Frankfurt

FC
St. Pauli

1974 1980 1985 1990 * 1995 2000 ** 2005 2010 2015


Borussia
Dortmund

Bor. Mönchen-
gladbach


  1. FC
    Kaiserslautern


Bayer
Leverkusen


  1. FC
    Köln


davon
gegen Amateure

Klubs, die als Erstligist seit der Saison 1974/75 am häufigsten in der 1. Hauptrunde ausgeschieden sind

*Ab 1990/91 haben Amateurvereine automatisch Heimrecht, **Ab 2000/01 spielen in der ersten 1. Hauptrunde keine Erstligisten gegeneinander.

Vom Geldregen des DFB-Pokals sollen auch die Amateurvereine
etwas erhalten – allein in der ersten Runde gibt es ein Antritts -
honorar von 121 000 Euro, in der zweiten bereits 332 000 Euro.
Dazu kommt das Eintrittsgeld, das sich die Klubs aufteilen.
Mit Regeländerungen, etwa dass die Amateure immer Heim-

recht genießen, hatte der Verband versucht, den kleineren Klubs
bessere Chancen einzuräumen. Weitgehend ohne Erfolg. Die
Erstligisten gaben sich in den vergangenen zehn Jahren kaum
Blößen. Die Ausschüttungen im Pokal sind eben so lukrativ, dass
auch die Profis nur ungern darauf verzichten möchten.

Magische Momente

»Ich zahle gerne Steuern«


Hossein Ensan, 55, Deutschiraner, über seinen WM-Sieg im Pokern


FOTOS: JOHN LOCHER / DPA
Ensan am 16. Juli in Las Vegas
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