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Ein Produkt entwickeln und verkaufen, ohne zu
wissen, ob Kunden es je richtig nutzen dürfen?
Klingt verrückt. Florian Walberg hat es gemacht.
Sechs Jahre musste Florian Walberg abwarten. So
lange wusste der Gründer von Walberg Urban Elec-
trics nicht, ob seine Elektro-Tretroller je legal am
Straßen verkehr teilnehmen dürfen oder für den
Käufer nur auf Privatgelände zu nutzen sind. Dass
andere dafür kämpfen werden – darauf wollte sich
der frühere Sänger der Boyband Bed & Breakfast
nicht verlassen. Also hat er in Brüssel eine EU-Ar-
beits gruppe mitgegründet, die europaweite techni-
sche Standards für Elektro-Kleinstfahrzeuge defi-
nierte. „Ich habe mich bewusst dazu entschieden,
Fahrzeuge herzustellen, die nicht legal sind“, sagt
Walberg. „Denn ich war mir sicher, dass die Zulassung
irgendwann kommen wird. Und so hatte ich genug
Zeit, ohne Konkurrenzdruck Know-how in dem Be-
reich aufzubauen.“ Und außerdem: Irgendwer müsse
ja anfangen, neue Mobilitätskonzepte zu entwickeln
und Debatten anstoßen, um Gesetze zu ändern.
Was also kann helfen, um die
Verkehrswende voranzubringen?
„Es braucht mehr öffentlichen Ver-
kehr im urbanen Raum und einen
organisierten Zulieferverkehr – mit
alternativen Antrieben“, sagt die ehe-
malige Bundeswirtschaftsministerin
Brigitte Zypries. In der Vergangenheit
hat man es anders gehandhabt: So wur-
den etwa Bus- und Bahnverbindungen
gekappt, das Privatauto wurde zum Sta-
tussymbol erkoren. Jetzt aber gilt es für die
Wirtschaft, neue Ansätze und Technologien
zu ent wickeln. Und für die Politik heißt das:
Die richtigen Rahmenbedingungen müssen
her. So hat die Bundesregierung auf dem jüngs-
ten Autogipfel mit Autobauern einen Master-
plan entwickelt, der vorsieht, bis 2030 zehn Mil-
lionen E-Autos auf die Straßen zu bringen – und
dafür die Ladeinfrastruktur zu verbessern.
Dennoch bestehen Probleme. Kritiker bemän-
geln die Reichweite der Stromer, die hohen Anschaf-
fungskosten sowie die Tatsache, dass in Deutschland
der Großteil des Stroms aus fossilen Energieträgern
stammt. Laut dem „Automobilbarometer 2019“ von
Consors Finanz meinen zwar 79 Prozent der Befragen,
das E-Auto sei die Zukunft. Doch nur 30 Prozent wol-
len sich in den nächsten fünf Jahren eines zulegen.
VIELE WEGE ZUM ZIEL
Und mit alternativen Antrieben allein ist es sowieso
nicht getan. „Elektromobilität, autonomes Fahren,
Mobilitätsdienstleistungen: Letztlich wird die Kom-
bination mehrerer Trendthemen neue Geschäftsfelder
hervorbringen“, sagt Stefan Bratzel vom Center of
Automotive Management. Die Fragen rund um die
Mobilität der Zukunft müssen demnach lauten:
Wie sieht ein nachhaltiger Stadtverkehr aus?
Wie wird sichergestellt, dass der ländliche Raum
ebenfalls von der Verkehrswende profitiert?
Welche Rolle spielen Carsharing-Konzepte?
Sorgt autonomes Fahren für mehr Sicherheit?
All das diskutierten Experten aus Wirtschaft, Wis-
senschaft und Politik mit rund 100 Gästen beim ersten
DUB Digital Think Tank in Hamburg. Dabei waren
sich alle einig: Vieles wird anders. Nur wann und wie?
Die DUB UNTERNEHMER-Redaktion hat die
zentralen Ergebnisse der Debatten in der Titelstory
und online zusammengefasst.
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Den Podcast
mit Florian Walberg
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Vorkämpfer
für E-Scooter
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DUB UNTERNEHMER-Magazin
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